"Ich dachte nie, das ich einen euch dich in die Gewänder meines Volkes kleiden würde, Claude!", Kameon stand in der Rüstkammer seiner Festung, betrachtete den Druiden der nun die Rüstung eines Soldaten der Vila trug.
"Ich werde ihm die Armschienen anlegen!", Arya, die ebenfalls eine solche schwarze Rüstung trug, nahm sie dem König aus der Hand.
Kameon verstand den Wink die beiden alleine zu lassen: "Sie werden bis zum Morgen warten, jeder weiß das die Vila während der Mond scheint über die meiste Stärke verfügen!"
Arya nickte: "Sie bringen alles in Stellung, um es mit einem sauberen Schnitt zu beenden!"
Kameon verließ daraufhin die Kammer und Arya schnürte die Armschienen an Claudes Unterarmen fest, Stille erfüllte den Raum.
"Finn ist nicht bösartiger, als ich es war!", begann Claude dann, "In Harmun, ich habe schreckliche Dinge getan Arya! Frauen, Kinder! Ich habe sie zerfetzt, bis sich mir jemand in den Weg stellte!"
Arya seufzte tief, sie wusste, was er ihr damit sagen wollte: "Aber wer wird sich Finn in den Weg stellen? Wer wird ihn aufhalten, Claude? Ich besitze die Stärke nicht das zu tun. Delina könnte es aufgrund ihrer Gefühle nicht. Kannst du ihn aufhalten, wenn so etwas wieder passiert? Wenn der Hunger nach frischem Fleisch ihn überkommt und er vielleicht einen von uns angreift?"
Claude schien zu überlegen: "Ich würde es versuchen! Aber ihn zu töten, weil das passieren könnte? Außerdem, wie wollt ihr das anstellen? Ich schätze Delina würde das ohnehin nicht zulassen!"
Arya wusste, dass er damit sicher recht hatte, Delinas Sturheit war ihr bekannt und ihre immensen Gefühle für Finn ebenfalls.
"Etwas anderes wollte ich dich noch fragen!", Claude riss sie aus ihren Gedanken.
Arya sah ihn überrascht an: "Was den?"
Claude zog sich die mit schwarzen Platten besetzten Handschuhe über: "Warum hast du dem König dein Leben für meines angeboten?"
Arya wurde rot, wie so oft war sie froh, dass er das nicht sehen konnte: "Das tut man für einen guten Freund, denke ich!"
Claude schien mit dieser Antwort nicht zufrieden zu sein: "Hättest du dasselbe für Deseis getan?"
Aryas Herz setzte einen Moment aus, was sollte sie darauf erwidern? Sie hatte versucht Deseis zu helfen, der mit seiner Existenz als Mischwesen zu kämpfen gehabt hatte.
Aber hätte sie in derselben Situation auch so gehandelt?
Deseis hatte sie gebeten ihn zu heiraten und sie hatte dem zugestimmt, aber wirklich nach den Traditionen ihres Volkes ihre Seele auf ewig an seine zu binden? Ob sie das getan hätte, auch ohne seinen Verrat?
Sie erinnerte sich an den Moment als Claude und sie für Greta Waffeln geholt hatten. Als er sie in den Arm genommen hatte und ihr bewusst geworden war das sie Deseis nicht länger nachtrauerte, weil ihr Herz längst einem anderen gehörte.
Deseis und sie hatten eine lange gemeinsame Geschichte die sie verbunden hatte. Ob das wirklich mit Liebe zu tun gehabt hatte?
Arya war immer ein Einzelgänger gewesen, sodass diese Gefühle für sie nie von Bedeutung gewesen waren.
Hatte sie diese deswegen falsch eingeschätzt?
"Es war unfair dich so etwas zu fragen!", sagte Claude plötzlich ernst, bevor sie ihm überhaupt antworten konnte, "Schließlich war Deseis der Mann, den du geliebt hast, das ist etwas anderes!"
"Kann man euch noch helfen?", Korgrim stand in der Türe, woraufhin sich Claude erhob.
"Nein, ich gehe!", sagte der Druide und drängte sich an dem Zwerg vorbei, welcher Arya musterte.
"Ich bin auch fertig!", Arya griff sich einen Schild und ein Schwert und wollte ebenfalls den Raum verlassen, aber Korgrim hielt sie am Arm fest.
Der Zwerg sah sie ernst an: "Keiner weiß, ob wir die Nacht überstehen, Mädchen! Ein blinder sieht, dass er in dich vernarrt ist, mehr als in eine gute Freundin wie ihr uns weismachen wolltet! Und du empfindest genauso! Ich kenne diesen Deseis nicht, aber er muss ein ziemlicher Idiot gewesen sein! Wenn wir heute, was sehr wahrscheinlich ist, alle abkratzen, würdest du es nicht bereuen ihn nicht darüber aufgeklärt zu haben?"
Arya sah Korgrim überrascht an: "Wie kommst du den auf sowas?"
