Geschrieben: 18:00 - 18:05 Uhr
Bedrückende Stille herrschte in der Kirche. Die Anwesenden sahen einander an.
Die Braut stand bei ihrem Bräutigam am Altar, hatte die Hand gehoben, um den Priester zum Schweigen zu bringen und blickte ihren zukünftigen Mann forschend an.
Sie schien die anwesenden Gäste und Angehörigen der Kirche ausgeblendet zu haben.
Es war die Ruhe vor dem Sturm.
Anders konnte man es nicht ausdrücken.
»Ich hatte gehofft, dass du es mir vor der Hochzeit sagst, aber du hast ja nicht die Eier in der Hose. Die hat meine Brautjungfer anscheinend an!«, zischte sie ihn an.
Ihre Worte hallten durch die Kirche. Kaum verständlich.
Dann jedoch wandte sie sich ihren Gästen zu.
»Die Hochzeit findet nicht statt! Mein Ex-Verlobter hat meine Brautjungfer geschwängert und nicht einmal den Anstand es mir zu sagen. Stattdessen muss ich es durch das Getuschel der Messdiener erfahren. Ich wünsche euch die Pest an den Hals« Die letzten Worte waren an den Bräutigam und die Brautjungfer gerichtet. Diese war in Tränen ausgebrochen und auf die Knie gesackt. Rotz und Wasser heulend brabbelte sie Entschuldigungen hervor, aber die Braut raffte ihr Kleid zusammen und ging mit raschen Schritten den Gang, den sie eben noch zum Hochzeitsmarsch heruntergeschritten war, entlang.
Ihre Mutter wollte sie noch aufhalten, aber ein paar gezischte Worte ließen die Brautmutter einhalten und sich der Brautjungfer, ihrer jüngeren Tochter, zuwenden.
Peinlich berührte Stille machte sich breit.
Zumindest für einen Augenblick.
Dann war das wütende Kreischen der Brautmutter zu hören, die ihren Schwiegersohn in spe und ihre jüngere Tochter mit ihrer Clutch schlug und beschimpfte, was sie sich einbildeten.
Sekunden später gesellten sich die Eltern des Bräutigams und der Brautvater dazu.
Der Priester und seine Messdiener zogen sich in die Sakristei zurück.
Die restlichen Gäste betrachteten voller Faszination den wütenden Sturm zweier Mütter, die ihre Kinder so sehr zusammen stutzten, dass diese aufrecht unterm Teppich spazieren gehen konnten.
Keiner wagte es zu gehen, aus Angst etwas spannendes zu verpassen.
Die Braut unterdessen fuhr mit ihrem SUV zur nächsten Eisdiele, um ihren Kummer in Schokoladeneis mit Sauce, Sahne und Streuseln zu ertränken. Ihr Sturm braute sich noch in ihrem Inneren zusammen. Im Moment überließ sie es der älteren Generation über den Schuldigen zu explodieren.