Takeru starrte das Nightshade-System schockiert an. Wo zum Geier war das denn jetzt hergekommen? Dazu war der V-förmige, flache Flügel, besonders durch seine Größe sehr beeindruckend. Das Nightshade-System wirkte als wäre es aus vielen kleineren Fragmenten, welche optisch die Form eines antiken Gasbehältnisses, auch Gasflasche genannt, hatten, zusammen gesteckt. Während eines der Fragmente wahrscheinlich lächerlich wirken würde, wirkten viele dieser Bauteile in einer horizontalen V-förmigen Anordnung durchaus beeindruckend. Triebwerke ragten nach hinten, einige Klingen nach vorne. Dazu ragten jeweils mitten auf einem Drittel der Spannweite nach links und nach rechts, jeweils ein Schwertausläufer nach oben und einer nach unten. Dazu hatte das Nightshade-System ähnliche Verzierungen wie der Akuma, was es zusätzlich noch respekteinflößender machte. Takeru begann zu lachen.
„Netter Einschüchterungsversuch, aber leider umsonst“, sprach er als er mit dem Dakaron auf das Nightshade-System feuerte. Was er jedoch nicht mitbekam, war dass sich auf der anderen Seite der Incubus mit dem Nightshade-System verband. Plötzlich begann der Flügel sich um den Incubus zu schließen und dann sollte das System mit seiner sehr komplexen Transformation starten. Als der Strahl des Dakarons bereits auf die Schlachtschiff-Energie-Schilde traf und keinen Schaden hinterließ, war auch die Transformation beendet. Bei dem Nightshade-System schien es sich um eine Art gigantisches Exoskelet für den Incubus zu handeln, oder vielleicht auch eher um einen riesigen Mech, der wiederrum von einem kleinen Mech kontrolliert wurde. Auf jeden Fall, war festzustellen, dass dieser Mech keinen Wert auf Ergonomie legte. Alles wirkte wuchtig und massiv, aber dennoch relativ hoch gebaut. Die Hände der Maschine bestanden scheinbar aus Klauen, Füße schien das Nightshade-System keine zu haben. Gewaltige Kanonen an Schultern, Hüfte und der Seite ragten nach hinten und auch die Verzierungen waren erhalten geblieben.
„Jemand wie du sollte wissen, dass jemand wie ich keine Einschüchterungen nötig hat“, sagte Nathan entschlossen. „Schließlich sind wir gleich, hab ich nicht recht?“, fügte er noch sarkastisch hinzu, während sich das Zentrum des Nightshades öffnete.
„Wenn du mich jetzt tötest, wirst du es mit dem Führer selbst zu tun bekommen, er wird dich persönlich jagen und dich zu Tode foltern wenn er dich erst hat“, stotterte Takeru weiterhin schockiert in die Kommunikations-Anlage.
„Das macht keinen Unterschied zu dem was mir jetzt ohnehin schon droht. Wie auch immer dein Name ist, im Namen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit und der unzähligen Menschen, die du getötet hast, werde ich hiermit an dir das Todesurteil vollstrecken. Der Zorn Gottes soll dich ereilen“, sagte Nathan mit einer gewissen Ironie in seinen Worten als er die eben aktivierte Waffe abfeuerte. Langsam lud sich die weiß-gelbe Energie im Zentrum auf und Blitze entluden sich zur Seite.
