Aellia nahm die Nachricht von Nannios Befreiung, mit tiefster Erleichterung auf. Okeana hatte ihr erzählt, dass dieser sich nun um die Befreiung der anderen Equilibrier kümmerte und sie sich ganz auf die Schlacht mit Kelana und ihren Anhängern konzentrieren konnte. Sie würden später zu ihnen stossen und ihnen zu Seite stehen. Aellia vertraute Nannios und seinen Kräften und deshalb glaube sie auch, dass er ihre Freunde alle finden und befreien würde. Callidia und einige anderen, waren nun ja auch an seiner Seite. Da würde bestimmt nichts schiefgehen.
So zog die junge Frau ihre lederne, körperbetonte, schwarze Rüstung an und darüber einen silbernen Brustpanzer, mit den königlichen Symbolen darauf. Es handelte sich dabei um zwei schwarze Schlangen, welche ihre Köpfe so zusammenhielten, dass es so aussah, als würden sie einen schützenden Bogen bilden, unter dem ein gelbrotes Feuer loderte. Dieses Feuer jedoch, schien nicht von irgendeinem Holzhaufen zu kommen. Viel mehr, wuchs es direkt aus der Erde. Die unteren Teile der Flammen verwandelten sich in Wurzeln, die sich überall hin ausbreiteten. Oben auf den Köpfen der Schlangen, hatte ein Vogel sein Nest gebaut. Aellia bewunderte die edle Arbeit. So eine Rüstung hatte sie bisher noch nie getragen.
Die Rüstungen der anderen königlichen Kämpfer, waren in ähnlichen Farben gehalten, nur dass die Bilder darauf nicht gar so aufwendig waren. Dazu kamen dann noch die Lederrüstungen, welche einige der einfacheren Kämpfer trugen.
Aellia packte ihre Dolche und ihren Bogen und rief laut in die Runde: „Formiert euch! Ich werde mit euch in die Schlacht ziehen! Haltet euch von Kelana fern! Sie ist zu mächtig für euch alle. Ich werde mich um sie kümmern, sollte sie versuchen die Drachenschiffe zu betreten!“ Zustimmendes Gejohle erhob sich und die Sympathisanten der Delegation und der Königin strömten aus der stickigen Spelunken Luft hinaus, in die frische Abendbriese. Einen Moment lang, fühlte sich Aellia, als würde sie durch einen Traum wandeln, einen Traum, von dem sie noch nicht so recht wusste, ob sie lieber wieder aus ihm erwachen wollte, oder nicht. Die Energie, welche sie umgab, die Stärke und Entschlossenheit all dieser Menschen, die ihr zur Seite stehen wollten, trotz ihrer teils bescheidenen Kriegskenntnissen, berührte sie zutiefst. Und einmal mehr erkannte sie, dass das Ideal, nach welchem sie strebte, sich hier erfüllen konnte. Es würde noch etwas Zeit brauchen, aber dann würde ihre Heimat eine bessere für alle geworden sein.
21. Kapitel
Die Schlacht, zwischen Irisas Truppen und jenen von Kelana, war schon in vollem Gange. Trojanas Liebste kämpfte gegen die grosse, rothaarige Harpya, welche sehr viel Kraft besass. Sie kannte sie noch von früher. Sie war immer eine der übereifrigsten Verehrerinnen der Hohepriesterin gewesen. Nicht eine der Klügsten, ein eher einfach gestricktes Gemüt, was sie jedoch umso fanatischer machte. Ihr Name war Polentia. Nun, da Irisa sie als Gegnerin hatte, erkannte sie erst so richtig, zu was Polentia fähig war, wenn sie ihre Vorstellungen von Religion, gefährdet sah. Wie eine Furie drang sie auf die etwas jüngere Harpya ein und stiess dabei immer wieder wütende Kriegsschreie aus. Blanker Hass spiegelte sich dabei in ihren Augen. Doch ihr Zorn war gleichzeitig ihre Schwäche. Es fehlte ihr etwas an Konzentration und das wollte Irisa zu ihrem Vorteil nutzen. Sie wich den Waffen der grösseren Harpya, immer wieder geschickt aus, wehrte die Schläge mit ihrem langen Doppelschwert ab. Die beiden schrecklichen, gezackten Klingen von Polentia, trafen auf die Klinge selbigen und Funken sprühten dabei. Irisa drehte das Schwert etwas ab und schlug Polentias Waffen weg. Dann versuchte sie sie mit einer geschickten Drehung, um die eigene Achse, an der Seite zu treffen. Die grössere Harpya jedoch sah das kommen und wehrte mit der einen Klinge ab. Irisa jedoch wirbelte ihr Doppelschwert, so geschickt wie nur sie es verstand, herum und schlug erneut zu. Nur knapp, gelang es Polentia den Schlag abzuwehren. Wieder traf das Metall klirrend aufeinander und erneut sprühten weissliche Funken, nach allen Richtungen. Polentia wurde nun noch zorniger und holte zu einem weiteren, vernichtenden Schlag aus. Der Schlag war so heftig, das Irisa von der Wucht des Aufpralles zurücktaumelte. Einen Augenblick