Die Post. Unendliche Dramen.
Manche davon sind klein. Wenn sie einem zum Beispiel alles in den Briefschlitz stopfen, wirklich alles und du am Ende zwischen richtigen Briefen und Werbung und einem Päckchen eine halb zerrissene abonnierte Wochenzeitschrift raus rupfst.
Die geht Selbstredend erst beim Rausrupfen kaputt, aber die Zerstörung ist unvermeidlich.
Oder wenn es in Strömen gießt, aber aus dem Briefschlitz deines Einfamilienhauses bei Heimkehr wenigstens fünf Briefe und ein Katalog herausragen. Alles durchnässt und bei wichtigen Briefen schwer bügelbedürftig.
Oder große.
Im Spätsommer 2019 kaufte ich mir einen neuen Laptop, dieses Mal mit Apfel. Ein Freund in Wien zeigte Interesse an meinem alten Laptop, der so entsetzlich alt noch nicht war. Er kaufte ihn, überwies einen Betrag noch vor Versendung, denn wozu sind Freunde gut.
Und dann kam die Post.
Immer gerne auch Gelbe Pest genannt.
Das Teil, ordentlich mit Poppfolie umwickelt, in einen Karton gepackt, adressiert und versendet, mit der korrekten Menge an Marken und exzellent beschriebenem Adressfeld, kam nie an.
Das Tracking ermöglichte es uns immerhin, zu sehen, wo es war.
Mal in Krefeld.
Dann wieder in Düsseldorf.
Plötzlich in Regensburg!
Unsere Freude war gigantisch, es näherte sich Österreich.
Doch die Freude sackte in sich zusammen, als wir anderntags lasen, dass es erneut in Düsseldorf wäre.
Nach drei Wochen witzelten wir darüber, Post nach Wien demnächst selbst vorbeizufahren.
Das ging da noch.
Wir waren noch frei.
Nach vier Wochen überwiesen wir dem Freund den Kaufbetrag zurück.
Nach fünf Wochen stellten wir fest, dass das Dings permanent zwischen Regensburg und Düsseldorf hin und her pendelte.
Zahlreiche enervierende Telefonate fanden statt.
Aus dem Arbeitszimmer hörte ich die genervte Stimme meines Mannes in Zwiesprache mit einer Bandansage.
"Eins!"
"Eins!!"
"Päckchen!"
"Nein!"
Um das Drama solcher Gespräche, die eigentlich keine sind, wissend, unterdrückte ich das Lachen.
Er war auch jedesmal einem Schlaganfall nahe, wenn er fertig war. Und das, obwohl er gesund, schlank und sportlich ist.
Ein untrainierter Übergewichtiger wäre vermutlich verstorben.
Selbstredend ließen wir es nicht auf sich beruhen. Das Gerät war intakt, zumindest bei Absendung, und hat einen Wert, von den 18 Euro Porto gar nicht erst zu reden.
Zwei Wochen vor Weihnachten kam das Paket zu uns zurück.
Nach drei Monaten also, ohne Angabe von Gründen.
Zerbeult und geschunden.
Auf dem Gesicht meines Liebsten malt sich Ärger ab. "Was haben die damit gemacht? Fußball gespielt?"
"Wenigstens ist es wieder da", rufe ich ins Arbeitszimmer, wo er das Paket öffnet, das Gerät aus der Folie befreit und es an den Strom anschließt.
Ihm schwant nichts Gutes.
Er behält Recht.
Das Ding ist defekt.
Nun ist der Gemahl in Sachen PC nicht gänzlich unbegabt, musste aber feststellen, dass es die Festplatte zerrissen hatte.
Neue Telefonate, die mich vom Arbeitszimmer fern hielten, fanden ihren Beginn.
"Eins!"
"Beschwerde!"
"Paket!"
Ich erwog, blutdrucksenkende Tabletten zu erwerben, scheiterte aber an deren Rezeptpflicht.
Am Ende erhielt er die Anweisung, online ein Formular auszufüllen, das auf der Website verlinkt wäre.
Wir hatten weder die Kraft noch die Lust eine Debatte darüber zu führen, dass es Menschen ohne Computer gibt, es also nicht realistisch sein kann, einen Schadensfall lediglich unter Benutzung des Onlineformulars melden zu können.
Er klickte den Link an.
Und erhielt die Mitteilung: Error.
Das taten wir dann drei Tage hintereinander, um stets dieselbe Fehlermeldung zu erhalten.
Neuerliche Telefonate (Eins-Nein-Beschwerde-Paket) mussten geführt werden.
"Das ist doch Absicht", maulte er einmal, als ich uns Kaffee machte, und obwohl ich normalerweise nicht dazu neige, solcherlei Dinge persönlich zu nehmen, bin ich dreimal sieben Jahre alt und kenne die Post, was mich zu folgender Erkenntnis führt: Ja, das ist Absicht.
Ungefähr Mitte Januar, nach vier Telefonaten mit echten Menschen, erhielten wir ein auszufüllendes Schadenformular mit der Post und hüpften vor Freude auf und ab.
Nein, letzteres natürlich nicht.
Nach Ausfüllen desselben waren wir gehalten, eine Postfiliale aufzusuchen, um beides, Paket und Schadensmeldung abzugeben, damit geprüft werden kann, ob das Produkt korrekt verpackt war.
Vermutlich gibt es hierüber auch eine Gesetz.
Doch in Unkenntnis eines "Versendbaren Waren-Verpackungsgesetzes" (Wahrscheinlich VWvG) hatten wir alles richtig gemacht. An der Verpackung war nichts zu beanstanden.
Hätte mich auf gewundert, man sah vor lauter Poppfolie den Laptop nicht.
Und nun begann die Zeit des Wartens.
Wir sollten eine Entschädigung erhalten.
Wir erhielten sie im April 2020 in Höhe von 56 Euro nebst Porto und defekten Laptop.
Im Grunde haben wir mit nichts anderem gerechnet, deshalb trug der Geliebte das Gerät im Zeitalter des Kontaktverbotes zu einem befreundeten Polizisten.
Soviel zum Kontaktverbot.
Hier schiefes Grinsen einfügend.
Doch was befähigt einen Polizisten, einen Laptop zu reparieren?
Er ist Computerforensiker bei der Polizei.
Das ist kein schöner Job.
Wahrlich nicht.
Es reicht, sich vorzustellen, was Kriminelle alles versuchen, auf ihren Rechnern zu löschen.
Somit war die Überprüfung unseres Laptop, aus dessen Versenkung er höchstens Katzenfotos und Romanversuche holte, eine schöne Abwechslung.
Abschließend ordne ich das Postdrama mittleren Bereich ein.
Es gab schon größere.
Aber die bedürfen einer eigenen Geschichte.