„HEIL RONALD PAIN!“ schrie Takeru, der bereits wusste um welche Waffe es sich handelte. „HEIL DEM FÜHRER!!!“, fügte er noch an, bevor der gewaltige Strahl aus dem Nightshade abgefeuert wurde. Tatsächlich handelte es sich um exakt das selbe ENOGOL, dass auch die Blaze Luminous hatte. Takeru hatte nicht die geringste Chance als der Strahl über ihn und seinen Stinger hinweg fegte und ihn einfach in seine molekularen Bestandteile auflöste. Aber nicht nur der Stinger wurde Opfer des ENOGOLs. Auch alle PAIN-Schiffe, die sich dahinter befanden erlitten dieses Schicksal. Noch während der Strahl aktiv war, drehte Nathan den Nightshade zusätzlich noch nach rechts, was dazu führte, dass sich der Trefferbereich stark vergrößerte. Alleine die Hälfte der nun noch vorhandenen PAIN-Truppen wurde von diesem Angriff zerstört. Direkt darauf feuerte Nathan mit gleich zwei Twilight Flames aus beiden Klauenhänden des Nightshades, welche ebenfalls eine Reihe Feindschiffe zerstörten. Wenn nun noch die Blaze Luminous mit ihrem ENOGOL feuern würde, wäre die Schlacht endgültig gewonnen. Bei allen drei Angriffen hatte Nathan trotz aller Härte peinlichst darauf geachtet, weder Helenas Saviour, noch einen eigenen Mann zu treffen. Etwas, was ihm bis gerade eben noch völlig egal war. Es schockierte ihn das festzustellen. Dafür freute es den Rest seiner Leute festzustellen, dass sich die Feinde zurück zogen. Sie hatten also tatsächlich gewonnen. Sie hatten tatsächlich die Schlacht um Tyr gewonnen. Etwas, was niemand für möglich gehalten hätte. Auf beiden Titanen brach ein großer Jubel aus, als das den Leuten klar wurde. Langsam aber sicher kehrten alle Überlebenden zu den Hauptschiffen zurück.
Es war ein beeindruckendes Bild, dass sich Helena bot, als sie als eine der ersten aus Nathans engerem Kreis auf der Eternal Darkness landete. Jedem Überlebenden wurde lautstark zugejubelt und die Leute, die gerade in seiner Nähe waren umarmten ihn. Auch Helena blieb davon nicht verschont und wurde mehrfach umarmt. Als nächstes kamen Ray, Drake und Kujiro an, direkt gefolgt von Shiro und Aimi, für welche diese Erfahrung völlig neu war und deren Blicke auf eine leichte Verwirrung hindeuteten. Thomas begann die Situation förmlich auszunutzen als er ankam und heizte die Menge, von seinem Mech aus noch zusätzlich durch Gesten an. Erst als der Akuma im Hangar ankam sprang er auf den Boden und kämpfte sich zum Mech von Katharina durch, wo er sie erwartete und auffing, als sie aus dem Mech sprang. Thomas hielt sie so fest wie er konnte ohne ihr weh zu tun, während Katharina ihn anlächelte und durch seine Haare strich. Nach einiger Zeit legte sie ihre andere Hand auf seine Wange und küsste ihn. Sie waren glücklich. Glücklich überlebt zu haben und sich wiedersehen zu dürfen. Glücklich überhaupt einander zu haben. Während das Nightshade-System wieder zur Blaze Luminous zurück kehrte, landete Nathan auf der Eternal Darkness. Er vermied es aufzufallen und bewegte sich relativ schnell zur Hangartür. Er war nicht in Partystimmung, überhaupt nicht. Ihn nahm die Erinnerung an das was er bis vor wenigen Minuten noch gewesen war mit, alle diese schrecklichen Dinge die er getan hatte, oder beinahe getan hätte, wenn es nicht Jackson, Thomas und Shiro gegeben hätte, die ihn aufhielten.
„Nathan!“, rief Ray ihm plötzlich zu, bevor er sich zu ihm durch die Menge kämpfte. „Wenn wir jetzt ein Team mit der Nightmare losschicken, können wir den Regierungssitz ein nehmen und so den Planeten übernehmen“, sagte er dann.
„Nein. Das will ich nicht“, antwortete Nathan. „Ich will es nicht so machen wie eines der Imperien oder die Piraten. Ich überlasse die Wahl zu wem sie gehören wollen dem Volk. Am besten wird es sein, wenn wir uns bald mit ihnen in Verbindung setzen“, fügte er dann noch an bevor er den Hangar verließ. Er könnte sich das niemals vergeben. Er war der Macht verfallen, so wie sein Vater, sein Bruder, wie die ganze Familie Willson, genauso wie es der Rest der Menschheit würde. Er würde sie erst einmal feiern lassen und sich dann bei diversen Leuten entschuldigen, bevor den Platz räumen würde. Das war es was ein konsequenter Mensch tun würde. Das was er tun musste, wenn er konsequent sein wollte. Helena hatte das Gespräch von ihm und Ray mit angesehen und mit gehört und auch sie nahm das Ganze mit. So sehr, dass sie wie festgeklebt an der selben Stellen stehen blieb.
