Abende wie diese gab es nicht oft. Das Licht schwand, die Sonne war schon lange hinter den Bergspitzen auf der anderen Seite des Tals verschwunden, und die Luft roch angenehm nach der verbliebenen Wärme und der aufkommenden Feuchte der Nacht. Der Fels, auf dem er saß, war noch lange nicht kalt, und die paar Grillen, die sich in die kargen Wiesen in dieser Höhe verirrt hatten, zirpten leise. Aber das Beste war der Wind. Der sanfte, warme Wind, der von irgendwo im Tal Töne zu ihm hinauf trug.
Versonnen schloss er die Augen und lauschte. Wenn er sich konzentrierte, konnte er fast die ganze Melodie wahrnehmen. Es musste ein großes Konzert sein, wenn die Geräusche bis in diese Höhe dringen konnten. Ein leises Lächeln stahl sich auf seine Lippen, während er sich ganz der geflüsterten Musik hingab.
Es gab nicht vieles, was ihm hier in der Einsamkeit fehlte. Seine Hütte verfügte über einen Ofen, dahinter gab es eine kleine, für seine Bedürfnisse aber ausreichend große Quelle, und auch für seine Nahrungsversorgung war gesorgt. Das Beste an diesem Ort war aber seine Abgeschiedenheit. Abgesehen von einigen Gämsen, Kaninchen, diversen Vögeln und sehr selten einem in der Nähe heulenden Wolf war er hier alleine. Kein einziger Mensch. Und das war gut so. Die ganze Geschichte hatte bisher gezeigt, dass Menschen vorwiegend eines brachten: Enttäuschung, Schmerz und Zerstörung. Er hatte dies qualvoll am eigenen Leib erfahren und sich daraufhin geweigert, weiter Teil dieser Gesellschaft zu sein.
Und doch ... Abende wie dieser gaben ihm ein klein wenig Hoffnung, dass seine Spezies nicht ganz verloren war. In einzelnen Individuen, die solch wunderbare Klänge erdenken und sogar erzeugen konnten, musste zumindest ein klein wenig Gutes stecken. Sein Herzschlag passte sich an den Rhythmus des Musikstücks an, und die Harmonien brachten etwas tief in seiner Seele zum Klingen, das in seinem Alltag still war. Hätte es einen stummen Beobachter in seiner Nähe gegeben, hätte dieser nicht daran gezweifelt, dass Musik ihn glücklich machte.