„Scheiße!“, fluchte Feiying gefolgt von Alucard, die vor Schreck einen Satz zur Seite gemacht hatten.
„Du… du…“, stotterte Stallion.
„Du!“, stieß Bahe gleichzeitig hervor.
„Ihr kennt euch?“, versuchte sich Alucard fragend.
Bahe nickte nur.
Doch Stallion plapperte bereits drauf los: „Ja, der Kerl hat in meinem Internetcafe zum ersten Mal Raoie gespielt!“
„Und du erkennst ihn erst jetzt?“, hakte Alucard ungläubig nach.
„Na ja, Boss, ich habe ihn bisher hauptsächlich von hinten gesehen und…“, vernahm Bahe die ausweichenden Worte Stallions, als Feiying plötzlich seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
„Bahe?“, fragte dieser. „Du kennst den Kerl aus dem Real Life?“
„Na ja…“, meinte Bahe leise und wich mit Feiying erneut ein paar Schritte zurück. „Kennen ist zu viel gesagt. Ich bin diesem Idioten tatsächlich in einem Internetcafe begegnet, wo er mir ein irgendwie defektes Dimensionl Leap-System zu einem besonders günstigen Preis vermietet hat, als ich mich das erste Mal in Raoie eingeloggt habe. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich ausgerechnet diesem Kerl im Spiel begegnen würde.“
„Hehe“, grinste Feiying und rieb sich die Hände. „Immerhin haben wir jetzt einen Anhaltspunkt, wenn sie versuchen sollten uns über den Tisch zu ziehen. Dann können wir dem Typen im realen Leben auflauern. Jetzt fühle ich mich gleich was sicherer.“
Bahe schüttelte nur amüsiert den Kopf, als ihm plötzlich seine Elementare und Balu einfielen, die er viel zu lange ignoriert hatte.
Hektisch blickte er sich um und entdeckte die Drei im hintersten Teil der Höhle, wie sie gerade dabei waren einen weiterführenden Gang zu betreten.
„Nein! Wartet!“, rief er Unheil ahnend und rannte ihnen schnell hinterher.
Stallion und Alucard hielten durch seinen plötzlichen Aufschrei überrascht inne und sahen ihm gemeinsam mit Feiying zunächst verwirrt und dann ebenfalls zunehmend panisch hinterher.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“, blaffte Limona genervt, während sie mit Brocken stehen blieb, welcher meinte: „Da scheint irgendetwas Interessantes zu sein…“
Bahe wollte schon erleichtert aufatmen, doch diesmal war es Balu dessen Aktionen ihm den Atem raubten.
„Nein, haltet Balu auf!“, rief Bahe schnell.
„Wieso?“, fragte Brocken verwirrt.
„Was soll hier den schon groß passieren?“, winkte Limona ab.
Fieberhaft überlegte Bahe, was er sagen könnte, um seine Elementare irgendwie dazu zu bringen, Balu festzuhalten oder zurückzurufen, während er zu ihnen hinüber sprintete.
Doch dann war es zu spät.
Balu durchschritt eine unsichtbare Barriere, die bei seinem Passieren kurz aufleuchtete, ehe sie in lauter vereinzelter Lichtwirbel zerstob und den Blick auf in eine weitere große, unterirdische Kammer freigab, in deren Mitte ein steinerner Altar oder etwas Ähnliches stand.
„Fuck!“, hörte Bahe Stallion hinter ihm rufen, während er selbst den Atem hielt und angespannt zum Stehen kam.
Für einen kurzen Moment herrschte absolute Stille, wenn man mal von dem sich umschauenden Bergbären absah, ehe Bahe und die Anderen erleichtert aufseufzten.
Feiying musste im Nachgang kopfschüttelnd lachen, während Stallion unsicher meinte: „Du solltest deinen Bären besser mal zügig an die Leine nehmen, wenn du willst, dass er nicht irgendeine tödliche Falle auslöst…“
„Tödliche Falle?!“, kreischte Limona plötzlich schrill, als ob sie erst jetzt begriff, welche Gefahr von der neuen Höhle ausgehen könnte.
„Oh… äh…“, gab Brocken ebenfalls panisch von sich. „Ich hole ihn!“
„Gut, mach das“, nickte Bahe erleichtert.
