Seite an Seite flogen die beiden Titanen an einen Ort außerhalb der üblichen Handelsrouten. Ein Asteroidenfeld. Normaler Weise war es gefährlich an einem solchen Ort, da man auf Piraten treffen konnte. Allerdings dieses Mal war es unwahrscheinlich, da sich alle Piraten auf Baldur befanden. Schnell waren alle Aufbauten für die Reparaturarbeiten an den Schiffen getroffen. Dieses Mal überließ Thomas das jedoch seinen Techniker-Teams. Mittlerweile sollten sie wissen was sie zu tun hatten. Er kümmerte sich lieber um die Restaurationen und Verbesserungen für die Mechs, sowie die Massenproduktion der Rebellion-Klasse. Das schien weitaus eher seinem Arbeitsstil zu entsprechen und es ermöglichte ihm immer noch genug Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben, wie sich um Katharina zu kümmern. Obwohl sie seine Aufmerksamkeit nach dieser Schlacht nicht mehr ganz so nötig hatte als davor. Sie hatte sich dort draußen auf eine gewisse Weise einen Status erkämpft. Den Status nun endgültig übergelaufen und vertrauenswürdig zu sein. Drake und Kujiro waren derweilen von allen Arbeiten befreit. Kein Wunder, denn man sah sie dank der rückständigen medizinischen Technik von Nathans Wiederstandsgruppe nur noch mit einer Schulterfixierung bei Kujiro oder mit einem Verband um den Kopf wie bei Drake sah. Shiro wurde weiter auf der Krankenstation zwangsweise fest gehalten, wobei Aimi ihm meist durchgehend Geseltschaft leistete. Jakob hatte als erste Aufgabe den Particle-Driver analysiert und Thomas Anweisungen zum Einbau in die anderen Mechs gegeben. Nun begann er sich der Konstruktion eines komplett neuen Mechs zu widmen. Einer Maschine, welche die letzte Schwäche der Wiederstandsgruppe ausgleichen sollte. Auf der Basis eines Messiahs begann er Veränderungen vorzunehmen. Tiefgehende Veränderungen. Die Konstruktion war maximal zu 25% fertig gestellt und es bereits nur noch wenig vom ursprünglichen Mech übrig. Nathan befand sich auf der Brücke der Blaze Luminous, als sich plötzlich auch Ray und Julian dort einfanden.
„Nathan, was tust du da?“, warf Julian verwirrt ein, als er die holographische Darstellung der vorherigen Schlacht sah.
„Wir müssen dringend die Situation analysieren“, antwortete Nathan. „Wir müssen wissen, weshalb wir diese Schlacht verloren haben, damit wir ein ähnliches Desaster verhindern können.“
„Ich bin einfach der Meinung, dass wir noch nicht bereit für ein solches Unternehmen waren. Wir waren 52 Schiffe gegen Tausende und sechs Mechs gegen Zehntausende“, sagte Ray ohne sich der Auswirkung seines Satzes bewusst zu sein.
„Moment? Sechs Mechs gegen Zehntausende hast du gesagt?“, warf Nathan ein in einem Tonfall, der darauf hindeutete, dass er eine Idee hatte.
„Das war die Situation.“
„Daraus resultiert unsere Schwäche. Es war nicht die Anzahl der Schiffe. Es war auch keine Unterlegene Technologie. Es war unser Mangel an Mechs“, sagte Nathan nachdem er sich weitere Aufzeichnungen angesehen hatte.
„Das erscheint mir logisch“, fügte Julian noch an.
„Das bedeutet du willst einen Mech in Massenproduzieren lassen?“, warf nun Ray verwirrt ein.
„Ich weiß nur noch nicht genau welchen.“
„Den Incubus würde ich sagen. Der dürfte der Vielseitigste und Stärkste sein“, antwortete Julian.
„Nein. Den zu kontrollieren ist zu schwierig für einen Anfänger“, sagte Nathan nachdenklich.
