"Wenn ich es dir doch sage, das waren Klingonen."
"Hast du dir den Kopf angestoßen, Andrew? Ja, das war ein getarntes Schiff. Ja, es sah aus wie ein Pfeil und grün war es auch. Aber nochmal, nur für dich, zum Mitschreiben: Das hier ist das echte Leben. Und in diesem echtem Leben haben wir einen echten Feind, der uns ans Leder will. Bei manchen von uns Wortwörtlich. Das weisst du. Die Löcher in dieser Absurdität beweisen es. Wenn du keinen sich selbst organisierenden Antriebskern gehabt hättest, zum Beispiel unseren, dann hätte dieser EMP von diesem kleinen Schiff dafür gesorgt, dass dich der Kern deines eigenen Schiffes gefressen hätte und wir hätten nichts von dir gefunden. Wenn uns so eine Waffe trifft, wären wir weg."
"Nur wenn ich nicht im Maschinenraum bin", bemerkte Zero hinter mir. "Und es fehlt nicht mehr viel, dann sind wir auch safe."
"Aber jetzt sind wir es nicht", sagte ich streng. "Wir müssen uns endlich was einfallen lassen. Die Typen können mit diesem Antrieb bei uns kommen und gehen, wie sie wollen. Wir bekommen das noch nicht mal mit. Wir müssen unsere Leute aktiver schützen."
"Und was denkst du, brauchen wir dafür?", wollte Andrew wissen.
"Auf keinen Fall so eine scheisse schwerfällige Monströsität. Bexie hat recht. Japanische Torpedoboote sind viel praktischer. Dazu Lasersatelitten, Plasmakanonen auf jedem Planeten, um ungebetene Gäste aus dem All zu schießen. Die wollen Krieg? Die denken bei uns noch immer machen zu können, was sie wollen? Können sie haben."
"Julius?", fragte Andrew vorsichtig.
"Was!!!!"
"Aber ich darf doch noch weiter den Schrott wiederverwerten?"
Ich rieb mir ein Auge. Das tat ich immer, wenn ich bei meinem Bruder verzweifelte und kurz davor war, mich meinem Schicksal ergeben. Andrew wollte diese Monströsität fertig bauen. Meinetwegen, sollte er. Er war knallharter Geschäftsmann, wenn es sein musste. Da durfte man auch einen Splin haben. Seiner war der Nachbau von SF-Schiffen. Wenn er ein Spielzeug fertig hatte, wurde ihm langweilig und er schaute, was er nun bauen konnte. Deswegen war er in keiner offiziellen Position. Er wurde noch nicht mal gefragt, nur beauftragt.
"Warum bist du überhaupt hier?", wollte ich wissen.
"Du kannst dich bestimmt noch an unsere erste Planetenversetzaktion erinnern."
"Der Planet von Gin, ja."
"Hat nicht so ganz geklappt."
"Aber der Quantenblase hat doch am Planeten keinen Schaden angerichtet."
"Das nicht. Aber an der Sonne. Und du weisst doch auch, welches System daneben war."
'War' war der richtige Ausdruck. In dem Nachbarsystem hatte die Zitadelle über einem Gasplaneten geschwebt, an Bord fünf Sigularitätsbomben, vierzig Quantenbomben und über fünfhundert schwere Atombomben. Dazu noch die vier Quantenreaktoren in der Station und zwei auf den daneben schwebenden leichten Kreuzern. Das alles hatte nach unserem Angriff und dem Kollabieren der Stromversorgung zu einem Schwarzen Loch geführt, dass erst die Zitadelle, dann den Gasriesem gefressen hatte und sich nun die Sonne des Systems einverleibte.
"Es wirkt sich auf die Sonne von Macroplata aus. Es gibt Anzeichen, dass sie zur Supernova werden könnte."
"Und was hat das mit Tau Ceti zutun?"
"Der Rat überlegt, die Planeten hierher zu versetzen. Das Ding da ist ja nicht mehr zu retten, aber das hier ist eine der besonderen Sonnen. So eine wie die von Hydra."