lang, verlor sie die Kontrolle, schlingerte unkontrolliert herum. Die grosse Harpya schrie furchteinflössend und war sogleich über ihr. Es gelang Irisa gerade noch, die beiden fürchterlichen Klingen, mit dem verstärkten Mittelteil ihres Doppelschwertes, abzuwehren. Mit aller Kraft stemmte sie sich gegen ihre Feindin. Sie war jetzt auch zornig, doch sie ermahnte sich zur Selbstkontrolle. Sie durfte nicht zulassen, dass der Hass sie beherrschte. Immerhin war es immer noch eine ihrer Schwestern, gegen die sie hier kämpfte. Einen Moment lang erfasste sie Trauer, über den Verlauf dieser Geschichte. Doch das erwies sich als Fehler, denn Polentia nutzte den unaufmerksamen Augenblick von Irisa sogleich aus. Ihr eines Schwert fuhr herab und traf die jüngere Harpya, welche nicht mehr ganz ausweichen konnte, unter dem rechten Arm. Ein schrecklicher Schmerz durchzuckte Irisa. Sie fasste sich an die Seite, eine blutige Wunde klaffte dort. Doch Polentia liess ihr nicht einmal jetzt etwas Zeit zum Verschnaufen. Sie wurde nun von reinem Hass angetrieben und Irisa wurde klar, dass sie es sich nicht mehr leisten konnte, zu viel Mitgefühl zu empfinden. Es ging hier ums nackte Überleben. Blitzschnell errichtete sie einen magischen Schutzschild um sich, welcher sie vor den nächsten Schlägen der Gegnerin schützte, bis sie sich wieder etwas gefangen hatte. Sie versuchte, den fürchterlichen Schmerz zu vergessen, der in ihrer Seite brannte und es gelang ihr, dank ihrer guten, kämpferischen Ausbildung, die Kontrolle darüber zu erlangen. Die grössere Harpya drosch einen Moment lang mit ihren Waffen wie verrückt auf den magischen Schutzschild ein. Doch dann besann sie sich auf ihre eigene Zauberkraft. Sie kreuzte ihre Schwerter über dem Herzen und ein gewaltiger Energieschub, prallte gegen Irisas Schild. Diese merkte, wie dieser langsam brüchig wurde. Polentias magische Kraft, war der ihren ebenbürtig. Doch das war jetzt auch egal. Sie hatte sich wieder gefangen und der Schild war auch nicht mehr vonnöten. Sie löste ihn ganz auf und griff dann die grosse Harpya mit neuer Kraft und Entschlossenheit an. Immer und immer wieder schlug sie zu, abwechselnd mit der einen, dann wieder mit der anderen Klinge, ihres Doppelschwertes. Schliesslich fügte sie auch Polentia eine tiefe Wunde zu. Der Kampfrausch, hatte nun auch von Irisa Besitz ergriffen. Es war, als sähe sie alles durch einen dünnen, rötlichen Nebel. Ihre Sinne wurden schärfer, alle belastenden, oder hinderlichen Gedanken verschwanden. Sie liess nun keine Gnade mehr walten. Als Polentia verletzt wurde, liess sie dieser keine Verschnaufpause mehr. Die etwas ältere, rothaarige Harpya musste ebenfalls ihre Schutzmagie gebrauchen, um nicht tödlich getroffen zu werden. Einmal schleuderte sie einen feurigen Ball auf Irisa, doch diese wehrte ihn mit einem weissen, magischen Gegenzauber ab. Sie übernahm die Kraft aus Polentias Magie und setzte sie, mit verstärkter Macht, gegen ihre Gegnerin ein. Diese prallte zurück und taumelte einen Augenblick lang unkontrolliert durch den, von verschiedensten, magischen Entladungen, durchdrungenen Raum. Mit einem Seitenblick, nahm Irisa das Kampfgetümmel um sich herum wahr. Gewaltige Mächte, aller Art, trafen hier aufeinander. Einige der besten Kämpferinnen des harpischen Reiches, waren hier versammelt und alle gaben ihr Bestes. Doch Irisa erkannte, dass sie und ihre Leute noch immer in der Unterzahl waren und einige deswegen bereits ihr Leben gelassen hatten. Es wurde wirklich Zeit, dass Verstärkung kam, auch wenn diese Verstärkung, zum grossen Teil, aus eher ungeübten Kämpfern bestand. Sie schnaubte etwa verächtlich vor sich hin. Doch dann wandte sie sich sogleich wieder Polentia zu, die bereits auf dem Rückweg zu ihr war. Sie schien geschwächt durch die Verletzung und den harten magischen Schlag, der sie getroffen hatte. Ausserdem hatte sie eins ihrer Schwerter verloren. Irisa schaute ihr ruhig entgegen. Der Kampfrausch war wieder etwas von ihr gewichen und sie sprach: „Willst du nicht lieber aufgeben Polentia? Die Veränderung in unserem Reiche, ist nicht mehr aufzuhalten. Ihr kämpft auf verlorenem Posten. Früher oder später werden sich die neuen Gesetze auch an diesem Ort hier etablieren.“
„Nicht, wenn ich es verhindern kann, “ zischte die Angesprochene, noch immer mit ungebrochenem Fanatismus.