„Wenn es um Vielseitigkeit und einfache Kontrolle geht dürfte mein Undead die beste Wahl sein. Immerhin muss entweder der Pilot sterben oder der Reaktor getroffen werden, bevor dieser Mech ungefährlich ist. Dafür ist er allerdings nicht ganz so kampfstark wie die anderen.“
Es dauerte nicht lange bis Thomas alle Particle-Driver in die dafür vorgesehenen Mechs verbaut hatte. Auch die Reparaturzeiten hielten sich erstaunlicher Weise vergleichsweise in Grenzen. Lediglich der Phantom von Shiro brauchte etwas mehr Zeit. Viel mehr Sorgen bereitete Thomas dafür der Incubus. Den wiederherzustellen würde einige Tage, vielleicht sogar Wochen andauern könnte. Jakob hatte allerdings den Plan für den neuen Mech, den er Saviour nannte, fertig gestellt. Als Katharina den Hangarraum der Eternal Darkness betrat, konnte man bereits das Grundgerüst des neuen Mechtyps sehen. Thomas stand ein Stück davon entfernt und betrachtete sein bisheriges Werk. Er zuckte kurz zusammen als er Katharinas Hand auf seinem Rücken fühlte, aber als sie sich neben ihn stellte war auch dieser kurze Moment vorbei. Nicht das er nicht erfreut war sie zu sehen, er hatte nur nicht mit ihr gerechnet. Mit einem Lächeln im Gesicht reichte sie ihm etwas was wie ein Handtuch wirkte, bevor sie wieder beide Arme um seinen Hals legte und ihn dann küsste.
„Womit hab ich das denn verdient?“, fragte Thomas freundlich bevor er sich kurz den Schweiß mit dem Handtuch aus dem Gesicht wischte.
„Du arbeitest so hart, die ganze Zeit und dazu bist du so ein wunderbarer Mensch die ganze Zeit.“
„Das gleiche gilt für dich, meine Schöne“, antwortete Thomas ruhig und die beiden küssten sich zum zweiten mal. Dann trat Katharina an seine Seite und nahm seine Hand.
„Mal sehen was du so gebastelt hast“, sagte sie und beide sahen sich das Gerüst für den Saviour an.
„Das ist der neue Mech, den Jakob mich bauen lässt.“
„Sieht gut aus, so wie alles was du baust.“
„Ich bin nur nicht ganz mit der Geschwindigkeit mit der ich vorwärts komme zufrieden.“
„Wieso? Du hast doch schon so viel erreicht und das alles an einem Tag.“
Thomas wiedersprach ihr nicht. Es wäre auch nicht zweckdienlich bei einem Kompliment zu wiedersprechen. Es war nun still, keiner von beiden sagte mehr etwas. Katharina löste sich von Thomas´ Hand und umarmte ihn lieber und legte dann ihren Kopf seitlich auf seine Schulter. Die beiden waren aus eine gewisse Weise vertieft in diese Situation. Plötzlich betraten Shiro und Aimi den Hangar. Shiro war gerade von der Krankenstation gekommen und wollte unbedingt nachsehen wie weit die Reparaturen an seinem Mech waren. Kein Wunder, denn ohne diese Maschine konnte er Aimi nicht beschützen. Als die beiden Thomas und Katharina erblickten, nahmen sie sich ebenfalls an der Hand. Wenn auch nur sehr zögerlich. Alleine diese einfache Berührung löste in den beiden ein Glücksgefühl aus, aber auch eine gewisse Art von Verlegenheit. Hätten sie nicht ihre Maskierungen auf, hätte jeder sehen können wie ihre Gesichter rot anliefen. Weder Thomas noch Katharina hatten davon etwas mitbekommen. Dafür bekamen sie allerdings mit als Nathan mit einem lautstarken „Thomas, wie kommst du voran?“ in den Hangar kam.
„Siehst du doch“, antwortete Thomas ruhig und deutete auf das Grundgerüst, dass er bereits gebaut hatte.
„Sonst hast du mehr am Tag geschafft“, stellte Nathan fest.
„Hetz ihn doch nicht so. Er hat doch schon viel für die kurze Zeit gebaut“, warf Katharina ein, bekam jedoch als Antwort nur einen hasserfüllten Blick von Nathan, der ihr klar machen sollte, dass sie bei ihm besser nicht zu viel sagen sollte.
„Genau, Mann. Ich werd auch nicht grade jünger“, fügte Thomas an.
„Wasauchimmer“, antwortete Nathan und nahm drei PDAs, die er Thomas übergab. „Das sind deine nächsten Arbeiten. Beeil dich mit dem neuen Mech, der wird wichtig werden.“
„Wieso? Wir haben nicht mal einen Piloten dafür“, stellte Thomas nun sachlich fest. Und Nathan begann nachzudenken. Thomas hatte nicht unrecht. Alles was sie sonst tun konnten war, einen Anfänger in den Saviour zu setzen.
