Delina starrte einen Moment auf die Gestalt vor ihr, diese dunkle Gestalt hinter ihrer Maske.
Die Worte des Mannes schienen irgendetwas zu bewirken, etwas das den Dunklen dazu veranlasste innezuhalten, dann wendete er sich von ihnen ab.
Neben Delina riss sich Amelie aus ihrer Starre und rannte auf diese Gestalt zu: "Nein du wirst nicht einfach verschwinden!"
Sie packte in ihrem Sprint ihren Bogen und fasste in den leeren Köcher, zwischen ihren Fingern bildete sich ein weißer Pfeil den sie, als der Dunkle sich ihr wieder zuwendete und nach ihr schlug, während sie sich abrollte, auf die Sehne legte. Sie spannte und traf das Gesicht des Dunklen, seine Maske zersplitterte unter dem Pfeil und viel herab.
"Amelie weg da!", brüllte Delina und riss sich von Marbas los, der sie festhalten wurde. Mit letzter Kraft lief sie, taumelnd und stolpernd, um sich vor die am Boden liegende Amelie zu stellen.
Schweißperlen standen ihr auf der Stirn, als sie in die glühend roten Augen blickte, die sich unter der Maske verborgen hatten. Sie kannte diese Augen, sie kannte sein Gesicht, auch wenn es rissig wirkte und die gräuliche Hautfarbe, wie auch die wirren dunkelblonden Haare.
"Nein...", Delinas Augen füllten sich mit Tränen, "Bitte nicht!"
Amelie hatte sich hinter ihr aufgerichtet und legte ihr eine Hand auf die Schulter: "Du musst das nicht tun!"
Dann schob sie die verstörte Delina beiseite und spannte ihren Bogen erneut: "Letzte Worte?"
Der Dunkle starrte weiter zu Delina, das Glühen in seinen Augen erlosch, die finstere Stimme flüsterte einen einzigen Satz: "Es tut mir leid!"
Amelie seufzte, sie wusste, dass es getan werden musste. Sie spannte ihren Bogen, ihr Ziel war sein Hals.
Ihr Puls beruhigte sich und sie spannte noch ein wenig fester, sie musste ihn jetzt in diesem Moment der Schwäche erledigen.
"Haltet ein!", eine Männerstimme, klar und hell, "Nimm den Bogen runter, törichte Göre!"
Amelie ließ ihr Ziel nicht aus den Augen, fixierte es und machte sich bereit loszulassen.
Sie konnte das surren hören als der Pfeil auf sein Ziel zuflog, aber er prallte ab, an einem Mann unter einer schwarzen Kutte. Ein unsichtbarer Schild schien ihn vor ihren Angriffen zu schützen, den auch der nächste Pfeil konnte ihm nichts anhaben.
Er trug eine schwarze Krone über der Kapuze und seine Stimme wurde plötzlich unheimlich, durchzogen von hunderten anderer Stimmen.
"Lasst ihn gehen oder der Zorn des Hexenkönigs wird euch ereilen!"
Der Dunkle löste sich in schwarzem Rausch auf und Amelie warf, einen Schrei der Enttäuschung ausstoßend, ihren Bogen zu Boden.
Delina saß neben ihr auf dem Boden, starrte an die Stelle, an welcher der Dunkle noch vor Sekunden seinen Blick auf sie gerichtet hatte.
Sie hatte sein Gesicht gesehen. Sie hatte gesehen, wer er war und es zerriss ihr Herz.
Die schwarze Krone landete neben ihr auf dem Boden, daneben die Kutte des Hexenkönigs.
"Du bist also kein Schatten meines Vaters...", langsam erhob Delina sich und starrte in die goldenen Augen ihres Gegenübers, "Warum, Allister? Auch du? Shanora hat dich beerdigt, wir haben um dich geweint! Nur um jetzt herauszufinden das du mit dem Feind unter einer Decke steckst?"
Schwere Plattenstiefel kündigten das Ankommen eines weiteren Mannes an: "Er hat euch nie verraten, er hat versucht euch zu helfen!"
