"Wer bin ich?", die Stimme klang nicht mehr menschlich, düster und wie man sie sich von etwas aus einem schaurigen Grab entstiegenen vorstellte.
Er öffnete sie Augen, versuchte sich zu erinnern doch alles, was er sah, war Finsternis. Die Augen schmerzten, als würden sie das erste Mal seit langem Licht erblicken.
"Du darfst dich nicht bewegen!", eine Stimme, die Stimme eines Mannes.
Irgendetwas in dem Erwachten schrie danach die Person sofort zu töten und in ihrem Blut zu baden.
"Was ist mit mir passiert?", keuchte der Auferstandene und setzte sich mit einem Ruck auf, Schmerzen fuhren durch seinen Körper.
"Meine Güte ich sagte doch!", der Mann, nein der Elf hatte schwarzes Haar welches an der linken Seite komplett abrasiert und an der rechten weit über seine Schulter hing. Trotzdem schien eine düstere Wand aus Schatten ihn zu umgeben.
"Ich sagte doch du sollst dich nicht bewegen!", wiederholte der Elf sich, seine Augen waren golden wie flüssiges Licht und strahlten trotz seiner schattenhaften Erscheinung Wärme und Güte aus.
"Warum habt ihr mich zurückgeholt?", fragte der Auferstandene und starrte auf seine Hände. Seine Haut gräulich und an vielen Stellen aufgeplatzt, daraus schien Asche und Rausch zu steigen.
Ein Monster. Er war ein Monster.
Ein Schrei entfuhr seiner Kehle, er riss sich die Schläuche aus seinem Oberkörper, die Infusionen aus seinem Arm und sprang auf. Seine Beine... Sie waren wie seine Hände, völlig entstellt und zerstört.
In dem sauberen Stahlgefäß, welches neben seinem Krankenbett abgestellt wurde, spiegelte sich das Gesicht des Auferstandenen, ebenso zerrissen, rauchend und entstellt. Blutrote Augen funkelten aus eingefallenen Augenhöhlen, die kurzen Haare standen in alle Richtungen und schienen dunkler als in jeder Erinnerung an das, was er einmal gewesen war.
"WAS HABT IHR MIR ANGETAN? ICH BIN EIN MONSTER!", die Schreie des Auferstandenen hallten durch das Krankenzimmer, er schrie und schrie.
Shanora schreckte nun selbst schreiend aus diesem Alptraum, sie war Schweißgebadet und entdeckte sofort die Schwaden aus Rauch und Asche, die durch ihr Fenster hineinzogen.
"Du hast mir das angetan!", die Stimme des Auferstandenen hallte durch ihre Ohren, Shanora schrie weiter und zitterte vor Angst. In dem Moment wurde die Türe aufgerissen und Silas stürmte, knapp gefolgt von Ladira zu ihr.
"Shanora!", Silas schüttelte sie, ihre Augen waren geschlossen und sie schrie weiter, "Shanora was ist mit dir?"
Shanora riss panisch die Augen auf: "Er war hier! Er war hier! Er ist ein Monster!"
Ladira packte Shanora an den Schultern und schob Silas zur Seite: "Wer, Shanora?"
Silas biss sich auf die Lippe, er wusste instinktiv wovon Shanora geträumt hatte.
Gut das sie in ihrer Verwirrung nicht wirklich viel zusammenhängendes von sich gab.
"Ich war in seinem Körper, er hat die Transformation nicht gut überstanden, er sieht wie ein Monster aus. Allister war da und hat versucht ihn zu beruhigen, aber er war so verzweifelt und so voller Hass!", Shanora zitterte immer noch am ganzen Körper.
Ladira sah sie ernst an: "Es war nur ein Traum, Shanora! Allister ist tot, du selbst hast ihn beerdigt! Und wer soll er sein und von was für einer Transformation redest du?"
Silas griff ein, bevor Shanora antworten konnte: "Wie du schon sagst, Hüterin, es war bloß ein Alptraum. Warum kochst du Shanora keinen Tee oder irgendwas anderes mütterliches?"
Ladira verpasste Silas, wie erwartet, für diese Frechheit eine Ohrfeige: "Was bildest du dir ein junger Mann?"
Dann verstummte sie und sah zu dem offen stehenden Fenster: "Was zum Limbus ist das?"
Silas folgte ihrem Blick und sah die rauchende Asche, die dort überall verstreut wurde.
"Was bei allen Göttern und Geistern habt ihr getan?", entfuhr es Ladira als ihr bewusst wurde, das nur eine Kreatur solche Spuren hinterließ.
Delina spürte eine eiskalte Hand auf ihrer Stirn, Gemurmel war zu hören also öffnete sie ihre Augen.
"Na also, sie ist wach!", sie kannte die Stimme, die Stimme ihrer Schwester, Newra.
"Was...", Delina fühlte sich schwammig und sah sich verdutzt um. Nicht nur Newra kniete vor ihr, in der Ecke lehnte ein grinsender Treplew, der mit der Perle des Nachtschattens spielte.
