Geschrieben: 09:40 - 10:10
Der Ruf einer Eule hallte durch die Nacht. Leonie sah sich um und entdeckte die glühenden Augen in dem toten Baum am Wegesrand. Ein Schauer lief durch ihren Körper und sie zwang sich weiter zu gehen.
Wenn Leonie eines nicht wollte, dann war es ausgerechnet die Nacht vor Allerheiligen im Wald zu verbringen. Der war tagsüber schon gruselig genug. Ihr Blick fiel auf das Display ihres Smartphones. Ihre Finger flogen über die Tasten und sie sendete eine Nachricht an ihre Freundin.
23:52 Uhr Warum genau war ich mit den anderen ausgerechnet heute Nacht draußen?
Trockenes Herbstlaub knirschte unter ihren Füßen, während sie weiterging. Sie hielt ihre Umgebung im Auge. Nahm dabei den Anblick der blattlosen, oftmals schon toten und verrottenden Bäume in sich auf. Äste ragten wie nach Hilfe flehende Arme in den Himmel. Moose und andere Gewächse, die sie nicht identifizieren konnte, wuchsen auf diesen hilflosen Skeletten.
23:55 Uhr Ich wäre besser zu Hause geblieben!
Die normalen Geräusche, die tagsüber den Wald mit Leben füllten, ebbten langsam weg. Käuzchen, die eben noch gerufen hatten, verstummten.
Die Fledermäuse, die eben noch wie verrückt zwischen den Bäumen herumgeflattert waren, suchten das Weite.
Ihre Schritte waren das einzige Geräusch im Wald.
23:57 Uhr Nett das du mir nicht antwortest, Babsi ... du hast versprochen du antwortest, während ich durch den Wald laufe
Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihr aus.
Leonie sah sich um, konnte aber in der Dunkelheit nichts entdecken.
Dennoch ging sie ein wenig schneller, eilte die im Tageslicht so vertrauten Pfade entlang.
Auf einmal waren es mehr Schritte als nur ihre eigenen.
23:59 Uhr Babsi ... ich hab Angst
Das Geheul eines Wolfes antwortete auf den Ruf der Eule. Es kam direkt vom Weg hinter ihr.
Leonie fuhr herum und entdeckte mehrere Paare glühender Augen im Dunkel. Rot, Gold und Blau.
Sie hatte keine Ahnung, was es bedeutete, aber ihr Herz begann schneller zu schlagen und sie holte hastiger Luft. Ihr Blick flackerte durch die Nacht.
Die Wesen ... Wölfe hatten sie fast eingekreist, aber noch hatte sie eine Chance.
Alles in ihr schrie, dass es eine dumme Idee war, aber ihr Überlebensinstinkt bestimmte ihr Handeln.
Ohne über Pro und Kontra nachzudenken, setzte Leonie sich in Bewegung und sprintete los.
Den Weg entlang. Ihre Füße rutschten auf dem Herbstlaub weg, aber sie fing sich ab und rannte.
Das Heulen der Wölfe jagte ihr Angst ein. Vor allem da ihre ausgreifenden Schritte ihr immer näher kamen. Von allen Seiten.
Leonie handelte nur noch auf Instinkt. Rationale Entscheidungen waren jenseits ihrer Handlungsmöglichkeiten.
Sie hatte das Ende des Waldweges schon in Sicht. Die Freiheit, Sicherheit war nah, da stellte sich ihr abrupt der glutäugige Wolf in den Weg.
Sie prallte mit ihm zusammen und ging zu Boden. Das Letzte, was sie sah, bevor es dunkel um sie wurde,, waren geifernde Lefzen und messerscharfe Fangzähne auf dem Weg zu ihrer Kehle.
0:00 Uhr Tschuldige, ich hab gerade in der Ecke ne Nummer mit Timo geschoben ... ist alles okay, Leonie?
0:03 Uhr Leonie?
0:05 Uhr Jetzt zick bitte nicht rum
0:13 Uhr Leo?