24. Kapitel
Schliesslich brach ein neuer Tag an und Aellia erwachte, als die unsichtbare Sonne bereits hoch am Himmel stand.
Einen Moment lang, blieb sie noch liegen, schaute nachdenklich und glückserfüllt durch das grosse Fenster ihres Gemaches, hinaus in den Himmel, der wie ein Rubin leuchtete. Er wirkte heute irgendwie klarer. In seiner Farbe intensiver, als sie es sich sonst gewöhnt war. Nur wenig schwarze Wolken erfüllten ihr Blickfeld. Vielleicht aber, erlebte sie alles auch nur doppelt so schön, weil heute, an diesem Tag, eine vollkommen neue Ära für das Land des dunklen Mondes und seine Bevölkerung anbrach.
Ihr Blick schweifte zurück ins Zimmer und zu Nannios, der neben ihr lag und noch tief schlief. Sehnsucht machte sich in ihr breit, endlich wieder seine weiche, rosafarbene Haut zu streicheln und mit ihm die Wonnen zu teilen. Sie hatten jetzt lange verzichten müssen. Zwar hatte Aellia schon mal ein kurzes Zwischenspiel mit einem der Harpyer gehabt, doch es war nie dasselbe, wie mit Nannios. Sie freute sich deshalb sehr, ins Land des Silbermondes zurückzukehren und ihn endlich wieder richtig zu spüren. Sie neigte sich über ihn und küsste ihn zärtlich auf die Wange und dann auf den Mund. Ihr dunkles, gelocktes Haar kitzelte ihn etwas an der Nase und er erwachte.
Er schaute noch etwas verschlafen zu ihr auf, dann erhellte ein liebevolles Lächeln sein Gesicht. „Nun, wie geht es dir heute?“ fragte er und küsste sie sanft.
Seine weichen, vollen Lippen, entfachten dabei erneut das Feuer in ihr, welches sie noch kaum zügeln konnte.
„Nun ja, natürlich bin ich sehr glücklich und ich freue mich auf die Krönung und das darauffolgende Fest, aber die wirkliche Nähe zu dir fehlt mir schon sehr.“
Er umarmte sie und drehte sich so, dass er von oben auf sie herabschauen konnte. Seine blauen Augen leuchteten dabei auf. „Ich weiss wovon du redest. Es geht mir ebenfalls so und es zerreisst mich fast.“
Sie lag nackt vor ihm und er begann sie nun zärtlich zu streicheln, und sanft zu massieren. Sie stöhnte leise auf, als sie seine Hand an ihrer Scham fühlte. Nannios meinte liebevoll „Wenn wir schon nicht wirklich die Wonnen miteinander teilen können, da ich gerade nicht dazu befähigt bin, möchte ich dir wenigstens so etwas Lust bereiten, meine Liebste.“
Nannios Berührungen waren wundervoll und er wusste auch mit seiner Zunge sehr geschickt umzugehen, denn schliesslich schaffte er es, dass Aellia ihren sexuellen Höhepunkt, ganz ohne den Geschlechtsakt, erreichte. Zufrieden und entspannt, lag sie dann noch eine Weile neben ihrem Liebsten. Sie hatte an seinen Berührungen und Küssen gemerkt, wie sehr er sich nach ihrem Körper und der Vereinigung mit ihr verzehrte. Er war sehr leidenschaftlich gewesen. Sie sah auch, wie sich zwischen seinen Beinen, der Stoff des goldenen Schutzanzuges, etwas nach vorne wölbte, das war sein erigierter Phallus. Wie sehr sie sich doch danach sehnte, diesen wieder wahrlich zu spüren!