"Meine Güte Gott sei Dank sind eure Verbündeten rechtzeitig aufgetaucht!", Amelie sah ziemlich abgehetzt aus und verband gerade einige Wunden, die sich auf Claudes Oberkörper befanden.
Arya saß auf einer der Bänke und starrte Löcher in die Luft, bis Delina sich erhob und auf sie zuging.
"Ist alles in Ordnung bei dir?", fragte Delina sie vorsichtig und setzte sich zu ihr auf die Bank.
Arya lächelte matt: "Ich kann meine Kräfte nicht mehr benutzen... Aber Newra und Treplew waren Gott sei Dank zur Stelle um uns aus der Patsche zu helfen."
Delina nickte verständnisvoll, sie hatte sich schon so etwas gedacht, dann drehte sie sich zu ihrer Schwerster: "Gut das ihr uns gefunden habt!"
Newra kam auf sie zu und verpasste ihr einen festen Schlag auf den Kopf, dann brüllte sie: "Was fällt dir ein einfach alleine loszuziehen, ohne uns Bescheid zu sagen? Wenn wir nicht auf Badria getroffen wären hätten wir bis jetzt noch keine Ahnung was Sache ist! Und jetzt raus mit der Sprache, was hattest du mit dieser finsteren Nachtschattenperle zu tun?"
Delina rieb sich bedrückt die Beule, die sich auf ihrem Kopf bildete: "Aua... Es tut mir leid, Newra, irgendwie ist alles aus dem Ruder gelaufen. Church und Deseis haben uns verraten, der Dunkle ist zurückgekehrt und hat einen Hexenmeister an seiner Seite und wir haben in Elensar um den Wald der 1000 Gefahren gekämpft und mussten alle Wege nach Elensar schließen damit keinem etwas passieren kann und Shanora in Sicherheit ist!"
Nun standen Newra wie auch Treplew mit geschockten Gesichtern und weit offenem Mund vor ihr.
Claude mischte sich ein: "Das war die knappe Kurzfassung! Und es gibt noch etwas das ihr wissen solltet!"
Delina schluckte schwer und starrte zu Boden, ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Claude bemerkte das und wendete sich an Newra und Treplew: "Wir sollten draußen darüber sprechen!"
Damit verließen sie das Gasthaus und Delina, Arya und Amelie blieben alleine zurück.
Es dauerte einen kurzen Moment, dann konnten sie Newra aufschreien und weinen hören.
Delina zog ihre Knie an sich und Arya streichelte ihr über den Rücken: "Es trifft einfach alle, jeder wurde irgendwann einmal von Finn gerettet. Newra genau wie wir und auch Treplew!"
Amelie spielte einstweilen mit einer Glasscherbe und ritzte etwas in den Tisch, was Delina dazu veranlasste aufzuspringen: "Nirgendwo!"
Arya hab eine Braue und Amelie gähnte, Nirgendwo klang für sie nicht besonders spannend.
"Ich habe gesehen was damals hier passiert ist! Finn war mit Yalhan hier und dann kam...", bevor sie aussprechen konnte, wurde sie unterbrochen.
"Dann kam Mari bevor ich beide angegriffen habe!", Treplew war wieder zurück und sah Delina gespannt an, "Was hast du dort über Nirgendwo gehört?"
Arya sah zwischen Delina und Treplew hin und her: "Was bitte ist Nirgendwo?"
Treplew seufzte tief: "Der Ort Nirgendwo, dort hat Finn erfahren, wie er geschaffen wurde. Er lag versteckt unter dem Tempel von Illutia!"
"Nirgendwo geht tiefer!", Delina sprang auf, "Das hat er schon einmal zu mir gesagt, als ich noch jünger war. An einem ganz bestimmten Ort, ich denke nicht das es um den Tempel geht! Wo ist Newra, wir brauchen SOFORT ein Portal!"
Treplew seufzte: "Sie ist draußen, die Nachricht von Finns Tod hat sie fertig gemacht!"
Delina nickte und verließ das Gasthaus, es dauerte nicht lange bis sie ihre Schwester erblickte.
Sie lehnte an der Hausmauer, den Blick auf den Horizont gerichtet, die Sonne war gerade dabei hinter den Hügeln des Limbus zu verschwinden und tauchte alles in orangenes Licht.
"Finn war ein Held, bis zum Schluss!", Delina lehnte sich neben sie und folgte ihrem Blick, "Am Anfang habe ich auch nur geweint. Aber jetzt weiß ich das ich nur noch eines für ihn tun kann! Ich werde einen Weg finden das alles zu beenden, all den Hass und die Kriege. Es war seine Bürde und ab heute wird es unsere sein, Schwester!"
Newra sah überrascht zu Delina, deren Blick in den Horizont keine Verzweiflung, sondern pure Entschlossenheit zeigte.
"Delina...", Newra musterte die Jüngere, deren Lippen ein Lächeln zierte. Sie war so unglaublich erwachsen geworden.