„Das stimmt nicht Thomas. Ich habe einen Piloten“, antwortete Nathan. Auch Thomas wusste sofort wen Nathan gemeint hatte, auch wenn er nicht unbedingt eine Möglichkeit in dieser Idee sah.
Das war er, der Moment auf den Kamov so lange gewartet hatte. Voller Freude schloss er das Kommunikations-Fenster in seinem Mechartigen Cockpit und gab den Befehl zum Sprung der gesamten Flotte, die nun mittlerweile über 1200 Schiffe aller Klassen, die SOUL besaß umfasste. Genau in der Mitte befand sich ein Gebilde, dass man nicht zuordnen konnte. Es war mechanisch und bestand in erster Linie aus dem prismaförmigen beinahe riesigen Kopf. Von diesem Kopf ging ein langer wirbelsäulenartiger Körper nach unten der in einem dünnen Schwanz endete, nach unten aus. Beinahe blitzförmig verliefen die beiden Arme, von denen sich die zwei oberen noch einmal in zwei spalteten und jeweils alle sechs wie die Knochen in einem Flügel endeten und wirkten. Ansonsten schien dieser Mech, der sogar noch größer als ein Titan war und eher wie eine Freiraumkolonie zu sein schien, keine weiteren Arme oder Beine zu haben. Am Kopf, direkt in der Mitte befand sich ein gigantisches, orange leuchtendes Gebilde. An den Ecken des Kopfes gingen zwei schwertartige Hörner nach hinten-oben, sowie in der Mitte ein weiteres noch größeres, welches verlief wie ein Blitz und diesem Koloss seinen Namen, Unicorn, gab. Seine ungewöhnliche Bauart und seines Metallisch graue, aber auch rot und gelb leuchtende Farbe ließen diesen Mech wirken, als wäre er nicht von dieser Welt. Das war sie, die gewaltige Vernichtungswaffe, die Kane Kamov anvertraut hatte. Die letzten Sprungtore öffneten sich schnell und auch das des Unicorn öffnete sich nun. Zielpunkt dieses Angriffes war Rakarion, eines der Industriezentren von PAIN und eine ihrer größten Waffenproduktionsstätten. Wie erwartet gab es eine kleinere Sektor-Wache in dem Gebiet, die aus fünf großen Schiffen und 30 kleineren bestand. Todesmutig stellten sie sich den 1200 Schiffen von SOUL entgegen und nahmen in erster Linie den vorfliegenden Unicorn unter Feuer. Kamov begann zu lachen, als er einen Schutzschild aus allen drei Energien und drei weiteren Partikeln aufbaute. Egal welche Waffe PAIN darauf feuerte, sie prallte einfach ab. Nicht einmal der mächtige Maelstrom der Avatare konnte dieses Monster eines Mechs aufhalten. Ungeachtet der Feinde vor sich stürmte Kamov weiter vor als plötzlich kleinere Tentakelarme aus den Flügeln ausfuhren und mit Chaos-Strahlen auf die PAIN-Schiffe feuerten. Bevor die Truppen überhaupt verstanden hatten was geschah, waren sie alle von Stacheln durchstochen und von einer Chaos-Energie-Explosion zerrissen worden.
„Ja, weiter. Nur weiter. Schickt mir mehr Spielzeug“, lachte Kamov in die Kommunikations-Anlage als er den Unicorn vor einer Kolonie platzierte und sie mit den Flügeln umschließen ließ. Anschließend durchstießen unzählige weitere dieser Tentakel die Kolonie und gaben Feuerstrahlen ab, so dass die Kolonie sehr bald ausgeräuchert war. Als der Energiekern der Station getroffen wurde löste sich der Unicorn wieder und schützte sich mit den Kugelschilden, bevor die Kolonie in einer gewaltigen Explosion verging. Kamov hatte sich den Ausräuchervorgang in einer Art Kommunikations-Fenster genau angesehen. Dabei begann er immer mehr Freude zu empfinden und noch mehr erfreute es ihn sogar, wenn er sich die Tatsache klar machte, dass er Menschen tötete.
