Nachdem wir das Haus verlassen hatten, fragte Zombie noch einmal, wohin ich nun gehen würde. Da ich ihm keinen Ort nennen konnte, beschloss er, mich zu meinem Vater zu bringen.
Als wir nach einer schweigenden Fahrt vor der Tür standen, reichte er mir ein Taschentuch. »Du willst sicher nicht so verheult da rein.«
Ich schüttelte den Kopf und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Prüfend sah er mich an und hielt seine Hand fragend über der Klingel. Eher unmotiviert nickte ich.
Natürlich war es ausgerechnet Rose, die die Tür öffnete. »Isaac, was willst du denn hier?«
»Ma’am, dürften wir reinkommen? In der Tür spricht es sich so schlecht«, fragte Zombie, ohne auf den unhöflichen Tonfall einzugehen.
Doch davon ließ sich Rose nicht irritieren. »Dürfte ich erstmal erfahren, wer Sie sind?«
»Ich bin Peters Bruder«, stellte er sich vor. Na, das war mutig, immerhin konnte er nicht wissen, ob Rose ihn kannte.
In dem Moment kam Dave zur Tür heraus. Als er mich sah, stellte er mit Schmollmund fest: »Dad hat gar nicht gesagt, dass du kommst. Und jetzt muss ich zu Keith.«
»Oh. Ist das dein bester Freund?«, fragte Zombie direkt.
Freudig nickte mein kleiner Bruder und musterte Zombie dann neugierig. »Peter hat gar nicht gesagt, dass er auch einen Bruder hat.«
»Nicht? Dann muss ich mich nachher bei ihm beschweren!« Gespielt beleidigt plusterte Zombie die Backen auf.
Mein Bruder lachte und selbst ich musste schmunzeln. Scheinbar konnte er wirklich gut mit Kindern.
Er lächelte den Kleinen noch einmal an. »Ich wünsch dir viel Spaß bei deinem Freund.«
»Danke!« Damit rannte Dave nach einem letzten Winken auch schon los.
Uh, das ging ja schnell. Er schien völlig vergessen zu haben, dass er sich aufregen wollte. Schade, damit war aber auch meine Schonfrist vorbei.
Zum Glück kam nun auch Dad an die Tür. »Oh, Isaac. Schön dich zu sehen. Kommt doch rein.«
Mit missmutigem Gesicht machte Rose Platz und wir gingen hinein. Wie schon die letzten Male, die ich im Haus gewesen war, setzten wir uns an den Küchentisch. Meine Sachen ließ ich vorerst an der Tür. Ich hoffte, dass Lance sich noch meldete, auch wenn das sehr unwahrscheinlich war.
Kaum saßen wir, fragte mein Vater: »Was haben Sie noch gesagt, wie Sie heißen?«
»Tut mir leid, Sir, ich wollte nicht unhöflich sein. Mathew. Ich bin Peters Bruder.«
»Und was wollt ihr hier?« Dad schien skeptisch. Natürlich, ich tauchte auf einmal mit einem Fremden auf.
»Ich ...« Ich schluckte. Ich wollte nicht fragen, mir gefiel schon die Vorstellung nicht. Aber welche Wahl hatte ich sonst? »Kann ich eine Weile hierbleiben?«
»Was? Warum?«, keifte Rose sofort.
»Ich ... Ich hab mich getrennt.« Ich sah vor allem Dad an. Rose’ Meinung war mir ziemlich egal. »Nur für eine Weile. Spätestens im nächsten Semester ist sicher ein Platz im Wohnheim frei. Ich weiß sonst nicht, wohin.«
Dad sah aus, als würde er direkt zustimmen wollen, da mischte sich Rose ein: »Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du einfach abgehauen bist. Jetzt sieh zu, wo du bleibst.«
In Zombies Augen sprühte die Wut. »Ma’am, Isaac hat sich das nicht ausgesucht, so plötzlich aus der Wohnung meines Bruders raus zu müssen.«
»Was ist denn vorgefallen?«, wollte mein Vater besorgt wissen. Immerhin lehnte er nicht direkt ab.
Hilfesuchend sah ich zu Mat. Ich wollte es nicht schon wieder aussprechen müssen.
