Das Hochzeitsfest nimmt seinen Verlauf. Alle haben ihren Spaß, die Lautstärke steigt nach und nach immer mehr an. Pa hat schon mächtig einen gedudelt, auch Opapas Ohren glühen wie Feuermelder vom Whiskey. Omama sitzt neben ihm und lächelt in sich hinein. Nur Ma hat sich in den Massen geworfen und unterhält sich angeregt mit einigen Gästen.
Jörg und ich haben unseren Eröffnungswalzer gut hinter uns gebracht. Ich war froh, als der Tanz endlich zu Ende war. Obwohl wir vorher oft geübt haben, verwechselte Jörg meine Zehenspitzen oft mit dem Fußboden. Nach dem Tanz dachte ich schon, ich hab Plattfüße vom vielen Drauftreten.
Nun kann ich mich endlich auch unter die Gäste mischen. Meine besten Freundinnen sind natürlich ebenfalls da. Ich bestand auf ihre Anwesenheit.
Gerade als ich auf eine andere Gruppe Gäste zugehe, um mit ihnen zu plaudern, werde ich von hinten festgehalten. Mir wird ein Tuch um die Augen gebunden. Als ich mich wehren will, werden auch noch meine Hände gefesselt.
„Brautentführung“, höre ich eine meiner Freundinnen rufen und schon werde ich aus dem Saal geführt. „Lasst euch Zeit, Jungs“, ruft Danuta noch, ehe sie die Saaltür hinter sich schließt.
„Wo geht’s denn hin?“, frage ich erstaunt, als wir alle in der großen Limousine sitzen.
„Geheimnis“, antwortet Silvia, die sich neben mich gesetzt hat. Ich nehme es jedenfalls an, dass es Silvia ist, denn meine Augen waren ja immer noch zugebunden.
„Nun sagt schon, wo geht es hin“, beginne ich zu quengeln.
„Pele wie immer neugierig. Nie kann es ihr schnell genug gehen“, höre ich Danuta neben mir. Dabei lacht sie leise auf.
Während wir in der Limousine sitzen und zu unserem ersten Zwischenstopp fahren, geht die Hochzeitsfeier, wie ich später erfuhr, im Bären weiter. Jörg amüsiert sich köstlich, auch die anderen Gäste sind in Hochstimmung.
„Hast du eine Ahnung, wohin Pele entführt wurde?“, fragt Jörg seinen besten Freund, mit dem er eben angestoßen hat. Jörg hat natürlich mitbekommen, was da im Gange ist. Als treusorgender Ehemann macht er sich ganz klar Gedanken um mich.
„Keine Ahnung. Die Damen taten so geheimnisvoll. Ich denke, sie werden sich die feinsten Lokalitäten in ganz Stuttgart aussuchen, wo sie mächtig einen auf den Kopf klopfen werden“, bekommt Jörg zur Antwort.
„Lassen wir den Damen mal den Spaß“, meint Jörg lachend zu seinem Freund und klopft diesen auf die Schulter, dass er fast zu Boden ging.
Zur gleichen Zeit irgendwo in Stuttgart
Der Wagen der Frauen und der Braut nähert sich einem Lokal. Meine Augenbinde wurde inzwischen abgenommen, man wollte mich wohl doch nicht im Dunkeln sitzen lassen.
„Halte hier“, ruft Danuta nach vorne zum Chauffeur.
Der bringt das Auto genau vor dem Lokal zum Stehen.
„Da willst du rein?“, beginne ich zu murren, als ich die heruntergekommene Werbung sehe.
„Klar, warum nicht“, antwortet Danuta. „So geht es dann auch weiter. Da wird uns Jörg nie finden.“
Ich überlege einige Zeit.
„Meinst du?“, frage ich meine Freundin.
„Natürlich. Da wird er nie suchen. Dein Jörg wird wohl denken, wir suchen jeden Nobelschuppen der Stadt auf. Pustekuchen.“ Danuta lacht, dass es sie nur so schüttelt.
