Der Plan, den wir entworfen hatten, war komplex, gelinde gesagt. Wir brauchten dazu alle unsere Shuttles und Kampfschiffe. Dazu noch den Raubvogel von Juma und das kleine Pfeilschiff, das Jimal, die Botschafterin von Schrkarss flog. Jedes dieser Schiffe hatte einen Piloten und einen Machtkind an Bord. Wir hatte einen Tag gebraucht, bis wir ausgeglichene Teams zusammen gestellt hatten. Schugabi stand stolz wie Oskar auf der Brücke und kaute mittlerweile wegen ihrer Nervosität auf dem dritten irdischen Apfel herum. Laut ihrer Aussage beruhigte die Mischung aus Säure und Süße sie. Der Doc hatte genickt und eine große Schale des Obstes auf dem Kartentisch platziert.
Über dem Tisch schwebte das Hologramm, dass den komplizierten Flugplan darstellte und auch die eingesetzte Macht, die notwendig sein müsste, nacheinander vier der Ringe zu verschieben. Es mussten immer Zwei der Ringe zur gleichen Zeit verschoben werden, damit die Pi-Hydra in der Mitte der Schiffe sicher war. Sollte nur einer nachlässig werden, würden uns die Ebenen zerschneiden und dann wahrscheinlich durch Detonation unserer Beutebomben in der unteren Shuttlerampe uns und das halbe System in einem gigantischen Schwarzen Loch vergehen lassen. Auch ein Grund, warum die Kleine trotz der Äpfel hypernervös war. Die Anspannung konnte man auf der Brücke quasi greifen.
Chimea stand hinter mir und hatte Freya im Arm. Eigentlich sollte sie mit den anderen in der Hydra-Terra sein, die vielleicht bei einer Katastrophe eine Chance gehabt hätte, zu entkommen, aber sie hatte solange mit ihrer Macht gegen Alice und einige der Machtkinder angekämpft, bis die entkräftet aufgaben. Trotz der um sie gewebten Dämpfung hatte ich den Ausbruch noch deutlich auf der Brücke gespürt und das war laut Aussage von Chimea erst ein Zehntel ihrer vollen Kraft.
Jetzt war sie glücklich und lutschte auch an einem Apfel, den sie wegen ihrer fehlenden Zähne noch nicht ankauen konnte. Aber sie wusste, dass ich das konnte und deshalb musste ich schon zweimal die Haut des Apfels annagen. Ich war mir nicht sicher, ob eine derartige Ablenkung gut für uns war.
Ich gab das Startsignal und sofort spürte ich die Ausläufer der Macht, die sich auf der Mitte der Brücke, dort wo Schugabi stand, bündelten. Von ihrer Nervosität war nichts mehr da. Konzentriert gab sie die Anweisung, die der komplexe Plan vorsah. Es lief so gut, dass ich mich fragte, warum das so war und mich zu Chimea umsah. Sie und Freya waren in Konzentration erstarrt. Freya sah dabei auf die Werte auf unserem Kartentisch. Chimea hatte sich auf Schugabi konzentriert. Ich lächelte und ließ den Dingen ihren Lauf.
Es dauerte nur eine Stunde, die aber trotzdem allen endlos vorkam, da hatten wir die Barriere durchquert. Besonders glücklich waren wir dadurch nicht, weil uns auf der anderen Seite eines dieser mächtigen Schlachtschiffe in Dreiecksform erwartete. Unsere Beiboote hatte gerade noch Zeit, in unsere Hangars zu springen und wir mit einem Sprung in die Nähe eines Gasriesen zu entkommen, da explodierten auf der Position, die wir verlassen hatten, fünf Atombomben.
"Gastfreundlich sind die hier aber nicht", bemerkte Juliet, die Mia an der Waffenkonsole ablöste. Max holte Bexie ab. Tekau wurde von Alice ersetzt, die mit einem besorgten Gesicht auf einen der Kommandostühle blickte, wo Zero saß, die noch immer munter an einem Apfel nuckelnde Freya auf dem Schoß. Chimea hatte mit dem Doc und Schugabi den Platz mit einem kleine Machtdrachen getauscht und in der Pilotenkapsel steckten nun Henriette und Lumina. Wir analysierten nun das Innere des Sphäre.
"Gott sei Dank", stieß Alice nach einiger Zeit aus. "Dieses Ding ist das einzige, was sie haben. Ansonsten sagen die Drags, gäbe es da draußen nur von Kleinvieh."
"Wie großes Kleinvieh?", wollte ich wissen, denn einige der Beiboote in den Trümmern waren immer noch in der Größenordnung der Noah-Klasse gewesen.
