Endlich! Das Schlimmste ist vorbei. Nun kommen wir zum schöneren Teil des Tages. Der Hochzeitsfeier. Pa hatte den großen Saal im Bären gemietet, wo auch schon meine Eltern ihre Hochzeitsfeier abgehalten hatten. Eigentlich hätten wir auch in unserer Stadtvilla feiern können. Allerdings wollte ich das meinen Eltern nicht antun. Die Villa ist zwar groß, doch die Anzahl an Gästen hätten wir dort gar nicht unterbekommen. Es wurden ja nicht nur Familie und Freunde eingeladen, sondern auch Geschäftspartner und und und. Halt eben die ganze bucklige Verwandtschaft nebst Anhang und so weiter, wie sich das nun mal so gehört.
Jörg und ich fahren in unserem Auto dem Konvoi voran zum gemieteten Lokal. Dazu müssen wir von der Kirche aus durch fast ganz Stuttgart. Es ist schon beeindruckend, wie viele Wagen im Konvoi fahren. Ich bin glücklich wie schon lange nicht mehr. Lächelnd blicke ich meinen frisch angetrauten Ehemann an. Der beugt sich zu mir herüber und küsst mich zart auf meine geschminkten Lippen.
„Es wäre besser gewesen, wir hätten die Straße absperren lassen“, meine ich lachend zu meinem frischangetrauten Ehemann, als ich durch das Rückfenster unseres Wagens blicke und fast zwanzig Autos hinter uns herfahren sehe. „Pa hätte das bestimmt hinbekommen.“
„… und deine Hochzeit wäre keinem aufgefallen“, meint mein neuer Göttergatte breit über alle Backen grinsend.
Im großen Saal des Bären ist natürlich schon alles vorbereitet. Pa hat sich wirklich nicht lumpen lassen. Eine riesige Tafel ist an einer Seite des Saales aufgebaut, auf dem am Nachmittag die Kuchentafelbuffet und abends das Abendessen angerichtet werden soll. Ich hatte mir das Büfett für die späteren Mahlzeiten gewünscht. Feste Essenszeiten finde ich blöd, da will ich so was auch nicht auf meiner Hochzeit haben. Außer einem leichten, gemeinsamen Mittagessen wollte ich keine feste Mahlzeit haben. Viel lieber sollten alle Spaß haben, ohne sich an die Etikette des Essens halten zu müssen. Ma hat das zwar gar nicht gefallen, doch meinte sie dann, es wäre ja meine Hochzeitsfeier und mein Tag.
Der gesamte Saal ist mit Unmengen von roten Rosen geschmückt. Auf der kleinen Bühne ist eine Musikanlage aufgebaut, von wo aus nachher die Gäste beschallt und zum Tanzen animiert werden sollen.
An der u-förmigen Tafel, an der nachher alle Gäste Platz haben sollen, ist mittig ein weiterer kleiner Tisch aufgestellt worden, wo eine riesige Hochzeitstorte thront, auf deren Spitze ein kitschiges Puppenpaar seine Runden dreht. Ich schüttle mich fast vor Lachen, als ich das sehe.
„Hey, Pa. Die Torte ist doch wohl hoffentlich nicht von deiner eigenen Hochzeit übrig“, rufe ich meinem Vater lachend zu, als er hinter uns den Saal betritt.
„Das will ich doch mal hoffen, nicht, dass wir uns den Magen daran verderben“, kontert mein Pa.
Immer mehr Hochzeitsgäste strömen in den Saal und drängen zu ihren Plätzen. Wie gut, dass ich auf Namenskärtchen an den Plätzen bestanden habe, sonst wäre hier sogleich das große Chaos ausgebrochen. Bei einigen der Gäste sehe ich schon den Blick in Richtung Büffet gehen, das natürlich noch leer ist. Viele werden wohl schon hungrig sein. Das ist für mich verständlich, nach dem Marathon, erst im Standesamt, dann in der Kirche und die Fahrt hierher sind wohl viele hungrig.
Doch erst sollen alle ihre Plätze einnehmen. Für das Mittagessen ist etwas anderes geplant. Da soll es ein paar leichte Speisen geben, die den Magen nicht allzu sehr strapazieren, denn danach ist ja noch Tanz und Unterhaltung geplant.
Endlich sind alle an ihren Plätzen. Die für die Bedienung extra angestellten Kellner servieren den ersten Schampus.
Jörg und ich nehmen nun auch am Kopfende der Tafel Platz. Rechts neben mir Jörgs Eltern, links neben meinem frisch angetrauten Ehemann meine Eltern, danach alle Geschwister.