„Na gut, wenn ihr es so wollt“, meine ich zu ihr, obwohl es mir nicht so ganz geheuer ist, in Spelunken zu feiern. Wer weiß, was für Typen wir dort über den Weg laufen.
Doch ich habe mal wieder nur Vorurteile, wie ich wenig später feststellen muss. Das erste Lokal, das wir heimsuchen ist zwar klein und nicht besonders luxuriös, doch es ist dort eine Stimmung, die jeder Hochzeitsfeier standhalten kann.
Als wir eintreten, kommt uns schon der Wirt entgegen und bittet uns an einen freien Tisch.
„Mir kommt es so vor, als hätte er gewusst, dass wir heute hierher kommen“, flüstere ich Danuta zu, während wir Platz nehmen. Danuta lächelt nur wissend.
„Sag ja nicht“, tue ich empört und knuffe sie in die Seite, dass sie ihr Gesicht vor Schmerz verzieht.
„Ich sag nichts“, erwidert sie nur und setzt gute Miene zu bösem Spiel auf.
Der Wirt bringt erst einmal eine Runde Schnaps.
„Zum Aufwärmen. Das geht aufs Haus“, sagt er nur, als er die Gläser vor uns aufstellt. Dann geht er wieder hinter seinen Tresen und stellt die Musikanlage lauter. Rock tönt aus den Lautsprechern, die im ganzen Gastraum aufgestellt sind.
Danuta schüttet ihren Schnaps wie Wasser runter. Sie verzieht dabei keine Miene, während ich skeptisch an dem Gebräu schnüffle.
„Das ist kein Gift“, ruft sie mir zu und drängt mich dazu, den Schnaps zu trinken. „Komm schon, sei kein Frosch“, frotzelt sie.
Ich wage es nun auch, den Schnaps zu trinken. Er schmeckt nicht mal so schlecht, wie ich vermutet habe. Er wärmt von innen und kratzt ein wenig im Hals.
Alle, die in der Gaststube sind, schauen mich an.
Als ich „Saalrunde“ rufe, springen alle auf, während der Wirt schon beginnt, weiteren Schnaps in Gläser zu füllen, die eine Servicekraft verteilt. Alle prosten uns zu und rufen „Hoch lebe die Braut“.
Eigentlich bin ich nicht so schüchtern, doch heute in dieser mir ungewohnten Umgebung bin ich doch ein wenig gehemmt. Jedoch ein paar Schnäpse mehr bin ich lockerer und beschwingter geworden. Als das nächste Lied auf den Lautsprechern schallt, stehe ich auf, nehme Danuta an der Hand und ziehe sie auf die kleine Tanzfläche, wo wir eine flotte Sohle hinlegen.
Alle um uns herum johlen und schreien. Nun bin ich in meinem Element. Obwohl mich mein Hochzeitskleid, das ich immer noch trage, ein wenig hemmt, tanze ich wie eine Wilde.
Nach einer weiteren Saalrunde verabschieden wir uns.
„Falls mein Mann nicht hier auftauchen und die Zeche zahlt, rufen sie die Nummer an“, sage ich zum Wirt und drücke ihm ein Kärtchen mit einer Telefonnummer in die Hand.
„Alles klar und viel Glück“, antwortet er mir und gibt mir noch einen Knutscher auf die Wange.
Draußen im Wagen hat der Chauffeur schon Champagner bereitgestellt, den er in einer Kühltasche deponiert hatte. Mit einem Tablett in den Händen erwartet er uns schon. Wir greifen zu und trinken auf ex aus. Das tut gut, wie das edle Gesöff unsere Kehlen hinunter rinnt.
Nachdem wir ausgetrunken haben, geht es weiter ins nächste Lokal. Was mich da erwartet, wagte ich in meinen kühnsten Träumen nicht zu träumen. Schon als wir eintreten sehe ich an der Bar einen jungen Mann sitzen, der mir alle meine Säfte fließen lässt. Ich sehe ihn und bin einfach hin und weg. Auch als wir auf unseren Plätzen sitzen und die ersten Gläser mit Sekt vor uns haben, kann ich nicht anders als ständig zu ihm rüber zu schauen.
