Auch viele der Spieler wichen leicht zurück, um der Hitze der Feuersbrunst etwas zu entgehen, die die Goblinnahkämpfer verschlungen hatte.
Es dauerte einen Moment, bis sich die Feuersbrunst gelegt hatte, ehe das volle Ausmaß der Zerstörung offenbart wurde.
Die sechszehn, gleichzeitig explodierenden Feuerbälle hatten die Goblins vollkommen überrascht und ihre Kleingruppenformation bis aufs Letzte vernichtet. Scheinbar war ihr intelligentes Verhalten Salamanders Zauber sogar zu Gute gekommen. Verkohlte Goblinleichen lagen zu Hauf überall vor ihnen verstreut am Boden. Nur hier und da lagen noch ein paar lebende Goblins am Boden, die sich krampfhaft bemühten aufzustehen. Die meisten Überlebenden waren die Einzelgänger, die sich zuvor keiner Gruppe angeschlossen hatten, doch auch sie waren von zahlreichen Verbrennungen gezeichnet.
„Verdammte Scheiße, Salamander!“, beschwerte sich Trullus lauthals. „Du hast mir meine ganze Erfahrung geklaut! Was zum Himmel, soll ich mit sechs, sieben Goblins? Lass mir beim nächsten Mal mehr zum Abschlachten über!“
„Halt die Klappe du Vollidiot! Siehst du nicht, dass da oben noch mindestens zweitausend Goblins auf uns warten?!“, schrie Salamander schwer atmend Trullus entgegen.
Trullus ignorierte seine Worte jedoch trotzig und meinte nur grimmig: „Es geht ums Prinzip!“
Danach ließ er sein Schlachtross herumtänzeln, welches trotz der vorherigen Feuerexplosion erstaunlich ruhig geblieben war und rief laut: „Die restlichen Goblins gehören mir! Wehe ihr streckt auch nur einen von denen mit Pfeilen oder anderen Zaubern nieder.“
Kaiwen seufzte, ob seiner Idiotie und Eigensinns. Konnte der Kerl sich nicht einmal an einen Plan halten?
Nein, natürlich nicht. Stattdessen musste er seinen Leuten sogar noch so kleine Erfolgserlebnisse wie leicht niederzumetzelnde Goblins verwehren.
„Ignoriert den Spinner“, schrie Zelia über die Spieler hinweg, während Trullus auf die Goblins zuritt und zeigte nach oben auf den Hang. „Achtet mir lieber auf die Bogenschützen, sie setzen grad zur nächsten Salve an und die nächste Angriffswelle bahnt sich auch gerade an.“
Mit einem schnellen Perspektivwechsel erkannte Kaiwen die Wahrheit in Zelias Worten, als sich allmählich die gesamte Goblinstreitmacht wieder in Bewegung setzte. Vor Schreck zog sie scharf die Luft ein. Scheinbar wollte der menschliche Goblinanführer dem Ganzen ein schnelles Ende machen.
Für zwei kurze Sekunden ließ sie ihren Blick an Ort und Stelle verweilen, ehe sie ihre Fähigkeit wieder auf die Spieler lenkte, die überall Schutz vor dem erneuten Pfeilhagel suchten. Auch diesmal blieben nicht alle Spieler unverletzt. Aber zumindest gab es keine Toten zu beklagen.
Danach wandte Kaiwen ihre Blickfeld blitzschnell Trullus zu, der gerade die letzten Meter zu einem der Goblins zurück legte.
„Haha, stirb du widerliches Geschöpf!“, feuerte dieser sich selbst lachend an und holte in vollem Galopp zu einem Schwertschlag aus.
Kaiwen wollte schon den Blick abwenden, weil sie ein einfaches Niedermetzeln nicht so interessant wie die restliche Schlacht fand, als das merkwürdige Verhalten des Goblins ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.
Erst wühlte der Goblin schnell in einer Tasche, zog etwas hervor, was Kaiwen einen Augenblick später als einen Ring erkannte und stülpte sich diesen auf den Finger. Im nächsten Moment traute Kaiwen ihren Augen nicht. Der Goblin wuchs in Sekundenschnelle auf eine Größe von über vier Metern an. Ringsum taten es ihm seine verbliebenen Artgenossen gleich. Ihre Staturen veränderten sich von einem sehnigen und eher schmächtigen Körperbau zu bulligen, massiven Körpern, welche breit wie Scheunentore wirkten.
„Was? Ist das alles? Ich werde euch zeigen, dass es nicht auf die Größe ankommt, hahaha!“, lachte Trullus erneut dröhnend und drehte seinen Kopf kurz zu seinen Truppen um. „Habt ihr gehört? Auf die Größe! Bwuahaha!“
Kaiwen verkniff sich einen Fluch, ob seiner Arroganz. Denn als der Riesengoblin, auf den Trullus zuhielt, mit einer seiner Fäuste ausholte, wich Trullus nicht von seinem Kurs ab. Offensichtlich suchte er wirklich den Frontalangriff mit diesem Riesen.
„Zelia, was geht hier vor?“, fragte Salamander hektisch. „Das sind doch Goblins… Ist irgendjemand in der Gilde schon einmal Kreaturen begegnet, die plötzlich solche Fähigkeiten einsetzen können?“
„Ich… ich habe keine Ahnung…“, antwortete Zelia nur wie gebannt.