Pa steht nun auf und klopft mit einem Löffel gegen ein Glas, dass ich fast Angst bekommen muss, es zerspringt. Wie ich ihn kenne, wird nun eine seiner berüchtigten Reden folgen. So ist es auch. Er redet und redet und findet irgendwie kein Ende. Etwas genervt zupfe ich ihn am Saum seines Jacketts.
„Wie ich eben sehe, ist mein frisch getrautes Töchterlein ein wenig genervt“, erkennt er sofort und kommt endlich zum Ende seiner Rede. „Frieder, willst du auch noch?“, wendet er sich an Jörgs Vater.
Empört ziehe ich die Luft durch die Nase.
„Meine Tochter hat wohl was dagegen“, kommentiert Pa meine Reaktion laut lachend. Alles im Saal grinst.
„Nachher, lieber Paul“, ist Jörgs Vater gnädig mit mir. „Ich denke, alle sind hungrig … meine Schwiegertochter wohl auch. Sieh mal, wie schwach sie schon aussieht“, bläst er nun auch noch in Pas Horn, worauf wieder schallendes Gelächter durch den Saal geht.
„Wir sprechen uns noch“, knurre ich ihn an, dabei ein verschmitztes Lachen im Gesicht.
„Nun denn, ich wünsche allen einen guten Appetit“, sagt Pa endlich, worauf die Kellner beginnen, die ersten Speisen aufzutragen.
Fast augenblicklich ist Ruhe, es wird nun zufrieden gespeist. Es schienen wirklich alle hungrig zu sein. Zwischendrin ist nur leises Plaudern zu hören. Im Hintergrund läuft leise Musik, die nicht zu aufdringlich die Atmosphäre aufhellt.
Im Laufe der Zeit beenden alle ihre Mahlzeit. Nun konnte der gemütliche Teil losgehen. Ma meinte bei der Vorbereitung des Festes zu mir, sie hätte da noch eine Überraschung für mich. Nur genaueres wollte sie sich nicht entlocken lassen.
Ich werde auf einen jungen Mann aufmerksam, der nicht zur Hochzeitsgesellschaft gehört. Er beginnt, seine Stereoanlage aufzubauen. Danach verlässt er kurz die Örtlichkeit und schleppt einen großen Weidenkorb mit einem Deckel heran. So als würde er nicht dazu gehören, verrichtet er seine Arbeiten.
„Du, Jörg, weißt du, was das für einer ist?“, frage ich meinen Mann, der daraufhin genau so unwissend mit dem Kopf schüttelt wie ich selber auch.
Ich wende mich nun fragend an Pa, der auch nur nichts ahnend mit den Schultern zuckt. Doch als ich zu Ma blicke, bemerke ich ihr wissendes Lächeln.
Nach einiger Zeit ist der junge Mann mit seinen Vorbereitungen fertig. Er stellt nun die Stereoanlage an, woraus sogleich recht komische Musik erklingt.
„Was soll denn der Scheiß“, will ich eben sagen, als die Seitentür aufgeht und eine als Hexe verkleidete Person aus einem Nebenraum herauskommt. Ich muss lachen, als ich sie sehe. Doch das Lachen soll mir sogleich vergehen, denn die Hexe kommt in meine Richtung und droht scherzhaft mit dem mitgeführten Rutenbesen.
Sie kommt ganz nah an mich heran, ihre lange, mit einer Warze geschmückte Nase trifft fast meine eigene. Erst jetzt sehe ich, es ist eine Maske, welche die Hexe trägt. Wie kann ich auch so doof sein und glauben, es sei eine richtige Hexe. Ihre langen Krallen berühren mein Kinn und zwingen mich somit, sie anzusehen. So ganz geheuer ist mir das Ganze nicht, doch ich lasse es über mich ergehen.
Jörg, der neben mir sitzt, lacht sich ins Fäustchen. Doch da hat er die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die Hexe wendet sich nämlich ihm zu. Sie blickt ihn böse an und scheint in ihren nicht vorhandenen Bart zu grummeln.
„Du bist also der Bräutigam“, fragt sie ihn mit knarrender Stimme.
„Ja“, erwidert Jörg wahrheitsgemäß.
„Warst du auch immer brav?“, kommt die nächste Frage.
„Inwiefern brav“, will Jörg wissen.
„Keine anderen Weiber zum Beispiel“, kommt von der Hexe.
Jörg wird daraufhin rot wie eine Tomate.
„Also doch“, kommentiert die Hexe Jörgs Reaktion und hebt warnend ihre Hand. „Wirst du ab sofort ein braver Ehemann sein?“, fragt sie ihn, weiterhin warnend mit dem Finger drohend. Dabei hebt sie ihren Rutenbesen und wedelt damit vor Jörgs Nase herum.
