Auch wenn die Pi ein großes Schiff war, die Schiffe der Wächter waren größer. Aber sie waren Uralt. Sie hatten noch die Alten dreieckigen Kreuzer des ersten galaktischen Krieges, den sie gegen die Katzoiden geführt hatten. Ich fragte mich, ob sie an der Bewaffnung in den Jahren etwas geändert hatten und als uns der erste Schuss traf, wusste ich, das wohl keiner sich da viel Mühe gegeben hatte.
"Ich weiß jetzt, was du meinst", sagte die rote Schnecke. "Da macht es ja echt keine Freude, zurück zu schießen."
"Du solltest die Anzeige oben rechts im Auge behalten", sagte Schugabi. "Das ist die Anzeige über die Ladeanzeige unserer Plasmawaffen. Wenn die beginnt, lila zu blinken, dann müssen wir entweder einen kurzen Sprung aus dem System machen oder auf einen von denen schießen."
"Wenn nicht?"
"Dann brennen uns die Systeme wegen Überladung durch. Kommt von unseren aktiven Panzerung."
Likari nickte und lehnte sich zurück. Der Gegner merkte ziemlich schnell, dass wir so nicht zu knacken waren. Wir hatten das Schiff deshalb über dem Ratsgebäude in einer geostationären Umlaufbahn geparkt. Sollten sie sich doch Gedanken machen. Wir überwachten den Funk, in dem wir ablesen konnten, dass der Rat dort unten tatsächlich Fortschritte machte. Zum Beispiel wurden per Dekret alle vollkommen vernichteten Planeten als Sitz aus dem Rat entfernt.
Aus diesem Grund sah man, plötzlich, dass von den einst tausend bewohnbaren Planeten, die es mal in der Republik gab, nur noch 783 bis in die jetzige Zeit geschafft hatten. Von den fehlenden Systemen waren alleine in den letzten einhundert Jahren durch das Betreiben der Wächter 122 Planeten für immer samt ihrer Bevölkerung verschwunden.
Das führte zu dem Ruf, dass die Wächter entmachtet werden sollten. Als man Boten zum Tempel schickte, kamen die nicht wieder zurück. Ab da wurden Rufe laut, die generell Wesen mit Macht verbieten wollten. Da ging die Diskussion hitzig einige Zeit hin und her, wobei sich immer mehr Systeme outeten, dass ihnen bekannt sei, dass sie Machtwesen in ihrer Bevölkerung hätten, diese sich aber wegen der Wächter versteckt halten müssten. Daher könnte es ja wohl kaum angehen, dass wenn die anderen ihre neue Freiheit genießen würden, diese weiterhin in Schrecken leben müssten. Letztendlich wurde die Frage mit der Macht verschoben.
Während die also da unten debattierten und sich langsam einem neuen verbindlichen Abkommen annäherten, sahen wir, wie aus allen Teilen des Planeten Schiffe abhoben und im Hyperraum verschwanden.
"Die Ratten verlassen das sinkende Schiff", kommentierte Max das Bild.
"Aber das Schiff sinkt doch nicht", fragte Schugabi verwirrt und wurde dann ernst. Mit einem maskenhaften Gesicht stand sie plötzlich da. "Der große Kreuzer rechts läd seine drei unteren Waffenbänke. Wir müssen sofort um ihn herum."
"Aber die Waffen zielen nicht auf den Rat", warf ich ein.
"Noch Zehn Sekunden bis Feuerbereit", sagte Schugabi stattdessen. "Müssen uns dazwischen setzen."
"Wo zwischen", wollte nun auch Zero wissen. Der hatte sich noch nicht bewegt."
"Noch fünf Sekunden bis Feuerbereit. Schnell, es ist wichtig."
"Mach es", sagte ich zu Zero.
"Vier."
"Okay."
"Drei."
"Wo muss ich hin?"
"Zwei."
"Runter", rief ich.
"Eins."
"Und jetzt?"
Vor uns schoss das Schiff auf einen kleinen grünen Pfeilförmigen Raumer, der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Pfeilschiff aus unserer Shuttlerampe hatte.
"Meine Güte, das ist Pia", rief Zero und wurde hektisch. Likari wartete keine Feuerbefehl ab und verpasste dem Schiff über uns eine volle Breitseite. Schüsse durchschlugen lautlos die Decks der Gegner, wir sahen hunderte von Wesen um ihr Überleben kämpfen.
"Da schwebt etwas im All", rief Max. "Es ist so klein."
"Ist es Pia? Oder Leia?", wollte Zero wissen.
"Volle Kraft voraus", rief Schugabi.
"Max, mach die obere Shuttlerampe auf."
"Das geht nicht, da ist Luft drin, es würde alles Lose da oben wie Schrapnell herumwirbeln."
"Das ist Egal. Mach es", bestimmte Juliet und war zur Tür raus.
"Ramm die Onxy", befahl ich. "Es ist egal, was in uns kaputt geht. Wenn sie drin ist, dann springen wir, klar?"
"Okay", nickte Zero und beschleunigte die Pi.
"Schlachtschiff schleust Abfangboote aus", meldeten die Drachen. "Sie erreichen die Onyx in zehn Sekunden."
"Wir in zwei", meldete Max.
Als nächstes nahmen wir ein kurzes Leuchten war und die Onyx war weg. Stattdessen meldete Juliet: "Tore schließen."
