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Aufgeregt schubste Wolf einige seiner Gildenmitglieder zur Seite, um den Eingangsbereich des Dungeon betrachten zu können, in dem die Bastarde verschwunden waren.
Er schäumte immer noch vor Wut und hätte am liebsten einige seiner Gildenmitglieder niedergemetzelt. Doch in Anbetracht der Tatsache, dass selbst Blitzfeuer und Mao diese Glückspilze durch die Lappen gegangen waren, konnte er dem Rest seiner Gilde wohl kaum einen Vorwurf machen.
Er mochte jähzornig und nachtragend sein, dass wusste er selbst, aber der Teufel sollte ihn holen, wenn er seinen Kopf nicht benutzte und es sich deshalb mit seinen Gildenmitgliedern verscherzte.
„Hat irgendjemand eine Idee, wie lange dieses Dungeon verschlossen bleiben wird oder welchen Rang es hat?“, fragte er zähneknirschend in die Runde.
„Sorry Boss, aber wir konnten nichts weiter in Erfahrung bringen“, zuckte Blitzfeuer mit den Schultern.
„Schreiter sagte mir, dass du sie fast erwischt hast?“, erkundigte sich Wolf.
„Ja, war eine Sekunde zu spät dran“, nickte Blitzfeuer. „Mein Speer hat nur noch den Schutzschild des Dungeon getroffen, ehe die Höhle zu beben begann und wenig später der ganze Eingang zusammenfiel.“
„Scheiße!“, fluchte Wolf. „Dann bleibt uns also vorläufig nur abzuwarten.“
Zweimal tief durchatmend, wandte sich Wolf anschließend an seine anwesenden Gildenmitglieder: „Das Kopfgeld bleibt für die Bastarde bestehen. Solltet ihr sie irgendwann antreffen und töten werde ich nur zu gerne spendabel sein. Aber vorläufig haben wir andere Dinge zu tun. Die Minen und ihre Schätze haben Vorrang. Säubert sämtliche Höhlensysteme von möglichen Spielern und erstellt anschließend eine Übersicht über das Tunnelsystem. Anschließend bringt die Minenarbeiter, die sich auf unsere Anfragen gemeldet haben hierher. Schreiter, du stellst ein Team zusammen, was das Gebirge an der Oberfläche durchkämmt und nach diesen Idioten Ausschau hält. Mao, du sorgst mir dafür, dass hier immer jemand Wache hält und mich bei der kleinsten Veränderung auf dem Laufenden hält. Klar soweit?“
„Ja, Boss.“
Erklang die allgemeine Zustimmung seiner Gildenmitglieder, ehe sie sich auf den Weg machten alles Genannte zu veranlassen, bis er schließlich allein zurückblieb.
Geniella hatte sich schon ausloggen müssen, da sie heute vor ihm online gekommen war. Aber so wie es aussah, würde er ihr Morgen Rede und Antwort stehen müssen, wieso er ihre Ehre nicht hatte verteidigen können.
„Wartet ihr nur ab“, schwor sich Wolf als er sich letztlich auf den Rückweg aus den Höhlensystemen machte.
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Als Bahe erwachte, war er hin und her gerissen, ob er Feiying noch vor der Schule anrufen sollte. Denn abgesehen von seiner merkwürdigen Aussage vorhin, wollte Feiying ihn ja eigentlich über das Dungeon informieren. Er war wirklich neugierig, was Stallion da entdeckt hatte…
Mit einem Blick auf die Uhr entschied Bahe sich aber letztlich dagegen. Er würde sich ran halten müssen, wenn er noch in Ruhe frühstücken wollte, bevor er zu Huilans Training aufbrach.
Hastig suchte er sich neue Unterwäsche heraus, eine frisch gewaschene Schuluniform, sowie Trainingskleidung und flitzte danach mit vollen Armen ins Bad.
„Guten Morgen“, grüßte er seinen Großvater, der im Bad gerade in die Dusche hüpfte und erhaschte gerade noch einen Blick auf dessen, mit blauen Flecken übersäten, Körper.
„Morgen, Bahe“, kam es einen Moment später leicht gedämpft von hinter der Glastür zurück. „Wieder so früh auf, um zu trainieren?“
„Ganz… genau“, antworte Bahe nach einem Moment des Schweigens und hakte beunruhigt nach: „Wo hast du denn all die blauen Flecken her?“,
„Ach die?“, hörte er seinen Großvater lachen. „Ist mir ein Bisschen peinlich, aber ich bin gestern ziemlich blöd von einer Leiter gefallen, als ich Ware in die höheren Regale einsortieren wollte. Insgesamt habe ich Glück gehabt. Es sieht viel schlimmer aus, als es ist.“
„Na dann“, atmete Bahe beruhigt auf. „Aber passe in Zukunft mehr auf dich auf. Du hast mir gerade einen riesen Schreck eingejagt. Sowas kann nach einem Herzinfarkt nicht gut für dich sein…“
„Man, fang du nicht auch noch damit an“, hörte Bahe seinen Großvater. „Deine Großmutter hat mir auch schon die Hölle heiß gemacht.“
Bahe grinste und meinte: „Dann ist ja gut.“
Was ihm diesmal nur noch ein trotziges Schnauben seines Großvaters einbrachte.
