Die harpischen Rebellen unter Tantalius, hatten ihr Hauptquartier auf einer abgelegenen Planetenscherbe eingerichtet. Dies war ein mächtiges Gebilde, einem Berge gleich, der mit vielen Höhlen durchzogen war. Sie hatten diesen Ort zufällig gefunden. Es mussten früher seltsame Geschöpfe hier gelebt haben, Wesen, die ihnen unbekannt waren. Überall lagen seltsame, pechschwarze Federn herum, aber sie stammten nicht von den geflügelten Völkern. Es waren grössere, viel gewaltigere Federn. Sie mussten von Geschöpfen stammen, auf dessen Rücken ein Mensch problemlos Platz gefunden hätte. Einige bläuliche Eierschalen lagen noch herum, als sie herkamen und eine Art von Kot, den sie ebenfalls noch nie gesehen hatten.
Das Reich der Harpyas war sehr lebensfeindlich und darum, war es schwierig sich vorzustellen, dass hier so mächtige Kreaturen hatten überleben können. Vielleicht waren sie auch deswegen wieder verschwunden. Das Versteck der Rebellen lag sehr nahe an einer anderen Scherbe, welche ebenfalls eine beachtliche Grösse besass und in deren Inneren, sehr starke, vulkanische Aktivitäten am Werke waren. Das war erst seit einiger Zeit so. Überall aus ihren Ritzen quoll Magma. Es war, als würde sich die Scherbe langsam von innen her auflösen. Dichter Qualm entstand dabei und ein beissender Geruch lag stets in der Luft. Es konnte gut sein, dass auch diese Umstände die fremden Wesen vertrieben hatten. Die Harpyer waren sich an solche Bedingungen gewöhnt. Allerdings hätte sich hier niemand freiwillig angesiedelt und auch die Jägerinnen blieben diesem Ort fern. Das war mit ein wichtiger Grund, warum die Rebellen hier ihr Hauptquartier hatten. Dazu kam, dass die Höhlenlabyrinthe einen sehr guten, komfortablen Unterschlupf boten.
Tantalius verbrachte die meiste Zeit hier. Vor nicht allzu langer Zeit hatte er sich dazu entschlossen, die Herrschaft der Frauen endlich zu beenden. Schon als junger Mann, hatte ihn dieses Thema beschäftigt. Sein Vater Aiolus war noch unter Nyxias Herrschaft gestanden und er war damals in der aufständischen Bewegung, welche dann jedoch mit grausamer Gewalt niedergeschlagen wurde, sehr aktiv gewesen. An seines Vater Seite hatte ebenfalls ein grosser Krieger gekämpft, der um ein paar Jahre ältere Eristreus. Trotz dem grossen Altersunterschied, wurden die zwei beste Freunde. Eristreus war noch kämpferischer und mutiger als Tantalius‘ Vater gewesen. Er stellte damals die Regierung mit feurigen Reden, öffentlich an den Pranger und liess sich durch keinerlei Drohungen einschüchtern. Eristreus hatte einen Sohn, namens Aurorias. Doch als dessen Vater schliesslich, wegen seiner Taten von einem Meuchelmörder des harpischen Königshauses ermordet wurde, verschwand Aurorias auf einmal spurlos. Niemand wusste wohin, doch Tantalius Vater vermutete, dass er, vermutlich, auch auf Drängen seines Vaters, geflohen war. Tantalius Vater, war eher etwas zurückhaltender und pragmatisch gewesen. Er wusste, dass es niemandem diente, wenn er zu früh starb. Ausserdem erlag die grausame Nyxia kurz nach dem Tode Eristreus, einer besonders schweren Verletzung, die ihr die schrecklichen Gorgonas zugefügt hatten. Die damals noch ziemlich junge Podargia, übernahm ihr Amt. Letztere führte einige Verbesserungen ein und so verhielten sich Aiolus und seine Anhänger wieder etwas zurückhaltender. Dennoch lag immer noch viel zu vieles im Argen. Die Stellung der Masculinas verbesserte sich nur sehr geringfügig und Tantalius begann, nach dem Todes seines Vaters, schliesslich dessen Rebellenbewegung wieder neu aufleben zu lassen, wenn auch auf seine ganz eigene, diskretere Weise.
