"Du wirkst unkonzentriert", meine En-Die. Aang, der gerade auf einem Stein saß und meditierte sah ihn fragend an. "Ich kann verstehen, dass dich Appas Verschwinden noch immer sehr bewegt, aber wir werden ihn wiederfinden. Das verspreche ich dir", versuchte der Schatten ihn zu beruhigen. Der Luftbändiger ließ den Kopf hängen. "Ich…es ist nicht nur wegen Appa", murmelte er. "Natürlich sorge ich mich um ihn. Ich habe unglaubliche Angst, dass ihm etwas passiert ist. Aber…da ist auch noch etwas anderes." En-Die setzte sich neben ihn und legte ihm seine klauenartige Hand auf die Schulter. Es waren inzwischen mehrere Tage vergangen, seit Aangs Luftbison in der Wüste von Sandbändigern entführt wurde. Das Team hatte sich währenddessen in einer unterirdischen Bibliothek aufgehalten, um Informationen gegen die Feuernation zu finden. Toph war als einzige oben zurückgeblieben, doch wegen des sandigen Wüstenbodens, auf dem selbst sie alles nur unscharf wahrnahm, konnte sie die Sandbändiger nicht aufhalten. Aang hatte all seine Wut an der Erdbändigerin ausgelassen und so wusste En-Die genau, was die andere Sache war, die ihn nun beschäftigte. "Du schämst dich, habe ich recht?", fragte er. "Du schämst dich für das, was du zu Toph gesagt hast." Aang nickte. "Ich war sehr gemein zu ihr", meinte der Junge. "Und das, obwohl das sonst nicht meine Art ist." Der Schatten erhob sich und blickte mit seinen violett leuchtenden Augen auf ihn herab. "Weißt du Aang, du hast ziemlich viel gewonnen, seit du als Avatar zurückgekehrt bist", meinte er. "Ja stimmt. Und?", fragte der Luftbändiger ihn. "Und du lernst nichts, wenn du immer nur gewinnst. Appa zu verlieren und dich daraufhin so aufzuregen war hart für dich, oder?" Aang nickte. "Ja. Appa ist ein Teil meiner Familie, genau wie Toph. Ich will niemanden verlieren, nur weil ich mich so schlecht verhalten habe", antwortete der Avatar. "Nun, du kannst dich jetzt auf ewig von diesem einen Fehler auffressen lassen, oder du lernst daraus." Mit diesen Worten ließ der letzte Schatten ihn alleine mit seinen Gedanken zurück.
In dieser Nacht konnte Aang nicht schlafen. Immer wieder dachte er an die Worte seines Freundes. "Daraus lernen also…", murmelte er. "Er hat recht." Damit gab er sich einen Ruck und stand auf. Vorsichtig trat er zu dem kleinen Steinzelt, welches Toph sich jeden Abend errichtete, um darin zu schlafen, und klopfte an. "Toph? Toph bist du noch wach?", fragte er leise. Keine Antwort. Nochmal klopfte er gegen die steinerne Wand. "Toph?", fragte er etwas lauter. Plötzlich öffnete sich die Steinwand des Zeltes, Tophs Hand schoss heraus und zog ihn hinein. Hinter ihm schloss sich die Wand wieder. "Um Himmels willen Hüpfdohle", murrte das Mädchen. "Weißt du eigentlich, wie spät es ist?" Aang schluckte seine Nervosität herunter. "Hör zu, ich wollte mich entschuldigen", murmelte er. "Dafür, dass du meinen Schlaf störst? Sehr lustig Aang." "Nein…für das, was ich in der Wüste gesagt habe", besserte er sie aus und sie sah ihn mit ihren blinden Augen überrascht an. "Oh", flüsterte sie leise, als sie verstand, worauf er hinauswollte. "Ich war in letzter Zeit kein guter Freund für dich Toph und das tut mir leid. Ich habe schreckliche Dinge zu dir gesagt, die ich niemals hätte sagen sollen. Ich weiß ganz genau, dass du im Sand nichts sehen konntest, ich weiß ganz genau, dass du nichts tun hättest tun können und ich weiß ganz genau, dass du nicht schuld bist", sprudelte es aus ihm heraus. "Warum hast du dann all diese Dinge gesagt?", fragte Toph ihn leise. "Appa war der einzige, der mir aus meiner Zeit mit den Mönchen noch geblieben ist. Er war meine Familie und ihn zu verlieren hat mich vollkommen aus der Fassung gebracht, so dass ich meine Wut an irgendjemanden auslassen musste." "Und das war ich", murmelte das Mädchen. "Sokka und Katara habe ich auch ziemlich unfair behandelt, aber ja…du hast das meiste abbekommen", meinte er. "Toph, es tut mir alles so unendlich leid." Die Erdbändigerin sah ihn mit ihren leblosen Augen an, als ob sie ihn tatsächlich sehen könnte. Aang blickte nervös zurück. Er wusste, dass sie ihm nicht vergeben musste und dass sie allen Grund hatte, wütend auf ihn zu sein. Doch dann erkannte er im Halbdunkel des Zeltes, dass sie ihn anlächelte. Es war nicht das übliche schelmische Grinsen, das sie sonst immer aufsetzte, es war etwas anderes. Etwas, was Aangs Herz schneller schlagen ließ. "Ich verzeihe dir", meinte sie sanft und der Junge atmete erleichtert durch. "Geh jetzt wieder schlafen Aang, wir haben morgen noch einen weiten Weg vor uns." Aang nickte und trat durch die sich öffnende Zeltwand ins Freie. Er wollte gerade zurück zu seinem Schlafsack, da spürte er, wie Toph seine Hand nahm und ihn zurückhielt. "Hör zu Aang. Appa ist deine Familie, das ist wahr, aber wir sind es auch. Und wir werden dich nie alleine lassen", meinte sie. Damit kam sie plötzlich näher an ihn heran und gab ihm einen schnellen Kuss auf die Wange. So schnell wie sie gekommen war, so schnell zog sie sich auch wieder zurück und schloss die Zeltwand. Aang berührte fassungslos die Stelle, an der sie ihn geküsst hatte und ging langsam weiter zu seinem Schlafsack. Hinter ihm öffnete sich die Zeltwand erneut und Toph steckte ihren Kopf heraus. "Ach und übrigens Hüpfdohle, wenn du irgendjemanden davon erzählst, dann bändige ich dich direkt ins Haus des Feuerlords!", drohte sie grinsend und der Junge lachte leise. "Kein Wort", versprach er und sie nickte zufrieden, bevor sie wieder verschwand.
En-Die beobachtete, wie sich der Luftbändiger wieder schlafen legte. Seine blaue Aura flackerte nun um einiges ruhiger als zuvor. Dann richtete der Schatten seinen Blick auf das Steinzelt und erkannte, dass Tophs grüne Aura darin gleichmäßig pulsierte. ‚Ihr geht es also auch gut‘, dachte er zufrieden und ließ sich kopfüber von dem Ast hängen, auf dem er bis jetzt gesessen hatte. ‚Er hat daraus gelernt. Und sie hat ihm vergeben.‘