Irisa seufzte: „Das ist wirklich sehr schade, du bist eine einzigartige Kämpferin, wir könnten dich gut in unseren Reihen gebrauchen.“
„Ich…werde niemals an der Seite von Ketzern stehen!“ erwiderte die grosse Harpya und ihre Augen blitzen hasserfüllt. Dann stürzte sie sich mit dem, noch übriggebliebenen Schwert, erneut auf Irisa. Diese wehrte ab, drehte sich zur Seite und trat Polentia in den Bauch. Diese keuchte auf und taumelte erneut zurück. Ihre Kräfte neigten sich langsam dem Ende zu und doch, dachte sie nicht daran aufzugeben. Sie sammelte all ihre Energie und drosch mit schnell aufeinanderfolgenden Schlägen, auf die jüngere Harpya ein. Zwischendurch setzte sie auch ihre Magie ein. Trotz ihrer Bewunderung für den Durchhaltewillen Polentias, erkannte Irisa, dass ihre Gegnerin der Vernunft nicht mehr zugänglich war. Sie kämpfte wie eine Berserkerin dagegen an, dass ihre, für sie heile Welt, sich in irgendeiner Weise veränderte.
Irisa jedoch, kämpfte ebenfalls für ein hohes Ideal und… auch für die Liebe zu Trojanas. Kelana und ihre Anhänger, hatten ihn einfach gefangen genommen, Irisa wusste nicht, was sie mit ihm gemacht hatten, wo er war und… das steigerte ihren Zorn, auf Kelanas fanatische Gefolgsleute. Dieser Zorn entfachte in ihr von neuem den Kampfesrausch und auch sie begann ihre Attacken zu verschärfen. Ihre Magie war jener von Aellia noch lange nicht ebenbürtig, aber sie war dennoch sehr stark. Seit Irisa den neuen Weg beschritten hatte, schien sie noch stärker geworden zu sein, denn nun fühlte sie die Gegenwart der Göttin viel intensiver in sich als früher. Die Liebe, all die neuen Erkenntnisse, hatten sie beflügelt und sie wusste, dass sie hier für eine gerechte Sache kämpfte. Diese Klarheit, gepaart mit ihrer neu entfachten Kampfeskraft, liessen sie schliesslich den entscheidenden Schlag gegen Polentia führen. Diese war mit dem einen Schwert, zwar immer noch sehr geschickt und behände, aber es reichte nicht aus. Als sie sich erneut auf Irisa stürzte und ihr eine weitere, schwere Wunde zufügen wollte, wich Trojanas Liebste blitzschnell zur Seite her aus. Ihre Gegnerin, nun immer weniger konzentriert, reagierte zu spät. Irisas Doppelschwert fuhr zischend durch die Luft und trennte Polentias Kopf vom Rumpf! Wie in Zeitlupe sah die jüngere Harpya, wie dieser davonflog. Sein feurigrotes, verschwitze Haar flatterte im Wind, seine stumpf gewordenen, dunklen Augen, waren in Überraschung und Entsetzen geweitet. Dann fiel er hinab in die endlose Tiefe, der von Planetenscherben durchzogenen Welt. Immer kleiner wurde er, immer kleiner und entschwand schliesslich, Irisas betrübten Blicken. Der Rumpf verharrte noch einen Moment lang an derselben Stelle, dann fiel auch er hinab. Es war ein groteskes Bild: Ein geflügelter Körper ohne Kopf, der sich einen Augenblick lang so verhielt, als sei noch Leben in ihm. Er fiel zuerst langsam und kontrolliert herab, doch dann begann er immer mehr zu schlingern und wurde wie eine leblose Puppe, von den Luftströmen hin und her geworfen, schlug da und dort gegen eine der Planetenscherben. Irisa wandte den Blick ab. Es war ein schauerlicher Anblick und sie betrauerte ihre Schwester. Doch es blieb ihr nicht viel Zeit, denn schon griff die nächste Gegnerin an, welche Polentias Tod natürlich rächen wollte.