„Verräter! Und das, nachdem ich in den Gängen zuvor euren Arsch gerettet habe!“, schallte es von hinten.
Doch Feiying hielt den Blick starr geradeaus gerichtet und sprintete auf den schwächer werdenden Leuchtkristall zu, der in weiter Entfernung zu wie ein winziges Leuchtfeuer wirkte.
Nach gut hundert Metern konnte er seine Geschwindigkeit jedoch nicht mehr beibehalten und verlangsamte sein Lauftempo nach Luft ringend. Da das steinerne Rumpeln und Grollen merkwürdiger Weise nicht näher gekommen war, riskierte er einen Blick über die Schulter.
Kurz danach kam er verblüfft zum Stehen.
Verwirrt hielt auch Alucard an, während Stallion seine Chance nutzte, zu ihnen aufschloss und zwischen ihnen hindurch sauste.
„Was ist los?“, hörte Feiying den Bogenschützen schließlich aus einiger Entfernung rufen.
„Schau doch selbst hin. Die Kreatur ist hinter dieser Barriere gefangen“, antwortete Feiying, bevor er erleichtert aufatmete und zurück zum steinernen Torbogen zeigte.
„Ich kann die Kreatur kaum erkennen“, sagte Alucard. „Der Lichtschein der Barriere ist zu schwach…“
„Habt ihr euch das Vieh etwa gar nicht richtig angesehen?“, blaffte Stallion erzürnt als er langsam zu ihnen zurück trottete.
„Na ja…“, meinte Feiying als er verlegen grinste. Er musste zugeben, dass ihn schlicht weg die Panik gepackt hatte, als sich in der Dunkelheit solch eine gigantische Kreatur aus dem Boden erhoben hatte. Zusammen mit der allgegenwärtigen Finsternis und der spärlichen Beleuchtung ihrer Leuchtkristalle waren diese Höhlengewölbe schon gruselig genug. Da musste er nicht noch länger bleiben, um eine Horrorgestalt ausgiebig im Dunkeln zu begutachten…
„Es ist eine fucking Monsterameise!“, regte sich Stallion weiter auf.
„Jetzt wo er es sagt…“, antwortete Alucard und auch Feiying musterte die Kreatur hinter der Barriere diesmal eingehend.
Anfangs sah er nur eine schemenhafte Kreatur, die sich immer wieder gegen die Lichtbarriere warf, doch so nach und nach glaubten seine Augen mehr Einzelheiten auszumachen.
Der schwache Lichtschimmer der Barriere reichte gerade aus, um in fünf Meter Höhe den insektenartigen, runden Kopf der Kreatur erkennen zu können. Gigantische Mundwerkzeuge klackerten am unteren Ende des Kopfes, wenn sie nicht gerade gegen die Barriere stießen. Nach hinten versetzt, befanden sich an den Seiten zwei schwarze Löcher, die zugleich auch schwach das Licht reflektierten. Feiying brauchte einen Moment bis er erkannte, dass es sich bei diesen Bereichen wohl um die Augen handeln musste. Und ganz oben entdeckte er zwei drei Meter lange Fühler, die in der Mitte geknickt zur Seite abstanden.
„Ist das Vieh eklig…“, entfuhr es Feiying unbewusst und Stallion pflichtete ihm sofort bei: „Ganz meine Rede, ganz meine Rede…“
„Was meint ihr, ist das ein Dungeon-Boss?“, fragte Alucard.
„Kann jemand von euch das Level von dem Vieh erkennen?“, fragte Stallion achselzuckend.
Feiying wollte gerade antworten, als er von dem unheimlichen Gefühl ergriffen wurde, beobachtet zu werden. Mit großer Überwindung blickte er zurück zu der gigantischen Ameise hinter dem Torbogen und zog hörbar die Luft ein.
„Was ist los?“, fragte Alucard besorgt.