„Das ist so geil“, lachte er weiter in die Kommunikations-Anlage während er seinen Mech auf den Planeten selbst ausrichtete. „Zeit für das Finale“, sagte er dann kurz völlig ruhig, bevor er weiter lachte. Dann begann das runde Gebilde am Kopf des Unicorns noch heller zu leuchten, bevor sich ein orange-gelber Energieball darin bildete und sich als Strahl herausstellte, der einen beinahe doppelt so großen Radius hatte wie der Unicorn hoch war. Der Planet begann sich in eine gewaltige Feuerkugel zu verwandeln als der Strahl einschlug. Die Atmosphäre verbrannte, reagierte mit der Oberfläche selbst. Dann begann dieser Feuerball langsam Risse anzusetzen, durch die langsam Lava aus dem Inneren von Rakarion nach oben stieß. Immer mehr Risse bildeten sich bevor der Planet in einer gewaltigen Explosion zerbrach und sich in Asteroiden im Sektor verteilte. Die Schiffe von SOUL und der Unicorn hatten sich bereits an einen anderen Ort in der Nähe zurück gezogen. Dies war die Macht des Planetbreakers, der Hauptwaffe des Unicorns, der in der Lage war mit einem Schuss Milliarden Menschen zu töten. Kamov lachte weiter. Es war lange her, dass er so glücklich war wie in diesem Moment. Für ihn gab es keinen Zweifel mehr, dass Kane die richtige Entscheidung getroffen hatte, ihm diesen Mech und diese Aufgabe zu überlassen. Andere Mitglieder der Flotte reagierten eher Schockiert. Für sie war soeben eine Grenze überschritten worden. Eine Grenze, die das Imperium zu einem Unrechtsstaat machte.
Wieso hatte sie auch immer so ein Pech? Da saß sie schon in einem Quartier an der Seite der Eternal Darkness und dann hatte sie nicht das Glück, dass ein Projektil, egal welches Typs in die Seite einschlug und ihr Ende besiegelte. Aber nein, genau das geschah natürlich nicht. Die Tür zu ihrem Quartier öffnete sich, das konnte sie hören. Nathan kam zu ihr. Was wollte er? Konnte er sie nicht einfach in Frieden ruhen lassen? Er sah sich langsam und ausführlich um. Das Quartier war ein einziger Müll- und Trümmerhaufen. Kein Wunder, es kümmerte sich niemand mehr darum. Helena selbst schien sich gehen gelassen zu haben. Auch wenn er schockiert war, verstand Nathan es gut, diesen Schockzustand zu verbergen. Langsam und mit einer gewissen Vorsicht ging er auf Helena zu, die sich in eine abwehrende Stellung begab.
„Was willst du von mir?“, fragte sie mit Abneigung.
„Ich brauche dich Helena. Dich und deine auf diesem Schiff weit gehenst einzigartigen Fähigkeiten.“
„Welche Fähigkeiten? Katastrophen anzuziehen?“
„Nein. Deine Fähigkeiten einen Mech zu steuern.“
„Ich kann keinen Mech steuern, ich kann nur allen Leuten den Tod bringen, mit denen ich zusammen bin.“
„Ich kann verstehen, dass du das denkst, ich kann verstehen, dass du das Leben ablehnst, aber hör mir nur kurz zu. Ich biete dir die Möglichkeit den Menschen, die dich in diese Lage gebracht haben, etwas ähnliches anzutun, Rache zu nehmen. Verstehst du das?“
„Nathan, ich kann dir nicht helfen. Und ich will dir nicht helfen, selbst wenn ich könnte“, murmelte Helena nun und sah zu Nathan auf, der lediglich verwirrt von dieser Aussage war. Man konnte es seinem Blick ansehen. „Du hast mich fallen gelassen nach meiner Rettung. Du hast mich fallen gelassen als ich dich gebraucht hätte.“
„Du fantasierst dir irgendwas zusammen, weil du schon so lange nichts mehr gegessen hast.“
„Nein. Es ist eine Erinnerung, die mich schon lange verfolgt. Sogar noch vor meiner Beziehung mit Jackson.“
Nathan hatte mit allem gerechnet, nur nicht hiermit. Er hätte niemals gedacht, dass sie ihn für ihren Zustand verantwortlich machen würde. Und das nahm ihn mit. Die Wahrheit zu hören nahm ihn mit.