Korgrim seufzte und ließ sie los: "Greta und er haben geredet als du verletzt im Bett lagst, sie war ihm sehr zugetan! Aber er hat ihr gesagt das sein Herz bereits einer anderen Frau gehört, auch wenn diese ihn nie lieben würde!"
Arya sah nun völlig verdattert drein, Claude, der einzige der wahrscheinlich mehr Frauen in seinem Leben hatte als Finn, hatte Greta einen Korb gegeben?
Korgrim gab ihn nun einen leichten Schubs zur Türe hinaus: "Geh schon, es wäre schade, wenn er heute stirbt, ohne zu wissen, dass du ebenso empfindest!"
Arya nickte und rannte dann den Gang entlang, wo sie Claude einholte und am Arm packte.
"Ich bin vielleicht nicht gut daran mich auszudrücken, was Gefühle betrifft!", Arya redete nun einfach daraus los, "Das liegt wahrscheinlich daran weil man mich nie gefragt hat, was ich möchte! Ich wurde verlobt, bevor ich überhaupt wusste, was Liebe ist! Mein Vater starb zu früh, ich musste fliehen, nachdem ich beinahe alle Artefakte gestohlen hatte und kannte eigentlich nie einen Mann außer Deseis! Egal! Als die Wachen dich außer Gefecht gesetzt hatten, habe ich dem König gesagt, warum ich bereit war mein Leben für deines einzutauschen! Ich habe ihm gesagt das ich dich liebe und das erste Mal in meinem langen Leben bin ich mir sicher, dass ich genau weiß was das bedeutet! Ich dachte, du solltest das wissen bevor wir wahrscheinlich beide sterben werden!"
Claude stand wie versteinert da, schien sich nicht sicher zu sein ob Arya meinte was sie da sagte.
"Wenn wir den morgen erleben und du das dann, nicht mehr angesichts unseres nahenden Endes, immer noch so siehst, möchte ich einiges mit dir besprechen!", sagte er dann ruhig, was Arya enttäuschte.
"Was redet ihr den da von unserem Ende?", Amelie kam ihnen entgegen, knapp gefolgt von James.
Arya bemerkte sofort, wie aufgekratzt sie war: "Du hast irgendeinen Plan, nicht wahr?"
Amelie nickte: "Ich denke das ich weiß was unsere Kräfte blockiert und das ich die Quelle finden und vernichten kann! Die Sonne wird gleich aufgehen, es bleibt keine Zeit für Erklärungen!"
Arya nickte in der Hoffnung das Amelie das gelingen würde, im Besitz ihrer Kräfte würden sie es schaffen diesen heraufziehenden Krieg für sich zu entscheiden.
"Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass sie in die Stadt gelangen!", Arya warf Amelie einen ernsten Blick zu, "Es hängt jetzt von dir ab! Ein Symbol der Hoffnung, wie deine Mutter!"
Amelie nickte und stürmte davon, während James Arya verwundert ansah: "Was ist hier los? Sie spricht nicht mit mir!"
Arya seufzte tief: "Geh mit ihr und zum Teufel pass auf das ihr nichts geschieht, egal was du vielleicht sehen wirst!"
James nickte und rannte Amelie hinterher: "Sterbt nicht, bis wir wieder im Vollbesitz unserer Kräfte sind!"
Deseis rannte vor dem Zimmer seiner Nichte auf und ab, überlegte, wie er an sie herankommen sollte.
Sie hatte Vlad zu seiner Überraschung nicht getötet, dieser war völlig unverletzt nach einigen Stunden wieder aufgetaucht und hatte sich in sein Gemach zurückgezogen.
Anny hatte ihm weismachen wollen sie hätte Ina, Vlads Mätresse, ermordet, aber das würde Deseis ihr erst glauben, wenn sie ihm eine Leiche lieferte.
Church war mit den Truppen nach Lunaris gezogen, der Hauptstadt der Vila. Bei Sonnenaufgang würde er die Stadt einnehmen und die Rasse der Vila auslöschen.
Niemand würde ihnen zur Hilfe kommen, sie hatten Elensar verraten. Und doch hatte es bei Mondfall, einem Dorf nahe von Lunaris, einen Zwischenfall gegeben. Finn hatte gewütet, anscheinend alle Soldaten abgeschlachtet. Aber einige der Leichen zeigten ein anderes Verletzungsmuster, eines das zu Church passte.
Plötzlich wurde die Türe neben ihm aufgerissen, Annys nicht durch ihre Haare verdecktes Auge funkelte ihn wütend an: "Warum krebst du schon wieder vor meiner Türe herum!"
Deseis fasste sich ein Herz: "Ich habe dich gesucht damals, Anny! Du warst mein kleines Mädchen! Wenn du denkst, ich verdiene es nicht die Wahrheit zu erfahren dann töte mich einfach!"
Annys Blick veränderte sich, sie deutete ihm einzutreten und die beiden nahmen auf einem der Sofas Platz.