Delina verstand nun gar nichts mehr: "Ation? Was ist hier los?"
Ation sah ernst zu ihr und begann dann ihre Wunden zu heilen: "Meine Schwester sitzt in einem Lagerhaus das bald von Churchs Lakaien gestürmt wird! Die Zeit über das zu reden, was du gerade gesehen hast, wird kommen, aber sie ist nicht jetzt!"
Allister seufzte tief: "Ich wünschte, ich könnte bleiben und euch unterstützen, aber wenn es mir nicht gelingt diese Kreatur einzufangen wird dieser Spuk nicht aufhören!"
Delina verstand: "Darum warst du dort... Weil er..."
Sie brachte es nicht über die Lippen, aber Allister schien zu verstehen, in seinen Augen stand derselbe Schmerz, den auch sie empfand.
"Finde ihn...", Delina biss sich auf die Lippen, trotz der Heilung durch Ation fühlte sie sich schwach und ausgelaugt.
Allister nickte: "Das werde ich... Wenn ihr ihn wieder trefft... Bitte tötet ihn nicht... Ich kann nicht... Ich kann nicht damit leben wenn es so zu Ende geht!"
Delina konnte ihn nur zu gut verstehen: "Allister wird nach diesem Wesen suchen... Der Rest kommt mit mir, wir werden Arya und Claude aus diesem Gebäude holen!"
Amelie mischte sich ein: "Meine Freunde sind ebenfalls in dieser Lagerhalle. Es befindet sich ein Portal darin und ich kann nur hoffen das Greta es stabilisiert hat, dann können wir dadurch entkommen!"
Delina nickte und wendete sich Marbas zu: "Du bist nicht verpflichtet an dieser Mission teilzunehmen!"
Marbas zuckte mit den Schultern, Ation war gerade dabei seine Wunden zu versorgen: "Mir wurde es hier eh langsam langweilig!"
"Delina!", Amelie sah sie ernst an, "Du musst bei der Sache sein. Ich weiß was du gerade gesehen hast und es gibt noch mehr zu berichten. Aber hier geht es um meine Freunde! Um meine Familie, wenn man so möchte! Kann ich mich darauf verlassen, dass du einsatzbereit bist?"
Delina nickte: "Ich werde mein Bestes geben, Amelie!"
Arya und Claude betraten die Lagerhalle und übergaben der hungrigen Greta ihre Waffeln.
"Danke, das hat ja ewig gedauert! Juhu sie sind noch warum!", sagte diese und setzte sich überglücklich an den kleinen Klapptisch in der Werkstatt.
"Greta, keine Zeit zu essen!", Korgrim stürmte durch die Eisentüre, die die beiden Hallen trennte, "Da draußen geht etwas vor sich! Und nichts Gutes! Die halbe Stadt brennt und die Wachen durchsuchen alle Gebäude!"
Greta verschluckte sich beinahe an ihrer Waffel: "Verdammt Amelie ist immer noch nicht zurück und das Portal ist noch nicht stabil!"
Schon pochte es an der Türe hinter ihnen: "Aufmachen! Im Namen des Königs!"
Korgrim fluchte leise, dann sah er zu Greta: "Wie lange brauchst du?"
Greta überlegte kurz: "Eine halbe Stunde, verschafft mir eine halbe Stunde!"
Dann rannte sie durch die Türe aus welcher Korgrim gerade gekommen war.
Der Zwerg sah Arya und Claude zweifelnd an: "Könnt ihr kämpfen? Dann verschafft mir auch ein wenig Zeit, ich habe eine großartige Überraschung für dieses Dämonenpack!"
Claude nickte: "Wir sind bereit, nicht wahr, Arya?"
Die Elfe schluckte schwer, wirklich bereit fühlte sie sich nicht.
Korgrim reichte das, er verschwand zurück durch die Türe und verschloss sie hinter sich.