„Sag mal, wo guckst du denn immer hin“, meint Danuta lachend als sie meinen Blicken folgt und das Sahneschnittchen am Tresen sitzen sieht.
Ich werde rot.
„Hey, du bist jetzt verheiratet“, flüstert sie mir ins Ohr.
„Na und“, sage ich trotzig. „Der Typ wäre doch schon einen ersten Seitensprung wert.“
„Du kannst doch nicht …“, warnt Danuta mich.
„Ein wenig flirten ist doch nicht schlimm“, erwidere ich und winke die Wirtin herbei. „Einen guten Whiskey für den Herrn dort drüben“, sage ich ihr und zeige auf den jungen Mann an der Bar.
Die Wirtin lächelt wissend und schwebt wie eine Elfe von dannen. Als sie den jungen Mann das Glas reicht, zeigt sie mit dem Finger auf mich. Der Mann dreht sich um und lächelt mir zu. Dann steht er auf und kommt zu uns rüber. Mir rutscht fast das Herz in die Hose, wenn ich denn eine angehabt hätte.
Ich lächle mutig zurück. Dabei mustere ich ihn ganz genau. Sein Gang ist geschmeidig wie der einer Katze. Das Hemd, das er trägt, ist lässig bis fast zum Bauch geöffnet. Daraus blitzen dunkle, gekräuselte Brusthaare hervor.
„Darf ich?“, sagt er zu mir, als er am Tisch ankommt und sieht mich dabei auffordernd mit einem breiten Lächeln im Gesicht an.
„Bitte“, antworte ich und weise ihm den freien Stuhl neben mir zu. Sogleich setzt er sich hin und mustert mich weiter von oben bis unten.
„Ist dein Hochzeitstag heute“, erkennt er genau meinen heutigen Zustand.
„Ja“, erwidere ich.
„Deine Freundinnen haben dich entführt und dein Angetrauter muss dich finden, nehme ich an“, schlussfolgert er weiter.
„Genau“, sage ich nur. Inzwischen bin ich vom vielen Schnaps knallrot im Gesicht. Allerdings wird die Röte nicht nur der Schnaps hervorgerufen haben, sondern auch noch was anderes. Nun bin ich diejenige, die ihr Gegenüber genauestens mustert. Der Typ ist wirklich eine Sahneschnitte vom Allerfeinsten.
„Sag mal, hast du Lust auf ein Tänzchen“, frage ich die Sahneschnitte. „Ach ja, ich bin Pele“, sage ich ihm noch meinen Vornamen.
„Klar, gerne. Ich heiße Steven“, antwortet er und nimmt meine Hand, um mich zur kleinen Tanzfläche zu führen. Er winkt kurz zur Wirtin, die komischerweise einen Schmusesong einlegt. Innerlich verdrehe ich die Augen, mit dem Typen nach einem Schmusesong zu tanzen war nun wohl doch nicht das, was ich mir erwartet hatte. Gut, ein flotter Rock´n Roll, das wäre was. Aber ein Schmusesong, auweia. Soweit sollte meine Freundschaft dann doch nicht gehen. Allerdings komme ich nicht drum herum zu kneifen. So als hätte er es geahnt, nimmt er mich fest in den Arm und tanzt eng an mich gepresst.
Irgendwie stört mich allerdings was an ihm. Ich stoße gegen etwas Hartes. Jedes Mal wenn ich dagegen stoße, stöhnt er leise auf.
Grinsend schaue ich meinen Tanzpartner an, als ich bemerke, was diese Härte wirklich ist.
„Da ist aber jemand ein wenig aufgeregt“, flüstere ich Steven leise ins Ohr.
„Kein Wunder bei so einer flotten Tanzpartnerin“, raspelt er Süßholz, so als wolle er bei mir landen.
