Der Tag der Abstimmung rückte näher. Was zuerst nach einer hoffnungslosen, dummen Idee aussah wurde mit jedem vergehenden Tag wahrscheinlicher. Auf den Schiffen gingen immer mehr Nachrichten von Bewohnern des Planeten Tyr ein, die sich entweder Nathans Wiederstand anschließen wollten oder ihm Informationen über die bevorstehende Schlacht der beiden Imperien geben wollten. Einige waren doppelt, andere sinnlos und wieder andere überaus hilfreich. Sie halfen Ray dabei ein Bild der Lage zu bekommen, wenn es auch nicht vollständig war. Die vielen Unterstützer deuteten darauf hin, dass auch die Volksabstimmung überaus positiv laufen würde. Es war Jakob der am Ende Nathan das PDA mit dem Ergebnis gab.
„Verstehe“, murmelte Nathan während er den Punkt las, der am meisten gewählt worden war.
„Der Beschluss ist schon fast einstimmig“, fügte Jakob noch hinzu. „Erzähl mir bloß nicht, dass du das gewusst hattest.“
„Hatte ich nicht. Ich hätte nicht gedacht, dass die Menschen so sehr hinter uns stehen, dass sie sich auch im Volksentschied für uns entscheiden würden. Besonders nach alle dem was ich getan habe.“
„Wie werden wir jetzt weiter machen?“
„Ihr werdet weiter machen. Ich für meinen Teil bin aus der Sache damit raus. Sag Ray, dass er meinen Incubus haben kann. Wie ihr weiter macht überlasse ich ganz euch.“
„Nathan. Niemand von uns weiß wie dein Plan funktioniert. Welche Ziele wir angreifen und verfolgen sollen. Und keiner von uns kann den Incubus so gut steuern wie du es kannst. Und ich muss das wissen, ich kenne dich von allen hier am längsten.“
„Spielt keine Rolle, ich muss die Konsequenzen für mein Handeln ziehen.“
„Damit verurteilst du das ganze Projekt zum Scheitern!“, schrie Jakob Nathan plötzlich an. „Egal in wie weit du die Ideale verraten hast. Niemand sonst kann den Incubus so gut steuern wie du. Niemand. Es ist noch nicht die Zeit für dich abzutreten. Du hast noch so viele Aufgaben zu erledigen“, fügte Jakob nun noch in einem normalen Tonfall an. Nathan musste kurz darüber lächeln.
„Genau das hat Helena vor ein paar Tagen auch schon gesagt.“
„Wenn du nicht für uns hier weiter machen willst, dann tu´s wenigstens für sie.“
„Für sie?“, fragte Nathan verwirrt.
„Man muss kein Wissenschaftler sein oder besonders gut sehen können um es zu erkennen. Das Band, dass euch verbindet und das seit sie damals zum ersten Mal drüben auf deinem alten klapprigen Transporter war. Schon da konnte ich sehen, dass ihr beide zusammen gehört“
„Du hast immer versucht uns auseinander zu treiben.“
„Nur weil ich damals noch große Angst um mein eigenes Leben hatte und dachte, dass sie deine Entscheidungen zu sehr beeinflussen könnte. Ich war noch nicht so ausgeglichen wie heute. Ich war wie ein zerstreuter, alter Professor. Und das ist etwas was ich dir zu verdanken habe. Sehr viele verdanken dir sowas.“
„Ihr seid alle so schrecklich inkonsequent.“
„Konsequent sein ist ein zweiseitiges Schwert. SOUL und PAIN gehen auch konsequent vor“, sagte Jakob als sich plötzlich der Terminplaner seines PDAs mit einem Piepser meldete. „Ich sollte langsam gehen. Ich verpasse die ganze Siegesfeier.“
„DU gehst da auch hin?“, warf Nathan verwirrt ein. Denn es war definitiv etwas ungewöhnliches für Jakob.
„Ausnahmsweise. Und ehrlich gesagt, du solltest auch kommen.“
„Ich denk drüber nach“, antwortete Nathan noch bevor Jakob den Raum verließ.