Ein Erlebnis hatte, vor allem, den Ausschlag dazu gegeben. Eines Tages, wurde ihm von den Drakonier auf einmal eine besondere Nachricht überbracht. Er arbeitete damals noch als Diener, am Hofe der Kriegerkaste. Dort musste sich um verschiedenste Belange kümmern, welche vor allem den weiblichen, harpischen Kriegern, das Leben angenehmer gestalten sollten. Da er der Sohn eines einst, recht aktiven Widerstandskämpfers war, wurde er nicht besonders respektvoll behandelt. Zwar war sein Leben als Dienstbote, nicht mehr bedroht. Aber oftmals wurde er erniedrigt und gedemütigt.
Keine Frau wollte sich ausserdem mit ihm paaren, da er keine besonderen Attribute aufzuweisen hatte, welche die Harpyas interessiert hätten. Es war ein hartes Leben, voller Entbehrungen und stets im Schatten.
Dann kam diese seltsame, in einer metallenen, mit rotem und goldenem Band verzierten Röhre verpackte Schriftrolle an. Die Drakonier erzählten ihm, dass diese Nachricht einen langen Weg hinter sich hätte. Sie sei von einem andern Drachenclan- dem Clan der Goldenen, an den Clan der Roten weitergegeben worden und sie hätten eine Weile gebraucht, um Tantalius ausfindig zu machen. Doch diese Schriftrolle sei allein für ihn bestimmt.
Der zukünftige Rebellenführer war sehr überrascht und öffnete die Nachricht sofort. Was er dort las, veränderte sein ganzes Leben. Der Schreiber teilte ihm mit, dass er Aurorias sei. Der Sohn des einst im Widerstandskampf gegen das harpische Frauenregime, sehr aktiven Eristreus. Er nenne sich jetzt Solianas und herrsche auf dem grossen Planeten Equilibria, der unterhalb des Reiches des dunklen Mondes läge, über sein eigenes Volk- die Solianer.
In der Schriftrolle befand sich auch ein seltsames Medaillon in der Form einer Sonne und mit einem rötlich schimmernden Kristall in der Mitte. Solianas berichtete ihm, dass dieses Medaillon von seinen Magiern erschaffen worden war, damit Tantalius und er über grosse Distanzen miteinander kommunizieren konnte. Ausserdem stand in dem Brief, dass er- Solianas ihn- Tantalius anschreibe, weil er und sein Vater gute Freunde gewesen seien und es an der Zeit war, den Widerstand gegen die Frauen neu zu entfachen.
Er berichtete ihm, dass er schon, seit endlos langen Jahren, nach einem Wege suche, mit seiner Armee in das Land des dunklen Mondes einzumarschieren und er nun sehr nahe am Ziele sei. Er bat Tantalius schliesslich um eine Zusammenarbeit in dieser Hinsicht. Tantalius, welcher sowieso schon eine ganze Weile über einen neuen Widerstand nachgedacht hatte, wurde darin nur noch bestätigt.
Tantalius nahm dann über den Kristall auch Verbindung mit dem, doch einiges älteren, Solianas auf und dessen Persönlichkeit beeindruckte ihn zutiefst. Auch das was der Sohn von Eristreus ihm zu erzählen hatte, vor allem über diese grosse, von einer gleissenden Sonne erleuchteten Welt, welche es unterhalb der Heimat der Harpyer geben solle, war Tantalius gänzlich neu.
Er fand den Gedanken, dass es einen männlichen Gott gab wundervoll. Je mehr er über diesen Gott Heliosus erfuhr und über die Lebensweise der Solianer, welche über die Frauen herrschten, umso mehr wurde er Feuer und Flamme für diese fremde Welt und das Leben des Sonnenkönigs. Mit der Zeit entstand zwischen den beiden eine Freundschaft und sie berieten sich oft über allerlei Dinge.
Solianas spornte Tantalius an, endlich aktiv im Widerstandskampf zu werden und schliesslich gründete dieser die Rebellenbewegung.
Er wollte allerdings strategischer und vorsichtiger vorgehen, als die Rebellen es unter Nyxia getan hatten. Er hasste die Frauen auch nicht so, wie es Solianas offensichtlich tat. Er hatte die Gabe, sich in die verschiedenen Situationen der beteiligten Parteien einzufühlen und ihm war klar, dass auch die weiblichen Harpyas, nicht aus reiner Boshaftigkeit so handelten, wie sie es taten, sondern einfach weil sie glaubten, das Richtige in den Augen der Göttin zu tun und sich auch viele Jahrhunderte daran gewöhnt waren zu herrschen.
