Wir waren kurz vor dem letzte Drittel der Zeit angelangt, die Schugabi zu Anfang veranschlagt hatte, da kündigte Tekau, die Alice wieder an den Sensoren abgelöst hatte, ein kleines weißes Schiff vom Planeten an.
"Wollen die jetzt noch verhandeln?", fragte Juliet ungläubig. "Ihr Schiff bekämen die in zehn Jahren nicht mehr zusammen, jetzt wo die Steuerbrücke zerlegt und samt Mannschaft auf vier Schiffe verteilt ist." Sie grinste, als sie sich daran erinnerte, wie die kleinen Sonden in großer Zahl über deren Brücke herfielen. Hatte etwas von dem Film Matrix, den wir uns auf dem Flug in dieses System im Bordkino angesehen hatten. Ich fragte mich, welchen Vergleich die katzoide Besatzung zog.
"Na immerhin ist das Schiff unbewaffnet", stellte Tekau fest. "Es sind zwei Katzoiden und ein schlankes graues Wesen mit schwarzen Augen an Bord. Sie bitten gerade über Funk um die Erlaubnis, andocken zu dürfen."
Ich überlegte. Nach kurzer Zeit stand ich auf und sagte noch, sie sollten die untere Rampe öffnen.
"Warum?", hielt mich Juliet auf.
"Da stehen wir am wenigsten im Weg rum."
"Da stehen aber auch alle Waffen, die wir von dem anderen dreieckigen Kasten geklaut haben."
"Ja. Da lagern Waffen. Auf einem großen Haufen. Nicht in Abschussvorrichtungen, sondern in Kisten. Also was sagen sie so aus?"
"Ungenutztes Potential", grinste Juliet. "Soll ich Patricia Bescheid sagen?"
"Nur das ich mit den Gästen zu ihr komme."
Ich ging runter in die Shuttlerampe, wo ich die Wesen empfing. Sie sahen sich vorsichtig, aber auch neugierig um. Die Katzoiden trugen weiße weite Umhänge mit Taschen und Rot, Blau, Grüne Amulette, bei denen ich sofort daran dachte, dass sie zu ihrem Schutz und für ihre Fähigkeiten sein könnten. Auffällig an den beiden und dem grauen Wesen war, sie waren so groß wie Juliet und damit die größten Katzoiden, die ich hier bisher gesehen hatte.
"Willkommen auf dem Diplomatenschiff Pi-Hydra. Mein Name ist Julius Parker Luis und ich darf sie herumführen."
"Sie sind der Chef", stellte eine der Katzen auf Republik Standard fest, was mich erstaunte. Waren diese Wesen vielleicht nicht so abgeschieden wie es den Eindruck machte?
"Ich bin gerade der einzige ohne feste Aufgabe", erklärte ich. "Das ist der Luxus den man hat, wenn man der Chef ist." Ich lächelte. "Darf Ich sie herumführen?"
"Dürfen wir filmen?", kam von der anderen Katze und der Stimme nach, war die weiblich.
"Also offene Spionage", lachte ich. "Sie können so viel filmen, wie sie wollen. Ich werde ihnen keine unserer Geheimnisse zeigen, aber so viele haben wir auch nicht."
Sofort hatte die Frau ein etwas klobig wirkendes Ding auf der Schulter und der Mann zeigte auf den Stapel Kisten.
"Ist es das, wonach es aussieht?"
"Ein Haufen Bomben achtlos in der Mitte des Flugfelds aufgestapelt und an eine Energiehauptleitung unserer Plasmakanonen angeschlossen? Ja, das ist es. Sie vom Schwesterschiff ihres Schlachtschiffes zu klauen fanden wir eine gute Idee. Wir haben nur nicht mit so vielen gerechnet."
"Wir sind also nicht die ersten Katzen, die sie angegriffen haben?"
"Eigentlich schon. Aber ich nenne das, was wir gerade tun, keinen Angriff."
"Sie haben unsere Flotte mit unbekannten Waffen in einem hinterhältigen Angriff attackiert."
"Das glauben Sie?", fragte ich verwundert. "Und trotzdem sind sie hier? Beim Feind? Der ein böser heimtückischer Aggressor ist und hinterrücks ihre Flotte angriff, mit nur einem einzelnen Träger und fünf Beibooten?"
"Sie haben bestimmt mehr."
"Das stimmt allerdings, aber vorerst werden ich die ihnen nicht zeigen, weil wir dort oben schlicht im Weg herum stehen würden. Wir wollen schließlich die Wette mit Rumija gewinnen."
"Und was wollen sie gewinnen?"
"Die Rückkehr an den Verhandlungstisch wäre zum Beispiel mal was."
Die Katzendame lachte ungläubig auf und entschuldigte sich dann aber nach einem strengen Blick des Mannes. "Wir bleiben neutral", sang er leise auf katzanisch. "Wir bewerten nicht. Wir zeigen nur die wahren Bilder."
Ob er dachte, dass ich die Sprache nicht verstand?
"Wenn ich dann bitten dürfte?", sagte ich noch immer auf Standard.
