Mit zwei schnellen Sprüngen erreichte er endlich seinen Widersacher und rammte ihm seinen Speer entgegen. Magnifus Ziel war der Kopf, doch sein Gegenüber wich zur Seite aus, vollführte in Windeseile eine dreiviertel Drehung und nutze den Schwung, um die eigene Klinge gefährlich nahe an Magnifus Hals zu befördern.
Da er mit sowas bereits gerechnet hatte, schwang Magnifus nur schnell seinen Schild empor und blockte den Schwerthieb. Für einen Sekundenbruchteil verdeckte der Schild jedoch so sein Sichtfeld, wodurch Magnifus die zweite Klinge Makaras zu spät bemerkte. Mit einem zischenden Atemzug registrierte er den blutigen Schnitt an seinem linken, äußeren Oberschenkel und wollte Makara nachsetzen, als unangenehme Schadensmeldungen auf ihn einprasselten:
Du wurdest vergiftet!
- 10 HP pro Sekunde!
- 10 HP
- 10 HP
- 10 HP
-…
„Scheiße!“, fluchte er mit zusammengebissenen Zähnen, konnte aber nur von seinem Feind ablassen und in seinem Speichergegenstand nach einem Neutralisationstrank für Gifte greifen.
Sein Gegner schien dies jedoch nicht zulassen zu wollen und setzte ihm nun seinerseits nach, wodurch Magnifus gezwungen war, seine Hände samt Waffen einzig zur Verteidigung einzusetzen. Besorgt beobachtete er seine rapide fallenden HP-Zahlen und aktivierte schließlich eine seiner beiden lebensrettenden Klassenfähigkeiten.
„Imperiale Körper- und Seelenreinigung!“, murmelte er und ein pulsierender Schutzfilm aus blauem Licht bedeckte seinen Körper für zwei Sekunden, ehe sich ein kugelförmiger Schild um ihn herum bildete und die Statusmeldung kam, dass jegliches Gift neutralisiert worden war.
„Der Kampf ist vorbei!“, lachte dieser Makara plötzlich siegessicher auf, doch Magnifus sah den Mangel an Technik im Hieb seines Gegners und wusste sofort wo er seinen Schild in Anschlag bringen musste. Dachte der Kerl wirklich, dass er immer noch unter der Vergiftung litt? Sein Schild sollte eigentlich gegenteiliges verraten haben?
Misstrauisch festigte Magnifus seinen Stand, um den Hieb in jedem Fall sicher abfangen zu können.
„Kralle der Finsternis!“, rief sein Gegner im letzten Moment, dann trafen Schwert und Schild aufeinander. Magnifus mochte mit vielem gerechnet haben, jedoch nicht mit einer Explosion solchen Ausmaßes. Eine Druckwelle presste ihm jegliche Luft aus der Lunge und schleuderte ihn im hohen Bogen davon. Er verlor vollkommen die Orientierung, als er sich in schneller Folge mehrfach überschlug und schließlich mit mehreren Körpern kollidierte, danach auf hartes Felsgestein prallte und schließlich noch einige Meter über den staubigen Felsboden schlitterte.
Hustend und keuchend versuchte er gleichzeitig saubere Luft in seine Lunge zu ziehen und den Staub aus seiner Kehle zu bekommen. Erst danach kam er langsam zu sich und straffte sich sofort, als ihm klar wurde, dass er sich immer noch mitten in einem Kampf befand.
Das plötzliche Aufrichten blieb jedoch nicht ohne Folgen. Schwindelgefühle ergriffen von ihm Besitz und Schadensmeldungen prasselten auf ihn ein.
Seine linker Ellbogen, sowie sein gesamter Rücken fühlten sich übel geprellt an und er hatte nicht weniger als zwei Drittel seiner HP verloren. Als sich seine Sicht endlich wieder geklärte, wurde ihm klar, dass er nahezu den gesamten Hang hinab geschleudert worden war. Er musste die Reihen der Goblinbogenschützen durchschlagen haben, ehe sich die Wucht der Explosion ganz unten im wilden Gemetzel seiner Gildenkameraden mit den Goblins verflüchtigte.
„Verfluchter Mist… was ist das für eine Fähigkeit?“, starrte Magnifus unsicher auf eins der Benachrichtigungsfenster, welches ihm die bescheidenste Nachricht präsentierte:
Du wurdest von einer verdammten Macht der feurigen Finsternis verletzt. Übliche Heiltränke sind dieser Verderbnis nicht gewachsen. Ohne geeignete Heilmethode, wird deine Wunde ewig weiter bluten und deine Gesundheit geringfügig aber stetig abfallen.
