Theoretisch hatten wir einen Sitz im Rat, aber praktisch hatten wir keinen, das bekamen wir sehr schnell heraus. Der Rat war durchsetzt mit Berufspolitikern, den sogenannten Repräsentanten, sie wurden von den weiter entfernten Völkern bestimmt und waren eigentlich Bürger von Syndika A. Damit sie vorteilhaft in Namen ihrer Systeme sprachen, die sie gewählt hatten, wurden sie von diesem mit Kredits und Waren ausgestattet, um nicht zu sagen, bestochen. Das war das System des Rates. Nur sehr wenige schienen im Rat noch eigenständig zu sein. König Maro von Sydika B war so einer. Die Herrscher von Banshee und von Rela hatten auch noch eigene. Aber das Gro der Anwesenden waren selbstverliebte Dummschwätzer, die nur für das eigene schöne Leben Entscheidungen trafen. Wir beschlossen, dass es erstmal so bleiben würde und schickten unseren Vertreter eine ganz besondere Kiste. Sie enthielt einhunderttausend Kredits in Bar.
Ein Tag, nachdem unser Mann im Rat sein spezielles Geschenk bekommen hatte, rief er im ehemaligen Palast des Herrschers von Jubla an. Ran ging eine junge Relanerin, die Tochter des ehemaligen Chefs, der vom Neuen Rat des Planeten zur Chefin gewählt worden war.
"Ich kann ihnen meine Vater nicht geben, er hat gestern abgedankt. Ich bin seine Nachfolgerin, wie hat ihnen meine Kiste gefallen? Ich habe sie Extra für sie aus bestem Rustateak fertigen lassen."
"Ja, schön. Der Inhalt..."
"Sie meinen das kolanische Seidentuch. Ich dachte, dass dieses Rot ausgezeichnet zu der Haarfarbe ihrer dritten Nebenfrau passt. Wird sie nicht endlich den von ihnen so lang ersehnten Erben gebären? Ist das nicht dann das richtige Geschenk für sie? Grüßen Sie ihre Frau bitte von mir. Ich muss dann auch mal los. Oder haben sie noch etwas in der Kiste gefunden, dass sie sich nicht erklären können?"
Konnte er nicht und er legte auf.
"Ich verstehe nicht, warum dein Vater dich nicht zum Verhandeln vorgeschickt hat", wunderte sich Juliet.
"Ich bin weiblich. Wir sind höchstens Gehilfen oder schmückendes Beiwerk."
"In der neuen Föderation nicht mehr. Bei uns sind alle frei. Aber diese Freiheit muss auch verteidigt werden. Das ist die einzige Bedingung."
"Leben und leben lassen", überlegte die Relanerin. "Ein guter Spruch." Sie sah zu mir. "Und ihr wollt euch wirklich nicht auf ein Abenteuer mit mir einlassen?"
Sie hob dabei ihre schöne leicht ins bläuliche gehende Brust aus dem Körbchen.
"Nein, tut mir Leid. Meine Frau ist mir zu teuer für so einen kurze Spaß."
"Ihre Katzoide Frau..."
"Warum finden es eigentlich alle in diesen Sektor so merkwürdig, dass ich eine Katzoide Frau habe?"
"Dann fliegen sie in den Sektor Kromra. Da werden sie die Antwort auf ihre Frage finden."
Zurück auf dem Schiff fragte ich Shima, wo sich der Sektor Kromra befindet. Er war mitten in dem Bereich, in dem sie die meisten Einsätze geflogen war. Das bedeutete, Kromra war Kriegsgebiet. Wollten wir schon jetzt offen in den Kampf?
Eigentlich waren wir es schon. Mit jedem Planeten, den wir mit unserer Fairnis berührten und auf der wir die Bank einrichteten, war ein Teil eines neuen Systems. Wir hinterließen Planeten, die sich dem Wert ihrer Waren bewusst geworden waren und die nicht mehr nur gegen für sie wertlose Kredits tauschten, für die jedes notwendige Gut fast unbezahlbar war.
Direkt im nächsten System fanden wir etwas, dass uns bei unserem Vorhaben, Macht im Rat zu bekommen, einen Schritt näher brachte. Eine Schiffswerft. Hier wurden die großen Schiffe der Noahklasse gebaut. Die Dinger, die wie diese Käfer aussahen und den Trägern über Schrkarss so ähnlich waren. Damit das gelang, wurden gleich zwölf Systeme im Umfeld systematisch und gegen den Willen der Ureinwohner ausgebeutet. Überall fanden und zerstörten wir Sklavenhaltergeräte.
Ich wusste, dass unser Tun bald jemanden auffallen würde. Was wir hier anzettelten, glich einer heimlichen Rebellion. Das konnte nicht lange im Verborgenen bleiben. Spätestens mit der Schiffswerft musste es jemandem im Rat auffallen, dass sich im Außenbereich immer mehr Systeme verselbstständigten. In der Werft gab es aber auch derzeit kaum etwas zu tun. Das lag daran, dass ihnen eine Wichtige Komponente nicht geliefert wurde: Steuerpiloten. Die Werft konnte ihre Schiffe nicht fertig stellen.
Als Bexie mit Nibula dort auftauchten, mit den Plänen vollkommen neuer Schifftypen, waren die Herren der Werft erst sehr Skeptisch. Aber sie hatten nicht wirklich eine Wahl, die Entscheidung zur Umstellung fiel ihnen am Ende bedeutend leichter, als die Zeros, das Weltraumfliegende WIR von meinem Neffen, auch in diesem System den Gedankenkontroller fand und zerstörte.
Bei all dem, was wir taten, fragte ich mich, wann dem übermächtigen Rat in seiner Goldenen Stadt auffiel, dass sie ihren direkten Einfluss verloren. Ich fragte mich aber nun auch, und die Frage war durchaus berechtigt, könnten diese Kontrollgeräte für die ganzen Sklaven auch im Rat selber zum Einsatz kommen und wenn ja, wer wusste davon? Wussten es die Wächter? Oder waren auch sie nur noch bloße Marionetten eines durch und durch verdorben Systems aus gegenseitiger Ausbeutung?
Es wurde Zeit, den Auftrag von Pia Schneider zu erfüllen: Rettet die Insassen der Gurdian Angel. Und mein ganz persönlicher Auftrag: finde Ariane.