„Hey, Anael!“, beschwerte sich Stallion. „Ich habe gesagt, dass du deinen Bären an die Leine nehmen sollst. Mir ist egal, ob das Fellknäul verreckt.“
„Hä?“, blickte Bahe fragend drein, bis er plötzlich begriff. „Ich habe nicht mit dir geredet.“
Seine Antwort ließ einen verdatterten Stallion zurück. Doch Bahe achtete schon gar nicht mehr auf ihn, denn er musste sich dringend überlegen wie er seine unsichtbaren Elementare erklären konnte…
„Ähm, Bahe“, schaltete sich in dem Moment Feiying ein. „Meintest du stattdessen mich?“
„Nein“, schüttelte Bahe den Kopf.
„Mich?“, fragte danach auch noch Alucard und Bahe raufte sich die Haare, als er ein weiteres Mal verneinte.
Wieso musste die Interaktion mit seinen Elementaren bloß so verdammt kompliziert sein?
„Es kümmert sich schon jemand um Balu“, erklärte er schließlich. „Aber diese Person oder dieses Wesen ist unsichtbar und ich darf nicht mit anderen Spielern über dieses Etwas sprechen, da es etwas mit meiner Berufsklasse zu tun hat, die ich ebenfalls nicht nennen darf. Erzähle ich trotzdem irgendwas, verliere ich meine Berufsklasse…“
„Was zur Hölle…“, staunte Stallion nicht schlecht. „Du hast einen Geist als Pet?“
„Wenn man es so betrachtet, sind es wohl eher zwei…“, murmelte Bahe kleinlaut.
„Fuck!“, rief Stallion aus. „Das ist sowas von Badass! Du musst mir bei Gelegenheit mal erzählen, wie du an die Viecher gekommen bist! Bist wohl ein Nekromant oder… arg!“
Ein Schlag auf seinen Hinterkopf ließ den Bogenschützen verstummen und Alucard beeilte sich zu sagen: „Entschuldigt bitte seine Neugierde. Die Geheimnisse deiner Berufsklasse gehen uns nichts an.“
„Boss!“, meinte Stallion gequält.
Doch Alucard ignorierte Stallion einfach und sagte: „So wie es aussieht hat dein Bär noch nichts ausgelöst, was gut für uns ist. Dennoch wird später irgendjemand in die Mitte dieser Höhle treten müssen, um zu überprüfen, was auf diesem Steinpodest ist. Vielleicht kann man nicht alle Geheimnisse der eigenen Berufsklasse verraten, aber meint ihr nicht, dass es sinnvoll wäre, wenn wir im Groben über die Fähigkeiten der Anderen Bescheid wissen?“
„Du hast schon recht“, antwortete Feiying. „Aber bevor wir dazu übergehen, würde ich gerne erst einmal wissen, was ihr von Bahe wolltet. Schließlich seid ihr ihm wohl kaum ohne Grund von Waldenstadt aus gefolgt.“
„Oh, du hast uns direkt bemerkt?“, wirkte Alucard ehrlich überrascht.
„Nein, ich nicht“, zuckte Bahe mit den Schultern. „Das war meine Begleitung.“
„Der Bär? Die Geister?“, warf Stallion ein.
„Nein, du Idiot“, blaffte Alucard und trat dem Bogenschützen gegen den Hintern, so dass Stallion jaulend einen Satz nach oben machte. „Er redet von dem anderen Spieler, dem den wir nicht zu nahe kommen wollten.“
„Ist ja gut, Boss“, wiegelte Stallion ab. „Wieso musst du neuerdings immer gleich gewalttätig werden?“
„Seitdem du mit der Aktion eines Perverslings die ganze Wolfsunion auf mich gehetzt hast!“, machte Alucard lautstark seiner Wut Luft und rümpfte anschließend die Nase.
Feiying war währenddessen neben Bahe getreten und meine leise flüsternd: „Ich verstehe schon wieso du die Beiden mitgebracht hast. Selbst Idiotie hat ihre Grenzen. So wie ich das einschätze ist höchstens dieser Alucard eine Bedrohung.“
„Ich bin mir nicht sicher…“, antwortete Bahe zögerlich. „Vorhin beim Kampf gegen die Wolfsunionleute hat Stallion verdammt gut mit seinem Bogen getroffen. Ich weiß nicht, ob ich das so gut hinbekommen hätte.“
„Hmm…“, gab Feiying nachdenklich von sich.
„Also?“, hakte diesmal Bahe selbst nach. „Wieso seid ihr mir gefolgt?“
Teil 6/?
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