Trojanas konnte es immer noch kaum glauben, dass die Magier seines Vaters so etwas Eindrucksvolles erschaffen hatten, wie diese speziellen Anzüge und er war fest entschlossen diese als Erster richtig auszuprobieren. Bisher, so erklärte ihm der Obermagicus, hätten er und seine Helfer insgesamt acht solcher Anzüge angefertigt. Doch beunruhigenderweise hatte einer von ihnen bei den letzten Kontrollen gefehlt. Das gab dem jungen Königssohn zu denken. Er erfuhr dann, dass auch Taumanas, seit kurzem, Zugang zu dem geheimen Labor erhalten hatte. Weil Solianas, nach Trojanas Verrat, entschieden hatte, den älteren Sohn zu seinem Nachfolger zu machen. Vermutlich hatte er ihn bereits in alles eingewiesen, weil ein Krieg mit den Lunarier vor der Türe stand und er evtl. mit seinem Ableben rechnen musste. Vielleicht hatte er seinen Tod ja auch voraus geahnt… Der jüngere Königssohn war ziemlich sicher, dass Taumanas einen diese Anzüge an sich genommen hatte, er gab keine bessere Erklärung. Wollte letzterer womöglich in das Reich der Harpyas reisen? Es war auch deshalb höchste Zeit, dass sie aufbrachen. Zum Glück kam das Wasserschiff bereits übermorgen und die grosse Flotte, einen Tag später. Der Vollmond stand schon wieder in seiner ganzen Pracht am Himmel. Es würde deshalb bestimmt wundervoll sein, die Reise ins Reich des dunklen Mondes anzutreten. Irisa würde mit dem Wasserschiff, wie abgemacht, vorausfahren. Eigentlich schade, dass sie und Trojanas nicht zusammen fahren konnten. Er und Aellias Mitschwester hatten mittlerweile Gefallen aneinander gefunden und auch schon oft die Wonnen miteinander geteilt. Irisa fand auch immer mehr Gefallen an dem Leben auf Equilibria und vielleicht würde sie hier sogar sesshaft werden, wenn alle wichtigen Dinge erledigt waren. Trojanas hätte das auf jeden Fall überaus glücklich gemacht. Ja, die Frauen des dunklen Mondes, hatten es ihm wahrlich angetan! Das war eigentlich eher ungewöhnlich, da sie wahrlich aus sehr gegenteiligen Welten stammten. Doch vermutlich war es gerade das, was Trojanas so reizte. Selbstbewusste Frauen waren sehr faszinierend. Seine ganze Sichtweise hatte sich, durch die jüngsten Ereignisse, verändert. Sein Verhältnis zu seiner Mutter wurde Dyandra wurde seither täglich enger und er bezog sie nun in beinahe alle wichtigen Angelegenheiten mit ein, da sie ja auch die seherische Gabe besass und ihm auch sonst sehr gute Ratschläge geben konnte, um seine Aufgabe als neuer König gut und für alle gerecht, auszuführen.
Da er nun ja der Herrscher der Solianer war, musste er auch zusammen mit Aellia, welche ja eine besonders wichtige Schlüsselrolle bei allem innehatte, in deren Heimatland reisen. Auch Nannios wollte mit ihnen reisen und diesmal auch Artemia.
Es würde ein sehr eindrucksvolles Bild abgeben, wenn die Vertreter verschiedenster, geflügelter Rassen, vereint zu einer einzigartigen Delegation, im Reich des dunklen Mondes ankamen. Es würde vermutlich so viel Eindruck machen, dass die Obersten der Harpyas bestimmt mit sich reden liessen.
Immerhin bedeutete das auch, dass ihr Fortbestand endgültig gesichert war. Es gab ja jetzt schon zwei Völker, die bereit waren, sich mit ihnen zu paaren.
Dazu würde im Reiche der Lunarier nach gelungenen Verhandlungen, ein riesiges Paarungs- Fest gefeiert werden. Trojanas stellte sich das sehr schön vor, denn diesmal würde eine viel heiterere Stimmung herrschen, als es bei den bisherigen Paarungsfesten in seiner Heimat der Fall gewesen war. Die meisten Frauen waren früher oft nicht so wirklich mit Begeisterung dabei gewesen und wenn eine Frau die Wonnen nicht wahrlich genoss, war er auch für den Mann nur halb so schön, das erkannte er nun immer mehr. Erregung erfasste ihn, wenn er daran dachte, wie schön seine, seit dem grossen Kampf erlebten Wonnen, gewesen waren. Besonders mit Irisa. Die meisten Frauen seines Volkes brachten ihm jetzt ausserdem ebenfalls regeres Interesse entgegen, denn er war für sie der grosse Held, der sie aus der Knechtschaft des solianischen Patriarchats befreit hatte.
Das Vergangene war vergessen und es gab jetzt mehr als genug Frauen, die sehr gerne mit ihm die Wonnen teilen wollten. Einige Angebote hatte er bereits angenommen, einige nicht. Es gab für ihn ja auch noch anderes zu tun und er wollte in erster Linie mit Irisa Zeit verbringen, solange er noch konnte.