„Ähm…“, begann Feiying zögerlich und zeigte zum Torbogen. „Sieht uns das Vieh nicht gerade an?“
„Scheiße, das Monster hat uns voll im Blick!“, fluchte Stallion.
Im nächsten Moment fing die Kreatur lauthals an zu kreischen und Feiying musste sich in Anbetracht der enormen Lautstärke die Ohren zu halten, um bei Sinnen zu bleiben.
Das Gekreische ebbte genauso schnell ab, wie es gekommen war, ließ sie jedoch in vollkommener Stille zurück.
„War das eine Kampfschrei oder sowas?“, stöhnte Stallion und bohrte sich dabei mit dem Zeigefinger in seinem rechten Ohr.
„Sei still!“, zischte Alucard. „Ich höre was!“
„Hä?“, hielt Stallion inne.
„…“, Feiying beschloss lieber zu schweigen und ebenfalls zu lauschen.
Erst war immer noch nichts zu hören, aber dann vernahm er plötzlich ein Tippeln und Rascheln, welches von Sekunde zu Sekunde lauter wurde.
„Was ist das?“, fragte Feiying die anderen Beiden, doch die zuckten genauso ratlos mit den Schultern.
In die Geräuschkulisse mischten sich schließlich auch stampfende und klackernde Geräusche, die Feiying die Haare zu Berge stehen ließen.
„Ich glaube ich weiß was das ist…“, meinte er zu den anderen Beiden und schaute sich um. „Dieses Vieh hat Verstärkung gerufen!“
„Oh fuck!“, rief Alucard. „Du hast recht!“
„Und sie kommen aus den gruseligen Tunneln in der Höhlenmitte!“, kreischte Stallion plötzlich hysterisch.
Feiyings blickte sofort zu den Felsformationen mit den Tunnelöffnungen und sah über die gesamte sichtbare Höhlenlänge Scharen von gigantischen Ameisen herausströmen.
„So eine Scheiße…“, hauchte er, während er panisch über seine nächsten Schritte nachdachte.
„Worauf wartet ihr noch? Setzt euch in Bewegung!“, schrie ihnen Stallion zu, der bereits voraus rannte und Feiying und Alucard rannten ihm sofort nach.
Die ersten Ameisen bemerkten die Flucht der Drei und kreischten lauthals los.
Feiying legte direkt noch einen Zahn zu, doch vor ihnen tauchten zunehmend mehr Ameisen auf. Sie würden es niemals bis zu Bahe zurück schaffen…
„Wir werden… es nicht schaffen“, stieß Alucard zwischen zwei Atemzügen hervor. „Stallion, benutze deinen Brandpfeil!“
„Was für ein Brandpfeil?“, fragte Feiying verwirrt.
„Bist du bescheuert? In der Höhle?“, antwortete Stallion derweil. „Weißt du nicht mehr was mit Anael passiert ist?“
„Höre auf mit der Scheiße!“, schrie Alucard aufgebracht. „Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um deinen Verstand zu beweisen. Wir werden von den Dingern zerfleischt, wenn du nicht bald etwas unternimmst!“
„Der Pfeil könnte uns hier drinnen genauso gut mit verbrennen!“, schrie Stallion zurück.
„Wenn du etwas hast, was uns helfen kann, dann lieber schnell“, schaltete sich Feiying in das Gezanke der Beiden ein und zeigte nach vorne. „Die Viecher haben uns bereits den Weg abgeschnitten!“
„Oh, Scheiße!“, fluchte Stallion. „Na gut, macht euch auf etwas gefasst.“
Mit einem Ruck blieb Stallion stehen, legte einen Pfeil an seinen Bogen an.
„Schieß den Pfeil so weit wie du kannst!“, forderte Alucard noch schnell und Stallion nickte.
Dann zielte er weit nach vorne in die Höhlenmitte und ließ ihn fliegen.
4. Teil des Monats!
RiBBoN