„Schön. Dann vergammel von mir aus hier drinnen. Ich such mir nen anderen Piloten für den Mech“, antwortete er als er das Quartier verließ.
„Da! Du tust es schon wieder, du lässt mich alleine in Momenten in denen ich dich brauchen würde!“, schrie sie Nathan noch nach, sowie einiges weiteres, was Nathan nicht mehr verstanden hatte. Was dachte sie denn für wen er alle diese Dinge tat, diese Schlachten führte, sein Leben im Krieg riskierte und die Bewegung aufrecht erhielt? Aber das sollte ihn nicht mehr weiter interessieren. Wenn sie sterben wollte, stand er ihr nicht mehr länger im Weg. Aber jetzt galt es erst einmal jemand anderen zu finden, der in der Lage war auf einem ähnlich hohen Level einen Mech zu steuern wie sie und der Rest seines engsten Kreises es konnte.
Tatsächlich ließ sich der Rest des Saviours schneller bauen als Thomas gedacht hatte. Auch die Massenproduktionen verliefen mit erstaunlich hoher Geschwindigkeit. Es gab nur noch ein paar Teile und Leitungen am neuen Mech zu verschweißen. So dass man bereits das Ergebnis sehen und erahnen konnte. Ähnlich wie der Messiah war auch der Saviour in der Form eines mechanischen Engels gebaut. Die Teile waren jedoch weitaus massiver und der Mech insgesamt weitaus größer. Die Flügel waren nun ebenfalls weitaus größer. Einer alleine hatte eine Spannweite der doppelten Mechbreite und die Maschine verfügte über vier davon, die in X-Form auf dem Rücken angeordnet waren. Sie wirkten sehr vogelartig und hatten eine goldene Farbe. Neben den Flügeln hatte der Mech außerdem noch einen großen, goldgelben, mechanischen Heiligenschein, der nicht mal mit dem Rest des Mech verbunden zu sein schien. Der Grund-Mech selbst wirkte ähnlich wie eine mittelalterliche Ritterrüstung, allerdings nicht so unbeweglich wie eine Rüstung. Selbst Nathan staunte als er den fast fertigen Saviour im Hangar sah. Thomas verschweißte gerade die letzten Verbindungen und stellte die Maschine fertig. Dann sprang er ab, wobei er genau vor Katharina landete, die momentan moralische Unterstützung und Anreicharbeiten übernommen hatte. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass sie Thomas das Handtuch reichte.
„Das war´s dann soweit. Nur noch testen und wenn alles klar geht, ist auch dieser Kasten fertig“, kommentierte Thomas fröhlich.
„Dann sind es nur noch die anderen beiden Aufträge?“, warf Katharina mit einem Lächeln ein. „Wie lange werden die dauern?“
„Viel zu lange“, gab Thomas ihr als Antwort als er über ihre Wange strich und sie dann küsste.
„Einmal mehr eine gute Arbeit, die du da geleistet hast Thomas“, rief Nathan im näher kommen und erschreckte die beiden damit so sehr, dass sie förmlich auseinander sprangen. „Nur leider fehlt uns immer noch ein Pilot.“
„Helena hat also abgelehnt? War ja kaum anders zu erwarten.“
„Ich hab mich entschieden jemand anders zu suchen. Wenn sie krepieren will, soll sie das tun. Ich werd ihr jedenfalls nicht mehr im Weg stehen.“
„Sie ist einfach nur deprimiert, wegen Jackson.“
„Sie behauptet was anderes“, sagte Nathan nun und verwirrte nun auch Thomas sichtbar damit. „Ich soll schuld sein, ich hätte sie hängen gelassen nach ihrer Rettung.“
„Hast du doch auch“, antwortete Thomas in einem Tonfall, der eine Diskussion für ihn hörbar ausschloss.
„Ich bin lediglich von meiner Arbeit hier völlig eingenommen.“
„Das ändert nichts an den Tatsachen.“
„Fängst du jetzt auch schon so an? Was meinst du wohl für wen ich das hier alles tue? Was meint ihr alle für wen ich die Schlachten führe, in den Kampf ziehe, diese Bewegung erhalte und versuche dieses System zu verbessern? Nicht für mich selbst, nicht für Jackson und auch nicht für…“
Nathan brach seinen Satz plötzlich ab. Was machte Laura in seinen Gedanken? Sie hatte nichts dort verloren. Aber sie war genau der Grund aus dem Nathan das alles tat. Es war absolut paradox. Wieso? Wieso nahm er alle diese Mühe auf sich um ein System für eine Person zu ändern, die längst tot war? Das machte überhaupt nicht den geringsten Sinn.
