„Das Volk von Neron hat zu dieser Versammlung aufgerufen“, sagte der König von Syndika, ein Mensch, ruhig in ein Mikrofon. „Somit erteile ich, König von Sydika und Kanzler der Republik, der von Neron entsendeten Botschafterin das Wort.“
Pia Snyder sah verloren aus, so einsam wie sie dort auf ihrer fliegende Loge stand. Zerbrechlich. Wie ein roter Punkt in der Mitte einer weißen Zielscheibe. Sie brauchte lange, bis sie überhaupt mit ihrer Rede begann.
„Habt ihr es gemerkt“, begann sie leise, „Der Druck in den Köpfen unserer Völker ist gegangen. Viele von uns mussten in den vergangenen dreißig Tagen erste eigene Entscheidungen treffen. Ohne das wir etwas, oder jemanden, in unserem Kopf um Beistand aufrufen konnten. Keiner mehr da, der uns Entscheidungen abnimmt. Wir müssen sie wieder selber treffen.“
Ihre Unsicherheit war bis in die letzte Reihe zu spüren. So gar die junge Schnecke neben mir meinte: "sie ist doch keine Diplomatin."
"Wir kennen den Grund nicht, warum sie da steht. Aber es wird einen geben. Wir müssen die Augen auf alle richten, die sie jetzt angehen oder verteidigen."
"Werdet ihr es nicht tun?", wollte unser Ratsherr wissen.
"Das ist euer Rat, ich habe euch nur eure Mitglieder gebracht."
"Sehr geschickt. Hat der König nie verstanden."
"Welcher?", wollte unsere Schnecke wissen.
"Nicht euer alter Boss. Der andere."
Im Rondell flog die Loge der Relaner in den Raum. Ein besonders dickes Exemplar ereiferte sich gerade darüber, dass sein Planet durch den Angriff auf die Station arg in Mitleidenschaft geraten sei.
"Es hat eine rein von relanischen Adeligen bewohnte Seeplatte getroffen. Dort waren ausdrücklich jegliche Sklaven verboten. Ich würde sagen, es hat nicht die Falschen getroffen. Jetzt stellen auf Rela die Sklaven die Mehrheit und da sie jetzt ohne Beeinflussung beginnen zu zählen, könnte es auf Rela sehr viel anderes zugehen."
Der Rat grinste, als er das so erzählte.
„Was aber auf jedem Fall aufgefallen ist", führte Botschafterin Pia fort und das jetzt deutlich kräftiger als noch zu Anfang, "dass seit dem Zusammenbruch eurer Station, werte Botschafter von Rela, der Zustand der Freiheit die Gedanken beherrscht, den wir jetzt haben. Die Zeit der Unterdrückung und Ausbeutung ist vorbei. Und genau deswegen brauchen wir jetzt schnell eine neue Verfassung, die ihr in vielen Gesprächen erstellen müsst.“
„Was bedeutet hier wir?“, kam von einem Vertreter von Sagitarius.
„Das Volk von Neron hat den ersten Stein geworfen und diese Versammlung einberufen. Jetzt ist es an den Vertretern der Völker, diesen Stein aufzuheben und die einmalige Chance zu nutzen, die Galaxie aus der Unterjochung herauszuführen.“
Mit diesen letzten Worten jubelten viele Vertreter im Rat. Sie hatte zwar keine brillante Rede abgeliefert, aber so war es wohl besser. So war es eine Rede, die von Herzen kam und das hatten die Abgeordneten der Systeme gespürt. Sie spürten den Aufbruch und die Möglichkeiten. Und während sich Pia aus der Mitte verzog, wurde im Rondell der Ruf nach Veränderung laut.
Es verschwanden aber auch noch anderen aus dem Rondell. Ich sah, wie sich der König von Syndika zu seinen Begleitern umdrehte und die eilig ihre Loge verließen. Auch auf der Seite von Sagitarius und Rela lehrten sich die Reihen. Ich winkte unseren Reptiloiden und meine neue Schnecke nach hinten. Ich fand es Zeit für einen kleinen Krisengipfel.
"Die werden das nicht auf sich sitzen lassen. Ich denke, die werden dem hier gewaltsam ein Ende setzen."
"Das denke ich auch", bestätigte das alte Reptil. "Ich werde mal meine Sachen packen gehen."
"Nein!", sagte ich bestimmt.
"Nein?", der Rat hob die Augenbrauen.
"Nein, sie werden da reingehen und sie werden sich zum neuen Kanzler wählen lassen."
"Warum soll ich sowas verrücktes tun? Warum soll ich mir in meinem Alter noch eine Zielscheibe auf die Brust pinnen?"
"Weil ich dafür sorge tragen werde, dass keiner diesen Ort beschießen wird."
"Das wird aber vom Boden aus nicht möglich sein. Sie werden ihr wunderschönes Schiff und ihre Familie der Gefahr eines Kampfes aussetzen müssen."
"Dann ist das so."
"Okay, dann ist das wohl so", nickte der Rat und ging zurück in die Loge.