Alice zeigte Aufnahmen einer Drone, die sie gestartet hatte. Das kleine Frachtschiffe hatten gerade mal die Größe einer Titan-4 Rakete. Die angepappten Container dieses Schiffes, das als klassische Rakete gebauten war, hat nicht die eckige mit verstärkten Wänden ausgestattete 40 Fuß Container der irdischen Variante, sondern mehr Kornsilos oder Gastanks ähnliche Behältnisse an den Seiten hängen. Ansonsten hätten sie auch voneinander abgekupfert sein können.
"Ich bemerke hier kaum Wasserhaltige Asteroiden", stellte Alice fest.
"Wenn dieser Klotz seit damals mit dem Tritium fliegt, haben die bestimmt schon alles aufgebraucht. Überleg mal, was unser Quantenantrieb verbraucht hat", gab ich zu bedenken.
Ich stellte ein paar Berechnungen an, die ich auf der Basis des anderen Schiffes und deren Antriebe erstellte, berechnete die Zeit und kam damit auf zwei reine Wasserplaneten in der Größe vom Jupiter. Und das nur für das eine Schiff. So viel Platz gab es in diesem System nicht.
"Die haben einfach nicht so viel Wasser zum Verschwenden."
"Und was haben die die ganze Zeit gemacht", wollte Juliet wissen. "Wir haben uns in nur sieben Jahren weiter entwickelt als die in 38.000 Jahren."
Sie zoomte das Bild des Dreieckigen Trägers groß. Er sah aus, als wäre er frisch aus einer Werft geflogen. Deutlich weniger vernarbt als das Ding, dass wir zerlegt hatten.
"Das Ding ist ein Oldtimer", erklärte ich und sah verständnislose Gesichter. "Oldtimer sind sehr alte historische Bodenfahrzeuge, die von ihren Besitzern gehegt und gepflegt werden, um sie der Nachwelt zu erhalten. Sie sind zwar nicht sinnvoll, aber werden trotzdem benutzt. In den meisten Fällen kann man kaum noch mehr mit ihnen machen, als ein paar Meter mit ihnen vor und zurück zufahren, aber es gibt hunderte Wesen, die gerne auch so ein Ding haben wollen und deshalb Unmengen Zeit und Energie dort hinein versenken, so einen Oldtimer zu erhalten."
"Verrückt", schüttelte Juliet.
"Nicht verrückter als mein Papa, der historischen Raumschiffe aus SF-Serien nachbaut, die es so in echt nie gegeben hat", bemerkte Zero müde und zog Freya stärker an sich, was die mit Zappeln beantwortete.
"Aber seine Schiffe sind nützlich", konterte Henriette. "Immerhin hat die Lexx die Kinder von Virgin gerettet, hat die Erste Handelsroute nach Rossi und zur Erde etabliert und hat in den letzten drei Jahren das Meer von Hydra-Blue wieder aufgefüllt. Und ohne die Galaktica hätten wir nicht den ersten Sieg über die Sklavenhändler hinbekommen."
Henriette hatte zwar recht, aber Angesicht des riesigen Dreicks, dass nun suchend durch das Innere der Sphäre flog, war der angebliche Kampfstern wie ein Spatz im Kühlergrill eines Oldtimers. Unsere Jäger eher lästige Mücken auf der Windschutzscheibe.
Auf der anderen Seite hatten Kampfschiffe, wenn wir den Größenvergleich fortsetzen, die Bakterienformat hatten, das Schwesterschiff dieses Dings zerlegt. Also was bedeutete schon Größe.
"Wir sollten etwas tun", bemerkte Henriette. "In diesem leergefegten All fallen wir auf, wie ein nackter Mensch auf einem Flugdeck."
Den Spruch hatten wir Andrew zu verdanken.
"Wir sind eigentlich ja hier, um die Katzoiden zu finden. Vielleicht die Frau vom Ratsherren, oder seine Tochter."
"Ich denke, die könnten dort auf dem grünen Planeten leben", gab Juliet an. "Alle Raumfrachter haben ihn als Ziel. Und in dessen Mond ist ein Loch, in dass dieses Ding reinpasst."
"Irgendwelche Anzeichen, dass uns eine Megakanone aus dem All pustet?", fragte ich vorsichtig.
"Bisher nicht. Ein paar kleiner Dreiecke liegen da im Raum, aber bisher hat sich keines davon aus seiner Bahn bewegt. Geostationäre gibt es eine Station mit einem Singularitätsreaktor. Da ist etwas Betrieb, aber nicht mehr als über Hydra-Blue. Viele Schiffe, auch Frachter, scheinen in einer Art Wartestation zu liegen."
"Hm", machte ich. "Ich frage mich, was ihnen ihre Station wert ist."
"Du willst sie zerstören?", fragte Juliet aufgeschreckt.
"Nein, ich will an ihr andocken."