"Und da der Feind denkt, dass hier alles ausgebeutet und vernichtet ist, wären die Macroplaten hier auch sicher", dachte ich laut. "Gute Idee."
"Nicht meine."
"Das war mir schon klar."
"Julius!!", schimpfte Alice.
"Lass nur", winkte mein Bruder ab. "Es ist gut, dass die wichtigen Sachen andere entscheiden. Ich bin ein Stier-geborener, sagt man bei uns. Ich gehe bei sowas zu sehr mit dem Kopf durch die Wand. Ich denke immer erst danach gründlicher nach. Ich bin ein Kindskopf."
"Und wir mögen dich trotzdem", sagte Alice und kuschelte an den großen Mann. Sogar Zero, sein Sohn, nickte, obwohl er abwesend aussah. Als wir Andrew und seine zehnköpfige Katzoide Besatzung zum Essen geschickt hatten, stellte ich ihn zur Rede.
"Du hast es gespürt, oder?", fragte er mich.
"Ich direkt nicht, deine Tochter in mir schon. Auch Chimea hat es gespürt. Da war jemand wie ihr auf dem fremden Schiff."
"Ich bin nicht allein."
"Du bist ein Parker, du bist nie allein."
"Onkel, du weisst, was ich meine."
Ich wusste es nur zu gut.
"Freundlich oder feindlich", wollte ich wissen.
"Sie wollte etwas beschützen", sagte Zero und schien weit weg.
"Wen?"
"Ich denke, sich selber."
Ich fragte mich, welches Trauma man durchleben musste, um eine solche Furcht zu erzeugen, sodass Zero diese noch in der Nähe seines Antriebes spürte. Ich ließ mich auf den Kommandostuhl dieser Monsterbrücke fallen. Auch hier sah es wie im Orginal aus. Als Kommandant konnte man jedem Brückenmitarbeiter über die Schulter schauen. Aber dann sah ich auch deutliche Abweichungen. In einem der vier Dreiecke befand sich ein Holokartentisch, über dem die Baustelle, die dieses Schiff noch immer war zeigte. Es leuchteten hunderte Punkte auf, wo nach Auffassung irgend einer Baulogik etwas fehlte. Ich vermutete, dass durch den Angriff noch einige dazu gekommen waren.
"Er hat eine Werft in die Hülle gesetzt", nickte sein Sohn anerkennend, der meinem Blick gefolgt war.
"Ist ja auch sinnvoll. Dieses Teil passt in keine Struktur hinein. Da baut man es lieber aus sich heraus."
Jetzt, wo sein Schiff wieder unter Strom war, konnten Zero durch Antippen Bereiche am Schiff näher herauszoomen. Fasziniert beobachten wir, wie in der Werft gerade, das obere Ende einer Bohrturm ungeachtet seines Inhaltes in handlichere Stücke zerteilt wurde. Es sah aus, wie alt würde auf Red ein Stacheltrampler durch ein Erntefeld hüpfen, nur in langsam. Roboter nahmen die Würfel auf und führten sie einem Schmelzseperator zu, der hinten sortenreine Metallbarren auswarf. Wenn mein Bruder etwas anfing, machte er es auch wirklich richtig.
Wir folgten den anderen Richtung Kantine, die genauso Monstreus war, wie man sie auf einem solchen Schiff erwarten würde. In einem abgegrenzten Bereich gab Andrew voller Begeisterung Bexie, Max und Mia eine genaue Beschreibung des Angreifers.
"Vorne der Kopf des Schiffes sah wie ein Beil aus. Daran war der Stiel, an den sich hinten vier Schwingen anordneten. Du hast an jedem Waffenschächte gesehen. Ich glaube, hinten, unter dem dicken Arsch, hing die Waffe, die uns getroffen hat."
"Bird of Prey", flüsterte ich und Zero fast zur gleichen Zeit.
Mein Bruder hatte recht, so sah im unserer Erinnerung ein Kampfschiff der Klingonen aus.