Ich eilte dagegen Richtung Raumhafen. Ich war schon ein gutes Stück gekommen, da drehte ich mich um, weil ich hinter mir etwas rumpeln hörte.
Die rote Schnecke hatte einen Mann in der Mangel. Wenn die ganzen Knicke in seinem Arm natürlich waren, dann hatte er sehr viele Gelenke.
"Was machst du da?", fragte ich.
"Meine Aufgabe. Ich bin euer Personenschutz."
"Ihr habt meine Bedingungen doch gar nicht angenommen."
"Dann mache ich das halt jetzt", sagte die rote Schnecke. "Likari, das ist mein Name."
"Okay Likari. Was genau denken sie, was ich jetzt mache?"
"Sie werden zur Pi laufen und diese starten. Da es, wenn man nicht in den Hyperraum will, auch wie eine Station im Raum parken kann und als Waffenträger nutzen kann, wollen sie es über dem Rat parken und von dort alle Schiffe pulverisieren, die den neuen Rat bedrohen wollen."
Die Schnecke war echt klug, Mir war sofort klar, warum sie von ihrem König weg wollte. Ich nickte und begann wieder voran zu eilen. Sie hatte sich hinter mir mit den Waffen des Täters bewaffnet und schoss auf unserem Weg noch zwei andere Wesen nieder. Sowas schien tatsächlich in den Straßen dieser Stadt normal zu sein, weshalb es niemanden interessierte. Es war eher so, dass die Unglücklichen schnell zerfledert wurden und von ihnen am Enden nicht mal mehr genug für einen Kreidekreis blieb.
Auf dem Raumhafen gab ich dem Bodenpersonal die Anweisungen, die Schläuche von der Pi zu entkoppeln. Als das geschehen war, schloss ich die unteren Tore. Ich hetzte mit Likari zu einem Antigraflift, der uns bis zur Brücke hinaufbrachte, oben standen Zero und Max und diskutierten darüber, wie man ein Loch in den Planeten bohren könnte.
"Paps?"
"Ihr werdet die Pi sofort verlassen."
"Nein!", sagte Max bestimmt. Zero ging zu Schimas Pilotenkapsel. "Wo fliegen wir hin?"
In einer Ecke sah ich Freya schlafen.
"Wir fliegen nirgends hin. Ihr werdet sofort ein Shuttle nehmen und zur Familie fliegen."
"Die wahrscheinlich, wenn du keinen Erfolg hast, genauso in Gefahr ist, wie wir, wenn wir mit dir fliegen", stellte Max fest. "Und da du uns nicht dabei haben willst, ist es unglaublich Riskant und wird uns alle für Monate auf eine einsam Insel verbannen, wenn Mama es erfährt. Aber ich will sie nicht erleben, wenn dir etwas passiert und wir waren nicht dabei, aber wir hätten dich aufhalten können. Also? Wo soll es hingehen?"
Ich gab auf und zeigte nur nach oben.
"Zwischen die ganzen Wächterschiffe? Das wird lustig."
"Ja, sehr lustig", gab ich an Max zurück und zeigte Likari die Waffenkonsole.
"Sehr schön selbsterklärend. Die Pi hat echt so viele Waffen?"
"Hat sie, aber wir warten darauf, bis die anderen zu erst schießen."
"Warum?"
"Weil wir uns das Leisten können", teilte Max mit und setzte sich an die Sensoren.
"Was sollen wir tun?", sagten zwei der jungen Drachen, die scheinbar auch an Bord gewesen waren und aussahen, als wären sie Zwillinge.
"Sind wir, Herr und Machtwesen sind wir auch. Und das nicht erst seit wir eure Pflanzen essen. Freya hat gesagt, dass ihr uns braucht, jetzt wo Henriette ausfällt und Shima für Nebulon im Rat sitz."
"Das hat Freya gesagt?", fragte ich verwirrt.
"Naja, also nicht so direkt. Halt so wie Freya das eben macht", sagte der andere Drache.
"Okay. Ich brauche die Ortung aller Objekte im Raum über uns und dem Rat. Ich muss wissen, wenn sich einer davon Feuerbereit macht."
"Dann müssen wir noch warten, bis die anderen beiden kommen."
"Welche anderen beiden?"
"Eigentlich sind es ja drei", sagte der erste Drache. "Freya hat da ein Bild gesendet von so einem plüschigen Wesen."
"Das könnte auch ihr Kuscheltier sein", gab der zweite zu bedenken.
Aber ich wusste, wer die eigentlichen zwei waren. Juliet und der Quill. Das Wesen, was der König so unbedingt haben wollte. Wenn sie an Bord sein würden und der König wüsste davon, dann würde wir zur Zielscheibe und nicht mehr meine Familie auf dem Planeten. Aber wer war der oder die Dritte.
Es dauerte eine halbe Stunde und da trafen die drei ein. Schugabi stütze Juliet, die schwer atmend sich auf einen der Sessel fallen ließ.
"Wir können starten, sagt Freya.", teilte Schugabi mit. "Wir sind jetzt vollständig."