Taumanas wartete in seinem düsteren Kerker, auf sein Urteil. Er wusste nicht, ob ihn sein Bruder nun hinrichten würde, oder nicht. Die Warterei war unerträglicher als alles andere, ebenso wie das Eingesperrt sein. Er bekam schon jetzt langsam Platzangst. Die Wände schienen immer enger zusammenzurücken und er hatte schon oft voller Verzweiflung, an der stabile Gittertür des Gefängnisses gerüttelt. Er war hier ganz allein, völlig abgeschieden vom Rest der Welt und musste einfach warten, warten… Als er schon glaubte vollkommen überzuschnappen, vernahm er Geräusche vom Gang her. Zwei Wachen, in goldrote Rüstungen gekleidet, traten an die Tür. Schlüssel klimperten. Taumanas eilte sofort dorthin. Einer der Männer sprach: „Taumanas, es ist Zeit. Das Urteil wird nun über euch gesprochen!“ Sie öffneten die Tür und brachten ihn hinaus ins Freie. Seine Hände waren gefesselt und seine Flügel noch zusätzlich mit ledernen Bändern fixiert. Eine Flucht war somit unmöglich. Doch als Taumanas endlich wieder frische Luft schnupperte und die Geräusche der Stadt, an sein Ohr drangen, hätte er am liebsten einen Luftsprung gemacht. Er war jetzt wenigstens wieder draussen! Nun würde er seinem Schicksal, was immer es auch für ihn bereithalten mochte, zuversichtlicher entgegensehen.
Er wurde in den Thronsaal geführte, wo bereits einige Leute versammelt waren, darunter auch der lunarische König Varthemos, Dyandra und auch diese…Harpya- Schlampe Aellia. Auch diese Irisa, war dabei und noch einige andere hochdekorierte Solianer und Lunarier.
Sein Bruder, sass lässig auf dem mächtigen, goldenen Thron, der mit Sonnen geschmückt war und dessen Armstützen, Löwenköpfe darstellten. In Taumanas kochte es, als er seinen verhassten Bruder, in so einer selbstbewussten Pose sah.
Trojanas bat nun den ganzen Saal um Ruhe. Dann richtete er das Wort an seinen Bruder: „Ich bedaure sehr, dass du dich in diesem Krieg gegen mich gestellt hast. Wir hätten auch Seite an Seite kämpfen können.“ „Seite an Seite…“ schnaubte Taumanas „mit einem Verräter! Ganz bestimmt nicht.“ „Wie ich sagte, das ist überaus schade. So muss ich nun also das Urteil über dich fällen. Ich habe mit einigen hier Rücksprachen gehalten und ich kam zu dem Schluss, dass du doch immer noch das Blut meines Blutes bist und dich ja auch keiner besonderen Verbrechen schuldig gemacht hast, ausser mich mit einen versteckten Wurfdolch töten zu wollen, aber das war einfach deine Überlebensstrategie. Überlebensstrategien aller Art, werden dich in Zukunft beschäftigen, denn ich werde dich verbannen und zwar in das öde Land. Dieses liegt ganz im untersten, südöstlichen Zipfel von Equilibria. Dort wirst du auf dich allein gestellt sein. Wenn du nur daran denkst zurückzukommen, bedenke, dass du unter einem Bannfluch stehst. Wenn dich irgendjemand, sei es von den Lunariern, unserem Volk oder dem der Harpyas sieht, wirst du abgeführt und dennoch hingerichtet.“ Taumanas schaute seinen Bruder mit kalter, möglichst unberührter Mine an, dann fragte er: „Werde ich wenigstens noch ein paar wichtige Utensilien mitnehmen können. So z.B. Wasser, Nahrung, Kleidung, Kochgeräte etc.? „Ja, es ist schon alles bereit. Allerdings nur gerade das Nötigste, denn du wirst keinen Löwen mehr haben, der dich trägt. Die Drakal werden dich mit ihren Schiffen ins öde Land bringen.“ Taumanas nickte finster und Trojanas erhob sich nun. Er blickte in die Runde: „Somit werde ich meinen Bruder Taumanas für immer aus seiner Heimat verbannen. Sollte irgendwer ihn irgendwo wiedersehen, dann ist er verpflichtet, das gleich an uns weiter zu leiten, oder ihn auch selbst dingfest zu machen. Dann wird der Tod seine Strafe sein. Wache! Führt ihn nach draussen! Das goldene Drachenschiff wartet bereits!“ die Wache kam und führte den älteren Königssohn nach draussen. Der Landeplatz befand sich ganz in der Nähe auf einer hervorstehenden Rampe. Das Schiff war eine überaus eindrucksvolle Erscheinung. Es sah aus wie die Drachenschiffe der Drakonier, nur dass dieses hier aus blankpoliertem, etwas rötlichem Holz bestand, welches reich bemalt war, mit Goldfarbe. Ein riesiger gemalter Drachenkopf, ebenfalls aus schimmerndem Gold, schmückte den Rumpf. Die Männer, welche das Schiff steuerten, besassen eine hellbronzene Haut und vorwiegend braune und goldblonde, lange Haare. Die Magier waren in goldene Roben gekleidet, mit etwas purpurrot verziert und purpurne Mäntel, welche ebenfalls mit Drachenmotiven geschmückt waren. Der Rest der Besatzung trug bronzebraune Rüstungen, mit goldenen Verzierungen. Sie besassen wie die Drakonier fledermausartige, allerdings hellbraune Flügel.