Der Hangarraum der Eternal Darkness war bereits voll als Helena eintrat. Alle Schiffe und Mechs waren irgendwie im Hangar an den Rand verschoben worden um den Raum irgendwie frei zu bekommen, gerade jetzt wo man sich sicher war, dass so bald nichts mehr geschehen würde, da der Planet sich auf ihre Seite geschlagen hatte. Dazu hatten es die sechs tatsächlich geschafft den Raum und die Ausrüstung die noch im Weg stand so um zu dekorieren, dass er angenehm wirkte. Außerdem hatten die sechs eine ganze Bühne in den Raum bekommen. Wie sie das gemacht hatten wusste keiner, aber es war in jedem Falle eine gute Sache. Und ansonsten war es eben eine typische Feier. Unmengen Alkohol, Unmengen an Menschen, die sich selbst auf den Schiffen und Mechs niedergelassen hatten um genügend Platz zu haben und Live-Musik, die fast jeden Bereich abdeckte. Helena begann sich zu fragen, was sie überhaupt dort tat. Eigentlich war sie nur hier wegen Nathan und der würde garantiert nicht kommen. Plötzlich tauchte Drake vor ihr auf. „Was stehst du so blöd da rum? Du bist gleich dran“, sagte er bevor er sie zur Bühne schob.
„Ich weiß nicht ob ich das hinbekomme“, murmelte Helena verängstigt.
„Ach quatsch. Ich hab dich singen hören. Viel falsch machen kannst du echt nicht“, sagte Katharina, die ebenfalls zur Bühne gekommen war.
„Wenn ihr meint“, antwortete Helena in einem Ton der nicht gerade von Überzeugung erfüllt war. Dennoch atmete sie tief durch und trat nach vorne. Sie hatte sichtbar Angst. Kein Wunder, denn das letzte Mal stand sie mit Nathan zusammen auf einem von Frosts Konzerten auf einer Bühne vor so vielen Menschen. Sie begann den Saal zu überblicken und suchte nach ihm. Wenn Nathan da wäre, würde es die ganze Sache zumindest ein wenig einfacher für sie machen. Da sie Nathan nicht finden konnte, hatte das ganze jedoch eher den gegenteiligen Effekt. Es war ein einziges Wunder, dass sie noch nicht schwitzte vor Angst. Und dann ganz plötzlich konnte sie auf der ganz anderen Seite des Hangars jemanden sehen, der Nathan zumindest zum Verwechseln ähnlich sah. Er lehnte mit verschränkten Armen an die Hangarwand und hielt die Augen geschlossen. Scheinbar wartete er darauf, dass sie endlich anfangen würde und auch der Rest der Menge tat das. Nathans Anwesenheit trieb sie zu absoluten musikalischen Höchstleistungen, sie übertraf sich dabei sogar nach ihrem eigenen Verständnis selbst und auch der Rest der Anwesenden schien das ganze so zu sehen. Direkt nach dem Ende ihres Auftritts stürmte sie von der Bühne und kämpfte sich durch die Menge nach hinten.
„Du bist ja doch gekommen!“, rief sie fröhlich aus, als sie Nathan endlich erreicht hatte.
„Ich hätt´s auch lassen können“, antwortete Nathan ihr sarkastisch, sah ihr dann aber im Gesicht an, dass sie diese Art des Sarkasmus nicht verstanden hatte. „Aber dann hätte ich tatsächlich einen guten Auftritt von dir verpasst“, fügte er dann noch schnell an um sie wieder aufzubauen.
„Ist das dein ernst? Du meinst wirklich, dass das gut war?“
„Glaubst du ich würde über sowas Witze machen?“
Helena schien kurz zu überlegen ob sie ihrer Freude freien Lauf lassen sollte oder ob sie lieber genauso ruhig bleiben sollte, wie Nathan es wahrscheinlich tun würde. Sie entschied sich für ersteres und schrie erst mal ganz laut. Es war ein einziges Wunder, dass sie ihm dabei nicht um den Hals sprang. Nathan sah sie sich genau an, wie sie sich für die Feier noch schöner gemacht hatte als sie es schon war und diese ungewohnt körperbetonende Kleidung trug. Vor allem aber konnte er sich nicht erinnern sie jemals so glücklich gesehen zu haben. Und das nur durch zwei Sätze die er gesagt hatte.