Er sprang direkt für mich ein. »Mein Bruder hat ein paar psychische Probleme. Leider sind sie durch den häufigen Streit der beiden schlimmer geworden und er ist Isaac gegenüber übergriffig geworden.«
Ich schloss die Augen. So formuliert klang das, was passiert war, so unglaublich nett.
Ich erschrak, als ich Rose’ helles Gelächter hörte. »War doch klar, wenn zwei solcher kranken Individuen aufeinandertreffen. Aber was haben wir damit zu tun?«
»Ma’am, ist das Ihr Ernst? Isaac ist Ihr Sohn! Mein Bruder hat ihn misshandelt! Sicher mehr als nur einmal. Fühlen sie sich da nicht im Geringsten verantwortlich, ihm zu helfen?« Zombie wirkte völlig entsetzt über diese Reaktion.
»Dieses missratene Kind ist ganz sicher nicht meines. Soll er doch zur Polizei gehen.« Damit schien für sie die Diskussion beendet und sie stand auf.
Zombie stand ebenfalls auf und zog mich mit hoch. »Komm, hier lass ich dich sicher nicht. Schämen Sie sich eigentlich gar nicht, so wenig zu Ihrem Kind zu stehen, Sir?«
Mein Dad schien aus seiner Starre zu erwachen, die ihn bei der Nachricht ereilt hatte. Er klappte einmal den Mund auf und dann wieder zu. Ich wurde in der Zeit zur Tür gezogen.
Zombie schnappte sich meine Sachen und wir verließen das Haus wieder. Doch er schlug nicht den Weg zur T ein, sondern ging in eine gänzlich andere Richtung. Noch immer völlig aufgebracht meinte er: »Kein Wunder, dass du abgehauen bist. Wäre ich bei dem Drachen auch.«
Nach etwa zwanzig Minuten standen wir vor einem großen Mietshaus. Zombie schloss die Tür auf und stieg mit mir die Stufen hinauf. Im obersten Stockwerk steuerte er auf eine der Türen zu. »Sorry, viel Platz hab ich nicht. Ich werd nachher nochmal versuchen, Lance zu erreichen. Und Carla und Anthony. Vielleicht wissen die, wo du hinkannst. Oder du schläfst bei ihnen im Gästezimmer.«
»Zombie?«, fragte ich, als wir in seinem Wohnzimmer standen, das bis auf die nötigste Einrichtung ziemlich leer war.
Abwartend sah er mich an.
»Könntest du das den beiden nicht erzählen? Ich meine, was genau passiert ist?«
Er setzte sich mit mir auf die Couch und seufzte. »Lass mich raten: Du willst auch nicht zur Polizei?«
Langsam schüttelte ich den Kopf. Wieder stiegen mir Tränen in die Augen. »Nein. Ich ... Ich kann das nicht ... Ich kann das nicht erzählen. Sie würden wissen wollen, was genau passiert ist. Ich kann nicht ...«
»Schon gut. Ich versteh dich. Ich habe es auch nicht getan.«
Entsetzt starrte ich ihn an. Er hatte das auch durchgemacht?
»Trotzdem würde ich es dir empfehlen. Peter ist mein Bruder und wird es auch immer bleiben, trotzdem kann er nur so seine Strafe bekommen. Ich bereue es, dass ich die Verantwortlichen nicht angezeigt habe.«
»Ich überleg’s mir.« Ich wusste, dass ich es nicht tun würde.
Und Zombies Nicken zeigte, dass er es auch wusste. Dennoch ließ er das Thema auf sich beruhen. »Ich geh nochmal nach Peter sehen und etwas einkaufen. Ich bin in ein paar Stunden wieder da. Mach es dir so gut es geht gemütlich. Das Schlafzimmer ist tabu. Im Bad ist eine Badewanne, wenn du willst. Du solltest dich auf jeden Fall sauber machen, wenn ich dich nachher nochmal ansehen soll. Keine Widerrede! Ich will sichergehen, dass dir keine Schäden bleiben. Ansonsten ... Soll ich Doc Hammond fragen, ob er dich mal anschaut?«
Panisch schüttelte ich den Kopf. Nein, ich wollte ihm das nicht erzählen. Er hätte zu viele Fragen gestellt. Genau wie die Polizei.