„Wenigstens sind solch große Kreaturen meistens langsam“, sagte Salamander.
„Hmm…“, nickte Zelia nur und schaute auf Trullus.
Denn dieser kam in genau diesem Moment bei dem Riesengoblin an und schmetterte sein Schwert nach vorn. Der Riesengoblin tat es im gleich und hämmerte Trullus seine blanke Faust entgegen.
Für einen Wimpernschlag schien die Zeit still zu stehen.
Dann gab es ein metallisch knirschendes Geräusch und Trullus wurde mit einer solchen Wucht von seinem Pferd geschleudert, dass er zurück in die Reihen der Spieler flog, dort mehrere mit sich riss und erst gute zwanzig Meter später zum ersten Mal den Boden berührte, ehe er ein paar Mal aufprallte und schließlich unter lautem Krachen und Poltern in der hölzernen Wand eines der Häuser des Dorfes verschwand.
Danach herrschte auf ihrer Seite des Schlachtfeldes Stille…
Entsetzen und Furcht herrschten vor, aber vor allem… Unglaube.
Unglaube darüber, was Trullus gerade widerfahren war. Der Kerl war ein Idiot sondergleichen, das war inzwischen jedem klar. Aber letztlich immer noch ein Idiot mit einem der höchsten Level unter den Anwesenden.
Wenn er schon so durch die Gegend geschleudert worden war, was würde dann wohl mit den Durchschnittsspielern geschehen, die hier anwesend waren?
Mit einem kurzen Check des Teamprofils stellte Kaiwen fest, dass Trullus tatsächlich noch am Leben war. Entgeistert starrte sie auf die zerborstene Wand des Hauses und anschließend auf die Spieler, die er mit sich gerissen hatte.
Drei von den zwölf Spielerinnen und Spielern hatte der Aufprall das Genick gebrochen. Mit eklig verdrehtem Hals lagen sie tot am Boden und regten sich nicht mehr. Ein Spieler war durch den Schwung des Aufpralls in die offene Klinge der Spielerin hinter ihm gestoßen worden, welche so auf unglückliche Art und Weise ein Leben genommen hatte.
Und dann gab es noch die beiden zuerst getroffenen Spielerinnen, deren Knochen scheinbar vollkommen zermalmt worden waren. Sämtliche ihrer Extremitäten standen in unnatürlichen Winkeln ab. Das Grausigste daran war jedoch, dass ihnen immer noch ihr Leben entwich, wie ihre zuckenden Körper bewiesen.
Sechs von den zwölf Getroffenen waren tot, die anderen sechs mehr oder weniger vorerst außer Gefecht gesetzt.
Und was war mit Trullus? Der Drecksack lebte und kletterte gerade aus dem halb zusammen gestürzten Haus heraus.
Welch eine Ironie…
Erst der Anblick des lebendigen Trullus löste die Anwesenden aus ihrer Schreckstarre und Zelia begann Befehle zu brüllen: „Aufmerksamkeit nach vorne! Sie sind vielleicht groß, aber wir in der Überzahl! Spickt sie mit Pfei-“
Weiter kam sie nicht. Denn im Gegensatz zu den Spielern, hatte die Aktion ihres Artgenossen die Riesengoblins euphorisch gestimmt und ihnen neuen Siegeswillen verliehen. Mit einer Geschwindigkeit, die so gar nicht zu ihren schwerfälligen Körpern passte, legten sie die letzten zwanzig Meter in Rekordgeschwindigkeit zurück und preschten noch bevor Zelia ihren dritten Satz vollenden konnte in die Reihen der Spieler.
Dann begann das Massaker…
Die Riesengoblins nutzten zunächst ihre gigantischen Ausmaße, um die Reihen der Spieler zu durchbrechen und schlugen anschließend mit roher Gewalt um sich. Wer nicht sofort zur Seite gefegt wurde, musste sich niederfahrender Fäuste erwehren oder wurde von herab sausenden Füßen zerquetscht.
Es dauerte nicht mal zehn Sekunden, ehe Kaiwen klar war, dass die Spieler der Kraft dieser Monster nichts entgegen zu setzten hatten. Die Schwertkämpfer konnten nicht mal einem Hieb der Kreaturen mit ihren Schilden abfangen, während die Pfeile der Bogenschützen schlicht weg abprallten…
Es waren nur sieben Riesengoblins, doch jeder war tödlicher, als alles was ihnen jemals untergekommen war.
Mit jeder Sekunde starben Spieler und verabschiedeten sich aus dem Teamprofil von Trullus Söldnern und es schien kein Ende in Sicht. Panikschreie halten überall wieder, während die Mehrzahl der Spielerinnen inzwischen einfach versuchte vor den Kreaturen zu flüchten.
Vereinzelt sah Kaiwen sogar wie sich einzelne, mehr oder minder mutige Spielerinnen einen Dolch an den Hals setzten und ihre Kehle aufschnitten.
Entsetzt musste sie schlucken. Der Spieltod als letzter Ausweg bevor sie gefangen genommen wurden? Es schien eher so, als ob die nächsten Minuten sowieso keiner Überleben würde…
Teil 2/2!
Bis Morgen!
RiBBoN