Der alten Tradition treu geblieben, führte Jarik seine Schar zur Patrouille. Jeweils ein Zehnteltag bestreiften sie die Mark im Sattel und einen weiteren führten sie die Zügel. Auch wenn dieses Vorgehen, die Zeiten hinauszögerte, blieben ihre Pferde so stets Frisch und ausgeruht, um im Falle einer ernsthaften Situation nicht zu schwächeln.
»Da schau. Direkt voraus, beginnt der Weg hinauf zum Gebirgskamm.«
»Ich seh es. Mich interessiert, was sich dort oben befindet.«
»Du bist der oberste Schwertmann. Sollen wir nachsehen gehen?«
»Nein. Wir haben unsere Route, die wir einhalten werden. Unsere Freunde, die Naïns, haben mir von diesem Weg abgeraten, da die derzeitigen Winde recht mürrisch sein können und sich zu dieser Zeit bereits Eis breitmacht. Aber sobald es wärmer wird, bin ich mit ein paar von ihnen dort oben verabredet.« Jarik grinst und heftete seinen Blick auf dem Gipfel.
»Ich bin dabei.«
»Ich auch.«
»Ich denke, dass wir weit mehr sein werden. Unser Fürst wird ebenso wissen wollen, was sich rund um seine Mark abspielt.«
»Was denkst du, wann werden wir ausreiten und uns unserem Feind entgegen stellen?«
Die Schar geriet in Sichtweite der schützenden Palisade, die den Anstieg grobschlächtig gebaut umgab. Primitiv schien bei dem gebotenen Anblick eher zutreffender. »Nicht mehr zu dieser Jahreswende und ich glaube auch nicht zur kommenden. Ich denke, dass wir vorerst alles daran setzen werden, die Mark auszubauen, um anschließend vorsichtig in die alten vorzudringen. Es macht keinen Sinn, das Volk einerseits mit Auf- und Ausbau zu beschäftigen und auf der anderen Seite in den Krieg zu ziehen. Schon gar nicht unvorbereitet.«
Vom einzig präsenten Turm, den man mittig der Palisade errichtete, winkte ein Posten und rief seinen Kameraden die Ankunft einer Patrouille zu. Aus einem notdürftig erbauten Lager traten weitere Schwertmänner hervor und sahen den sich Ankömmlingen entgegen. Trotz der Abgeschiedenheit standen sie Stolz ihren Mann. Ordentlich angelegt und sauber gehaltenes Rüstzeug schimmerte in der Sonne, was man vom Lager, wie der fast nutzlosen Palisade nicht behaupten konnte.
»Der oberste Schwertmann höchst selbst. Wie ist es um den Fortschritt bei der Burg bestellt?«
»Zum Gruß. Sie nimmt beständig gestallt an und die ersten Räumlichkeiten werden bezogen. Unser Fürst will so vielen wie möglich eine warme Unterkunft bieten, sobald der Frost Einzug hält.« Betrübt sah sich Jarik in dem misslichen Lager um.
»Stets zuvorkommend. Wie kommen die Leute in der künftigen Stadt zurecht?«
Jarik ließ seine Männer absitzen und ordnete Pause an. Er deutete zum Turm und ging mit dem wachhabenden Scharführer, Seite an Seite, zu diesem, um den Weg hinauf einsehen zu können. Er erzählte ihm, wie die Gebäude wuchsen und das man bereits erkennen konnte, wie die Anordnung einst im fertigen Zustand aussehen solle. Am Ziel angekommen, wollte Jarik diesen mittels angelegter Leiter ersteigen, aber der Scharführer tippte ihm unvorbereitet auf die Schulter und zeigte auf eine eingelassene Tür, innerhalb der Palisade und grinste. »Wir können den Pass auch so betreten, wenn ihr mögt.«
»Gern, lasst uns ein paar Längen hinauf.«
»Aber bitte nur ein paar. Der Weg ist jetzt schon extrem schlüpfrig, Jarik.«
»Dann haben unsere kleinen Freunde nicht übertrieben?«
»Nicht im Geringsten. Ab und an streunt ein Heuler des Weges, ansonsten langweilen wir uns hier zu Tode.«
»Das last mal schön bleiben, ihr werdet noch gebraucht. Reichlich Schnöde und primitiv gebaut, das Ganze. Gibt es hierfür einen triftigen Grund?«
»Durchaus«, schmollte der Scharführer. »Halis hat seine Leute regelrecht angetrieben. Sein Augenmerk liegt bevorzugt bei seiner Schmiede, oder besser die seines Neffen.«
»Mhm.« Jarik runzelte ungläubig die Stirn und verzog die Mundwinkel missgestimmt. »Das entschuldigt nicht diesen Bauzustand.« Er trat frustriert gegen einen der Streben. »Das ist mehr als nur provisorisch und nicht akzeptabel. Wir werden diesen Missstand nach den Wintermonden beheben müssen. Wo sich Heuler aufhalten, ist die Brut meist nicht fern.«
Der Scharführer nickte. »Es wird bis dahin ausreichen. Das Eis überzieht den gesamten Weg und bietet nur Krallen halt. Mit einer handvoll Heulern werden wir fertig.«
Wie zur Bestätigung wurde die vermeintliche Ruhe durch ein markerschütterndes Jaulen durchbrochen, welches von weiter entfernt beantwortet wurde.
»Hoffentlich. Wir sind auf dem Weg zur Schmiede und ich werde mit Halis hierüber reden. Wir sehen uns.«
»Bis dahin. Danke für den Besuch.«
Die beiden griffen sich zum Abschied freundschaftlich bei den Handgelenken. Die zugestandene Pause galt beendet und des obersten Schwertmanns Schar bestieg ihre Pferde.