Irgendwie juckt mir das Fell, heute noch so richtig auf den Putz zu hauen. Der Typ macht mich an, schlimm mit mir. Am liebsten würde ich nachgeben, doch da hatte ich die Rechnung ohne den Wirt, in diesem Fall ohne Danuta und Silvia gemacht. Die beiden scheinen mich wirklich gut zu kennen. Gerade als ich meinem Galan in den Schritt greifen will, höre ich hinter mir Danutas Stimme:
„Na wer wird denn hier!“
Das klingt sehr bestimmend und streng. Ich schaue mich um und blicke direkt in die streng schauenden Augen meiner Freundin Danuta.
„Also Pele“, empört sie sich. „Willst du heute an deinem Hochzeitstag die Susi Lovejoy raus kehren, oder was?“
„Hä? Susi Lovejoy? Zu mir hat sie vorhin gesagt, sie würde Pele heißen. Wer zum Teufel ist Susi Lovejoy?“, Steven versteht die Welt nicht mehr.
Danuta und ich lachen laut los.
„Susi Lovejoy ist mein Künstlername“, kläre ich Steven auf. „Pele ist mein bürgerlicher Name, genauer gesagt seit heute Pele Oktober-Kuhnt.“
„Aha“, sagt Steven dazu nur. „Aber deswegen können wir doch trotzdem weiter tanzen?“
„Klar“, antworte ich nur und presse mich wieder an meinen Tanzpartner. Die Musik lief nun auch weiter, nachdem die Wirtin gesehen hatte, dass wir weiter tanzen wollen.
„Schön brav bleiben“, warnt mich Danuta nur und verschwindet wieder in Richtung unseres Tisches.
„Deine Freundin ist aber streng mit dir“, meint Steven lächelnd, als Danuta außer Hörweite ist.
„So schlimm ist es gar nicht“, erwidere ich ihm und schmiege mich fester an seinen Körper. Diesmal fühle ich leider nichts Hartes. Nach ein paar weiteren Tänzen spendiere ich noch eine Saalrunde und dann geht’s ab in die nächste Kneipe.
„Jörg hat wohl gar keine Lust, dich zu finden“, meint Danuta lachend zu mir, als wir wieder im Wagen sitzen und auf die nächste Kneipe zusteuern.
„Der Arme, er wird wohl nicht wissen, wo er uns suchen soll“, sage ich dazu. „Du wirst wohl recht haben, in solchen Spelunken vermutet er uns nie.“
„Wir sind aber auch gemein“, geht Silvia auf meine Frotzelei ein. „Wir können nur drauf hoffen, dass er unseren Wagen unterwegs nicht durch Zufall begegnet. Dann sind wir aufgeschmissen.“ Dass wir allerdings schon verfolgt werden, ahnen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Zur gleichen Zeit in einem Taxi, das kreuz und quer durch Stuttgart fährt
„Da sind sie“, sagt Jörg zu seinem Freund Ulf, der ihn auf der Suche nach mir und meinen Freundinnen begleitet. Die beiden waren auf ihrer Suche zufällig an einer kleinen Kneipe vorbeigekommen, vor welcher der Wagen der Oktobers stand. Sie parkten daraufhin etwas abseits und beobachteten die Umgebung. Ihr Glück war es, die Damen blieben nicht mehr lange.
„Pass auf, dass du sie nicht verlierst“, mahnt Ulf den Taxifahrer. Ulf saß wie auf Kohlen auf dem Beifahrersitz, während es sich Jörg auf der Rückbank bequem gemacht hatte. So konnte er ungesehen und unerkannt die Umgebung beobachten. Natürlich hatten die beiden ein Taxi genommen. Nach dem Alkoholkonsum konnte keiner von beiden mehr fahren, ohne Gefahr zu laufen, den Führerschein zu verlieren.
„Ja, ja“, grummelt der Taxifahrer, „ich passe schon auf. Wenn wir zu nah ranfahren und ständig hinter ihnen bleiben, fällt das nur auf.“
„Du warst wohl mal Detektiv“, meint Jörg daraufhin lachend.