Zombie nickte erneut. »Ist gut. Ich ruf ihn trotzdem nachher an und frag ihn, worauf ich achten muss. Keine Sorge, ich sag ihm nicht, dass es um dich und Peter geht. Und jetzt mach dir einen Tee oder Kaffee und komm etwas runter. Bis später.«
Wie schon den ganzen Nachmittag tat ich einfach, was er mir sagte. Es beruhigte mich, dass er trotz der Situation noch verhältnismäßig ruhig blieb. Deshalb war es nun, da er fort war, umso schwerer, nicht die Nerven zu verlieren. Daher machte ich mir tatsächlich einen Tee und ging dann in die Badewanne.
Bis Zombie wieder nach Hause kam, blieb ich dort und dachte über alles nach. Zuerst wurde mir bewusst, dass ich ohne die Demons kaum Geld haben würde. Immerhin war das der Grund gewesen, dass ich mich nicht hatte trennen können. Ich hatte nicht gewusst wohin. Meine einzige Chance wäre gewesen, wenn ich direkt zum Collegebeginn mit Lance zusammengezogen wäre. Damals hätten wir noch die Kurve kriegen und als Kollegen weitermachen können. Doch das würde nun nicht mehr gehen, das war mir nur zu bewusst.
Das Klacken des Türschlosses holte mich aus den Gedanken und mir wurde bewusst, dass das Wasser schon eiskalt war. Nach einem Moment wurde auch die Tür zum Bad geöffnet. Skeptisch musterte Zombie mich, dann zuckte er mit den Schultern und schmunzelte etwas. »Ich hätte nicht gedacht, dass mich mal ein nackter Mann in meiner Badewanne begrüßt, wenn ich heimkomme. Du solltest trotzdem rauskommen, deine Lippen sind schon ganz blau.« Aus einem der Regale reichte er mir ein großes Handtuch, bevor er sich umdrehte.
Ich trocknete mich ab und wickelte mich dann darin ein.
»Du kannst gleich so bleiben, dann untersuch ich dich sofort.«
Ich würde wohl eh nicht darum herumkommen. Also fügte ich mich und folgte ins Wohnzimmer.
Aus einer Tüte in der Ecke fischte Zombie eine Tube, dann holte er Einmalhandschuhe aus der Küche und zog sie über. »Stütz dich mit den Ellenbogen auf die Lehne der Couch, dann komm ich besser ran. Und ich will keine dummen Sprüche hören, mir macht das hier nämlich auch keinen Spaß.«
Ja, es fühlte sich tatsächlich merkwürdig an, von ihm angefasst zu werden. Man merkte, dass er dabei keinen Spaß hatte. Die Berührungen waren nicht anturnend, sondern einfach nur notwendig. Und trotzdem hatte ich ihm Hinterkopf, dass er definitiv meinen Penis sehen konnte und auf Männer stand. Das wiederum schickte mir doch ein leichtes Prickeln und Scham durch den Körper. Ich fragte mich, ob es ihn nicht doch auch irgendwie anmachte.
Nach einigen weiteren Fragen schien er sich dann ziemlich sicher, dass zumindest körperlich mit mir alles in Ordnung war und ich keine bleibenden Schäden davontragen würde. »Du hast echt Glück im Unglück, das hätte auch schiefgehen können.«
Erst später wurde mir klar, wie recht er hatte und welche Folgen das Ganze für mich hätte haben können. Im Nachhinein hätte ich mich doch lieber von einem Arzt untersuchen lassen, aber traute es mich nicht.
Zombie räumte noch einige Sachen aus der Tüte, dann warf er mir eine kleine Schachtel daraus zu. »Hier.«
Verwirrt fing ich die Packung auf. Nach einem Blick darauf erkannte ich, dass es sich um Schlaftabletten handelte. »Wofür?«
»Glaub mir, die werden in den nächsten Wochen deine besten Freunde werden. Und jetzt hilf mir beim Essen, ich hab Hunger.«
Zombie sollte recht behalten. Schon in der ersten Nacht plagten mich Albträume, doch ich hielt sie noch nicht für etwas Besonderes, die hatte ich auch schon früher gehabt. Doch auch die nächsten Nächte hörten sie nicht auf und wurden immer schlimmer.
