En-Die lachte laut auf, als sein Gegenüber die Geschichte zu Ende erzählt hatte. "Er hat doch nicht ernsthaft erwartet, dass du dich ergibst?", fragte er. Sein Gesprächspartner, ein Mann mit kurzem schwarzen Bart und langen schwarzen Haaren bejahte. "Diese Banditen lernen es nie", meinte er. "Weißt du Roku, das ist sogar für einen Avatar eine verrückte Geschichte", meinte En-Die und nahm einen weiteren Schluck von seinem Tee. "Tja, das war auf jeden Fall meine neuste", antwortete Roku ihm. "Und was ist mit Sozin?", fragte der Schatten seinen Freund, seine Stimme war plötzlich ernst geworden. "Er verhält sich ruhig. Seit dem Zwischenfall mit den Kolonien hat er sich sehr zurückgehalten und nichts Neues in diese Richtung versucht", antwortete der Avatar ihm. "Sei vorsichtig. Irgendetwas braut sich zusammen, ungesehen vor unserem Blick, es wird sich nicht zeigen. Nicht bevor es stark genug dafür ist." "Wovon redest du?", fragte Roku verwirrt. "Merkst du es nicht? In der Hauptstadt sammeln sich die Truppen der Feuernation. Es werden täglich mehr. Sozin wartet ab. Er wartet auf dich", erklärte der Schatten ihm. "Du meinst…", begann Roku und En-Die nickte. "Ja. Er wartet auf deinen Tod. Sozin weiß, dass der Avatar der Einzige ist, der ihm gefährlich werden kann." "Vielleicht ist das auch nur ein Zufall", schlug Roku mit wenig Hoffnung auf Zuversicht von Seiten seines Freundes vor. "Es gibt keine Zufälle! Du kannst weiterhin wegsehen, doch ich verspreche dir, er wird dich nicht unbeachtet lassen!" Roku senkte den Kopf. "Du hast recht. Ich werde mich hüten, ihn zu unterschätzen nur weil wir Freunde waren." En-Die sah ihn mitfühlend an. Er nahm eine der Kerzen, die am Tisch standen und pustete sie aus. "Es wird immer Dunkles geben. Doch wenn man auch nur einen Funken als Hoffnung brennen lässt…", er zündelte die Kerze mit einem Plasmafunken neu, "…kann man das Licht stets neu entfachen."
En-Die ritt über die grasbewachsenen Hügel in Richtung der Hauptstadt der Feuernation. Als er die Stadttore erreicht hatte wurde er von bewaffneten Soldaten aufgehalten. "Halt! Der Zutritt zur Stadt ist verboten!", rief die Wache und En-Die stieg von seinem Skorpion ab. "Warte hier mein Mädchen", sagte er zu Sanchandra, welche widerwillig stehen blieb. Die Soldaten richteten ihre Speere auf ihn, als er nähertrat. "Was hat das zu bedeuten?", fragte der Schatten. „Ich reise nach zwölf Jahren endlich ganze drei Wochen vom südlichen Lufttempel hierher um dem Feuerlord endlich meine Anteilnahme an Avatar Rokus Tod zu zeigen, da sie Freunde waren und nun werde ich hier an den Toren abgewiesen." "Befehl vom Feuerlord persönlich! Keine Außenseiter kommen mehr in die Stadt!" "Außenseiter?", fragte En-Die erbost. Seine Hand begann zu glühen und er öffnete das riesige Tor mit einem einzigen Schlag. "Ich gehöre nirgendwo hin!", meinte er finster und trat ein, während die Wachen erschrocken vor der Macht des Schattens zurücktraten.