„Könnte mich irgendwer aufklären um was es eigentlich geht?“, traute sich nun Katharina leise zu fragen und sie bekam sehr bald auch ihre Antwort von Thomas, der ihr die ganze Geschichte erzählte. Nathan hatte nichts mitbekommen. Er war immer noch in Gedanken. Erst als Thomas ihn direkt ansprach wurde er heraus gerissen. Nathan schüttelte kurz den Kopf. Er hatte nichts falsches getan. Niemals, nicht er.
„In Ordnung. Wir werden es noch einmal versuchen“ sagte Thomas dann.
„Macht was ihr wollt. Ich guck auf jeden Fall schon mal nach einem Ersatz“, antwortete Nathan als er den Hangar verließ.
Wie Thomas es gesagt hatte gingen er und Katharina um nach Helena zu sehen. Auch für diese beiden war es ein Schock das zu sehen, was einst ein Quartier war. Katharina schrie dabei kurz auf und klammerte sich an Thomas, schmiegte sich verängstigt an seinen Rücken. Er selbst verstand es wie Nathan seinen Schockzustand darüber zu verbergen.
„Kommt jetzt etwa der nächste?“, konnte Thomas Helena sagen hören. Sie saß in einer Raumecke auf der anderen Quartierseite. „Ich werde nicht in diese Maschine steigen.“
„Das will ich auch nicht von dir“, antwortete Thomas.
„Was willst du dann?“
„Ich will, dass du mit mir nach draußen kommst und in ein anderes Quartier ziehst.“
„Lass mich in Ruhe.“
„…in Ruhe WAS?! In Ruhe sterben?!“, schrie Thomas sie nun an.
„JA!!!“, schrie Helena zurück bevor sie in Tränen ausbrach. „Ich will nicht mehr. Und ich kann auch nicht mehr. Lasst mich alle in Frieden ruhen.“
„Ich sag dir mal was. Jackson hätte das hier so nicht haben wollen. Er hätte nicht haben wollen, dass du dich hier in diesem Trümmerhaufen versteckst und darauf wartest drauf zu gehen. Er hätte gewollt, dass du weiter lebst und dein Glück findest.“
„Verstehst du das nicht? Ich bin nicht dazu be…“ Dieses Mal war es Helena die ihren Satz abbrach. Nicht zum Nachdenken, sondern weil Katharina einen Blick hinter Thomas hervor wagte und sich dann langsam neben Thomas stellte. „Du bist…“ stockte Helena weiter, während ihr die Bilder durch den Kopf schossen. „Du hast Laura getötet. WAS TUT SIE HIER THOMAS?“, schrie Helena plötzlich, bekam aber keine Antwort. Als Katharina jedoch Thomas Hand nahm vor Schreck erklärte sich die Situation selbst. Beinahe noch plötzlicher als sie geschrien hatte sprang Helena nun auf und stürmte auf Katharina zu. Die Arme hielt sie dabei in einer Art Bereitschaftsstellung um Katharina erwürgen zu können. Bevor sie dazu kam riss Thomas sich los und packte Helena seinerseits mit einer Hand am Hals.
„Das würde ich sein lassen“, sagte er ruhig.
„Thomas. Lass sie. Wenn sie mich töten will, soll sie das tun“, warf plötzlich Katharina sehr zu Thomas´ Überraschung ein. Noch etwas wiederwillig ließ er Helena gehen, die direkt darauf geschwächt auf die Knie fiel. „Ich habe furchtbare Dinge getan in meiner Zeit bei SOUL, einiges davon mit voller Absicht, anderes wiederum ohne es zu wissen und wieder anderes war einfach ein Unfall. Diese Laura. Ich habe viel über sie von Thomas erfahren und ich weiß auch, dass sie dir wichtig war“, sprach Katharina während sie langsam auf Helena zukam. „Ich hatte niemals die Absicht auf euer beider Schiff zu feuern, ich hatte in Panik gehandelt.“
Mittlerweile schien selbst Helena die ganze Situation zu verstehen. Niemand hatte sich das alles gewünscht und dennoch war es so gekommen wie es gekommen war. Man konnte es bereits sehen, wie sich ein weiterer Tränenausbruch bei ihr anbahnte.