Schliesslich erhob sie sich und begann sich anzukleiden. Es stand immerhin eine sehr wichtige Feier bevor, bei welcher alle festlich zu erscheinen hatten. Vor allem jene, die so eine wichtige Funktion innehatten, wie sie. Sie entschied sich für ein schwarzes Gewand, aus durschimmerndem Stoff, welches verziert war mit purpurroten und goldenen Ranken-Applikationen. Darunter schimmerte, ihre ebenfalls purpurrote Haut, hervor. Das Gewand, welches vorne ziemlich weit offen war und ihr Dekolleté freilegte, wurde mit einem schwarzgoldenen Gürtel zusammengehalten. Ihr glänzendes, gelocktes, langes Haar, steckte sie mit einigen goldenen, mit Vogelmotiven verzierten Spangen, hoch. Sie trug eine wunderschöne goldene Kette, besetzt mit roten und schwarzen Steinen. Die Harpyas trugen alle solchen Schmuck an den Festen, manchmal war er auch mit Mondsteinen besetzt, so wie z.B. Aellias Ohrringe. Um ihr Handgelenk, trug sie nun das rote Band, das ihr Podargia verliehen hatte, nachdem die Schlacht gewonnen war. Daneben trug sie aber auch noch ihr Novizinnen Band aus Mondstein. „Du siehst wunderschön aus!“ seufzte Nannios „wenn ich mich nur auch etwas mehr in Schale werfen könnte. Dieses Schutzgewand, geht mir allmählich tüchtig auf die Nerven! Wenigstens habe ich etwas Schmuck mitgenommen.“ Er legte sich eine massive Kette aus ziseliertem Silber um, die besetzt war mit Türkisen und Koralle. Ein dazu passendes Armband, legte er ebenfalls um. Seine Haare, fielen in glänzenden Wellen über seinen Rücken. Er war wirklich ein sehr schöner Mann, auch wenn er den Schutzanzug trug.
Schliesslich dann war es so weit, der Tag neigte sich langsam wieder dem Ende zu und die Dämmerung setzte ein. Die Stadt wurde nun wieder beleuchtet von hunderten von Fackeln, ihr Schein tanzte über die Oberfläche der Obsidian Mauern, und liess diese in einem geheimnisvollen Spiel ,aus verschiedensten Farben, aufglimmen. Die vielen bunten Fahnen, wehten im Wind. Blumen gab es hier leider kaum, darum konnte man die Stadt nicht damit schmücken. Doch neben den Fahnen, hatte man noch goldene und rote Stoffbänder gespannt, welche von der Spitze des Palastes, bis hinab in die unteren Bereiche der Stadt, führten. Diese sollten die neue Verbindung, des einfachen Volkes und des Adels, kennzeichnen. Die Verbindung aller Harpyer, egal ob Mann oder Frau. Jedes einzelne Haus, jeder Balkon war ebenfalls mit Fackeln erleuchtet und mit Fahnen und Bändern geschmückt. Von fern sah es aus, als würden tausende von Glühwürmchen, die schwarzen Wände der Obsidian Stadt spicken, wie Sterne den dunklen Nachthimmel. Der Obelisk in der Mitte des arenaförmigen Innenhofes, war ebenfalls mit Lichtern umgeben. Die Balkone, die ihn säumten, waren zum Bersten gefüllt mit verschiedensten Leuten. Es herrschte eine fröhliche, ausgelassene Stimmung, wie Aellia es noch nie zuvor gesehen hatte. Viele harpische Männer und Frauen, sassen als Paar zusammen, flirteten und küssten sich. Ein jeder trug sein festlichstes Gewand, ähnlich wie jenes von Aellia, meist in Schwarz, Rot oder Gold. Die Frauen hatten ihr Haar zu kunstvollen Frisuren geflochten. Die vorwiegend schwarzen Haare der Männer glänzten und waren sauber gekämmt. Sie trugen, ebenso wie auch die Frauen, Schmuck aus Gold, mit Obsidian, Rubinen und Mondsteinen besetzt. Vor Aellias Augen, verschmolzen die Konturen, wurden zu einem Feuerwerk, aus den vier Hauptfarben Gold, Schwarz, Rot und weiss.
In der Mitte des arenaförmigen Innenhofs, befand sich nun eine mächtige Tribüne, auf welcher drei Throne standen. Sie waren alle schwarz, die Sitzfläche mit rotem Samt bezogen. Ihre Lehnen besassen die Form von schwarzen Flügeln. Nur der eine Thron, war zusätzlich mit glänzendem Silber beschlagen. Dies würde der Thron der Hohepriesterin sein, welche heute ebenfalls neu gewählt wurde.
Die ganzen Machtverhältnisse, im Reich des dunklen Mondes, würden sich ab heute ändern. Die Vertreter der Delegation wählten die neue, geistige Führerin der Harpyas, gemeinsam mit deren Königin. Aellia wusste, wer es war. Es war Callidia! Nachdem diese offiziell zur neuen Hohepriesterin gewählt war würde sie, zusammen mit Podargia, schliesslich Iquitos zum König krönen. Danach würde sie ihr ganzes, restliches Leben, ihrem neuen Amt widmen. Sie war etwa im selben Alter wie Podargia, ihre magischen Kräfte waren zwar noch nicht so stark, wie die ihrer Vorgängerin, aber Callidia war sonst schon erfahren und würde ihre Aufgabe bestimmt mit Bravour meistern. Ausserdem, würde sie sich auch noch zusätzlich von Artemia in den Heilkünsten und der lunarischen Magie unterweisen lassen. Natürlich war Aellia auch zur Wahl gestanden, doch sie wollte nichts von so einem Amt wissen. Sie sah ihre Aufgabe in anderen Bereichen und ausserdem, würde sie ja sowieso nach Equilibria umsiedeln, um dort mit Nannios zusammen zu leben.