„Ich hab Nathan noch nie so niedergeschlagen gesehen“, sagte sie zu Thomas und Katharina, als diese beiden neben ihr erschienen.
„Ich auch nicht“, antwortete Thomas.
„Was wohl vor und nach der Schlacht mit ihm passiert ist?“, warf Katharina in den Raum.
„Wenigstens scheint er ganz langsam wieder der Alte zu werden“, sagte Thomas und fiel damit Helena ins Wort die gerade auf Katharinas Frage antworten wollte. „Hoffen wir, dass er bald wieder richtig normal wird“, sprach Thomas weiter.
„Und bis dahin, feiern wir kräftig!“, warf Katharina ein, bevor sie sowohl Thomas, als auch Helena am Arm packte und sie beide zurück in die Menge zog. Jetzt sollten sie erst einmal Spaß haben, ganz ohne Rücksicht auf Verluste.
Der größte Teil der spontanen Partyaktivitäten war nun mittlerweile vorüber, so dass Nathan sich wieder auf die Brücke der Blaze Luminous begeben konnte ohne etwas davon mitzubekommen. Er hatte bereits eine Nachricht auf den Planeten schicken lassen und nach einem Vertreter verlangt. Nun wartete er auf eine Antwort, die er sehr bald in Form einer Kommunikations-Verbindung erhalten sollte.
„Wenn sie uns nicht angreifen wollen müssen wir sie bitten unseren Orbit zu verlassen“, sagte der Vertreter direkt ohne jede Umschweife.
„Ist das ihr Wille oder der des Volkes?“
„Das geht sie nicht das Geringste an. Sie sind Invasoren und bekommen keine Informationen von uns. Und jetzt verlassen sie unseren Orbit.“
„Sonst was? Beschießen sie uns von der Oberfläche mit Erbsen?“, warf Nathan nun sarkastisch ein. Er musste sich zusammen reißen um nicht wutentbrannt in Beschimpfungen auszubrechen. Er hatte einen Volksvertreter, keinen Vertreter der arroganten SOUL-Regierung verlangt. „Wir werden nicht gehen, bevor wir nicht haben was wir wollen.“
„Und das wäre? Wenn sie unsere Verwaltung nicht einnehmen wollen, was wollen sie dann?“
„Der Planet Tyr und dessen Volk hat nun mehrere Möglichkeiten. Er kann sich bei SOUL wieder Eingliedern, er kann sich bei PAIN eingliedern, er kann sich von Piraten annektieren lassen, er kann uns und unsere Sache unterstützen und zu uns gehören oder ganz unabhängig werden. Das ist eine Entscheidung die wir wollen, bevor wir abreißen.“
„Wir werden das Imperium niemals verraten“, unterbrach der Vertreter Nathan.
„Nanana.... Wie unhöflich. Diese Entscheidung haben nämlich nicht sie zu treffen. Ich will, dass eine Volksabstimmung darüber abgehalten wird. Im Falle einer Nichteinhaltung, werden wir die Verwaltung vom Orbit aus bombardieren und zerstören.“
Der Vertreter schluckte, denn er wusste, dass das Volk sich ganz sicher nicht für das Imperium entscheiden würde. Sein ganzer Machtanspruch wäre somit dahin. Und auch Nathan war das ganze völlig klar. Das war ebenfalls ein Grund, weshalb er sich für eine planetenweite Volksabstimmung entschieden hatte. Nur so konnte eine konfliktfreie Welt entstehen. Wenn ALLE Menschen eine Entscheidung trafen, oder zumindest die Möglichkeit bekamen etwas mit zu entscheiden.
„Wie lange habe ich Zeit um diese „Volksabstimmung“ zu organisieren?“, fragte der Vertreter nun eingeschüchtert und viel umgänglicher.
