Eigentlich wollte ich es nicht wieder tun. Doch irgendwie zog es mich immer wieder magisch an, fremde Typen anzumachen. Gefiel mir einer, musste ich es einfach tun. Es war wie verhext.
Ist der Ruf erst mal ruiniert, vögelt sich’s ganz ungeniert, war meine Devise.
So war es auch wieder vor einigen Tagen, als ich eine bekannte Diskothek in meiner Heimatstadt unsicher machte. Hier war ich längst bekannt wie ein bunter Hund.
Diesmal ging ich alleine hin. Ich hatte zwar viele Freundinnen, doch an diesem Wochenende hatte keine von ihnen Zeit für mich. Nicht einmal meine beste Freundin konnte sich freimachen. Ich war deswegen anfangs zwar ein wenig vergnatzt, aber dann wollte ich mir dadurch nicht die Stimmung verderben lassen.
Gelangweilt stand ich an der Bar und starrte mit einem Cocktailglas in der Hand auf die fast leere Tanzfläche, wo sich erst einige Paare im Takt der Musik bewegten. Ich selbst tanze nicht so gerne, ich schaue lieber zu und orte dabei meine Opfer. Bis jetzt war die Disko zwar noch nicht so voll, wie sonst an den Samstagen, aber es war ja erst kurz nach 22 Uhr. Die Stoßzeit begann erst gegen Mitternacht und erst dann fing auch meine Jagdzeit an.
Ich hatte schon einige Cocktails intus, meine Stimmung war allerdings immer noch nicht auf Hochtouren. Heute war es wohl kein guter Tag für mich, auf Jagd zu gehen. Die Typen, die sich mir bisher näherten und mich anbaggerten, was das Zeug hielt, waren alle nicht so mein Geschmack. So wies ich sie ab. Höflich allerdings, mit der Ausrede, ich würde hier auf meinen Freund warten, mit dem ich verabredet wäre. Sie glaubten es, diese Dösbaddel und zogen mit hängenden Köpfen von dannen.
„Hey, Barkeeper“, rief ich im Umdrehen dem Mann hinter der Theke zu, „mach mir mal noch so einen.“ Ich hielt ihm mein Glas entgegen und lächelte ihn mit meinem schönsten Lächeln, das ich aufsetzen konnte, an.
„Was hattest du denn vorhin für einen Drink?“, kam als Antwort.
„Seit wann weißt du nicht mehr, was ich immer trinke?“, wollte ich eben fragen, als mir auffiel, es ist nicht der Barkeeper, der mich vorhin bedient hatte. Im dem schummrigen Licht war mir gar nicht aufgefallen, dass die Bedienung gewechselt hatte.
„Oh, sorry. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass du mich vorhin nicht bedient hast“, entschuldigte ich mich. „Ich möchte einen Indian Blue“, gab ich ihm meine Bestellung durch, „aber bitte mit doppelt Batida de Coco. Ich muss in Stimmung kommen.“
„Kommt sofort“, wurde mir gesagt, wobei der junge Mann schon begann, die Zutaten meines Cocktails in den Shaker zu tun.
Fasziniert schaute ich ihm zu, wie der den Shaker kraftvoll schüttelte. Dabei spielten sichtbar die Muskeln seiner Oberarme unter dem engen Hemd. Es erregte mich, das so zu sehen. Verwirrt versuchte ich wegzuschauen. Der Barkeeper war eigentlich absolut nicht der Typ, auf den ich sonst stand. Doch dieser hatte es mir irgendwie angetan.
Er hatte es wohl bemerkt, denn als ich wieder zu ihm hinsah, lächelte er mich an, so als hätte er meine Verwirrtheit bemerkt. Sein Blick schien mich zu hypnotisieren. Gekonnt schüttelte er den Shaker weiter, die Eisstücke, die sich mit den anderen Zutaten darin befanden, schlugen hart gegen das Metall. Es klang in meinen Ohren wie Musik.
Den muss ich haben, kam es mir in den Sinn, komme, was wolle.
Ich schaute weiter zu und beobachtete das Muskelspiel seiner Arme. Als er fertig war, schüttete er den Cocktail in ein Glas, dekorierte noch ein wenig und reichte ihn mir.
„Bitte schön“, sagte er dabei. Wie ungewollt strich er mit einem Finger über meinen Handrücken.
Ein heißer Schauer durchfuhr meinen Körper, ich spürte, wie ich sofort feucht wurde. Mir kam es vor, als hätte er mich verhext.
„Wie heißt du?“, konnte ich gerade noch stotternd fragen, ehe mir ungewollt die Röte ins Gesicht schoss.
„David, und du?“, kam es zurück.
„Cleo“, antwortete ich leise, gerade so, dass er es verstehen konnte.
„Prost, Cleo“, sagte er zu mir und stieß mit seinem Glas, das er vom Tresen aufgenommen hatte, gegen mein Cocktailglas.
„Prost.“
Genüsslich ließ ich den Indian Blue meine Kehle hinunter rinnen. Ich stellte mir vor, wie kleine Tropfen davon sich ihren Weg von meinem Hals in meinen Ausschnitt bahnten und dort zwischen meinen Hügeln verschwanden. Erregt keuchte ich auf.
David schaute mich irritiert an.
„Geht es dir gut?“
„Ja, mir ist nur so heiß“, flüsterte ich ihm zu. „Fühl mal“, sagte ich noch, ergriff seine Hand und führte sich zu meinem Busen, der sich aufgeregt hob und senkte.
„Oh, ja, wirklich, du scheinst Fieber zu haben“, erkannte David. „Dagegen müssen wir was tun.“
„Hast du denn auch ein Fieberthermometer“, ging ich auf das Spiel ein.
„Natürlich“, kam es lächelnd von David zurück.
„Dann heile mich“, schmolz ich fast dahin.
David sprach kurz mit einem Kollegen, kam um den Tresen herum und nahm meine Hand.
„Zu mir oder zu dir?“, fragte er.
So als wäre ich in Trance folgte ich ihm, nachdem ich ihm mitteilte, zu ihm. Warum ich das tat, war mir in diesem Moment egal. Ich wollte nur diesen Mann, diesen in meinen Augen unheimlich geilen Typen.
Eine halbe Stunde später erwachte ich aus meiner Trance. Ich lag nackt auf Davids Bett. Er genau so nackt neben mir.
Sein Fieberthermometer stand wie eine Eins.
„Wir wollten doch meine Temperatur messen“, keuchte ich erregt, als ich dieses Ding so geil vor mir sah.
„Ja, natürlich. Du bist wirklich sehr erkrankt“, grinste er breit. „Doch … leider
Fehlt mir etwas.“
„Was denn“, fragte ich erstaunt.
„Ich hab keine Gummis im Haus“, bekannte er.
„Macht nichts, ich verhüte“, erwiderte ich.
„Wirklich?“
„Ehrenwort, wir können in Natura“, war das letzte, was ich ihm antworten konnte.
An das folgende erinnere ich mich nur noch schemenhaft. Ich weiß nur noch, es wurde eine unheimlich geile Nacht mit einem unheimlich geilen Typen, mit dem ich inzwischen fest zusammen bin.
Somit ist das Umherirren für mich zu Ende. Ich hab gefunden, was ich suchte. Und das ist auch gut so.
© Sandy Reneé / 04.08.2012