Die Lunarier, waren alle nach Hause zurückgekehrt, nur Nannios, Aellia und Irisa waren noch zurückgeblieben. Sie wollten alle zusammen ins Reich des Silbermondes reisen, und dort dann die Drachenschiffe besteigen. Es kamen auch noch Mellila, welche nun eine enge Freundin von Nannios und auch Aellia geworden war mit, und noch ein paar andere, des solianischen und lunarischen Volkes.
Während Trojanas Abwesenheit, würden seine Mutter Dyandra und sein engster Vertrauter Astranias, sich um die wichtigsten Angelegenheiten hier kümmern.
Aellia konnte die Abreise kaum erwarten, endlich war es soweit! Die Zeit war gekommen, auch ihr eigenes Volk, von der Allianz mit den anderen geflügelten Völkern zu überzeugen. Dyandra hatte gesagt, dass ihre Chancen gut standen und eine grosse Wandlung, auch im Reiche der Harpyas, im Gange war. Sie spracj von seltsamen, dunklen Wolken, welche sich bereits über dem Reich der Lilithia zusammenbrauten. Sie konnte jedoch nicht sagen, was genau sich dort zutrug.
„Ich glaube fast, der Widerstand… ist auch in deiner Heimat erwacht Aellia“, meinte sie geheimnisvoll. Natürlich gab das der jungen Frau zu denken. Hatten die Männer ihres Reiches, sich tatsächlich auch angefangen, gegen die weibliche Herrschaft aufzulehnen, wie es hier die Frauen, gegen die männliche Herrschaft getan hatten? Was würde sie dort erwarten?
Nachdenklich bestieg sie den roten Löwen, den man ihr zur Verfügung gestellt hatte.
Sie beherrschte das Reiten auf den grossen Tieren schon recht gut, auch auf den Pegasossen war sie schon geritten. Ihr Blick wanderte hinüber zu ihrem geliebten Gefährten Nannios, dessen weisses Gefieder, mit dem weissen Fell des geflügelten Pferdes Indarimos, zu verschmelzen schien. Sie reichten einander lächelnd ihre Hände. Mellila bestieg gerade auch ihren Löwen. Aellia wusste, dass Nannios mit ihr die Wonnen geteilt hatte und sie hatte die junge, feinfühlige Solianerin auch ins Herz geschlossen. Diese war begierig darauf, neue Welten zu erkunden und zudem eine sehr gute Bogenschützin und Kämpferin. Darum kam sie auch mit. Ausserdem war einer von Nannios besten Männern- Silvanos, auch bei der Reise ins Land des dunklen Mondes dabei und er und Mellila verstanden sich scheinbar sehr gut. Sie hatten ja in der grossen Schlacht um die Sonnenstadt, auch Seite an Seite gekämpft. Die junge Solianerin hatte offensichtlich eine besondere Schwäche für die lunarischen Männer. Aellia lächelte bei dem Gedanken in sich hinein. Kein Wunder… sie kannte das ja auch von sich.
Ihr wurde von neuem bewusst, wie unvollständig sie eigentlich noch gewesen war, bevor sie all diese andern geflügelten Völker kennengelernt hatte. Jedes von ihnen hatte wieder andere Eigenschaften, die sich mit jenen der anderen ergänzten. Es war ein wundervolles Gefühl, diese besonderen Völker in einer Allianz vereint zu sehen. Alle konnten dabei nur gewinnen und davon würde Aellia ihr Volk ebenfalls überzeugen.
Ihr Blick wanderte hinüber zu Trojanas und Irisa. Auch hier schien sich ein Paar gefunden zu haben. Es freute sie sehr, besonders da Irisa anfangs noch gar nicht erfreut über die Idee einer Allianz, aller Geflügelten, gewesen war. Nun jedoch, begann auch sie ihre Meinung immer mehr zu ändern und bestimmt machte Trojanas sie sehr glücklich. Genauso wie auch sie ihn glücklich zu machen schien, so wie er strahlte und sie ansah. Die Liebe war wahrlich wundervoll!
„Wie nur habe ich so lange ohne Liebe leben können?“ dachte sie bei sich und wieder begegneten ihre Augen denen von Nannios.
Er lächelte sein strahlendes Lächeln, das sie so unendlich liebte. „Bist du aufgeregt?“ fragte er sie dann.
„Ja, schon ziemlich, ich weiss ja nicht, was uns in meiner Heimat genau erwartet. Ich hoffe einfach meine Schwestern lassen mit sich reden und die Drachenschiffe fahren nicht vergebens in unser Reich.“
„Ich glaube kaum, dass sie sich die Harpyas die Gelegenheit entgehen lassen, ihren Fortbestand zu sichern und wenn sie dann auch noch erfahren, dass es hier unten so einen wunderschönen Planeten gibt, werden sie ihn sicher auch sehen wollen.“
„Du warst schon immer ein unverbesserlicher Optimist!“ lächelte Aellia. Sie beugte sich zu ihm herüber und küsste ihn „darum liebe ich dich aus so sehr!“
„Hast du denn kein gutes Gefühl?“ fragte er.