„Was willst du jetzt von mir? Meine Vergebung?“
„Nein. Ich will nicht dass du mir vergibst, aber ich will dass du mit nach draußen kommst und draußen glücklich werden kannst.“
Und da kam er, der erwartete Tränenausbruch von Helena. Sie brauchte jetzt irgendjemanden an dem sie sich festhalten konnte und der einzige Mensch in ihrer Nähe war Katharina, die nun vor Helena kniete. So kam es, dass Helena nun Katharina in die Arme fiel ungeachtet dessen, was sie zuvor getan hatte. Auch Katharina brach nun in Tränen aus. Was hatte sie damals nur getan? Sie hatte nicht nur einen Menschen getötet, sondern auch einen anderen zu einem sehr großen Teil zerstört. Den ersten Stein zu ihrer Zerstörung geworfen. Thomas, der das ganze bisher nur als Beobachter mit angesehen hatte, half den beiden auf die Beine, bevor er mit Katharina zusammen, die immer noch weinende Helena nach draußen brachte. Der erste Schritt zu ihrer Rückkehr in das normale Leben war damit getan und Katharina hatte sich geschworen die weiteren Schritte einzuleiten. Es durfte nicht noch einen unschuldigen Menschen durch ihre Schuld treffen, ganz besonders nicht Helena, die bereits so viel mitgemacht hatte. Thomas sah sich die beiden ganz genau an. Er war sich sicher, dass diese beiden, die so viel gemeinsam hatten, gute Freundinnen würden.
Die Reparaturen der beiden Schiffe liefen weiter und das mit einer recht hohen Erfolgsrate und bisher gab es keine Probleme mit irgendwelchen Feindkontakten. Das Weltall war eben doch groß genug für alle Schiffe, die von Menschen je gebaut wurden. Aber scheinbar eben nicht für alle Menschen, sonst würden sie sich nicht gegenseitig auslöschen, so wie sie es taten. Das neue Imperium, die Diktatur von Ronald Pain, die Vereinigung der Piratenclans und selbst Nathan und seine kleine Wiederstandsgruppe. Sie alle vernichteten andere Menschen und das so gut und gründlich sie konnten. Wofür das alles? Taten alle das nur mit dem einen Ziel, dass der klägliche Rest der überlebenden ein gutes Leben hatte? Nathan begann sich bereits wieder zu überlegen, wie er weiter vorgehen sollte. Baldur anzugreifen mit den derzeitigen Ressourcen wäre Selbstmord, auch wenn es sich nur um Piraten handelte. Es gab nur eins was sie tun konnten. Und das war sich einem PAIN-Angriff auf Tyr anzuschließen, wenn sie angriffen und das Schlachtchaos für sich zu nutzen. Thomas arbeitete in der Zeit bereits an dem neuen Incubus. Den zu bauen stellte sich als äußerst schwierig heraus. Er musste beinahe komplett von vorne anfangen und die meisten Teile wieder entfernen und dann durch komplett neue ersetzen. Meistens funktionierten diese dann noch nicht einmal richtig, oder passten nicht. Ray und Julian waren der Pilotenzuteilung für die Mechs verschrieben. Jeder an Bord der beiden Titanen wurde getestet und gegeben Falls zum Steuern der massenproduzierten Undeads eingeteilt. Drakes und Kujiros Verletzungen waren relativ schnell verheilt, so dass sie auch recht schnell wieder zum Kampf zur Verfügung standen, falls es nötig wurde. Shiro brauchte noch etwas länger, aber das schien ihm nicht viel auszumachen, denn er hatte Aimi an seiner Seite, die sich um ihn kümmerte und Helena geriet, dank Katharina, in dem ganzen Reparatur und Medizin-Chaos nicht in Vergessenheit. Es war Katharina gewesen, die Helena ein neues Quartier aufgetrieben hatte und sich nun darum kümmerte, dass sie nicht mehr ganz so herunter gekommen und fertig mit dem Leben aussah.
„Hier. Nimm die hier“, sagte Katharina als sie Helena einige Haarpflegeprodukte und Kleidungsstücke, die sie ausgesucht hatte, in die Hand drückte und sie dann in das, was auf der Eternal Darkness einem Badezimmer entsprach, schob und die Tür schloss. Am besten war es jetzt, Helena mit sich alleine zu lassen. Als sie das Quartier verlassen wollte, konnte sie hören wie Helena ihren Namen rief.
