Prompt: Weißer Nebel
Warnungen: Pseudohorror
Weißer Nebel waberte über dem Moor und strahlte im kalten Mondlicht.
Seamus fuhr sich mit der Hand durch sein silber-blondes Haar und ließ seinen Atem prustend in die Kälte der Nacht entweichen.
Es war eisig und der Wind heulte.
Mit geübten Bewegungen schlug Seamus den Kragen seines Mantels hoch, vergrub sein Kinn in seinem dicken Wollschal und rieb seine bloßen Hände aneinander, um zu verhindern, dass seine Finger durch die Kälte steif wurden.
Er hatte hier draußen noch etwas zu erledigen und steife Finger könnten den Tod für ihn bedeuten.
Das Gewicht der Waffe in seiner linken Manteltasche und des Messers in der rechten waren ebenso vertraut, wie der Weg, den er sich durch das Moor bahnte.
Mit sicheren Schritten trat er in den Nebel. Er kannte sich hier aus. War im Moor Zuhause.
Damit weder der Nebel noch die darin verborgenen Kreaturen ihn vom Weg abbringen konnten, schloss er seine Augen und atmete tief ein.
Da war er.
Der süßliche Geruch des Todes, der ihn hierher geführt hatte.
Anscheinend hatte die Wilde Jagd ein oder zwei ihrer Mitglieder verloren und diese trieben nun ihr Unwesen hier im Moor.
Ein unheilvolles Knurren hallte verzerrt vom Nebel über das Moor.
Seamus' Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen und gaben damit den Blick auf seine Fänge frei.
Er war nur zur Hälfte Mensch. Sein Vater war ein Mitglied des Dunklen Feenhofs, Unseelie. In seinen Adern floss Feenblut und das Blut eines ehemaligen Todesgottes.
Seine Kraft wallte auf und seine Hand schloss sich um den handgeschmiedeten Dolch, ein Geschenk seines Onkels Doyle.
Abermals war das Knurren zu vernehmen.
Dieses Mal war es näher.
"Kommt raus, kommt raus, wo immer ihr auch seid", murmelte Seamus.
Ein leises Rascheln im Gras war alles, was er an Warnung erhielt.
Seamus fuhr herum und fand sich im nächsten Moment am Boden wieder.
Sein Mantel sog Wasser auf und er erschauderte, während er seinen linken Arm zwischen die Kiefer des Höllenhundes schob, der versuchte ihm die Kehle heraus zureißen, und mit der rechten Hand den Dolch zwischen die Rippen des Tiers stieß. Es jaulte auf und fiel zu Seite, hielt aber mit seinen Kiefern noch immer Seamus Arm fest.
Wütendes Gebell nahm Seamus einen Moment lang die Orientierung. Dann war das zweite Tier da.
Es packte Seamus' am Knöchel und schüttelte wie wild den Kopf.
Ein trockenes Knacken und ein unterdrücktes Stöhnen kündeten davon, dass das Tier Seamus' Knöchel gebrochen hatte, aber Seamus ließ sich davon nicht aufhalten.
Mit einer geübten Bewegung schnitt er dem ersten Tier die Kehle durch und badete praktisch in dessem heißen Blut, bevor er das zweite Tier von sich wegtrat und auf die Beine sprang. Der stechende Schmerz, der sein Bein hochschoss, wurde gekonnt ignoriert und Seamus zückte die andere Waffe.
Zwei Schüsse halten durch die Nacht.
Einer zwischen die Augen, einer in die Brust.
Das zweite Tier sackte zusammen.
Ebenso wie Seamus.
Er atmete schwer.
War erschöpft.
Blut floss in Strömen seinen Arm entlang, dort wo der Höllenhund seinen Arm zerfleischt hatte.
Seamus wusste, er würde sterben.
Es war ihm egal.
Er hatte sein Dorf geschützt.
Mehr war ihm nicht wichtig.
Sein Atem ging langsamer und er starrte in den dichten Nebel.
Mit einem Mal war es totenstill.
Selbst das Heulen des Windes war verstummt.
Seamus' Blick flackerte umher.
Im Nebel waren auf einmal schemenhafte Gestalten zu sehen.
Hatte Sholto jemanden geschickt um seine verloren gegangenen Schäfchen zu suchen? Würde er Ärger bekommen?
Jemand kniete mit einem Mal neben ihm und berührte ihn an der Schulter.
"Du bist in Sicherheit, Sohn"
Die vertraute Stimme seines Vaters.
"Rhys", hauchte Seamus.
"Ja, mein Junge."
"Ist es vorbei?"
"Für den Augenblick."
Seamus summte leise und schloss seine Augen.
Er vertraute darauf, dass sich sein Schicksal erfüllen würde und ließ sich in die Bewusstlosigkeit fallen.
Sein Vater würde mit ihm tun, was er für richtig hielt. Ob er wieder aufwachen würde oder nicht stand in den Sternen.
Und noch waren diese verborgen vom weißen Nebel.