Schliesslich erklangen auf der Mauer, rund um die Stadt laute, feierliche Trompetenklänge. Die Trompeten wurden von Frauen, wie von Männern geblasen. Gebannt schwieg das anwesende Volk und wandte seinen Blick nun in Richtung des Stadt- Tores, dessen mächtige, aus dunklem Holz gefertigten Torflügeln, weit offen standen. Das Tor war mit metallenen Beschlägen und silbernen Einlegarbeiten, die Vögel und Schlangen darstellten, geschmückt und befand sich gleich gegenüber der grossen Tribüne. Die Trompeten verstummten und din dumpfer Trommelklang, zog nun die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich. In den Trommelklang mischten sich mit der Zeit noch andere Instrumente: Schalmeien mit ihrem nasalen Ton und der helle Klang von Sistrums. Zuerst erblickte Aellia die Priesterinnen, ihnen voran Callidia, mit einem purpurnen, mit aufwendigen Goldstickereien verzierten Gewand und einem goldenen Umhang, der ihre eine Schulter freilegte. Der Umhang wurde mit einer Fibel in Vogelform, über ihrer anderen Schulter festgehalten. Ihr breiter, goldschwarzer Gürtel, bestand aus ineinander verwundenen Schlangen, deren Köpfe schlussendlich den Verschluss bildeten. Sie trug um den Hals eine schwere Goldkette, mit einem schwarzen, grossen Stein besetzt und drei Armbänder, in den üblichen Hauptfarben. Die restlichen Priesterinnen waren in schwarze, halb durchsichtige Gewänder, gehüllt. Diese trugen alle das Symbol der grossen Lilithia - den schwarzen Mond. Das Emblem war mit einigen Goldfäden, aufgestickt und schattiert worden, was es vom schwarzen Untergrund abhob. Die Priesterinnen, sahen alle wunderschön aus. Ihre Haare, von den Farben glänzenden Pechs und feurigem rubinrot, waren teilweise hochgesteckt, teilweise offen und mit goldenen Spangen, in allen erdenklichen Varianten, geschmückt.
Aellia wollte diesmal nicht am Festzug teilnehmen, sondern dem Schauspiel lieber von hier aus beiwohnen. Sie befand sich auf dem breiten Balkon des Hochadels, zusammen mit Irisa, Mellila, derem Liebsten und einigen anderen wichtigen Persönlichkeiten. Nannios war leider nicht unter ihnen. Er musste, als einer der wichtigsten Vertreter der Lunarier, an der Seite seiner Mutter am Festzug teilnehmen, ebenso wie Trojanas und auch Tantalius.
Aellia hielt nach ihnen Ausschau. Nach den Priesterinnen folgten die Leute der Delegation. Sie waren umgeben von Trommlerinnen und Schalmeien Spielern. Die Musik wurde nun immer fröhlicher und auch die Leute des Festzuges, tanzten in wiegenden Bewegungen dazu. Es war ein herrlicher Anblick! Die weissen Flügel von Artemia und Nannios und die Roten von Trojanas, stachen aus dem dunklen Gewoge der Harpyer, deutlich heraus. Tantalius jedoch, konnte Aellia noch nirgends ausmachen. Wo er wohl war? Sie selbst hatte keine Ahnung, was an diesen Festlichkeiten alles geplant war und so liess sie sich einfach überraschen.
Nach den Leuten der Delegation, folgten nun die Kriegerinnen in schwarzen, mit Gold und Rot verzierten Festtagsrüstungen und metallenen Brustpanzern, in denen sich das letzte Licht des Tages als rötlicher Schimmer spiegelte. Dahinter kamen die Jägerinnen, mit ledernen, ebenfalls festlich verzierten, roten Wämsern und dazupassenden, Hosen. Sie trugen schwarze Umhänge mit goldenen Zierbändern umrahmt. Nach ihnen folgten nochmal einige Musiker, vorwiegend mit Sistrums und Schalmeien.