Mein Blick huscht zu meinen königlichen Brüdern, was sich als Fehler herausstellt, denn Ptolemaios‘ genervter Ausdruck bringt mich wieder zurück in die Realität. Er hat die Zähne zusammengebissen und wird nichts sagen, aber ihn zu reizen, ist wahrlich keine gute Idee! Ich greife nach meinem Weinkelch und betrachte mein Spiegelbild in der roten Flüssigkeit des Glases. Ich sollte mich tatsächlich ein wenig mehr um Diskretion bemühen, aber andererseits…Caesar bemüht sich auch nicht sonderlich darum. ,Und wozu auch, wenn die Priesterschaft unsere Verbindung für sakral erklärt hat!‘, kommt der trotzige Gedanke in mir auf.
Aber natürlich reiße ich mich zusammen und wende meine Aufmerksamkeit wieder dem Geschehen im Raum zu, wobei mein Blick wieder an den diskutierenden Priestern und Astronomen hängen bleibt.
„Hältst du es für günstig, Psenamounis jetzt auf ein öffentliches Versöhnungsfest anzusprechen?“, wende ich mich leise an meinen Liebhaber.
Caesar ist meinem Blick gefolgt. „Bringen wir es hinter uns!“, lautet sein ironischer Kommentar.
Mit einer Handgeste winke ich Khered-Anch zu mir und schicke sie mit entsprechenden Anweisungen zu Psenamounis. Kurz darauf kehrt die junge Priesterin zusammen mit ihrem Onkel zurück und begibt sich dann mit einer anmutigen Verneigung wieder an die Seite von Charmion und Apollodorus.
Ich wende mich an den Stellvertreter des Hohepriesters und lächele ihn an: „Psenamounis, wir hätten noch ein Anliegen an die Priesterschaft des Ptah.“
„Natürlich, Majestät.“ Psenamounis lauscht meinen Worten, als ich ihm von dem Plan erzähle, die Stimmung in Alexandria durch die Ausrichtung einiger öffentlicher Feste und religiöser Feierlichkeiten zu verbessern. Zwischendurch habe ich das Gefühl, er würde am liebsten die Augen verdrehen, und das würde er auch, wenn wir nicht in der Öffentlichkeit wären. Aber so begnügt er sich mit einsilbigen Antworten und einem gelegentlichen Nicken.
„Welche religiösen Feste stehen denn in nächster Zeit an?“, mischt sich Caesar in unser Gespräch.
„Das Imhotep-Fest“, antwortet Psenamounis nach kurzem Zögern. „Zumindest in Memphis, dort feiern wir es am 16. Epiphi. Aber verzeiht, Imperator: Imhotep war ein heiliger Baumeister, Hohepriester und Arzt – so wirklich fällt mir da keine sinnvolle Verbindung zu Eurem Besuch in Alexandria ein.“
„Ihr meint, auch keine sinnvollere als zu dem Bock von Mendes!“, erkundigt sich Caesar liebenswürdig.
In Psenamounis' Augen blitzt kurz so etwas wie Verlegenheit auf. „Ähm, nein. Aber vielleicht könnte man die Feierlichkeiten hier in Alexandria etwas umfangreicher gestalten, als normalerweise. Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es vor allem um einen Anlass zum Feiern?“, erkundigt er sich hoffnungsvoll.
„Ja“, bestätige ich und werfe einen Blick zu meinem Bruder. „Ptolemaios, was hältst du von einem öffentlichen Bankett mit Theaterspielen, Festumzügen und Gratisgetränken für die Bevölkerung? Wir könnten die Getreidespeicher für die Bürger öffnen und reichlich Wein und Bier zur Verfügung zu stellen. Wäre das in deinem Sinne?“
„Ich dachte, wir müssen sparen?“ Ptolemaios verzieht skeptisch den Mund.
„Vor allem müssen wir den Zweifeln und der Angst entgegenwirken und das Vertrauen in das Herrscherhaus stärken“, halte ich dagegen. „Und das geht am besten mit einem Fest. Vater hat das auch immer so gemacht.“ Ptolemaios zuckt gleichmütig mit den Schultern, scheint sich aber mit der Idee anzufreunden.
„Gibt es dann auch wieder gallische Reiterspiele?“, will Maios wissen, der von der Idee sichtlich begeistert ist.
