Im Gegensatz zu Spanien, war Italien im August relativ leer von Touristen, was zur Folge hatte, dass die geöffneten Gastronomien für den Fall einer plötzlichen Verdopplung von Besucherzahlen, überall chronisch unterbesetzt waren.
Verdoppelt hatte sich die Anzahl der Gäste in der Ferragosto-Woche, meint, die Woche des 15.8., der ein Feiertag ist (Mariä Himmelfahrt), an dem i.d.r. mit viel Brimborium, Feuerwerk und Kirchenbesuch das Leben gefeiert wird.
Zu diesem Zweck hält sich der Italiener am Meer auf.
In jener Woche entschieden wir an einem sonnigen Tag, das Mittagessen (Pranzo) drei Strandabschnitte weiter einzunehmen, weil sie dort, statt einer Strandbar, ein richtiges Restaurant haben, in dem es leckere Pizza gibt.
Da sitzen wir also um viertel vor eins.
Die Klamotten lässig über Bikini, respektive Badehose gestreift, nach Sonnencreme und Meer riechend, mit Sonnenbrillen auf den Nasen, unter den gespannten Sonnensegeln.
Vor uns die ordentlich aufgereihten Strandliegen und Schirme, davor das Meer.
Die Sonne grell von azurnem Himmel, das Meer rauscht und der Wein schmeckt.
Als wir ankamen, waren wir die einzigen Gäste neben einem italienischen Paar um die zwanzig, aber derweil wir da so herumsaßen und auf den Kellner warteten (lange) und bestellten, nun auf unser Essen warten (lange), füllte sich der Laden merklich.
In diesem Jahr braucht man aus oben stehenden Gründen etwas mehr Geduld und erstaunlicherweise haben die auch die meisten.
Es ist ziemlich entspannt hier, in diesem neuen Italien.
Sieht man von einzelnen Ausnahmen ab.
Trrrriiiii!
Meine Brauen schießen in die Höhe.
"Der Koch", erklärt der Liebste, der einen guten Blick in das Innere des Lokals hat, "er hat eine Elektroklingel und immer, wenn ein Gericht fertig ist, stellt er es auf den Tresen und klingelt. "
"Ah", ich nippe an meinem Wein und lächele.
Die beiden Kellner, vermutlich Familienangehörige der Besitzer, rasen mit Gerichten in Händen zwischen den Tischen hin und her.
Trrrriii! Trrrriiiiiii!
"Oh, ich glaube, er verliert die Geduld", ich zucke mit dem Daumen nach innen, komme aber nicht dazu, mich weiter damit zu befassen, weil unsere Pizzen kommen. Zufrieden reibe ich die Hände und wickele das Besteck aus der Serviette.
Trrriiiii! Triiiiiii! Triiiii!
"Wie immer lecker", nuschelt mein Mann.
Ich nicke bestätigend.
Die beiden Kellner rennen immer hektischer hin und her.
Triiii! Triiiii! Triiiiii!
Am Nebentisch gibt es Meeresfrüchtesalat, Spagetti Vongole, zwei Pizzen, und ein kleines Durcheinander, weil es nicht die Pizzen sind, die bestellt wurden.
Triiiii! Triiiii!Triiiiii!
Trii!
Triiii!
"Der Koch ist ja vollkommen hysterisch."
Triii!
Das Gewusel zweier Kellner wird immer hektischer.
Triiiiii! Triiiii! ----ein Knall---
Wir wenden uns um und sehen eben noch einen rundlichen Mann mittleren Alters, in einem weißen T-Shirt auf Jeans, darüber eine bemehlte Küchenschürze, aus dem Lokal rennen. Mit erhitzten Wangen stellt er sich neben die Palme zwischen zwei hölzerne Kioskes in den Farben des Strandabschnittes und fischt eine Schachtel Zigaretten aus der Hosentasche, und hieraus einen Glimmstängel, den er sich anzündet.
"Da hat jemand die Geduld verloren."
Ich nicke. "Aber er macht köstliche Pizza."