"Wir müssen zu Finns Villa auf dem verschneiten Berg in der Welt der Menschen. Ich denke dort gibt es...", Delinas Satz wurde von Newra vervollständigt.
"Einen geheimen Keller!", Newra nickte nun ebenfalls entschlossen, "Lass uns gehen!"
Claude hatte noch etwas anderes, wonach er suchen wollte. In den Ruinen seiner Vorväter gab es alchemistische Rezepte die Arya dabei helfen können ihre Blockade zu überwinden, darum schickte Newra die beiden mit Amelie als Unterstützung in den neunten Kreis. Danach erschuf sie selbst ein Portal zu seinem Ort, an dem sie schon lange nicht mehr gewesen war.
In Schwarzwasser verhandelte Church gerade mit einer Partei, die Baal immer noch treu ergeben war.
Radnos, ihr Anführer, ein grausamer Mann mit zurück gegeltem schwarzen Haar, verhüllt in einen grauen Mantel, hatte all seine Anhänger vor der Stadt aufmarschieren lassen.
Church trat nun neben ihn und sprach zu den unzähligen Kleinkriminellen, die ihr Geld meist als Söldner verdienten.
"Schwarzwasser war einst ein Juwel, Gaap hat es mit seinen Klingen verteidigt. Aber die Klingen wurden geraubt von den Obrigen aus Elensar, die denken, dass ihnen alles gehört. Sie waren es die den Dunklen hervorbrachten und unser Reich damit gebrochen haben. Harmun ist gefallen, die Guren sind tot. Schwarzwasser erstickt in Korruption und Kriminalität. Die Feste der Schatten war lange nicht mehr durch ihresgleichen bewohnt. Aber das hat sich verändert! Es gelang mir, Church, Baals Sohn und durch das Ableben meines Bruders Erben, Elensar an einem empfindlichen Punkt zu treffen. Ich habe sie mit ihren eigenen Waffen geschlagen! Ich habe sie bluten lassen, wie unser Volk geblutet hat! Mein Plan ist es jeden zur Rechenschaft zu ziehen der UNS geschadet hat! Lasst mich also verkünden, dass es mir gelungen ist eine Lister der Schläfer von Elensar zu bergen! Ich habe die Treppe nach Nirgendwo zerschlagen, die Siegel gebrochen und alle unterlagen die Elensars Jäger zusammengetragen haben! Holen wir uns unsere Ehre zurück, wir sind das Volk von Schwarzwasser!"
Die Menge johlte und tobte, Church grinste breit. Damit würde er Delina und Arya endlich den Todesstoß versetzen.
"Was für eine tolle Ansprache!", neben ihm erschien der Hexenkönig, "Nur das nicht alle Guren tot sind, nicht wahr?"
Church verdrehte genervt die Augen: "Über Leben und Tod musst du wohl nicht philosophieren, Allister Androlien!"
Dieser warf dem Dämon einen angewiderten Blick zu: "Sein Körper lässt sich kaum noch stabilisieren, es ist nur noch eine Frage der Zeit bis er sich erinnert, Belial! Und dann wird es kritisch, er ist eine tickende Zeitbombe!"
Church kannte diese Predigt schon: "Und was willst du jetzt von mir?"
Allister schnaubte: "Ihn von seinem Leid erlösen du schwachsinniger Irrer!"
Church aber lachte nur über ihn: "Egal was mit ihm passiert, er wird mir noch von Nutzen sein und ich entscheide wann diese elende Kreatur ihren letzten Atemzug tun wird. Denk daran, was passiert, wenn ich seine Seele einfach an einen Gegenstand binde, wie wäre das, Allister?"
Der Elf seufzte tief, mit Church war nicht zu reden, also verschwand er, um selbst einen Plan zu schmieden. So wenig ihm das auch zusagte, Church hatte ihn in der Hand.
Church hingegen war hochzufrieden. Er wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war bis Arya und Delina die bekannten Verstecke von Finn abklappern würden. Sein Netz war gespannt, es war an der Zeit seine Beute einzuspinnen und zu vernichten.
Radnos riss ihn aus seinen Gedanken: "Ihr habt uns überzeugt, was sollen wir tun, Meister?"
Church grinste: "Ihr werdet mir durch ein Portal nach Vila folgen und dort werden wir Eroberer sein, mein Freund! Plündert und brennt alles nieder, bis der König vor uns das Knie beugt!"
Radnos riss die Augen auf: "Aber niemanden ist es gelungen dort einzudringen, sie haben sich abgeschottet!"
Church seufzte: "Ach mein Freund, ich verfüge über eine Kreatur für die diese Regeln nicht zählen. Ein Tor wird uns geöffnete werden, als macht euch bereit, mobilisiert alle Männer, die ihr finden könnt, jeden Strauchdieb! Ich will das dieses Reich brennt und ihre Ressourcen werden uns dienen damit wir Schwarzwasser wieder aufbauen können!"
Radnos nickte und grinste ebenfalls: "Das hört sich nach einem guten Plan an. Wir räuchern sie aus!"