„Aber ja doch!“, erhebt nun mein Angetrauter seine Stimme, die laut und klar durch den Saal klingt.
„Und du?“, wendet sich nun die Hexe an mich, „willst auch du eine brave Ehefrau sein?“
Erst bin ich ganz perplex, dass nun auch ich gefragt werde, doch dann antworte ich:
„Natürlich!“
„Sehr gut! Ihr habt es alle gehört“, ruft die Hexe in den Saal, woraufhin ein zustimmendes Gemurmel von den Anwesenden kommt. Einige von ihnen müssen sich das Lachen verkneifen, wissen sie doch, welche für Manche komischen Ansichten unsere Familie diesbezüglich hat.
Ehe die Hexe sich weiter ihrer Vorstellung widmet, zieht sie aus ihrem weiten Kostüm noch einen Umschlag heraus und überreicht ihn mir. „Alles Gute“, flüstert sie Jörg und mir dabei zu.
„Dann können wir nun zum erfreulichen Teil meiner Vorstellung kommen“, redet die Verkleidete nun weiter. Sie blickt sich kurz in Richtung ihres Assistenten um, der ihren Wink versteht. Er stellt wieder die Stereoanlage an, woraus gleich orientalisch klingende Musik ertönt.
Was nun folgt, versetzt alle von uns in Erstaunen. Die Hexe beginnt sich zu entblättern. Erst zieht sie ihre großen Gummifüße aus, schnüffelt daran und wirft sie, die Nase angewidert kraus ziehend, weit von sich. Es folgen die Gummihände und dann die Maske. Doch es ist noch längst nicht zu Ende, auch der Rest der Hexenkleidung folgt. Zum Vorschein kommt eine junge Frau, gekleidet in einen knappen Bikini. Tänzelnd geht die junge Frau nach vorne zu ihrem Assistenten, von dem sie sich ein durchsichtiges Tuch reichen lässt, das sie sich an den breiten Gürtel, der ihre Hüfte umschlingt, bindet.
Noch einmal ein kurzer Blick zum Assistenten, dann wendet sich die ehemalige Hexe, die sich in eine reizend aussehende junge Frau verwandelt hat, wieder in Richtung Publikum. Sie verbeugt sich kurz, wobei ihr praller Busen fast aus dem Oberteil rutscht. Den Männern im Publikum fallen fast die Augen raus.
Als die Musik erklingt, beginnt sie zu tanzen. Nach den orientalischen Tönen beginnt sie einen Bauchtanz. Lasziv bewegt sie sich durch den Saal, ihr Busen wogt, während sie mit dem Bauch Bewegungen macht, welche die Männer wohl in erotische Träume versinken lässt. Tänzelnd bewegt sie sich auf Mikel zu. Der schaut sie wie hypnotisiert an. Sie ergreift seine Hände und legt sie sich auf den Busen. Mikel muss lachen, das Publikum auch. Mikel hat Glück, denn schon hat sie sich ein neues Opfer auserkoren. Diesmal ist es Jörg, der in ihre Fänge gerät.
So als würde sie ihn in Trance versetzen wollen, schaut sie ihn an. Jörg kann nicht anders, als sie anzustarren.
Männer, geht es mir dazu nur durch den Kopf.
Jörg hat es nicht so gut wie vorher Mikel. Die Hexe beugt sich nach vorne und lässt ihre Melonen vor seinem Gesicht baumeln. Meinem Göttergatten fallen fast die Augen raus. „Die Kinder jetzt mal weggucken“, in den Saal rufend, fasst sie Jörgs Kopf und zieht ihn zwischen ihre Brüste. „Ja, das gefällt dir“, raunt sie ihm dabei ins Ohr und lacht laut los. Doch Jörg ist immer noch nicht befreit. Die Hexe tänzelt weiter um ihn und schlägt ihm dabei ihre prächtigen Wunder um die Ohren. Dann stellt sie sich vor ihn. Langsam beginnt sie, sich nach hinten zu beugen, bis ihr Körper eine Art Brücke macht. Dabei sticht ihre Scham, die nur von dem dünnen Stoff des Höschens, das sie trägt, besonders vor. Jörg muss natürlich genau schauen, ich auch, das gebe ich ja zu. Dicke Schamlippen drängen sich gegen den Stoff. Als Jörg seine Finger nicht stillhalten kann und anfassen will, schnellt die Tänzerin nach oben und schlägt ihm lachend auf seine vorwitzigen Finger.
Doch so schnell wie die Sondervorstellung begonnen hat, ist sie auch schon wieder zu Ende. Die Hexe ist etwas außer Atem, als sie zurück zu ihrem Assistenten geht. Das Publikum klatscht begeistert Beifall und verlangt Zugabe.