Sie überlegte einen Moment, während sich der Zug der roten Löwen und der Pegasosse in Bewegung setzte. Dann meinte sie: „Doch eigentlich habe ich grundsätzlich ein gutes Gefühl. Doch ein anderes Gefühl sagt mir auch, dass uns dort oben noch einiges an Herausforderungen erwarten wird. Du erinnerst dich an das was Dyandra sagte? Über die dunklen Wolken, die sich über meiner Heimat zusammenbrauen?“
„Ja, ich erinnere mich. Glaubst du denn, dass es dort auch eine Widerstandbewegung gibt?“ „Ja, es könnte gut sein. Ich glaube, dass wir uns grundsätzlich in einer Zeit des Wandels befinden. Ich glaube die Götter… sie läuten ein neues Zeitalter für uns alle ein.“ Sie sprach jetzt wie selbstverständlich von Göttern, denn ihre Lebenssicht hatte sich auch in dieser Beziehung gewandelt. Sie glaubte mittlerweile, dass es ein männliches Gegenstück zur Göttin gab, wenn…die beiden nicht sogar ein und dieselbe Gottheit, mit ihren verschiedenen Aspekten verkörperten. Doch dieser Gedanke, hatte noch nicht wirklich Gestalt in Aellia angenommen, jedenfalls nicht bewusst.
„Ich könnte mir das auch vorstellen“, gab Nannios ernst zurück und blickte nachdenklich hinab auf die rotgoldene Wüstenlandschaft des Sonnenreiches, die unter ihnen dahinglitt. „Alles ist stets im Wandel, kein Extrem, kann für ewig Bestand haben und wir werden immer weiter geführt und geleitet. Ich habe sehr ähnliche Gefühle wie du. Ich…glaube ebenfalls… dass uns noch einiges im Reich des dunklen Mondes erwarten wird, doch ich glaube auch von Herzen an den guten Ausgang aller Dinge. Wie du sagtest, ich bin ein Optimist. Das Leben zeigt mir auch immer wieder, dass sich Optimismus lohnt.“
„Ja, ich glaube das mittlerweile auch. Eigentlich war die Religion meines Volkes nie auf Optimismus aufgebaut, wir lebten doch eigentlich in ständiger Angst vor Macht- , ja wohl auch Liebesverlust. Darum waren wir so herablassend zu unseren Männern. Dabei ist das doch gar nicht nötig. Wir sollten in allen Bereichen optimistischer sein. Ich glaube wahrlich, das Optimismus, eine göttliche Gabe ist.“
„Natürlich braucht es auch einen gesunden Realismus“, lächelte Nannios. „Nicht alles läuft wohl immer genau so wie wir es planen, aber Optimismus kann helfen, nicht zu verzagen und… nicht ängstlich und dadurch fantisch zu werden.“
Aellia nickte und streichelte gedankenverloren, über die Mähne ihres roten Reitlöwen. Indarimos- das weisse Pferd, schnaubte leise, als wolle es die Worte von Aellia und Nannios bestätigen. Die junge Harpya schaute den Pegasoss ehrfürchtig an. Der magische Silberschein, der von ihm ausging, war wundervoll anzusehen und sie überlegte auf einmal, dass sie eigentlich auch so ein Tier als Fortbewegungsmittel hätte wählen können. Warum hatte sie aber dann den Löwen gewählt? Nun vermutlich, weil sie schon etwas geübter im Löwenreiten war. Aber eigentlich… war ja der Pegasoss das Tier der Göttin und sie war eine Frau, welche die Göttin ganz besonder verehrte. Trotzdem ritt sie nun auf einem der roten Löwen, die eigentlich Sinnbild für die männliche Kraft waren. Hatte das wohl einen tieferen Sinn? Und das Nannios, der ja eigentlich der Mann war, den Pegasoss ritt und nicht den Löwen? Nun gut, Indarimos war natürlich schon sehr mit ihm vertraut. Trotzdem…es erschien Aellia auf einmal, dass sie, obwohl sie eine Frau war, eine sehr starke, männliche Kraft besass. Ebenso wie Nannios eine sehr starke, weibliche Kraft besass. Seine Aufgabe als Heiler, war eigentlich sehr vom Weiblichen inspiriert, die Kampffähigkeit von Aellia sehr vom Männlichen. „Im Prinzip habe ich immer in einer etwas verkehrten Welt gelebt“, überlegte sie. „Bei uns, im Land des dunklen Mondes, haben die weiblichen Harpyas den männlichen Part übernommen. Vermutlich bin ich mich das so gewöhnt, dass ich deshalb den Löwen gewählt habe, anstelle eines Pegasosses. Vielleicht wurde ich gerade deshalb für die Rolle der Vermittlerin auserwählt und habe mich auch in Nannios verliebt. Er hat mir geholfen in mir wieder etwas mehr die weibliche Kraft zu entwickeln. Ob das bei meinen Mitschwestern auch möglich sein wird?“ Sie blickte wieder hinüber zu Irisa, welche sehr glücklich und entspannt neben Trojanas ritt. Auch sie sass auf einem Löwen. Ja, bestimmt würde alles sich zum Guten wenden…