Kopfschüttelnd wusch er sich schnell unter den Armen und schlüpfte anschließend in seine Trainingsklamotten. Die Unterwäsche und Schuluniform legte er im gefalteten Zustand noch schnell neben die Duschkabine auf den Rand der Badewanne, da er sie erst nach dem Training und einer wohlverdienten Dusche benötigen würde.
Dann verabschiedete er sich und flitzte in die Küche, um seine Großmutter beim Frühstück machen zu unterstützen. Sie war gerade dabei seinen Reis zu portionieren, als er dazu stieß und meinte grinsend: „Ich habe gehört, dass du Opa die Hölle heiß gemacht hast, weil er von der Leiter gefallen ist?“
Sein Großmutter zuckte vor Schreck zusammen und antwortete danach stockend: „Ähm… ja… das habe ich…“
Hmmm?
Bildete er sich das nur ein oder vermied sie gerade ihn anzusehen?
Doch mit einem Mal straffte sich ihre Haltung und sie drehte sich mit einem Lächeln zu ihm um, ehe sie sagte: „Dein Frühstück ist fertig. Hier ist dein Reis und deine üblichen Früchte und Nüsse stehen schon alle auf dem Tisch.“
Für eine knappe Sekunde zögerte Bahe und musterte seine Großmutter, ehe er nach der dargebotenen Reisschale griff und sich zügig ans Essen machte.
„Scheinbar müssen wir dir bald was Neues zum Anziehen kaufen“, sagte seine Großmutter wenig später von der Küchenzeile her und deutete mit einem Nicken auf seine Arme.
„Huh?“, gab Bahe überrascht von sich und stellte fest, dass seine langen Ärmel tatsächlich nicht mehr bis zu den Handgelenken reichten.
War er etwa endlich wieder etwas gewachsen?
Mit großen Augen huschte er vor den großen Spiegel im Flur und stellte fest, dass seine Sportklamotten nicht nur an den Ärmeln zu kurz wirkten. Die Hosenbeine waren genauso betroffen und um die Brust spannte der Stoff offensichtlich ebenfalls.
„Du hast recht!“, rief er begeistert aus und setzte sich wieder, um sich schnell mehr seines Frühstücks in den Mund zu schaufeln.
„Natürlich habe ich recht“, lachte seine Großmutter und schüttelte den Kopf. „Sollen wir heute Abend shoppen gehen?“
„Sorry Oma“, seufzte Bahe. „Aber das schaffe ich zurzeit neben den Hausaufgaben und so nicht. Können wir das am Wochenende machen?“
„Soll mir recht sein, deine Mutter braucht auch mal wieder etwas Neues. Dann können wir alle zusammen gehen.“
„Das hört sich gut an“, nickte Bahe. „Wobei… schläft Má noch?“
„Hmmm…“, antwortete seine Großmutter. „Wir lassen sie zurzeit noch meistens etwas länger schlafen. Sie muss sich immer noch erholen. Aber die Medikamente helfen ihr enorm.“
„Das ist gut“, gab Bahe von sich, ehe er die letzten Bissen herunter schluckte und meinte: „Ich muss jetzt los.“
„Alles klar, bis später!“
„Bis später!“, verabschiedete er sich auch und flitzte zur nächsten U-Bahnstation.
Vor Ort hatte er Glück und konnte direkt in einen der Züge hinein springen. Als er sich auf einem der Sitzplätze niedergelassen hatte, erlosch seine fröhliche Laune jedoch genauso schnell wie er den Zug betreten hatte.
Er musste immer wieder an die blauen Flecken seines Großvaters denken…
War er wirklich von einer Leiter gefallen?
Oder… gab es vielleicht einen anderen Grund…?
„Hah…“, seufzte er sich selbst die Haare raufend und redete sich selbst gut zu: „Ich muss positiv denken. Bestimmt ist alles ok und ich mache mir unnötig Sorgen. Ja, so wird es sein. Stattdessen sollte ich Huilan heute endlich mal dazu bekommen mir ein paar Moves beizubringen. Kann ja nicht angehen, dass ich immer noch nur im Kraft- und Ausdauertraining feststecke.“
Mit einem erneuten Lächeln auf den Lippen fieberte er seinem Treffen mit Huilan entgegen.
Teil 1/3!
Bis Donnerstag!
RiBBoN