„Katharina. Fühlst du eigentlich so was wie Reue oder ein schlechtes Gewissen für deine Taten?“
„Was meinst du?“
„Alle diese Menschen, die durch dich sterben. Geht dir das nicht nach?“
„Sie verfolgen mich nachts in meinen Träumen und klagen mich an, für das was ich getan habe. Jeder Einzelne.“
„Danke.“
„Wofür denn?“
„Jetzt weiß ich, dass auch Andere so fühlen wie ich.“
„Ich denke jeder, dessen Lebensaufgabe das Töten von Menschen ist, empfindet so.“
„Ob das bei Nathan oder Ray auch so ist?“
„Ich hab keine Ahnung. Aber ich wünsche es ihnen nicht. Niemand sollte so leiden. Auch Nathan oder... Kane nicht.“
Der Gedanke an Kane bereitete Katharina einige Schwierigkeiten. Sie wusste nicht mit welchen Gefühlen sie ihm gegenüber treten sollte, wenn sie das eines Tages vielleicht noch einmal müsste. Kane zählte definitiv zu ihren dunklen Lebensabschnitten. Sie war ein Rachegeist zu dieser Zeit und genauso auf Macht aus wie der Rest des Universums. Noch dazu hatte Kane sie benutzt, sowohl als Kämpferin, als auch in anderen Hinsichten. Aber zu dieser Zeit hatte sie das glücklich gemacht, auf eine sehr eigenartige ihr heute unverständliche Art. Plötzlich öffnete sich die Badezimmertür wieder und Helena kam heraus. Sie war sichtbar rot angelaufen und es wohl nicht gewohnt solche Kleidung zu tragen.
„Na, Bitte... Schon viel besser“, kommentierte Katharina fröhlich, während Helena sich immer kleiner machte. Sie war es definitiv seit einer Weile nicht mehr gewohnt Kleidung zu tragen, die ihre Figur betonte oder ihre Haut zeigte und noch zusätzlich dazu erinnerte sie das an Zeiten in ihrem Leben, die sie lieber vergessen hätte. Das alles sah man ihr jetzt massiv an. „Hey, mach nicht so.“
„Ich fühl mich irgendwie nicht wohl, hab ich noch nie…“
„Und warum? Ich werd´s dir sagen. Weil du nicht an dich glaubst. Du hast weitaus mehr zu bieten als Tod und Zerstörung, die du angeblich anziehst, wie ein Magnet. Du musst nur etwas mehr deine guten Seiten betonen im Leben. Du hast einen tollen Körper, warum also nicht ein wenig damit angeben und ihn den andern zeigen? Ich weiß von Drake, dass du eine tolle Stimme hast. Warum nicht ein wenig bei der Arbeit singen?“
„Ich weiß nicht. Ich find das einfach nicht gut. Ich erhebe mich über andere.“
„Nein. Du betonst deine guten Seiten. Du zeigst deine Stärken, zeigst den Leuten, dass du stolz bist. Stolz darauf du selbst zu sein. Das wird dich glücklich machen. Das weiß ich. So und jetzt gehst du da raus und präsentierst dich den Leuten.“
Mit dem letzten Satz stieß Katharina sie aus dem Quartier auf den Gang. Einfach so, ohne jede weitere Rücksicht. Dann kam sie selbst dazu und verriegelte das Quartier, so dass es für Helena keinen Ort gab an den sie flüchten konnte.
„Die starren mich alle so komisch an“, sagte sie.
„Kein Wunder, so wie du vorher ausgesehen hast. Ich meine, ich wusste bis vor fünf Minuten nicht mal, dass du blonde Haare hast“, antwortete Katharina scherzhaft. Diese Worte begannen in Helena etwas auszulösen. Etwas positives. Es begann alles mit einem leisen Kichern, dass sich allmählich zu einem gesunden, fröhlichen Lachen steigerte. Katharina stimmte in Helenas Lachen mit ein.
„Macht uns das hier jetzt eigentlich zu Freundinnen?“, fragte Helena nun in einem so sicheren Ton, wie sie ihn zuletzt zu Jacksons Lebzeiten hatte.
„Zu besten Freundinnen.“