Darauf sagt der Taxifahrer gar nichts, sondern konzentriert sich auf den Wagen, der immer noch mit einem Sicherheitsabstand vor ihnen herfährt.
„Wo wollen die denn hin?“, fragt Jörg erstaunt, als er sieht, dass die vor ihnen nach rechts in eine enge Gasse einbiegen.
„Dort ist eine winzige Kneipe, eigentlich nur ganz bestimmte Leuten bekannt“, erklärt der Taxifahrer und hält am Fahrbahnrand.
„Fahren wir nicht hinterher?“, will Jörg nun wissen.
„Nein, besser nicht. Die Kneipe befindet sich gleich ein paar Häuser weiter. Wenn wir jetzt da hinterherfahren, fliegen wir auf. Gehen wir lieber zu Fuß. Bleiben sie erst einmal hier, ich sondiere die Lage“, bestimmt der Taxifahrer einfach. „Mich kennen die Damen nicht, so falle ich auch nicht auf.“
Ohne auf eine Antwort seiner Fahrgäste zu warten, steigt der Taxifahrer aus und folgt Pele und ihren Freundinnen in die kleine Kneipe. Nachdem er sich einige Zeit dort umgesehen hat und erkannte, die Frauen haben ihren Spaß, verlässt er die Örtlichkeit wieder in Richtung seines Taxis.
„Und, was machen sie“, fragt ihn Jörg aufgeregt.
„Ach, die haben ihren Spaß. Ihre Pele scheint ein ganz schönes Früchtchen zu sein“, erwidert der Taxifahrer lachend und erzählt vom eben Gesehenen.
„Wollen wir sie auslösen oder ihnen doch lieber noch ein wenig ihren Spaß lassen“, sagt Ulf, der nichts von Jörgs und meiner Abmachung weiß. Er befürchtet, ich würde schon am Tag unserer Eheschließung meinem frisch angetrauten Mann Hörner aufsetzen.
„Ach, lassen wir den Damen ihren Spaß“, meint Jörg darauf. „Warten wir hier einfach, bis sie rauskommen und dann fangen wir sie ab. Das wird eine Überraschung.“
„Soll ich auch so lange mit warten?“, fragte der Taxifahrer hoffnungsvoll.
„Nein, müssen sie nicht. Wir werden schon nicht gleich erfrieren“, antwortet Jörg und zückt seine Geldbörse, um den Fahrpreis zu bezahlen. Es gab noch ein üppiges Trinkgeld obendrauf.
„Und nun? Wollen wir uns hier die Füße in den Bauch stehen?“, murrt Ulf ein wenig, als der Taxifahrer davonfuhr.
„Ach, komm, so lange wird es schon nicht dauern, bis die Frauen rauskommen“, versucht Jörg seinen Freund zu beruhigen. „Komm, gehen wir dort in den kleinen Imbiss gegenüber. Vielleicht haben die auch einen ordentlichen Schnaps zum Aufwärmen für uns.“ Jörg nimmt seinen Freund am Arm und zieht ihn über die Straße zu der eben genannten Örtlichkeit. Dort beziehen sie Stellung und beobachten den Ausgang der Kneipe.
Während Jörg und Ulf draußen ihren Beobachtungsplatz beziehen, hauen wir Frauen drinnen in der Kneipe auf den Putz. Ich bin schon drauf und dran, auf dem Tisch zu tanzen. Mein Alkoholspiegel war schon fast zu hoch. Danuta bemerkt das ganz genau. Auch Silvia sieht dies und erkennt die drohende Gefahr.
Mit vereinten Kräften zerren sie mich von meinem Platz. Lachend falle ich den Freundinnen um den Hals.
„Ach, Mensch“, murre ich, „noch ein wenig. Kommt schon.“
„Pele, du hast genug“, bestimmt Danuta. „Gehen wir an die frische Luft.“
Daraufhin verziehe ich das Gesicht wie ein beleidigtes kleines Kind.