Mit den Träumen wurde mir auch immer mehr das Ausmaß dessen, was passiert war, bewusst. Ich heulte fast den ganzen Tag durch. Jeden Tag kamen neue Erkenntnisse hinzu, die mir zeigten, wie aussichtslos meine Situation war. Keine Freunde, keine Wohnung, kein Job, auf einen Mann angewiesen, bei dem ich nicht einmal wusste, ob er mich mochte oder hasste.
Zombie selbst war eigentlich den ganzen Tag unterwegs. Wenn ich aufwachte, war er bereits weg, dafür stand aber immer etwas zu essen für mich in der Küche. Abends kam er erst spät wieder, kochte mit mir etwas und verschwand dann ins Schlafzimmer. Während der ganzen Zeit redete er kaum mit mir und ging mir aus dem Weg.
Als ich schon über eine Woche bei ihm war, zumindest glaubte ich das, da ich mein Zeitgefühl völlig verloren hatte, kam er wie jeden Abend zurück. Sein Blick fiel auf mich, der ich gerade zusammengesunken auf dem Sofa saß und mir einige Tränen aus dem Gesicht wischte. Vorsichtig versuchte ich, ihn anzulächeln, doch es gelang mir nicht.
»Du bist ja immer noch hier«, stellte er nach einem Seufzen fest und ging an mir vorbei in die Küche.
Völlig verwirrt von der Situation ging ich in die Defensive. »Du hast mich doch hergebracht!«
»Damit du ein paar Tage Ruhe hast und dich darum kümmern kannst, wo du hingehst.«
»Wo soll ich denn deiner Meinung nach hingehen? Ich hab keine Wohnung und keinen Job, weil du mich rausgeworfen hast. Aus beidem!«
»Wenn du unbedingt willst, dann geh doch zurück. Peter freut sich.«
Der zweite Teil war definitiv nicht sarkastisch gemeint. Dennoch spürte ich, dass es Unbehagen in mir auslöste und mehr dahinter steckte.
Wie zum Beweis kam Zombie ins Wohnzimmer, zog mein Handy aus seiner Tasche und reichte es mir, nachdem er etwas darauf gesucht hatte. Ich hatte bisher gar nicht mitbekommen, dass er es nicht zurückgegeben hatte.
Ich las, was auf dem Bildschirm stand. Es waren etliche neue Nachrichten, die alle darum baten, dass ich zurückkam, Versprechungen, mir nie wieder wehzutun, Liebesschwüre. Alles Dinge, die ich schon unzählige Male von ihm gehört hatte.
Klappernd fiel das Handy zu Boden, als ich die Hände vor den Mund schlug und ins Bad rannte. Mir war beim Lesen der letzten Nachrichten schlecht geworden, noch mehr hätte ich nicht ausgehalten. Es waren allein heute schon zwanzig Stück.
Zum Glück war der Gang ins Bad überflüssig gewesen, dennoch blieb ich eine Weile dort, bis ich mich beruhigt hatte.
Mit gesenktem Kopf ging ich zurück. Mein Handy lag auf dem Tisch und Zombie stand wieder in der Küche. Scheinbar gab es heute Mac’n’Cheese.
»Gut, dann hätten wir diese Möglichkeit ja geklärt«, stellte er mit völlig neutraler Stimme fest.
Noch immer war ich unglaublich wütend. Warum tat er mir das an? »Sonst noch irgendwelche genialen Ideen? Soll ich vielleicht wieder zurück auf die Straße? Vielleicht kannst du mir dann ja auch gleich Stammfreier empfehlen. Oder kennst du nur solche, die lieber Kinder ficken?«
Wütend knallte er den Kochlöffel auf die Ablage. »Hör auf, so’n Scheiß zu erzählen! Ich setz dich nicht auf die Straße.«
»Nicht? Vor drei Jahren hättest du mich auch sitzen lassen, warum sollte es jetzt anders sein? Du könntest mich jederzeit rauswerfen.«
»Tu ich aber nicht. Ich hab nur keine Lust mehr, jeden Tag herzukommen und dich flennend auf der Couch vorzufinden. Ich hab nicht die Kraft, mich um meinen Bruder und dich zu kümmern. Beweg endlich deinen Arsch!« Er nahm den Kochlöffel wieder auf und rührte in den Nudeln. »Und vor drei Jahren hast du nicht nach Hilfe gefragt, beziehungsweise sie abgelehnt.«
»Jetzt hab ich auch nicht gefragt! Ich bekomme das schon allein hin!«
»Dein verzweifelter Anruf klang mir schon sehr nach Hilferuf.« Er schien beschlossen zu haben, dass die Nudeln gut waren, und kippte sie ab.