„Komm schon. Gehen wir uns etwas zu trinken holen“, sagte sie dann, bevor sie ihn am Arm hinter sich her zog. Am Ziel angekommen, drückte sie Nathan einen Becher undefinierbaren Alkohol in Hand und nahm ihn dann mit an einen guten Sitzplatz auf einem der Schiffe.
„Nettes Gesöff. Was ist das?“, fragte Nathan nachdem er zwei kräftige Schlucke genommen hatte.
„Bier mit Schnaps gemischt. Wobei, Drake hat das gemischt also glaub ich, dass es mehr Schnaps als Bier ist.“
„Drake ist zwar nicht gerade ein helles Köpfchen aber er weiß wie man guten Alk zusammen mixt, das muss ich ihm lassen.“
„Weißt du schon, dass wir die Abstimmung gewonnen haben?“
„Jakob hat´s mir vorhin schon gesagt.“
„Wie wird´s jetzt weiter gehen? Also mit unserem Wiederstand und mit dir?“
„Was würdest du wollen? Das Ende oder dass es weiter geht? Ich zwinge niemanden mehr mir zu folgen.“
„Ich werde dir überall hin folgen.“
Diese Aussage von Helena überraschte ihn. Ein Mensch der ihm trotz allem noch freiwillig gegen Kane in den Kampf folgen würde, das überraschte ihn ein wenig, genauso wie ihn die Tatsache überraschte, dass er sie mit zwei freundlichen Sätzen glücklicher machen konnte als er sie jemals zuvor gesehen hatte. Sollte das der wahre Sinn seines Lebens sein? Für das Glück anderer zu sorgen, so wie er es mit Helena, mit Jakob und vielen anderen getan hatte? War es das wofür er wirklich kämpfte und die Welt verbesserte?
„Nathan. Ich weiß, dass du jetzt gerade eine schwierige Zeit durchmachst. Du hast dich selbst wieder gefunden und musst jetzt mit den Taten fertig werden. Aber ich will, dass du weißt, dass du nicht alleine bist, dass ich bei dir und für dich da bin, genau wie du mir immer wieder aus allen Problemen geholfen hast“, sagte Helena dann nach einer kurzen Pause, bevor sie Nathans freie Hand nahm und fest hielt. Die beiden sahen sich an. Nathan kam es dabei fast vor als würde ihr Blick in heilen, ihn innerlich erhellen und die Dunkelheit vertreiben, die ihn gefangen hielt. Unsicher kam Helena ihm näher. Sie hatte ein weiteres Mal Angst, denn Nathan war nun anders als letztes mal. Er könnte sie ablehnen, so wie er das bereits im Quartier einmal getan hatte. Bevor sie den Mut finden konnte, platzte jemand dazwischen.
„Hey Nathan. Die Band die gleich kommt sucht noch ein Mitglied. Bei denen ist auf den letzten Drücker wer ausgestiegen“, rief Drake.
„Los geh schon. Ich weiß doch, dass du es auch willst“, fügte Helena noch an.
„Ich hoffe nur, dass ich das morgen nicht bereue“, kommentierte Nathan scherzhaft bevor er sich auf den Weg zur Bühne machte. Nach einem kurzen Gespräch mit der Band über den Stil begann das metallische Inferno, wie Nathan es in seinem ersten Kommentar nach dem ersten Stück nannte. Alleine hierfür lohnte es sich weiter zu leben, das hatte er nun festgestellt. Aber als Anführer der Bewegung musste er jetzt oder später zurück treten. Das war eine Notwendigkeit, denn er war nicht als Anführer des neuen konfliktlosen Universums geeignet.