Noch ist die Vorstellung nicht zu Ende. Es fehlt der Korb, der immer noch inmitten des Saals steht. Was sich darin verborgen hält, kann ich mir immer noch nicht vorstellen. Wieder stellt der Assistent die Musik an. Die junge Frau öffnet den Korb und greift vorsichtig hinein. Man sieht nur, wie sich ihr Arm bewegt, doch nicht, was ihre Hand drinnen tut.
In den Saal schauend zieht die Frau nun den Inhalt des Korbes langsam nach oben. Erst wird nur ein Kopf sichtbar, worauf ein leises Raunen durch den Saal geht. Es ist ein Schlangenkopf, der einer gelben Tigerpython, wie ich feststelle, als der Körper des schönen Tieres ganz sichtbar ist.
Die Tänzerin legt sich das Tier um den Hals, sie züngelt sogar mit ihm, als würde sie sich mit ihm küssen wollen. Wieder beginnt die Frau, sich im Takt der Musik zu wiegen. Diesmal scheinen die Kinder das Ziel zu sein, denn sie bewegt sich auf Mebinas Ältesten zu. Der springt gleich von seinem Sitz hoch und beäugt staunend das Tier, das er auch vorsichtig berühren darf. Mowgli kennt zwar Schlangen von zu Hause aus, doch so nah wie hier scheint er noch keiner gekommen zu sein. Auch seine Schwester, die kleine Marni ist ganz aus dem Häuschen, als sie das Tier streicheln darf. Die Schlange lässt sich alles gefallen, ohne Fluchtversuche zu machen.
Sehr lange allerdings währt die Vorstellung nicht.
„Wir wollen die Schlange nicht zu sehr strapazieren“, erklärt die Tänzerin, während sie das Tier zurück in seinen Korb legt. Danach folgt noch eine Art Aufklärungsunterricht über Schlangen, dem alle gespannt zuhören. Danach ist die Vorstellung gänzlich beendet.
Ehe die Tänzerin den Saal verlässt, gehe ich noch zu ihr hin und bedanke mich für die gelungene Vorstellung.
„Wer hat sie eigentlich engagiert?“, möchte ich wissen.
„Da hat mich eine gewisse Lis Oktober angerufen und mit mir diesen Termin ausgemacht“, sagt sie wahrheitsgemäß. „Ich dachte, sie waren das.“
„Nein, das war meine Ma“, antworte ich lachend. „Das war also die Überraschung, von der sie redete.“
Als der Überraschungsgast den Saal verlassen hatte, gehe ich zurück zu Jörg, der sich inzwischen mit meinem Pa unterhält.
„Ich denke, es ist nun an der Zeit, das Fest offiziell zu eröffnen“, flüstere ich ihm ins Ohr.
„Du meinst doch wohl nicht, dass wir nun den Hochzeitswalzer tanzen müssen“, murrt Jörg ein wenig. Ich weiß, wie sehr er tanzen hasst, doch heute muss er da durch, komme was wolle.
Pa erhebt sich erneut und ruft, während er erneut mit einem Löffel gegen sein Glas klopft, „Silencium, meine Damen und Herren“. Sofort ist Stille im Saal.
„Nachdem wir nun köstlich zu Mittag gespeist und eine vorzügliche Show von der Schlangentänzerin vorgeführt bekamen, ist es nun an der Zeit, den Hochzeitsball einzuläuten.“ Pa dreht sich zu mir und Jörg. „Nun seid ihr an der Reihe, meine Kinder“, sagt er zu uns.
Jörg zieht ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, worauf er von seinem Vater einen Stoß in die Seite bekommt.
„Auf, auf … los geht’s!“, ruft Jörgs Vater. „Musik bitte“, schallt seine Stimme in Richtung Bühne, wo sich inzwischen der Wirt an der Musikanlage betätigt.
Ich greife nach Jörgs Hand und ziehe ihn mit mir. Wir betreten nun die Tanzfläche, die völlig leer ist. Alle Anwesenden klatschen, als wir in die Mitte treten. Nach einem kurzem Augenblick erklingen die ersten Töne des Hochzeitswalzers. Jörg verbeugt sich galant vor mir, reicht mir seine Hand und schon geht es los, genau so wie wir es einstudiert haben.
Leicht wie eine Feder schweben ich im Takt über die Tanzfläche, wo sich nach und nach noch mehr Paare einfinden und es uns nachmachen.
Ich fühle mich wie auf Wolke sieben, als ich so mit Jörg, der nun mein Ehemann ist, über die Tanzfläche wedele. Ich freue mich auf das Fest, doch noch ahne ich nicht, was meine Freundinnen, die natürlich mit dabei sind, sich für den heutigen Tag noch ausgedacht haben.