„Spielverderber“, grummele ich dabei.
„Wenn Jörg uns nicht bald findet, fällt die Hochzeitsnacht aus“, meint Silvia zu mir und will mich nach draußen führen.
„Noch eine Saalrunde“, rufe ich im Hinausgehen, worauf uns ein Johlen der anwesenden Männer folgt. Draußen hole ich erst einmal tief Luft. Mir beginnt es plötzlich schwindlig zu werden, alles dreht sich um mich. Fast wäre ich gefallen, hätten Danuta und Silvia nicht beherzt zugegriffen und mich gestützt.
„Komm, du bist ja ganz besoffen“, werde ich von Danuta angeknurrt. Sie öffnet die Wagentür, um mich auf der Rückbank Platz nehmen zu lassen. Unser Chauffeur sieht nur lachend nach hinten.
„Wo soll es denn jetzt hingehen?“, fragt er Silvia, die sich neben ihn setzt.
„Erst einmal nirgendwohin“, ertönt plötzlich Jörgs Stimme und schon schaut auch besagter in das Auto hinein, wo ich auf der Rückbank sitze und selig vor mich hin lächele.
„Jörg, wo kommst du denn her?“, ruft Silvia erschrocken auf, „ich hab dich gar nicht kommen sehen.“
„Mich kommen sehen? Das wirst du wohl auch nicht“, erwidert Jörg lachend. „Wie ich sehe, habt ihr euren Spaß gehabt. Und du Pele“, er wendet sich an mich, „deine Gläser waren etwas tief.“
„Hrrmmm“, sage ich nur, ehe mein Kopf zur Seite sinkt. Kaum lehnte mein Kopf an der Lehne, war ich auch schon eingeschlafen.
Alles Kommende wird mir später von Jörg erzählt:
„Also Mädels, Schluss für heute“, bestimmt Jörg einfach. „Ihr wartet hier, ich gehe rein und bezahle die Zeche. Danach fahren wir in die anderen Kneipen, in denen ihr wart und ich tue dort dasselbe“, er spricht es und verschwindet nach drinnen. Wenig später kommt er auch schon zurück.
„Los geht’s“, ruft er zum Chauffeur, als er sich mit auf die Rückbank quetscht, wo ich schon mit Danuta und Ulf sitze. Da zu wenig Platz dort hinten ist, nimmt mich Jörg einfach auf seinen Schoß.
Nachdem wir alle Kneipen nochmals abgeklappert hatten und Jörg dort unsere Zeche zahlte, fuhr er mich erst einmal nach Hause. Dort schleppt er mich wie einen nassen Sack geschultert, die Treppe nach oben und in unser Zimmer. Ich grummle nebenbei nur so was wie Spielverderber, doch richtig wach werde ich nicht.
Danuta und Silvia sind ihm behilflich, mich auszukleiden und ins Bett zu bringen. Danach lässt er die beiden sozusagen als Bewachung bei mir, damit ich nicht wieder aufstehe und fährt nochmals zum Bären, um dort Bescheid zu geben, er hätte die Braut gerettet. Allerdings wäre die nun so besoffen, dass sie nicht mal mehr auf eigenen Beinen stehen konnte und er sie mit eigenen Händen nach Hause ins Schlafgemach schleppen musste, wo sie nun unter Bewachung ihren Rausch ausschläft.
Im Saal erscholl bei dieser Erzählung lautes Gelächter.
„Ich glaube, deine Braut braucht dich jetzt mehr als wir“, schreit Opapa Jörg ins Ohr, damit er ihn bei diesem lauten Lachen der anwesenden Gäste auch richtig hören kann. „Geh du mal zu Pele, wir können auch ohne euch weiterfeiern.“ Mit diesen Worten schickt er seinen Schwiegerenkel los, damit er seinen jetzt ehelichen Pflichten vielleicht doch noch nachkommen kann.