»Weil ich Angst hatte, dass er draufgeht!«
»Wenn es dir nur um Peter gegangen wäre, hättest du den Notarzt gerufen und nicht mich.«
Ich wollte widersprechen, doch dann biss ich mir auf die Lippe und senkte den Kopf. Vermutlich hatte er recht. Irgendwo hatte ich sicher geahnt, dass er nicht locker lassen würde und erfahren wollte, was passiert war, wenn er seinen Bruder so fand.
»Da drüben liegt ein Handy mit mehr als nur ein paar Nummern. Irgendjemanden muss es doch geben, der dir helfen kann und will.«
»Du willst mich wirklich unbedingt loswerden, oder? Es ist dir unangenehm, dass ich hier bin«, stellte ich eher fest, als dass ich fragte.
Er nickte.
»Warum?«
»Ich bin lieber allein.« Gemeinsam mit der Käsemasse kamen die Nudeln in den Ofen und Zombie spazierte durch das Wohnzimmer in Richtung Schlafzimmer.
»Der Gedanke, dass wirklich mal ein nackter Mann in der Badewanne darauf wartet, dass du nach Hause kommst, reizt dich also überhaupt nicht?« Ich erinnerte mich gut an das, was sein Bruder mir über ihn und seine Sexualität erzählt hatte.
Daher überraschte mich der leichte Rotschimmer um Zombies Nase umso mehr. Außerdem blieb er stehen und schaute mir direkt in die Augen. »Dieser Mann wärst sicher nicht du.«
»Darum geht es nicht. Dein Bruder hat mal behauptet, du könntest dich nicht in einen Mann verlieben. Stimmt das?«
Er nickte und zuckte direkt danach mit den Schultern. So hundertprozentig schien er es also nicht ausschließen zu können.
»Warum nicht?«
»Ich erzähl es dir, wenn du mir sagst, was genau alles zwischen Peter und dir vorgefallen ist«, forderte er und sah mir dabei herausfordernd in die Augen.
Einen Moment erwiderte ich den Blick, dann senkte ich den Kopf und ging zurück auf die Couch, um mich in die Decke einzuwickeln. Ich wollte weder darüber nachdenken, was genau passiert war, noch wie häufig es passiert war, geschweige denn davon erzählen.
Von Zombie war ein leises, bestätigendes Schnauben zu hören. »Siehst du, ich will auch nicht darüber reden.«
Nachdem die Schlafzimmertür ins Schloss gefallen war, blieb ich noch eine ganze Weile still sitzen. Warum tat Zombie das? Warum nahm er mich auf, wenn er niemanden bei sich haben wollte? War es Mitleid? Oder wirklich weil ich ihn um Hilfe gebeten hatte?
Ich schnappte mir mein Handy und blätterte durch die Kontakte. Zum Glück war Zombie so freundlich gewesen und hatte auf den Startbildschirm zurückgeschalten, bevor er es für mich hingelegt hatte, damit ich nicht wieder die Nachrichten lesen musste. Dennoch war in der Zwischenzeit eine Neue angekommen. Ungelesen hatte ich sie weggedrückt, auch wenn ich dabei ziemlich gezittert hatte.
Doch meine Kontakte brachten mich nicht weiter. Jeder, den ich dort einmal zu meinen Freunden gezählt hatte, wollte nicht mehr mit mir reden. Ich konnte es sogar verstehen. Aus ihrer Sicht musste es ausgesehen haben, als hätte ich nach Europa kein Interesse mehr an ihnen gehabt. Doch in Wahrheit hatte ich nur Angst gehabt, dass die Freundschaften einen falschen Eindruck machten und er mich wieder verletzte.