"Du öffnest jetzt diese Türe, frag nach was sie wollen!", Claude veränderte sich in ein riesiges Nashorn, "Wenn sie dich bedrohen springst du zur Seite, dann werden wir alles, was diesen Raum betritt dezimieren und hoffen, dass der Zwerg eine Armee seinesgleichen in dem Raum da hinten versteckt!"
Arya nickte, sie verschleierte ihr Gesicht mit einem der Tücher und griff nach der Türklinke: "Ich bin nicht bewaffnet, eine einfache Bewohnerin von Schwarzwasser!"
Das Pochen an der Türe hörte auf, dafür antwortete ihr eine der Soldaten: "Gut Madame, wir müssen trotzdem mit ihnen sprechen, bitte öffnen Sie die Türe!"
Arya atmete tief durch und drückte die Klinke, öffnete die Türe einen Spalt.
Die kleine Straße, die sie davor mit Claude entlanggegangen war war voller Soldaten in schwarzen Rüstungen. Sie trugen schwarze Masken und jeder von ihnen war bis unter die Zähne bewaffnet.
"Madame, die Stadt brennt, wir suchen nach den Übeltätern und wurden angewiesen jedes Haus zu durchsuchen. Sind sie alleine?", einer der Soldaten musterte sie durch die feinen Schlitze in der Maske.
"Ich bin alleine!", log Arya, "Hier ist niemand, sie müssen meine alte Halle nicht durchsuchen!"
Der Soldat aber griff nach der Türe, um diese aufzustoßen: "Das liegt nicht in Ihrer Entscheidungsgewalt, treten Sie bitte zur Seite!"
Arya sprang zur Seite und die Türe schwang auf, Soldaten stürmten durch die Türe und verharrten, als sie ein Schnauben hörten.
Ein riesiges Nashorn stürmte auf sie zu, den Kopf gesenkt und bereit sie aufs Horn zu nehmen.
"Speere!", brüllte der erste von ihnen noch, bevor er aufgespießt wurde. Die Wucht und Geschwindigkeit des Tieres war gewaltig, Claude schaffte es in dieser Gestalt alle Soldaten, die sich bereits in der Halle befanden, zu töten.
Dann aber flogen die ersten Speere, Arya sprang und fing einen davon ab, damit er sich nicht in die Schulter des Nashorns bohren konnte: "Claude pass auf, du bist zu langsam um ihnen auszuweichen!"
Sie wendete sich mit dem Speer in der Hand den Soldaten zu und riss die seidenen Tücher von ihrem Körper.
"Das ist Arya Ronalien, ich kenne ihren Steckbrief!", brüllte einer von ihnen, damit war alle Aufmerksamkeit auf Arya gerichtet und Claude hatte Zeit seine Gestalt zu wechseln.
Während die Soldaten auf Arya zustürmten flankierte er diese in der Gestalt eines Wolfes und Arya schlug und stach mit dem Speer auf alle weiteren ein.
"Arya, Claude!", die kleine Türe schwang auf und Korgrim winkte ihnen, "Zur Seite! Der Rest gehört mir!"
Die Soldaten musterten den Zwerg kurz und lachten schallend, Rufe wurden laut: "Ein Zwerg? Ich dachte, die gibt es nur im Märchen! Was will der den gegen uns ausrichten?"
Korgim starrte die Soldaten wütend an, dann verschwand er aus ihrem Blickfeld. Arya rannte zu Claude, der seine normale Gestalt angenommen hatte, und zog ihm mit sich auf die Treppe.
Dann ertönte ein unglaublich lauter Motor, die Soldaten sammelten sich vor der offenen Türe.
"Verstärkung, schickt nach Verstärkung!", schrie einer.
"Haltet stand, egal was durch diese Türe kommt!", rief ein anderer.
Noch einmal hörte man den Motor aufheulen, dann hörte man die laute Stimme des Zwerges: "Das ist für Madum ihr Dämonenratten, und für jedes andere Zwergenreich!"