Ich führte sie zu Fuß den langen Weg nach oben, über die Treppen. Das war gemein. Immerhin waren es so fast ein Kilometer nach oben in den Botanischen Garten, wo Red in einer Kuppel seit zwanzig Stunden nonstop ihre Show moderierte. Wir würden wohl zwei Stunden brauchen. Auf dem Weg zeigte ich viel von den Dimensionen des Schiffes. Zum Beispiel die riesigen Wassertanks, die unter dem Habitat Ring im Boden steckten und fast ein Viertel des Schiffes ausmachten. Der Katzoid wollte wissen, wie hoch der Wasserverbrauch unserer Antriebes sei und als ich ihm erklärte, dass unser Antrieb alles fressen würde, was wir ihm anböten und wir ihn deshalb mit diesen wertlosen und lästigen Atombomben füttern würden, schaute er schon recht ungläubig.
Weiter ging es zur Galerie, die derzeit komplett ausgestorben war. Wer nicht im Projekt oder bei Red beschäftigt war, schlief. So hatte die Burg im Sandring etwas vom Hydra-Mini-Wunderland nur ohne die staunenden Gäste. Da wir hier schon eine halbe Stunde unterwegs waren, ging ich mit ihnen zur Küche, wo Mia schlafend auf dem Tisch eingerollt lag.
"Engel, du hast ein Bett", sagte ich vorsichtig, um sie nicht aufzuschrecken.
"Waumichbinradesteingeschlafen.", nuschelte sie und drehte sich um.
"Entschuldigen sie mich kurz? Ich muss gerade mal eine müde Kriegerin in ihr Bett bringen."
Ich hob Mia hoch und brachte sie weg. Als ich wieder kam, sah ich die beiden diskutieren. Ihr Diener stand mit unbewegten Gesicht dahinter. Der machte mich gerade neugierig. Ich griff zu meinem Stein, was mir half, meine Sicht auf besondere Weise zu erweitern. So konnte ich auch die Energieströme in anderen Wesen sehen. Ich sah so zum Beispiel, das der Mann von seiner Katzendame schwanger war. Die Farben der Energie verrieten die Verwandschaft. Viel interessanter jedoch war der Diener. Der war nicht so desinteressiert, wie es schien. Die gesamten Seiten des Kopfes schienen dem Hören zugeordnet, vielleicht auch dem Sprechen. Es hatte etwas von den Blasen eines Frosches. Die schwarzen Augäpfel waren auch nur Schutz. Innen drin wanderten zwei Augäpfel unstet hin und her und in unterschiedlich Richtungen. Und es war ein Machtwesen. Denn es merkte ziemlich schnell, dass ich es musterte und verschloss sich dann gegen meine Einsicht.
Ich lächelte wieder und ging auf die beiden zu. Er sortierte sich und sie nahm wieder die Kamera auf.
"Darf ich ihnen einen aromatisches Heißgetränk anbieten? Wir nennen es einen Tee."
"Nein danke, darf ich ihnen weiter Fragen stellen?"
"Deswegen sind sie doch hier. Na dann stellen sie ihre Fragen."
"Wie viele Krieger dienen auf ihrem Schiff."
"Keine."
"Aber sie haben sie doch gerade eine Kriegerin genannt."
"Weil sie eine ist. Sie kann sehr gut kämpfen. Aber sie ist meine Tochter und hat jetzt etwa zehn Stunde die Kontrolle der Waffenbrücke innegehabt und hat versucht, das Konzept unseres Affen zu begreifen. Das dürfte selbst für sie zu viel gewesen sein."
"Sie ist ihre Tochter...."
"Meine älteste."
"Sie haben ein Katzoide Tochter."
"Sie ist falls ihnen das aufgefallen ist, ein halber Mensch. Ja, die Haare sind fast immer dominant. Nur mein Sohn hat das Fell wie ich nur auf seinem Kopf", ich sah auf meine Uhr. "Aber den werden sie, wenn wir uns beeilen ja auch noch zu sehen bekommen. Wenn wir oben bei Red sind."
"Wenn sie Katzoide an Bord, warum haben sie die bisher noch nicht gezeigt?"
"Sie stellen mittlerweile eine Minderheit auf diesem Schiff da. Das Konzept wurde von der Schule entwickelt und dort stellen die Menschen die Mehrheit. Es gibt noch einige andere, aber sie haben ja schon einige von ihnen gesehen."
"Kinder? Sie wollen sagen, dass sie ihre Kinder arbeiten lassen?"
"Ich lasse meine Kinder teilhaben. Das ist ein kleines Schiff. Was soll es bitte bringen, sie von den Aufgaben, die ein solches Schiff mit sich bringt, fernzuhalten. Alle meine Kinder sind auf der Reise geboren worden, die jetzt schon fast zehn Jahre andauert."
"Ihre Tochter ist erst zehn?"
"Meine Tochter ist neun. Abgesehen von der Größe, auf die sie schon mit vier hinaufgeschossen ist, trägt sie noch immer ihr Kinderfell. Ihre Kinderzähne sind aber schon weg. Zumindest hat mir das Alice, meine Frau bestätigt. Hat ein paar Lücken geschlossen, die sie durch Fehler während ihrer Jugend bekommen hat. Aber wollen sie wirklich so viel von meiner Familie wissen?"
"Es ist doch immer gut, wenn man seinen Feind kennt."
"Der wir nie sein wollten."
"Das sagen sie jetzt. Menschen sind doch für ihren Rachedurst bekannt."
Ich seufzte. Das würde noch lange dauern.