„Ich würde sagen zwei Wochen sind realistisch für ein solches Vorhaben“, antwortete Nathan und beendete die Kommunikations-Verbindung bevor der Vertreter noch etwas anderes dazu bemerken konnte. Er hasste solche Leute immer noch auf den Tod, aber er hatte nicht mehr das Recht darüber zu urteilen ob sie leben oder sterben sollten, denn er selbst war genauso geworden wie sie, wie seine schlimmsten Feinde. Immer noch sichtbar niedergeschlagen, verließ Nathan die Brücke und suchte sein Quartier auf. Jakob und Julian sahen sich beide verwirrt an.
„Was ist da draußen mit Nathan passiert?“, fragte Julian.
„Ich bin zwar Wissenschaftler aber nicht allwissend“, antwortete Jakob. „Obwohl es mich auch beunruhigt ihn so zu sehen.“
„Seine ganze Stärke ist weg. So wird er niemals bis zur Erde kommen und seinen Bruder aufhalten.“
„Ich bin mir nicht einmal mehr sicher ob dazu überhaupt jemand in der Lage ist.“
Nicht nur „Wahlkampf“ wurde in den darauf folgenden Wochen massiv betrieben. Drake, Kujiro, Thomas und Katharina begannen sich um die Organisation einer schiffsweiten Siegesfeier zu kümmern. Eine richtige Feier, nicht dieses Spontane etwas, dass nach der Schlacht stattgefunden hatte. Shiro und Aimi betraten den Raum verwirrt. Aber nachdem man es ihnen erklärt hatte, begannen sie selbst daran mitzuwirken. Helena reagierte nicht so gut darauf, als sie den Raum betrat.
„Was macht ihr da?“, rief sie schockiert.
„Wonach sieht´s denn aus?“, frage Kujiro ironisch.
„Wir organisieren ne Party“, antwortete Thomas dann auf Helenas Ausruf.
„Ohne überhaupt mal Nathan um Erlaubnis zu fragen?“
„Der ist doch im Moment so fertig mit der Welt, dass er uns alles erlaubt“, sagte Thomas.
„Außerdem ist die Moral auf Kriegsschiffen wichtig. Und was hält die Moral besser oben, als eine Siegesfeier?“, fügte Drake noch an.
„Was ist überhaupt mit dir los? Du bist so ernst geworden, seit der letzten Schlacht“, stellte Katharina fest.
„Irgendwer muss es ja sein, wenn ihr es schon nicht seid.“
„Autsch. Das hat mich tief getroffen“, antwortete Drake ironisch als er sich wieder seinem PDA widmete. „Was meint ihr? Reichen 10.000 Liter Alkohol für alle oder doch lieber nochmal so viel?“
„Alkohol?“, warf Helena noch schockierter als vorher ein.
„Ja, Alk. Und andere Drogen gibts auch“, antwortete Kujiro nun sarkastisch, obwohl es die Wahrheit war.
„DROGEN?“, schrie Helena nun aus.
„Entspann dich mal, Kleine, das wird schon nicht ausarten“, sagte Drake.
„Und selbst wenn, was wäre so schlimm daran?“, fragte Katharina verwirrt.
„Niemand hat Nathan auch nur mal in Ansätzen um Erlaubnis gefragt. Das ist so schlimm daran“, schrie Helena noch einmal, bevor sie tief durchatmete und dann wieder ruhig sprach. „Hört zu, Leute. Ich hab nichts gegen ne Party, nichts gegen ein wenig Alkohol oder andere Drogen, ich bin sogar dafür. Ich komme von gleich drei verschiedenen Piraten-Clans. Ich kenne mich also ziemlich gut aus würde ich sagen... Aber ich kann das nicht hinter Nathans Rücken machen, mit der Begründung, dass er es uns sowieso erlaubt hätte.“
„Was schlägst du also vor?“, fragte Shiro nun gewohnt sachlich.
„Ich werde zu Nathan gehen und ihn danach fragen. Macht ihr so lange mal weiter“, sagte Helena, bevor sie das Quartier wieder verließ.