Es dauerte nicht lange bis die Reparaturen beendet und die Flotte wieder auf alter Stärke waren. Aber Ray, der bereits die Hinweise ausgearbeitet hatte, war sich sicher, dass es nicht reichen würde. Etwas trübselig stand er auf der Brücke der Blaze Luminous vor einem der strategischen Holoprojektoren.
„Was gibt´s Ray?“, fragte Nathan als er die Brücke betrat und sich vor Ray platzierte. Mit ihm zusammen war Helena gekommen, die ihm seit der Siegesfeier beinahe auf Schritt und Tritt folgte.
„Sieh dir das an antwortete Ray ihm und deutete auf den Holoprojektor, wo bereits eine geschätzte Aufstellung der Armee von SOUL erschienen war. Besonders auffällig dabei war die Fronteinheit sowie der gewaltige riesige Titan im Hintergrund, für den man eigentlich eine eigene Klasse erfinden musste.
„Das ist die Maschine mit der sie Rakarion zerstört haben“, stellte Nathan fest als er sich die Fronteinheit genauer ansah. „Aber was ist das?“, fragte er dann und deutete auf den Titan im Hintergrund.
„Das scheint das Kommandoschiff zu sein. Zumindest geht das aus den Aussagen unserer Unterstützer hervor. Allerdings konnte ich dem auch entnehmen, dass es wahrscheinlich zu stark für unsere ganze Flotte ist.“
„Aber wahrscheinlich ist es auch das Schiff, dass Kane steuern wird und wenn wir ihn beseitigen, ist der ganze Spuk vorüber.“
„Da gibt es auch einen einfacheren Weg. Wir müssen dieses Gebäude, das Zentrum seiner Macht einnehmen und eine Weile halten. Den Rest übernehmen PAIN und die Piraten für uns.“
„Das reicht mir nicht. Ich will dass wir beides machen, nur zur Sicherheit.“
„Gut. Dann wirst du ein Team auswählen, dass nach unten fliegt. Am besten Mechs und Infanterie. Die werden dann mit der Nightmare nach unten fliegen und das Gebäude einnehmen. Wir tarnen sie mit einem Code, der den Frachter als Kriegsschiff erscheinen lässt. Die anderen Schiffe von SOUL werden sie also nur auf Sicht angreifen. Der Rest der Leute hier wird sich um die Schlacht kümmern. Die Taktik ist ganz einfach. Schwarmangriff auf diesen Titanen.“
„Nein. Wenn das wirklich Kanes Schiff ist muss ich mich ihm alleine stellen. Der Rest sollte lieber versuchen mir die anderen Feinde vom Hals zu halten, so dass ich meine Sache ungestört beenden kann.“
Ray seufzte einmal tief. Das war nicht ganz das was er als Antwort haben wollte. Als er jedoch zu Nathan sah, konnte er in dessen Körperhaltung erkennen, dass er unsicher war. Auch Helena, die das ganze bisher ohne ein Wort zu sagen verfolgt hatte, fiel seine Unsicherheit auf. Langsam nahm sie seine Hand und Nathan nahm ihre. Sie versuchte ihm Sicherheit zu vermitteln, die Sicherheit, die er brauchte um seine Kraft zu finden.
„Verstehe. Dann werde ich deinem Wunsch Folge leisten“, sagte Ray dann.
„Das musst du nicht“, warf Nathan plötzlich ein. „Ich zwinge niemanden mehr zu tun was ich will. Ich bitte lediglich darum.“
„Und ich werde dieser Bitte folgen.“
„Dann ruf unsere Leute zusammen. Ich will jedem die Gelegenheit geben selbst darüber zu entscheiden in diese Schlacht zu ziehen.“
Ray nickte das ganze einfach nur ab, bevor er sich auf den Weg machte. Helena trat nun ein paar Schritte vor, dass sie genau vor Nathan stand.