„Das lässt sich sicher einrichten“, meint Caesar begütigend.
„Wenn wir so ein Fest ausrichten, dann sollte es sich nicht nur auf Alexandria beschränken“, gibt Psenamounis zu bedenken. „Das würde die Stimmung im ganzen Land beruhigen.“ Ich verstehe den versteckten Hinweis auf die Nilflut sofort und nicke bestätigend.
„Eine hervorragende Idee“, ertönt nun auch Sextus‘ Stimme von der Nachbarkline. „Feste kann man nie genug feiern.“
Und Diodorus pflichtet ihm sogleich bei, indem er ein Zitat von Demokrit beisteuert: „Ein Jahr ohne Feste ist wie ein Weg ohne Gasthöfe.“
„Solange, der Weinvorrat in den Gasthöfen nicht ausgeht“, bemerkt Sextus lachend und macht daraus gleich einen neuen Trinkspruch.
„Wie wollt Ihr bis heute abend eigentlich einen Vortrag zustande bringen, wenn Ihr Euch jetzt schon betrinkt, Tribun?“, kann ich mir die scherzhafte Frage nicht verkneifen.
Sextus lacht, „Keine Sorge, Majestät, ich kann improvisieren, das habe ich mir von meinem Onkel abgeschaut. Niemand ist besser darin als Gaius Julius Caesar.“
„Dann wünsche ich Euch Glück. Meine Schwester ist sehr anspruchsvoll!“, erwidere ich amüsiert.
„Das durfte ich bereits erleben“, lacht Sextus.
„Hauptsache, du bekommst die Rede für Pompeius bis morgen vorbereitet!“, bemerkt Caesar und bedenkt seinen Cousin mit einem mahnenden Blick.
„Natürlich, Imperator. Sie ist bereits fertig!“, versichert Sextus, auf einmal sehr förmlich.
Caesar mustert ihn noch einen Augenblick und nickt dann zufrieden, bevor er sich wieder Psenamounis zuwendet.
Doch in diesem Moment erscheint einer der Bibliothekare und verneigt sich tief vor Caesars und meiner Kline.
Verwundert bedeute ich ihm zu sprechen – und realisiere zu spät, weswegen er gekommen ist.
„Majestät, es ist ein großes Glück und eine Ehre, Euch hier anzutreffen. Die von Euch angeforderten Baupläne sind soeben fertig geworden“, erklärt er freudestrahlend und verneigt sich dann nochmals, wobei er seinen Assistenten nach vorne winkt, der sich ebenfalls tief verneigt und dabei auf seinen ausgestreckten Armen ein rotes Seidenkissen mit einem reichverzierten Behältnis samt einer Papyrusrolle präsentiert.
Ich blinzele und schaue dann zu Charmion, die bereits geistesgegenwärtig aufgesprungen ist, um die Pläne entgegenzunehmen.
Doch Caesar hat bereits ebenfalls einen interessierten Blick auf die Papyrusrolle geworfen. „Du hast Baupläne bestellt? Um welches Projekt geht es dabei, Kleopatra?“
„Ich nehme an, es handelt sich um eine Karte der königlichen Paläste?“, gebe ich die Frage möglichst unbeteiligt an den Bibliothekar weiter und bemühe mich um ein gleichmütiges Gesicht.
„Ja, Majestät, das hier ist die Karte Eures derzeitigen Wohnpalastes und zwar in der überarbeiteten Fassung, die auch die baulichen Veränderungen an den Fassaden berücksichtigt“, zeigt sich dieser leider höchst gesprächig.
„Ich danke Euch für die schnelle Bearbeitung. Ihr könnt sie meiner Hofdame übergeben. Wenn ich noch weitere Karten benötige, werde ich mich an Euch wenden“, bedanke ich mich bei dem Bibliothekar und zwinge mich zu einem freundlichen Lächeln. Erleichtert verfolge ich, wie Charmion die Karte entgegennimmt und der Bibliothekar sich unter Verbeugungen zurückzieht.
Glücklicherweise stellt Caesar keine weiteren Fragen, sondern wendet sich wieder an Psenamounis. Und bald schon sind wir alle wieder damit beschäftigt, uns über die Planung der Feierlichkeiten Gedanken zu machen.
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