- 1HP pro Sekunde
Na toll, dachte Magnifus. Bei seiner angeschlagenen Gesundheit würde er nicht mehr allzu lange überleben. Hastig streckt er einen wahnsinnig gewordenen Goblin nieder, der gerade auf ihn zu gestürmt kam und nahm im Anschluss einen Heiltränk zu sich.
Er mochte stetig HP verlieren, aber mit der Wirkung eines Heiltranks sollte sich sein Ende hinauszögern lassen. Vielleicht lang genug, um mit den Tricks Makaras endlich fertig werden zu können.
Der Batzen an zusätzlichen Stats, den er durch die Aktivierung seiner Blutlinie bekommen hatte, reichte gerade aus um mit Makara gleichzuziehen. Seine besondere Seelensicht erlaubte ihm sein Ziel überall wiederzufinden und seine Leibwache hatte er bereits mit ins Spiel gebracht. Zusätzlich verfügte er über Waffen, die direkt die Seele des Gegners verletzten konnten und einige Massenkontrolleffekte, die jedoch gegen einen einzelnen Widersacher nutzlos waren. Er besaß noch eine letzte lebensrettende Fähigkeit, die er im Notfall aktivieren konnte, sowie eine besondere Berserkerfähigkeit, welche er nur für einen kurzen Moment aktivieren konnte, ehe sich seine Blutlinie deaktivierte…
Aber er wollte nur ungern alles auf eine Karte setzen. Nach dieser Schlacht würde er alles daran legen, seine Blutlinie besser beherrschen zu können. Er hasste seinen Mangel an besonderen Fähigkeiten.
Die negativen Gedanken in den Wind schlagend, sprintete er den Berghang wieder hinauf. Hier und da wich er Goblins aus oder streckte sie mit ein, zwei schnellen Speerstößen nieder, ehe er weiter rannte. Die ganze Zeit war sein Blick auf den dämonischen Spieler gerichtet, der sich in der Zwischenzeit daran gemacht hatte, Magnifus Leibwache zu dezimieren. Von den ursprünglichen acht Leibwachengeistern, waren nur noch zwei übrig.
Fluchend beschleunigte er seine Schritte noch einmal und versuchte sich einen Überblick zu verschaffen. Unten hatte er bereits bemerkt, wie Zelia mit Donnar vollkommen ausgelastet war. Voller Bitterkeit hatte er feststellen müssen, dass die Zauberer der Gilde bislang keine Lösung gefunden hatten.
Salamander und Stahlklops schlachteten sich derweil noch immer durch die Reihen der Stierdämonen, deren Anzahl inzwischen in die Hunderte ging. Grauen befiel ihn, als er sich der Konsequenzen für die Schlacht bewusst wurde, wenn sie diesen Zauber Makaras nicht bald stoppten.
Keine zehn Sekunden später erreichte er endlich wieder seinen Widersacher, der gerade seinen letzten Leibwachengeist niederstreckte.
„Du hast dir ja Zeit gelassen!“, lachte dieser und sprang zurück, um seiner Spezialtruppe Platz zu machen, die nun nicht mehr anderweitig aufgehalten wurde.
Magnifus wollte sich schon auf einen langen Kampf gegen diese Goblins vorbereiten, da krachte plötzlich eine Gestalt vor ihm in die Goblins und köpfte gleich drei von ihnen mit einem einzigen Schwertstreich.
Überrascht und ungläubig schauten Magnifus und Makara gleichermaßen auf die Gestalt, die im Kreis um sich wirbelte und die nächsten drei Goblins zerstückelte, ehe auch nur einer von ihnen reagieren konnte.
„Was guckst du so? Hilf besser mit!“, verlangte ein vollkommen fertig aussehender und nichts desto trotz grinsender Trullus, ehe er zum nächsten Angriff überging und Magnifus ignorierte.
Es stimmt… er hatte sich nie die Mühe gemacht und kontrolliert, ob er noch am Leben war… Nachdem er davon geflog, war Magnifus einfach davon ausgegangen, dass sich der Kerl aus der Schlacht verabschiedet hatte.
„Du verfickter Sohn einer Hure!“, schrie Makara plötzlich wütend auf und Magnifus reagierte blitzschnell und fing den Angriff des Spielers ab, ehe er Trullus ungeschützten Rücken treffen konnte.
Mit einem dumpfen Aufprall warf er die Klinge Makaras zurück und fragte über die Schulter hinweg seinen Verbündeten: „Kommst du mit den Goblins alleine klar?“
„Ernsthaft? Ich bin schon fast fertig mit denen!“, prahlte Trullus lautstark, setzte aber ungewöhnlich ernst hinterher. „Egal was du tust, setze keinerlei Schildbuffs gegen ihn ein.“
„Keine Schilde?“, echote Magnifus, als er auf einmal verstand.
Endlich zurück auf Belletristica! Sorry für die lange Pause! Morgen geht es weiter!
RiBBoN