„Ich bin mir sicher, dass du alles richtig machst“, sagte sie dann. „Ich vertraue dir.“
„Hoffen wir, dass der Rest das genauso sieht.“
Der gesamte Hangarraum der Eternal Darkness war voll. Alle schienen wissen zu wollen, womit es nun weiter gehen sollte. In der ersten Reihe standen alle die zum engsten Kreis von Nathan gehörten. Sie warteten auf ihn. Alle warteten sie auf diesen einen Mann, der mittlerweile eine symbolische Bedeutung für sie hatte. Es dauerte noch weitere fünf Minuten bis er endlich vor seinen Leuten erschien. Er wirkte weiterhin kraftlos, wie jemand, der nur endlich seine Ruhe haben wollte. Dennoch fand er die Energie noch einmal laut und kräftig vor seinen Leuten zu sprechen.
„Meine werten Unterstützer. Ich habe viele schreckliche Dinge getan, viele Menschen getötet, die nicht hätten sterben müssen. Und ich werde mich den Konsequenzen stellen, wenn es soweit ist. Aber die Zeit dazu ist noch nicht reif. Es gibt für mich noch eine einzige letzte Aufgabe zu erfüllen. Der Sturz des Imperiums von Kane Willson. Dafür haben wir bereits einen Plan aufgestellt, der beinhaltet jedoch, dass alle hier versammelten daran teilnehmen. Ich zwinge grundsätzlich niemanden mir zu folgen. Jeder kann an diesem Punkt aussteigen wenn er es will und ich kann es jedem nur wärmstens empfehlen, denn wir werden gegen Feinde kämpfen, die uns nicht nur durch ihre Anzahl, sondern auch durch ihre Fähigkeiten und Technologie überlegen sind. Ich will euch nichts vor machen. Es werden einige von euch sterben, vielleicht sterben wir sogar alle. Deshalb stelle ich es jedem frei ob er diesen letzten Kampf an meiner Seite führen oder sich lieber auf diesem Planeten niederlassen will. Niemand hat für seine Entscheidungen von meiner Seite her Konsequenzen zu befürchten. Deshalb frage ich nun offen und verlange auch eine offene Antwort. Wer ist bereit mir in diesem letzten Kampf zu folgen?“
Die Leute schienen sich zu beraten. Jeder sprach mit seinem Nachbarn. Der Lärmpegel stieg innerhalb kürzester Zeit auf eine unglaubliche Höhe an, wie sie nur eine Menschenmenge erreichen konnte. Plötzlich trat einer von ihnen vor. Bei diesem einen Mann handelte es sich um Drake.
„Ich werde dir folgen. Wieso auch nicht, Mann, jetzt wo du wieder der Alte bist?“, rief er so laut, dass es jeder hören konnte. Wenig später folgte Kujiro mit den Worten „Was hab ich schon groß zu verlieren?“ und dann auch Thomas und Katharina, sowie Jakob, Julian, Shiro und Aimi. Nach und nach schlossen sich immer mehr Leute an, so lange bis sich der ganze Raum, die gesamte Menge, alle Leute, die sich versammelt hatten, angeschlossen hatten und genau die geschlossene Front bildete, die Nathan brauchte um seine alte Stärke wieder zu finden. Tatsächlich musste er sichtbar seine Freudentränen zurück halten.
„Ich danke euch Leute. Ich danke euch allen. Zur gleichen Zeit möchte ich diese Gelegenheit nutzen um mich vor der Versammelten Mannschaft bei Shiro und Aimi, sowie bei Thomas und Katharina zu entschuldigen. Beides mal für mein Misstrauen. Entschuldigen möchte ich mich auch bei allen anderen, die ich in der letzten Zeit sehr hart gefordert habe und vielleicht sogar überfordert habe. Lasst uns diesen letzten Kampf gemeinsam kämpfen und diese Welt zu dem machen was sie eigentlich sein sollte. Einem wahren Paradies ohne Morde und Unterdrückung“, sagte Nathan nun abschließend und die Menge brach in großem Jubel aus. Während sie Nathan weiter ohne offizielle Party feierten, trat er selbst einige Schritte zurück.