Taumanas schaute ehrfurchtvoll zu den grossen Drakal auf, welche ihn sicher um Haupteslänge überragten, als er von den Wachen in das Schiff geführt wurde. Der Anführer der goldenen Drachen, neigte bedächtig sein Haupt: „Willkommen an Bord!“ Taumanas erwiderte das Nicken etwas gequält. Auch wenn die Drakal ihn wie einen Gast begrüssten, blieb er doch ein Gefangener. Er zögerte noch einen Moment und warf einen letzten Blick zurück auf seine Heimatstadt, die er wohl nie wiedersehen würde. Ein tiefer Schmerz zog sein Herz zusammen, auch wenn er daran dachte, wie nahe er daran gewesen war, der neue König der Solianer zu werden. Nichts war ihm von seinem kurzen Ruhm geblieben. Er war nun ein Ausgestossener, einer den man dazu noch mit einem Bannfluch belegt hatte.
Sein Bruder Trojanas, stand dort und schaute ihm scheinbar traurig hinterher. Alles nur Fassade! Sein verhasster Bruder konnte es doch kaum erwarten, ihn loszuwerden. Die Blicke der beiden begegneten sich ein letztes Mal. In Taumanas Augen lag Verachtung und Unversöhnlichkeit. Dann wandte er sich ab und betrat das gewaltige Flugschiff.
Nachdem alles bereit war zum Abflug, aktivierten die drakalischen Zauberer die Magie des Schiffes. Lautlos legte es am Steg ab. Es machte ein Wendemanöver und dann schwebte es Richtung des öden Landes davon, einer für Taumanas ungewissen Zukunft entgegen…
Nannios hatte nun schon eine lange Zeit das Bett gehütet. Seine Heilung war erstaunlich schnell fortgeschritten und er hielt es heute einfach nicht mehr aus, ständig nur herumzuliegen. Er war selbst Heiler und er konnte einigermassen abschätzen, was er sich erlauben konnte und was nicht. Aellia war gerade vor kurzem bei ihm gewesen, nun jedoch war sie wieder zu Verhandlungen geflogen. Es gab viel zu tun zur Zeit und auch darum wollte Nannios nicht ständig untätig sein.
So beschloss er, mal nach den andern Schwerverletzten zu schauen, die man ebenfalls nahe seinem Gemach, im Schloss der Solianer, einquartiert hatte. Darunter befand sich auch Mellila, welche ebenfalls gute Fortschritte machte. Er hatte ihr versprochen, sich selbst um sie zu kümmern und nun war er auch wieder dazu im Stande. So beschloss er sie als Erste zu besuchen.
Er schwebte durch einen Gang, der so ganz anders aussah, als es in seiner Heimat der Fall war. Alles war hier in Rot und Gold gehalten und die Hauptverzierungen, bestanden aus Sonnensymbolen und Löwen. All das zeigte den gänzlich anderen Charakter des Sonnenvolkes. Zufrieden dachte er daran, wie sehr die verschiedenen, geflügelten Völker von einer gemeinsamen Allianz profitieren würden. Er war stolz, dass er einen bedeutenden Beitrag zu dieser Entwicklung hatte leisten können und war dementsprechend bester Laune, als er leise den hohen Raum mit den weissen Säulen und dem schwebenden Bett betrat, in dem Mellila lag.
Sie war ebenfalls wach, sass mit überschlagenen Beinen am Bettrand und las in einem Buch. Als er eintrat, hob sie den Kopf und ein strahlendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Sie sah wieder sehr gut aus. Ihre honigfarbene Haut wirkte frisch. Das Haar, welches wie mit Gold durchwirkter, schimmernder Wandhonig glänzte, schien frisch gewaschen und fiel ihr in weichen Wellen über die Schultern und ihre, wie straffe Granatäpfel, geformten Brüste.
Sie war nur mit einem dünnen, durchsichtigen Gewand bekleidet, das aus einem feinen, goldenen Gewebe bestand. Ihre Beine waren lange und wohlgeformt. Wie bei den meisten Frauen der geflügelten Völker, wurde ihre Scham von einigen Federn bedeckt, ebenso wie der hintere Teil ihrer Oberschenkel. Auf der Vorderseite der Beine hatte es keine Federn, ebenso wie auch bei den Füssen, die in kleine Vogelkrallen endeten, nicht. Ihre Flügel aus Gold und orange, bewegten sich leicht.
Nannios Blick erforschte jeden Zoll ihres Körpers, als er sich ihr näherte und seine Männlichkeit begann sich zu regen. Doch er beherrschte sich und fragte: „Wie ich sehe, geht es dir schon einiges besser. Es tut mir leid, dass ich nicht früher kommen konnte. Auch mich hat einer dieser solianischen Magier erwischt, wie du sicher gehört hast.“ „Ja, ich habe davon gehört. Es ist schön, dass du mich besuchst und es geht mir wirklich viel besser. Ich glaube ich muss bald mal hier raus.“ „So geht es mir auch!“ lächelte er. „Wollen wir einen kurzen Ausflug, zu den nahegelegenen Bergen unternehmen?“ „Ja, das wäre wundervoll!“ rief sie aus, legte ihr Buch weg und schwebte zu ihm heran. Erneut musterte er sie voller Begehren. Sie sah das und sie lächelten ihn zauberhaft an, ihre goldenen Augen leuchteten dabei auf. „Hast du denn Zeit?“ fragte sie. „Aellia kommt bestimmt bald wieder. Es wird langsam Abend.“ „Sie und die andern haben meist noch Besprechungen, bis tief in die Nacht hinein. Es muss alles gut vorbereitet sein, um ins Reich der Harpyas zu reisen und es müssen auch sonst viele Dinge organisiert werden, neue Gesetze geschrieben werden etc. Ausserdem wird Aellia vermuten, dass ich mal etwas frische Luft schnappe.“ Mellila lächelte erneut. „Es ist sehr lieb von dir, dass du mich zu den Bergen begleitest.“ „Wir hatten ja bisher kaum Zeit uns kennenzulernen, das holen wir jetzt nach.“