Max tat es und ich sah auf die Anzeigen, wie weit die Gegner noch weg waren. Als die Tore geschlossen waren, befahl ich: "Sprung."
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Als wir uns sicher waren, dass uns niemand in den Nebelschwaden von Sydica C suchen würde, wir aber von hier noch immer über den Rat wachen konnten, begaben wir uns zur Shuttlerampe. Hier herrschte wirklich das totale Chaos. Neben Werkzeugen, Fracht und verbogenen Schiffsteilen gab es in der Mitte einen Bereich, der Kreisförmig saubergefegt wirkte. Dort hockte Juliet, mit einem Kleinkind auf dem Arm, dass sich suchen umsah. Etwas daneben lag ein bewusstloser Abedaner.
Wir alle spürten die Macht, die sich in diesem Moment langsam aufbaute und immer stärker wurde. Freya reagierte auf die Macht und begann sie noch zu verstärken. Ich konnte förmlich sehen, wie alle Energie aus allen Ecken und Kannten herausgesogen wurde. Freya schien sie zu kanalisieren und das Kind, Leia, baute sie immer mehr auf. Es war eine unglaubliche Welle von Schmerz und Einsamkeit, die das kleine Wesen fühlte und herausschreien wollte und weil sie es scheinbar noch nicht anderes konnte, tat sie es mit den Kräften der Macht.
Es wurde immer mehr Energie aufgesaugt, ich spürte sie jetzt sogar aus den Decksplatten hervorquellen, spürte, wie sie aus der Schwerkraftpunkten zu unseren Füßen gesogen und vom Kern abgezweigt wurden. Was immer die Beiden gerade tun wollten, es wäre die gewaltigste Ladung an Macht, die wohl je ein Wesen erzeugt hatte. Und dann kam der Ruf, ausgeführt von einem schmerzenden Herz, dessen Liebe gebrochen worden war. Eine Explosion der verlorenen Liebe, in allen Tonlagen bis hin zum Ultraschall:
"MAMA"
Alles war Schwarz. Nichts leuchtete mehr. Auch der Griff zu meinem Stein zeigte absolut nichts.
"Sind wir tot?", fragte Max.
"Ich denke nicht", antwortete Juliet. "Obwohl ich mich gerade gerne übergeben würde."
"Der Antrieb ist jedenfalls tot", bemerkte Zero. "Da unten ist auch alles Schwarz. Ich kann nur einen kleinen roten Punkt und hier bei mir einen blauen sehen."
"Ich sehe draußen noch die Sonne", bemerkte Schugabi. "Aber dazwischen sehe ich kaum noch was."
"Wir sinken in den Planeten", vermeldete einer der Drachen. "Wenn wir ein bisschen Luft ablassen könnten, würde uns das Tribanna wieder aus dem Gasriesen ausspucken."
"Wir könnten zu einem der manuellen Absperrhähne fliegen, wenn wir was sehen könnten", vermeldete der andere.
"Wir können sehen."-"Uns sehen"-"Uns gegenseitig sehen."-"So den Raum sehen"-"konnten uns nicht die Macht aussaugen"-"konnten sie nicht"-"Traurige Leia"-"Hat Mutter verloren"-"Schwester gewonnen"
Das waren die Zeros. Mit ihrer Hilfe schafften wir es dann, uns im Schiff zu orientieren. Mit ihnen schafften wir es dann auch, dass uns Sydica C wieder ausspuckte. Aber die Systeme blieben weiterhin komplett tot. Wir ließen die beiden Kleinen und Juliet in der sicheren Blase eines unserer Shuttles, während wir Ideen ersannen, wie wir wieder zur Energie kamen. Likari wollte wissen, was passieren würde, wenn auf uns geschossen würde.
Theoretisch bekämen wir wieder Energie, dachte Zero laut, aber es sei schwer, sie jetzt noch wohin zu leiten, ohne das jemand was sähe. Wir entschieden, dass wir uns um unseren Antrieb kümmern müssten, er müsste ja genug Energie besitzen, um uns wieder was zu liefern. Als wir dort waren, beschieden uns die Zeros, das der Antrieb nicht mehr da sei.
"Was heißt das, er ist nicht mehr da? Ich kann ihn doch anfassen."
"Singularität weg"-"Aufgebraucht"-"Verschwunden"-"Im All verteilt"-"Materielle Macht zu seelischer Macht transferiert"-"Freya das hat getan"-"Freya das kann"-"Hat alles gegeben Schwester"-"Rufen ihre Mutter"-"Mutter im Geist"-"Nicht Mutter im Leben"
Beantworten tat das zwar etwas, aber helfen tat es uns nicht.
"Haben wir eigentlich noch die Bomben?", wollte ich wissen.
"Wenn Freya die nicht auch leergesaugt hat, dann ja", überlegte Zero, "die liegen nur halt ganz unten. Zum Glück haben die alle eine kleine Stromversorgung, sonst wären wir jetzt schon weg."
"Zum Glück haben wir auch keine Schwerkraft, da wird der Transport bestimmt einfach", gab Max zu bedenken.
Wenn mir mal jemand gesagt hätte, ich würde freiwillig in der Mitte meines Schiffe eine Schwarze-Loch-Bombe zünden, ich hätte ihn einweisen lassen.