„Die hast du ja gut wieder aufgebaut“, stellte Thomas fest und küsste Katharina, an die er sich dabei gerichtet hatte.
„Das meiste hat sie von selbst gemacht. Ich musste ihr nur zwei kleine Schubser geben“, antwortete sie.
Es war ein Schock für die übrige PAIN-Flotte als eine angeschlagene Überreste der Angriffsflotte von Tyr zurück kehrte. Viele Schiffe hatten große Risse, Spalten und Löcher in der Hülle, bei manchen war es sogar ein einziges Wunder, dass sie es überhaupt zurück geschafft hatten. Von den einst 2000 Schiffen waren nur 241 wieder zurück gekehrt. Eine erschreckende Bilanz für einen Angriff auf ein paar hundert Schiffe von SOUL. Ronald Pain selbst sah sich schockiert die Reste von seinem Hauptschiff aus an. Und noch schockierter war er als ihm ein noch recht junger Mann vom Kapitänsrang und nicht General Takeru Isamu selbst gegenüber trat um einen Bericht abzugeben.
„Was soll das hier? Wo ist der General?“, fragte der Diktator verwirrt.
„Mein Führer, General Takeru Isamu ist in der Schlacht gefallen“, antwortete der junge Kapitän.
„Ich hoffe ihr habt die Schlacht wenigstens gewonnen und Tyr ist eingenommen“, sagte Ronald Pain nun hörbar agressiv.
„Nein, mein Führer, also das heißt ja, die Schlacht gegen SOUL schon“, stammelte der Junge verängstigt.
„WAS JETZT?!?!“, schrie Ronald ihn an.
„Nathan Tate und sein Wiederstand sind erschienen, sie hatten eine ganze Armee aus uns überlegenen Waffen. Wir konnten sie nicht besiegen. Sie hatten mit wenigen Treffern die Hälfte unserer Flotte ausgelöscht. Wir konnten nicht…“, stotterte der junge Kapitän weiter, als Ronald Pain ihm ein Handzeichen gab ruhig zu sein.
„Wie ist es geschehen?“
„Wie ist was geschehen, mein Führer?“
„General Takeru Isamu. Wie ist er gestorben?“
„Im Kampf. Im Kampf mit Nathan Tate selbst.“
„Verstehe“, sagte der Diktator ruhig als er den Wachen im Raum ein Handzeichen gab. Wenig später packten sie den Jungen und hielten ihn fest während Takuya seinem Führer eine Hand-Waffe in die Hand gab.
„Wa... Wa... Was soll das?“, fragte der Junge Kapitän verängstigt.
„Jeder Offizier, der so kläglich in seiner Kommandantenrolle versagt, wird auf der Stelle hingerichtet. Und da sie der Verantwortliche für diese Schlacht waren, sind sie nun derjenige, der sterben wird. Keine Angst, dafür werden ihre Männer am Leben bleiben.“
„Ich hatte mich in ihnen getäuscht. DER BLITZ SOLL DICH BEIM…“, schrie der Junge noch aus bevor Ronald Pain feuerte. Die Kugel der Waffe schlug direkt in den Kopf des Jungen ein wo sie den Kopf zerplatzen ließ und einen großen Teil des Gehirns an die Wand dahinter schleuderte. Blut und Hirnflüssigkeit bespritzte die Wachen, die den Jungen fest hielten. Dennoch regten sie sich nicht weiter und brachten auf ein Handzeichen die Leiche weg. Als die Wachen weg waren schlug der Diktator mit beiden Händen so lange auf eine Konsole, bis diese in tausend Stücke zerschlagen war. Alleine seinen gepanzerten Handschuhen war es zu verdanken, dass er sich dabei nicht verletzte.
„Wo befindet sich dieser Nathan Tate jetzt?“, fragte er dann.
„Das wissen wir nicht“, antwortete Takuya.
„DANN FINDE ES RAUS!!!“
„Aber mein Führer. Der Angriff auf die Erde. Was ist mit dem? Was ist mit dem großen Ziel das Imperium von Kane Willson zu übernehmen?“, warf Hiroki schockiert ein.