Arya sah überrascht, wie ein riesiger gelber Bulldozer die Wand zwischen den Hallen durchbrach, Trümmer erschlugen einige der Dämonen und das Gefährt raste durch ihre Reihen bis an die gegenüberliegende Wand, wo es Wendete und sich dann in Richtung Ausgang bewegte.
"Das kommt davon, wenn man denkt, ich wäre ja nur ein Zwerg!", brüllte Korgim aus der Fahrerkabine.
"Was passiert da?", fragte Claude Arya verwirrt.
"Das ist schwer zu beschreiben!", antwortete diese, "aber Korgrim vernichtet gerade einiges an Soldaten, wir sollten ihm helfen!"
Arya hatte das gerade ausgesprochen als ein riesiger Troll mit gepanzerter Rüstung brüllend durch die Eingangstüre brach.
Er schwang einen großen Hammer und traf den Bulldozer seitlich, was ihn zum Umkippen brachte.
"Korgrim!", Arya sprang die Treppen hinunter, Gott sei Dank sah sie den Zwerg aus dem Wrack klettern.
Er hustete und Griff dann nach seinem Streitkolben, den er auf seinen Rücken geschnallt hatte: "Komm her du widerlicher Stinker!"
Seine Worte waren an den Troll gerichtet, der seinen Hammer wieder gegen die Überreste des Bulldozers schlug und diesen endgültig zerstörte.
Arya versuchte den sturen Zwerg mit sich zu ziehen: "Den schaffst du nicht! Du hast bewiesen, wie viel in einem Zwerg steckt, aber bitte opfere nicht dein Leben nur, weil du dir nicht helfen lassen möchtest.
Korgrim aber entkam ihr und stürmte auf den Troll zu, welcher ihn mit seinem Hammer knapp verfehlte, und schlug ihm mit seinem Streitkolben gegen das Schienbein.
Der Troll schrie wütend vor Schmerz auf, mit einem Ausfallschritt beförderte er den Zwerg bis zu Arya zurück.
Dann schwang er seinen Hammer und rannte wutentbrannt auf die beiden zu, bereit sie zu zerquetschen.
"Oh verdammt!", entkam es Korgrim, Arya stellte sich vor ihm, riss ihre Hand über den Kopf, als könne sie damit den Schlag bremsen den dieser Hammer verursachen würde.
Der Hammer des Trolls krachte auf sie herunter, zum Erstaunen des Zwerges prallte er wirklich an ihrem Arm, an dem goldenen Schild das sich gebildet hatte, ab.
Der Troll, höchst verwirrt darüber, schwang seinen Hammer erneut über seinen Kopf, was ihm zum Verhängnis wurde.
In diesem Moment sprang ihm ein riesiger Wolf an die Kehle und verbiss sich darin. Korgrim reagierte sofort und hob den Speer auf, mit dem Arya gekämpft hatte.
"Für die Zwerge!", rief er und schoss ihn, traf direkt in das Auge des Trolles, der dadurch nach hinten fiel.
Claude stützte sich an dem Troll ab und sprang zu Arya und Korgrim, wo er sich zurückverwandelte.
"Das war nicht schlecht!", stellte er fest, "Das Ding liegt im Staub!"
Korgrim lachte: "Haha, wer hätte gedacht das die kleine Elfe so einem Schlag standhält?"
Arya sah ihn empört an: "Wer ist hier klein?"
Der Staub, den der Aufprall der riesigen Bestie verursacht hatte, legte sich und ein langsames Klatschen ertönte.
"Wie niedlich, feiert ruhig euren kurzen Sieg! Er wird nicht von dauer sein!", Church stand in dem Loch, wo sich vor dem Eindringen des Trolls die Türe befunden hatte.
"Du!", Arya starrte ihn wütend an, "War ja klar, dass du hinter allem steckst!"
Church lachte nur: "Ich habe meine Stadt nicht angezündet! Und jetzt verratet mir eines. Muss ich nach euch nach weiteren Maden suchen oder war es das jetzt?"