Die Tür des großen Thronsaals wurde aufgestoßen und En-Die kam herein. "Was hast du hier verloren?", fragte Sozin den Schatten kalt. "Du hast ihn getötet", meinte En-Die ohne groß auszuschweifen. "Du hast Roku getötet in jener Nacht vor zwölf Jahren!" "Und du kommst jetzt erst, zwölf Jahre zu spät?", fragte er ihn. "Ein Schatten kommt immer dann, wenn er gebraucht wird. Ich habe gehofft, dass du einsehen würdest, dass was du getan hast falsch war. Zwölf Jahre habe ich dir gegeben. Und nichts ist passiert. Keine Reue, keine Trauer, nicht mal ein Funken Hoffnung für dich." Sozin sah ihn an. "Der Avatar stirbt niemals Sozin! Er wird zurückkommen und sich rächen", antwortete En-Die ihm finster. "Das denkst aber nur du", meinte Sozin. "Ich bin gerade von einer äußerst besonderen Reise zurückgekommen." En-Dies Augen blitzten violett auf. "Was hast du getan?", flüsterte er. "Sagen wir, dass der Avatar niemals zurückkehren wird!", rief Sozin triumphierend. Endie sah ihn hasserfüllt an. "Mein Volk, die Schatten haben euch geholfen diese Stadt zu bauen, Waffen zu bauen, eure Technologie zu verbessern! Ich bin der letzte Nachfahre meines Volkes und ich sage, dass ihr sie nicht gegen die Welt einsetzen werdet!", rief er wütend. Ein Teil von En-Dies Mantel verformte sich und wurde zu einem eisernen Speer mit violett leuchtender Spitze. En-Die hob den Speer hoch und rief: "Solange dieser Speer in eurem Boden steckt, soll nichts mehr funktionieren, was jemals ein Schatten für diese Stadt gebaut hat! Erst wenn ein Feuerlord kommt, der reinen Herzens und voller Ehre ist, kann der Speer aus dem Stein gezogen werden!" Mit diesen Worten rammte er den Speer in den Boden. Eine unglaublich starke Druckwelle ging von dem Punkt aus breitete sich auf die ganze Stadt aus. Die großen Schattenschmieden hörten auf zu arbeiten, die riesigen Sternenzentren des Forschungsinstituts hörten auf sich zu bewegen und die selbstfahrende Bahn blieb mitten auf der Strecke stehen. Sozin sah entsetzt aus dem Fenster des Palastes. Als er sich umdrehte war En-Die verschwunden. Nur der Speer steckte noch im Boden. Eine kleine Inschrift war in das Metall graviert: ‚Der, der Krieg beginnt, wird den Krieg verlieren!‘
Sanchandra bäumte sich auf, als En-Die sie zum Stehen brachte. Vor ihm lag der südliche Lufttempel. Rauch stieg von ihm auf. "Nein", flüsterte der Schatten und sprang von seinem Reittier. Hastig rannte er die Stufen zum Tempel hinauf. Ein schreckliches Bild bot sich ihm. Überall lagen Trümmer, Tote und Asche. „"Nein!", rief er. Er rannte durch die Gänge in der Hoffnung jemanden zu finden. Doch er fand niemanden. Kein einziger hatte überlebt. En-Die sank auf seine Knie. "Ich habe euch im Stich gelassen", flüsterte er traurig. "Ich…ich war nicht da, als ihr mich gebraucht habt." Er schlug mit der Faust auf den Boden und hinterließ ein tiefes Loch. "Warum musste ich ausgerechnet jetzt aufbrechen? Wäre ich auch nur ein wenig länger hiergeblieben, dann hätte ich euch helfen können! Aber nein, ich war so erpicht darauf, Sozin zu tadeln!", schrie er sich selbst an und seine Stimme hallte durch den verlassenen Tempel. Nach einiger Zeit stand er wieder auf und begann, die Luftbändiger zu bestatten, wie es bei den Mönchen der Brauch war. Gyatso war der einzige der Hohepriester, die er finden konnte, also mumifizierte er ihn und setzte ihn, wie es sich gehörte auf den Thron der toten Wächter. Als er fertig war stand er dort und sah traurig auf die Gräber. Es vergingen einige Minuten, da hörte er plötzlich etwas Klackern. En-Die sah sich um und suchte den Ursprung des Geräusches. Er irrte durch den Tempel, bis er schließlich in einem kleinen Raum ankam, wo eine Schriftrolle auf dem Boden lag, welche vom Wind wieder und wieder gegen die Wand gerollt wurde. En-Die hob sie auf und rollte sie aus. Seine Augen weiteten sich, als er die Zeilen überflog. Dann sah er aus dem Fenster. "Das ist unmöglich", flüsterte er und schwang sich hinaus. Er kletterte immer höher bis zur Spitze des Lufttempels, von wo er weit über das Land sehen konnte. Sein Aurablick erkannte eine schwache blaue Spur, die sich durch die Luft zog. Viel zu schwach um ihr zu folgen doch stark genug, damit sich der Schatten sicher war. "Aang lebt", flüsterte er. Dann lachte er laut. "Aang lebt! Der Avatar lebt!" Er feuerte einen gewaltigen Energiestrahl in den Himmel. "Er lebt!" Dann sah er in die Ferne. "Ein Funken Hoffnung, um das Licht der Kerze wieder zu entfachen."