„Darum werden wir uns kümmern, nachdem ich Nathan Tate gefunden habe. Und wenn ich ihn dann direkt vor mir stehen habe, werde ich so lange auf seinen Schädel einschlagen bis ich nur noch matschige Knochenreste in den Boden hämmere.“
„Es ist im Moment unmöglich für uns Nathan Tate rechtzeitig zu erreichen. Einen neuen Sprung für so viele Schiffe zu berechnen dauert Wochen!“, versuchte Hiroki seinem Übergeordneten eindringlich klar zu machen.
„Hiroki. Bist du für mich oder gegen mich? Takeru war der einzige der mir vor Jahren beistand als diese Mörder von SOUL meine Mutter verschleppt haben. Nicht einmal du hast das getan. Takeru war der beste Freund den ich hatte, immer.“
„Das ist mir durchaus klar, aber ich kann nicht zulassen, dass sie diese Mission für die persönliche Rache aufgeben. Wir stehen vor dem großen Durchbruch, den wir seit Jahren erreichen wollen. Endlich können wir die Regierung, welche es auch immer ist absetzen und unsere eigene Einsetzen. Aber das können wir nur wenn wir nicht zu lange warten!“
„Außerdem bin ich mir sicher, dass wo eine Schlacht eines solchen Ausmaßes stattfindet auch Nathan Tate erscheinen wird“, fügte Takuya noch schnell hinzu. Man konnte dem Diktator langsam anmerken wie er sich wieder besann. Takuyas Worte waren dabei ebenfalls hilfreich.
„Verstehe. Repariert die grade angekommenen Schiffe und bringt einen der Scorpion-Prototypen hier her“, gab Ronald Pain sehr zum Schock der anderen beiden Generäle als Befehl aus. Er wollte ihn also wirklich einsetzen. Den Scorpion. Eine Waffe die so mächtig war, dass alle, selbst die Generäle sich davor fürchteten. „Habt ihr das alles verstanden?“
„Jawohl, mein Führer“, antworteten die beiden fast synchron.
„DANN STEHT NICHT SO BLÖD IN DER ECKE RUM!!!“, schrie er sie an. Dann begann er zu lachen, während die Generäle beide panisch aus dem Raum stolperten. Sie hatten Recht. Sie hatten wirklich recht. Nathan Tate war es nicht Wert alle Ziele über Bord zu werfen. Gegen den Scorpion hätte auch eine Waffe wie dieser Incubus keine Chance mehr. Dessen war Ronald Pain sich sicher.
Nathan hatte sein Quartier für Stunden nicht mehr verlassen. Er konnte nicht. Er konnte nicht mehr da raus gehen, nachdem er so viele Menschen enttäuscht hatte und genauso geworden war wie seine Feinde auch. Er sah sich weiter um. Alles sah trotz der vielen Schlachten immer noch genauso aus wie immer. Alle Möbel und Dekorationen standen noch am selben Platz. Dann fiel ihm seine Musikanlage auf. Wie lange war das nun schon her, dass er selbst die Zeit für musikalische Künste gefunden hatte? Er konnte sich nicht einmal mehr so recht daran erinnern wie das so war. Und das war vielleicht auch besser so. Gerade wenn er in seine Hand sah, wo er eine Energie-Pistole hielt, war ihm wieder klar aus welchem Grund. Er begann einige Zielübungen mit der Waffe zu machen, sie schnell am Griff um seinen Zeigefinger kreisen zu lassen, bevor er sie packte und auf irgendetwas im Raum richtete. Dann begann das Spiel ein weiteres mal. Plötzlich drückte er sich den Lauf seiner Waffe an den Kopf und drückte ab. Dann begann er zu lachen. Die Waffe war nicht geladen. Kein Wunder, denn er war auch geistig noch nicht soweit das zu tun was nötig war. Diese „Übungen“ halfen ihm jedoch immer weiter dabei das Diesseits hinter sich lassen zu können. Wieder begann er die Pistole am Griff um den Finger kreisen zu lassen und richtete sie aus Reflex auf die Tür als es dort klingelte. Nathan reagierte nicht. Er beendete lediglich seine „Übung“ wieder. Ohne allzu lange zu fragen trat Helena plötzlich ein. Das Bild dass sich ihr bot war schockierend. Nathan der sich gerade darauf vorbereitete sich zu erschießen.