"Onkel!", Annys Stimme klang wieder sanft, "Ich war tot bevor du mich gefunden hast, was das Herz eines Reisenden berührt hat. Er holte mich zurück und wollte mich mit sich nehmen. Aber mein Titan hat ihn daran gehindert, sich mit mir verbunden und damit dafür gesorgt das niemand je meinen Willen kontrollieren kann. Trotz dieses Geschenks und meiner gottgleichen Kräfte bin ich verflucht und werde es immer sein! Finn hat alles versucht, um mir zu helfen, allerdings ohne Erfolg! Um bei Kräften zu bleiben und nicht zu verwesen, muss ich mich von frischem, warmen Fleisch ernähren! Das warme Blut trinken, alles andere verwandelt sich in meinem Mund zu Asche! Der Tiefschlaf in den Finn mich versetzte war meine Rettung, da mein Titan mir nicht erlaubt mich zu töten! Aber ich erwachte, nachdem ihr eine Basis, unter der man mich begrub und bewachte zerstört habt und wusste, was ich zu tun hatte!"
Deseis war sichtlich überrascht über Annys offene und ehrlich wirkenden Worte: "Warum bist du nicht zu mir gekommen?"
Anny sah ihn vorwurfsvoll an: "Ich machte Allister, den Hexenkönig, ausfindig. Er hat mir gesagt was ihr mit Finn, meinem Freund, angestellt habt! Und er hat mir noch mehr erzählt, aber er konnte nicht zurück zu euch. Das habe ich übernommen! Ich bin nur hier um jeden zu vernichten der diesem scheußlichen Komplott angehört! Ich werde mir einen nach dem anderen vornehmen bis keiner mehr übrig ist!"
Deseis sah sie traurig an: "Das ist Rache!"
Anny schüttelte den Kopf: "Das ist notwendig! Wer soll euch aufhalten, wenn nicht ich, Onkel!"
Deseis begann zu verstehen: "Dann hast du mich hereingebeten um mich zu töten?"
Anny schüttelte wieder den Kopf: "Nein, ich habe dich hereingebeten, weil ich noch etwas in dir sehe, dass mich an früher erinnert. Elensar ist nicht mehr sicher und das weißt du! Es gab eine die sich den entgegengestellt hat und mir ein ganz besonderes Geschenk gemacht hat. Sie versteckte die anderen, aber sie wird sterben, wenn ihr niemand hilft. Deseis, wann wurde aus deinem Sinn für Gerechtigkeit Gleichgültigkeit? Wann hast du dich aufgegeben?"
Deseis riss die Augen auf, Annys Worte trafen ihn tief und das erste Mal nach Jahren stiegen ihm Tränen in die Augen, die er nicht zurückhalten konnte.
"Du kannst sie retten!", Anny lächelte matt, "Oder du bleibst und stirbst noch heute Abend!"
Deseis versuchte sich zu fassen: "Wer ist sie und wo finde ich sie?"
Anny seufzte tief: "Ich kenne ihren Namen nicht, aber sie kam durch den Spiegel im Speisesaal. Als ein Mischwesen mit vampirischem Anteil solltest du diesen benutzen können!"
Sassy atmete tief durch, sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten und wäre beinahe umgekippt als Mari neben ihr auftauchte.
"Ladira ist mit den Kindern wie du es gesagt hast zu den Ruinen gegangen! Saphira, Celles und Vanessa sind bei ihr!", sagte sie und musterte Sassy besorgt, "Was ist mit deinem Auge?"
Sassy war froh das Ladira und die anderen ihr einfach vertraut hatten, noch mehr beruhigte sie das sie Shanora davon abbringen hatte können zum schwarzen Thron zu gehen.
"Ich habe mein Auge verloren!", erklärte sie Mari dann und zog ihren Verband zurecht, "Freiwillig!"
Mari schien nicht weiter nachfragen zu wollen und schritt still neben ihr her: "Was denkst, du wird jetzt passieren? Was hast du vor?"
Sassy sah traurig zu ihr: "Ich muss wissen, ob es wahr ist, Mari! Wenn ich recht habe, werde ich sterben, aber das ist nicht schlimm. Hauptsache es sind alle in Sicherheit und vor allem Henry wird gut versorgt!"
Mari ging eine weile stumm neben Sassy hier: "Es tut mir leid, Sassy! Ich wünschte, ich könnte dir diese Last abnehmen, aber niemand anders als du kann das tun!"
Sassy sah dankbar zu ihr hinüber: "Das ist lieb von dir, aber es ist, wie du sagst meine Aufgabe. Mögen die alten Götter mit uns allen sein!"
Mari nickte: "Vor allem mit Shanora! Sie muss es schließlich auch mit einer Übermacht aufnehmen!"
Sassy blieb stehen, vor ihr lag Ladiras Haus, welches ihnen allen nach der letzten Schlacht als Zuflucht gedient hatte.
"Ich muss dich jetzt verlassen!", Mari schien das gar nicht zu gefallen, "Ich bete, das wir uns irren!"
Dann verschwand sie und Sassy öffnete das Gartentor, um dem Mann entgegenzutreten, den sie verdächtigte sie alle verraten zu haben.