Diese Sichtweise war es dann auch, welche ihn schliesslich dazu bewegte, den Kontakt mit Solianas wieder etwas zu reduzieren und ihn nicht mehr über all seine Schritte zu informieren. Solianas furchtbarer Hass und der sich, mit der Zeit mehr und mehr bemerkbar machende Wahnsinn, im Wesen des Königs, war ihm nicht mehr geheuer.
Der ehemalige Aurorias schien zutiefst traumatisiert von der Zeit unter Nyxias Herrschaft und dem Schicksal, welches seinen geliebten Vater ereilt hatte.
Tantalius konnte das nachvollziehen. Doch die Tatsache blieb, dass seine neue Königin Podargia, doch die bessere Königin, als die grausame Nyxia war.
Wenn es nach Solianas gegangen wäre, hätten die harpischen Rebellen einfach den ganzen Führungsstab durch das tödliche Vergiften des Wassers ausmerzen sollen. Doch Tantalius entschied sich für eine etwas weniger drastische Methode. Er wollte den Harpyas die Möglichkeit geben umzudenken und begann in mühsamer Kleinstarbeit neue Gesetze
auszuformulieren, welche allen des harpischen Volkes, dieselben Rechte einräumen würden. Er wollte die Königin dazu bewegen, das neue Gesetzesblatt zu unterschreiben oder sie zumindest zu Verhandlungen zwingen. So entschloss er sich, das Trinkwasser wohl mit einem Gift, wenn auch keinem sogleich tödlichen anzureichern, damit einige von ihm ausgewählten Volksgruppen erkrankten und der Widerstand der weiblichen Harpyas so weit geschwächt wurde, dass Podargia sich gezwungen sah, zu verhandeln.
Aus diesem Grunde, wollte Tantalius auch Hydrochias, den Wasserprüfer auf seine Seite ziehen.
Das Gift liess ihm Solianas zukommen, zweifellos um ihn beim Ermorden der harpischen Frauen zu unterstützen, auch das Gegengift lieferte er dazu. Da das Gift aus Equilibria, der grossen Welt unter ihnen stammte, würde es den harpischen Heilerinnen sehr schwerfallen, etwas dagegen zu unternehmen, ausserdem war es im Wasser nicht nachweisbar. Das Gift erzeugte, niedrig dosiert, ungefähr drei Stunden nach der Einnahme, ziemlich schweren Durchfall, Erbrechen und Fieber. Wenn die Symptome lange anhielten, konnte es sein, das einige daran starben. Doch bis dahin, so hoffte Tantalius, würde Podargia die neuen Gesetze unterschrieben haben und er und seine Rebellen würden danach das Gegengift liefern. Es war ein genau durchdachter Plan. Welcher, falls er funktionierte, kaum Opfer fordern würde und dennoch würde er sich als sehr effektiv erweisen.
Er informierte Solianas grob über sein Vorhaben. Dieser drängte ihn wie erwartet dazu, den widerlichen Frauenzimmern keinerlei Gnade zukommen zu lassen.
Er meinte ausserdem, das Tantalius eine Ersatzregierung bereitstellen sollte, die nach dem Tod der Obersten der Harpyas, deren Position einnahmen.
Doch Tantalius wollte es zuerst anders versuchen und wenn die Harpyas wider Erwarten nicht einwilligten, konnte er sie immer noch sterben lassen und seine Ersatzregierung einsetzen.
Er hatte da schon jemandem im Auge, den er als neues Königspaar einsetzen konnte. Es war eine junge Frau, welche sich als eine der wenigen, auf die Seite der Rebellen geschlagen hatte. Ihr Beweggrund war, dass sie sich gegen das Gesetz der Harpyas auflehnte, welches die Liebe zu einem Manne verbot.
Sie liebte einen jungen Mann abgöttisch und dieser war einer von Tantalius treuesten Anhängern. Das besondere Paar sollte, im schlimmsten Falle, die Herrschaft über das Land des dunklen Mondes übernehmen, falls… Podargia abgesetzt werden musste.