„WAS SOLL DAS?!?!?“, schrie sie panisch und stürmte auf ihn zu um ihm die Waffe aus der Hand zu reißen.
„Die ist nicht geladen“, antwortete Nathan ihr ruhig, im selben Ton wie er ihn früher immer hatte und auch Helena stellte fest, dass die Waffe nicht geladen oder aktiv war, nachdem sie die Pistole in den Händen hielt.
„Du hast meine Frage noch nicht beantwortet“, sagte sie dann etwas beruhigter.
„Ich werde die Konsequenzen für mein Handeln ziehen“, antwortete Nathan auf ihre Frage und verwirrte sie sichtbar damit. „Ich bin der Macht verfallen, genau wie unser Feind. Ich habe die Ideale verraten und muss deshalb als Anführer abtreten. Da ich nirgendwo sonst mehr hin kann, auch als Mensch.“
„Das ist doch Quatsch. Niemand hier will das!“
„Frag doch mal Aimi oder Katharina, oder auch Drake, Kujiro und Thomas. Ich bin mir sicher dass sie das anders sehen.“
„Das liegt hinter dir. Nathan, du kannst noch nicht gehen. Niemand außer dir kann den Incubus steuern. Und niemand kann die Waffen deines Bruders besiegen, außer dir.“
„Seine Waffen vielleicht. Aber ich bin Machtlos gegen Kane selbst. Er kämpft brutal, ohne Rücksicht und das macht ihn stark“, antwortete Nathan sichtbar niedergeschlagen. „Wenn ich besser sein will als unsere Feinde muss ich konsequent handeln. Ich habe auch schreckliche Dinge getan und muss die Konsequenz dafür tragen. Es gibt keine Entschuldigung dafür.“
„DAS BEDEUTET ABER NICHT DASS DU STERBEN MUSST!!!“, schrie Helena ihn an, während sie in Tränen ausbrach. „Niemand will, dass du stirbst. Niemand hier will das. Vor allem ich nicht.“
„All diese Tränen, nur wegen mir“, murmelte Nathan. „Wieso?“
„Weil ich…“ Helena geriet bei diesen Worten ins Stocken. Sie hatte Angst vor dieser Situation und sie wäre auch nicht besser, wenn Nathan emotional etwas stabiler wäre. Langsam ging sie Schrittweise auf Nathan zu und versuchte ihn durch mehrfaches Wiederholen der Worte hinzuhalten. Erst als sie wenige Zentimeter vor Nathan stand stoppte sie und sah ihn an. „Weil ich dich liebe“, sagte sie dann leise und blickte Nathan dann in die Augen. Sie hatte den selben Blick wie damals als noch für Frost gearbeitet hatte und Nathan gebeten hatte, dass er sie mitnahm. Es war wirklich der selbe Rehkitzartige Blick, der zugleich niedlich und verführerisch, aber vor allem nur schwer zu wiederstehen war. Helena hatte diesen Blick meistens aufgesetzt, wenn sie freundlich um etwas bat und das war es in gewisser Weise auch jetzt was sie tat.
„Ich verdiene deine Liebe nicht“, sagte Nathan als er seinen Blick von ihr wandte und an einen anderen Ort im Raum ging.
„Nathan, deine Leute Planen eine Siegesfeier für alle hier“, sagte Helena dann sichtbar schweren Herzens.
„Sollen sie haben, ist mir egal, ich bin kein Anführer mehr.“
„Wir werden Livemusik machen und ich werde auch mitwirken und Nathan, ich hätte gerne, dass du auch kommst. Egal was du noch vorhast, tu mir bitte diesen einen Gefallen und komm demnächst zu der Feier“, sagte Helena abschließend bevor sie das Quartier verließ. Sie gab ihm nicht mal die Chance ja oder nein zu sagen. Das sollte er auch gar nicht, er sollte einfach nur zur Feier kommen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass er es tun würde wäre äußerst gering.