Noch waren wir nicht gestartet und ausnahmsweise lag es nicht an mir oder jemandem aus meiner Familie. Es lag auch nicht an Mogon, dem Doc oder Nick, die sich die botanische Abteilung teilten. Obwohl sie schon etwas damit zutun hatten. Ich stand neben Henry in der Shuttlerampe und der sah ständig auf die Uhr.
"Sie ist zu spät."
"Das sind wir auch. Die anderen warten alle schon darauf, los zu können. Nicht zu vergessen die ganzen Wesen an den Empfangsgeräten."
"Aber du weisst, dass das hier wichtig ist?"
"Du hast es erklärt, aber verstanden habe ich es nicht. Es gibt ähnliches auf anderen Welten. Wenn es hier ist, dann wird es nicht mehr so sein wie an dem Ort, von dem es kommt."
"Das mag sein, Julius. Aber sie ist etwas besonderes, glaub mir."
Ich seufzte. Der alte Admiral und Chefdiplomat der Erde war ein erfahrener Unterhändler, aber wie jeder Engländer hatte er so seine Marotten. Eine davon betraf Tee, der mit einem Tropfen Kuhmilch und einem Stück Kandiszucker serviert wurde. Da immer auch die ganzen Überlebenspacks umgezogen waren, hatten wir noch immer große Mengen dieser Ware in unsere Stasis liegen, genug für zwei Flüge, könnte man meinen. Henry, der Tee wie andere Wasser trank, sah das anders. Tee sei nicht gleich Tee, stellte er fest. Und weil das so war, standen wir nun hier, vier Stunden nach unserem offiziellen Start und warteten auf einen verspäteten Transitflug von der Erde. Als das Shuttle endlich kam, verstand ich es.
"Du hättest mir sagen können, dass es euer Familientee ist", meinte ich mit einem Lächeln und begrüsste die junge Dame herzlich.
"Opa hat nichts gesagt?", fragte die.
"Kein Sterbenswort."
"Henry? Echt jetzt? Das sind deine Freunde, hast du gesagt. Ich habe noch nie von dir gehört, dass du von jemanden so gesprochen hast. Und das du mich angefordert hast, mit dir und deinem Tee hier einzuziehen, das hast du bestimmt auch nicht erwähnt, stimmt's? "
"Das wird die drei Herren aber freuen", bemerkte ich, obwohl ich merkte, dass Henry etwas erwidern wollte. "Dann müssen wir aber auch nicht darauf warten, dass sie ausläd, oder?"
"Nein, sie können starten", bemerkte die junge noch namenlose Frau. "Ich hatte ja jetzt 43 Stunden, um mich von allem zu verabschieden."
Sie funkelte böse ihren Opa an, der daraufhin eher resigniert nickte.
"Und trotzdem sind sie gekommen?", fragte ich.
"Was der Admiral befiehlt, wird in unserer Familie befolgt", stellte die junge Frau fest. "Ich hatte nur die Wahl, ob ich oder einer meiner älteren Geschwister gehen soll. Ich war die logische Wahl. Noch keine Familie, kann mit Pflanzen umgehen und konnte mich von meiner Ausbildung loseisen. Beziehungsweise konnte sie noch aufgeben."
"Was hätte es werden sollen?"
"Exobiologie."
"Ich würde nicht sagen, dass sie diese aufgegeben haben, sie treten eher in die Fußstapfen eines Charles Darwin und erleben die Wunder des Lebens und der Biologie hautnah. Miss?"
"Meinen Namen hat er auch nicht angemeldet?", fragte sie pikiert. "Wie hast du meine Anwesenheit verkauft? Teelieferung mit Zubehör?"
"Er hat gar nichts gesagt", stellte ich fest. "Er hat nur gesagt, dass er ohne das in diesem Shuttel nicht losfliegen wird. Und Tee haben wir genug an Bord. Getrocknet und in Stase."
"Das ist kein Vergleich", sagte sie mit einer Strenge, die auch ihrem Großvater zu eigen war. "Nur Tee, frisch gepflückt, kann das ganze Aroma entfalten, was aus der Pflanze kommt."
Ich bewunderte ihren Enthusiasmus, der aus diesen Worten sprach.
"Willkommen an Bord der Pi-Hydra. Ich bin hier der Boss der Diplomatie, Julius Parker Luis, aber alle nennen mich Parker. Erfreut dich kennen zu lernen."
Ich streckte ihr meine Hand entgegen, die sie erst zögerlich betrachtete. Sie sah ein Nicken von ihrem Opa und griff dann zu.
"Lilly Nelson. Seine Ururenkelin und Kräuterhexe."