„Das war Klasse, Nathan“, sagte Helena äußerst fröhlich, man merkte ihr auch dieses Mal an, dass sie sich zurück nehmen musste um Nathan nicht direkt um den Hals zu fallen.
„Klasse war es erst wenn wir gewonnen haben“, sagte dieser dann.
„Das werden wir. Jetzt wo du deine alte Kraft und dein altes Selbst wieder gefunden hast, gibt es keinen Grund, weshalb wir das nicht sollten.“
„Das verdanke ich alles dir. Du hast mich dazu angeregt darüber nachzudenken, du hast mich zwei mal vor dem Tod gerettet und du hast mir die Kraft gegeben, das hier zu tun.“
„Hör doch auf. Du machst mich ganz verlegen“, sagte Helena und lief rot an.
„Wieso? Ist doch nur die Wahrheit“, antwortete Nathan während er langsam auf sie zuging. Als sie nur noch wenige Zentimeter trennten legte Nathan einen Arm um ihren Rücken und eine Hand um ihren Hinterkopf, so dass sie ihm nicht entkommen könnte, selbst wenn sie es wollte. Dann küsste er sie schnell, bevor noch einmal jemand auf die Idee käme die beiden zu unterbrechen. Helena schloss die Augen dabei und hielt sie geschlossen, auch nachdem der Kuss vorbei war. Als sie ihre Augen wieder öffnete legte sie ihre Arme um Nathans Hals und küsste ihn weiter. Immer wieder, als wäre es das letzte Mal, dass sie sich sehen würden.
„Na Also, geht doch!“, rief Katharina, bevor Thomas ihr wie üblich, wenn sie einen seiner Meinung nach unpassenden Kommentar abgab, leicht mit dem Ellenbogen in die Seite piekste. „Tschuldigung“, sagte sie dann schnell in normaler Lautstärke und Thomas begann zu lachen, denn sie hatte eigentlich recht, er fand es lediglich unangebracht das Ganze so hinaus zu posaunen.
Langsam aber sicher kehrte das Leben auf den Titanen zum Normalzustand zurück. Nun ja, nicht ganz. Auf eine gewisse Weise war man nun viel entspannter an Bord. Ob das mit Nathans Persönlichkeitswandel zu tun hatte? Oder vielleicht doch viel mehr damit, dass man eine neue Bleibe gefunden hatte und nun ein Gebiet für sich hatte in dem man nicht verfolgt wurde? Nathan kümmerte sich um die Zusammenstellung des Teams, dass er auf die Oberfläche schicken wollte. Er musste sich das gut überlegen, denn das Team musste ausgewogen sein und zeitgleich die Flotte nicht zu viel Kampfkraft kosten. Aber je länger er das ganze plante umso egaler wurde ihm die Kampfkraft der Flotte. Er begann ein Team aus Helena mit dem Saviour für die Defensive, Drake und Kujiro für den Fernkampf-Angriff und Thomas für alle näheren Kämpfe zusammen zu stellen. Damit war das Mech-Team bereits perfekt, jetzt fehlten nur noch einige Infanteristen. Im Endeffekt lief das ganze darauf hinaus, dass die beiden Schiffe mit Minimalbesatzung zurecht kommen mussten und alle anderen in Schiffe und Mechs, oder zur Infanterie abkommandiert wurden. Aber das war der einzige Weg wie man unter Umständen siegen konnte. Julian wurde in die Kontrollen und Fähigkeiten der Blaze Luminous eingewiesen, während er selbst einen Nachfolger zum Kommandanten der Eternal Darkness ausbildete, denn Jakob war dazu verdammt worden die Nightmare zu steuern. Sein großer Überlebensinstinkt würde ihn schon ausreichend stärken, dass er das Schiff durch die Schlacht bringen würde. Schließlich hatte er den Frachter früher schon durch Schlachtsituationen gesteuert. Sehr bald waren auch diese Vorbereitungen alle abgeschlossen. Die Teams waren besser vorbereitet als jemals zuvor, die Technologie war noch nie in einem besseren Zustand und Jakob hatte den nächsten Sprung bereits berechnet. Jetzt galt es nur noch auf den Angriff von PAIN zu warten. Wenn der nicht stattfinden würde hätten sie nicht die geringste Chance. Ganz zu schweigen davon, dass sie die wahrscheinlich ohnehin nicht hatten. Nathan saß gerade in seinem Quartier und tat etwas, was er seit langer Zeit nicht mehr getan hatte. Er widmete sich den musikalischen Künsten. Das wäre es wohl was er tun würde, wenn das alles vorbei war. Musik machen, eine Band zusammen suchen und kostenlos auftreten. Aber es gab auch Pläne sich mit Helena auf irgendeiner tropischen Insel auf irgendeinem Planeten nieder zulassen. Er versuchte immer noch beides irgendwie zu kombinieren. Aber es war überhaupt etwas, woran er vor der letzten Schlacht nicht einmal gewagt hätte zu denken. Plötzlich betrat Helena den Raum und unterbrach ihn bei seinem Gitarrenspiel.
