Geschrieben: 18:05 - 18:35 Uhr
"Hast du alles?"
Sinas Stimme klang hell, laut und fröhlich durchs Haus.
"Ja, Schatz. Kleidung und Schuhe fürs Wochenende sind gepackt. Kulturbeutel ebenfalls und ich hab unsere beiden Kindle und Handschellen eingepackt", rief Jonathan zurück. Seine Stimme klang dunkler, aber nicht weniger fröhlich zurück.
"Prima. Aber wozu die Handschellen? Wir sind bei meinen Eltern zu Besuch", erwiderte Sina und blickte die Treppe hinauf ihrem Liebsten entgegen.
Jonathan lachte. "Wir sind doch nicht in deren Haus gefangen, oder?", zwinkerte er ihr amüsiert zu, während er den Reisekoffer nach unten trug.
Sina überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. "Nope ... sind wir nicht. Zumindest hat Mama davon nix gesagt."
"Na siehst du"
Wenige Minuten nach dieser Unterhaltung saßen sie im Taxi auf dem Weg zum Bahnhof. Die Zugfahrt von Berlin zurück nach Stuttgart dauerte 6 1/2 Stunden und beide verbrachten die Zeit zusammengekuschelt und lesend oder aus dem Fenster sehend.
In Stuttgart angekommen verließen sie den Bahnhof und Sina ging nicht direkt durch zum Taxistand, sondern lenkte ihre Schritte aus dem Bahnhof heraus in Richtung ihres Lieblingsblumenladens.
"Was machen wir hier?", wollte Jonathan wissen.
Sina lächelte leicht. "Ich hab Mama zwar eine Kette zum Geburtstag gekauft, aber ich möchte ihr auch Blumen schenken", gab sie zu und Jonathan nickte verstehend.
Ohne zu protestieren schleppte er den Koffer, obwohl Sina ihm angeboten hatte am Bahnhof zu warten.
Jonathan aber blieb an ihrer Seite und gemeinsam betraten die beiden den Blumenladen. Sina sah sich um, während Jonathan mit dem Koffer nahe der Tür blieb.
Beide hatten bereits vor der Tür ihren Mundschutz aufgesetzt und grüßten die Floristin daher mit erhobener Hand, statt mit einem Lächeln.
"Oh, Jona ... sieh nur ... die wird Mama gefallen", rief Sina auf einmal voller Begeisterung.
Jonathan ließ den Koffer zurück und trat neben Sina, die vor einem Blumentopf stand.
"Meinst du?", wollte er wissen.
"Ganz sicher."
Er nickte und wandte sich an die Floristin. "Wir nehmen diese hier", sagte er zu ihr.
Die Floristin nickte und wenig später hatten sie bezahlt und waren auf dem Weg zurück zum Taxistand.
Wenig später stiegen sie vor Sinas Elternhaus aus. Sina lächelte versonnen, während Jonathan das Taxi bezahlte.
Bevor Sina klingeln konnte, öffnete sich die Haustür und ihr Vater war da. Er umarmte sein kleines Mädchen, begrüßte Jonathan per Handschlag und nahm ihm den Koffer ab.
Dann waren sie im Haus und als Sina ihrer Mama gegenüberstand da strahlte sie.
Sina und ihre Mama hätten Schwestern sein können, so ähnlich sahen sie einander. Abwesend überreichte Sina Jonathan die Blume, bevor sie ihre Mama umarmte.
Lange hielten sie einander ohne ein Wort zu sagen. Erst als sie sich voneinander lösten, wünschte das junge Pärchen ihr alles Gute zum Geburtstag und Jonathan überreichte ihr die Blume und die kleine Schachtel mit der Kette.
Hildegards Augen wurden kugelrund vor Bewunderung als sie die Blume sah, die sie da in den Händen hielt.
"Weiße Orchideen", wisperte sie andächtig und stellte den Topf vorsichtig auf den Tisch, bevor sie die Schachtel öffnete und eine Kette mit einem Anhänger herausnahm. An einer dünnen silbernen Kette hing eine einzelne, weiße Orchideenblüte.
Tränen liefen Hildegard über die Wangen und sie drückte ihre Tochter und ihren Schwiegersohn an sich.
"Wie wunderbar", murmelte sie und rief dann nach ihrem Mann. "Hans, sieh doch nur"
Hans, typisch Mann, guckte sich die Geschenke kurz an und brummte dann etwas, dass mit viel gutem Willen heißen konnte, dass er die Geschenke mochte.
Hildegard rollte mit den Augen und Sina kicherte, legte dabei ihre Hand auf ihren Bauch, was ihrer Mama auffiel. Statt rundheraus zu fragen, hob sie nur fragend ihre Augenbraue und Sina nickte, woraufhin ihre Mama sie noch einmal umarmte und ihr einen Kuss gegen die Schläfe drückte. "Ich freu mich für euch, Liebes", sagte sie leise.
"Danke, Mama"
"Nein, Liebes, ich danke dir. Damit wird einer meiner größten Geburtstagswünsche in Erfüllung", erwiderte Hildegard, schwieg aber, als Hans nachhakte, um welchen es sich da handelte.
Das würde noch eine Weile ein Geheimnis zwischen ihr und ihrer Tochter sein. So wie es nämlich aussah, wusste ihr Schwiegersohn auch noch nichts von seinen anstehenden Vaterfreuden.