„Nein, nein, mach weiter. Ich bin eigentlich hier um mir das anzuhören“, sagte sie schnell und setzte sich neben Nathan. Noch etwas verwirrt und überrascht begann er das Stück weiter zu spielen. „Das war wundervoll“, begann Helena wieder zu sprechen als er fertig war. „Was war das?“
„Keine Ahnung, ich spiel grade einfach irgendwas wonach mir grade so ist“, antwortete Nathan als er sein Instrument wieder verstaute.
„Das konntest du eben schon immer ziemlich gut.“
„Ich denke, wenn wir das alles hinter uns haben werd ich irgendne Band auf machen. Egal was für ne Richtung. Hauptsache Musik. Das ist das einzige was ich sonst so machen kann, was mich nicht an Schlachten und Tod erinnert.“
„Nathan. Willst du wirklich alleine gegen deinen Bruder kämpfen?“
„Ich muss. Wenn jemand gegen ihn kämpfen kann und sollte, dann bin ich das. Außerdem wäre mir jeder der helfen wollte im weg, bei diesen Waffen. Du bist bei den Bodenteams. Sobald die Nightmare in der Atmosphäre ist, bist du relativ sicher. Niemand wird mit einem solchen Angriff rechnen. Ich denke nicht mal Kane.“
„Was ist mit dir? Werde ich dich nach dieser Schlacht überhaupt wieder sehen?“
„Wir waren selten so gut ausgerüstet wie jetzt, wir können das hier eigentlich gar nicht verlieren“, sagte Nathan und vermied es bewusst eine Antwort auf diese Frage zu geben. „Möglicherweise nicht“, antwortete er dann aber letzten Endes, als Helena wieder ihren typischen bettelnden Blick aufgesetzt hatte, dem Nathan ohnehin nur schwer wiederstehen konnte. Und bereits in dem Moment in dem er ihr seine Antwort gegeben hatte konnte er ihr wieder ansehen wie ihre Stimmungslage von großer Freude zu tiefer Depression sank, ähnlich wie in der Situation als er ihr sagen musste das Jackson gefallen war. Was sollte er denn machen? Sie hatte nach einer Antwort verlangt und anlügen konnte er sie einfach nicht, obwohl es wahrscheinlich in dieser Lage besser gewesen wäre. Noch während sie gegen ihre Tränen ankämpfte legte Nathan beide Arme um sie und nahm sie zu sich. Sie begann seine Umarmung zu erwiedern und schmiegte sich an seine Seite.
„Das ist aber alles nur eine Vermutung. Und wir haben uns alle schon oft geirrt wenn es um das Ende von Schlachten ging“, versuchte Nathan sie zu beruhigen während er sanft mit der Hand über ihr Gesicht strich. Alles was ihnen beiden übrig blieb war die Hoffnung. Die Hoffnung darauf, das Ganze zu überstehen und sich wieder zu sehen. Nathan wusste nicht wie es Helena ging, aber er schöpfte aus diesem Gefühl eine fast unendliche Kraft. Eine Kraft die ihm hoffentlich den Sieg bringen würde.