Zu Beginn des Frühjahrs-Lock Downs, als alle in die Baumärkte pilgerten, weil nicht anderes geöffnet war, brauchten wir Holz.
Der Zaun muss auf Höhe des Teiches dringend erneuert werden, und weil er so gemacht werden soll, wie er ist, nur in neu, macht das eine Menge Homework erforderlich.
Wozu Home Office recht nützlich ist.
In einem kurzen Exkurs könnte ich resümieren, welchen Wert Home office für das Erwerben eines Bootsführerscheins hat, aber das wäre eine andere Geschichte.
Hier brauchten wir Holz. Und eine spezielle Art Säge benötigten wir auch, die sich der Liebste von einem Freund lieh, der uns trotz Kontaktverbots besuchen kam, um sie zu bringen.
Aber er ist ja nur eine Person.
Hoffentlich.
Die Säge war also da, die Zeit und das Wetter auch.
Das Holz musste her. Massive Pfähle, quadratisch, in einer bestimmten Höhe, aber wichtiger noch, mit einem konkreten Durchmesser.
Im April brauste der Liebste in den Baumarkt und kam eine gute Stunde später ohne Holz zurück.
Ich verenge die Augen. „Hast du nichts gekriegt?“
„Ne, sieht aus wie im Sozialismus. Alles geplündert.“
„Holz?“
Ich wundere mich, sage aber nichts. Diese Art Mangel ist mir noch unvorstellbar. Sollten die Leute neben Klopapier auch 120 cm lange Holzpfähle hamstern?
Und falls ja, zu welchem Zweck.
Anspitzen und dem Virus ins Herz jagen?
Oder den Multispraedern?
Alles sehr rätselhaft, so lausche ich einigen Telefonaten mit umliegenden Baumärkten, die alle dasselbe Ergebnis haben: Kein Holz.
Das war im April.
Im Mai bestellte er die Anzahl mit korrekter Maßangabe bei Obi in Neuss.
Ging nicht anders, und hatte etwas mit Bereitschaft und Engagement des Handels zu tun. Beides vorhanden, aber holzfrei.
Im Juni erhielten wir die Nachricht, die sechs Pfähle wären da, aber von so miserabler Qualität, dass man uns nicht empfahl, sie käuflich zu erwerben.
„Em-Pfahl“, kichere ich mich auf dem Sofa kugelnd.
Neue wurden bestellt.
Im Juli, als wir durch Brandenburg düsten, direkten Weges zum Hausboot an der Havel, ich versonnen in die Landschaft schaute, den davon gibt es viel, entdeckte ich gestapelte Baumstämme in der Pampa. Bereitliegend zum Transport und zur Weiterverarbeitung.
Mit der Hand zucke ich zum Seitenfenster raus. „Da ist dein Holz.“
Als wir zurückkamen, lag ein Schreiben in unserem Briefkasten:
Sehr geehrter Herr xx
mit Bedauern müssen wir feststellen, dass sich der Liefertermin/Abholtermin für den Auftrag 52000114487 geändert hat.
Als nächstmöglicher Liefertermin wurde der 18.8. 2020 genannt. Bei Rückfragen setzen sie sich bitte unter oben angegebener Telefonnummer in Verbindung
mit freundlichen Grüßen.
Ihr Obi-Team.
Okay? Das Ding wanderte ins Fach, wir in den Wartemodus. Oftmals auf der Gartenliege liegend, mit bestem Blick auf den maroden Zaun.
Die Säge setzte Spinnweben an.
Versuche, auf Fachhandel auszuweichen, scheiterten am Holzmangel.
Es gab kein Holz.
Jedenfalls nicht mit diesen Maßen, aber auch andere waren Mangel.
Dabei hatte das Horten von Toilettenpapier längst aufgehört.
Warum also hamsterte man weiterhin Holz?
Ob ein Lied daran Schuld war?
Eines, dass suggeriert, jeder Mann müsse sein Holz haben.
Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. (Brust rausdrücken und Axt schwingen)
Mein Bart-mein Auto-mein Holz.
https://www.youtube.com/watch?v=wjXUBG15eZ8
"Vielleicht", schlage ich vor, "kriegst du irgendwo welches, wenn du ein kariertes Flanellhemd trägst und dir einen Hipsterbart wachsen lässt.
"Eher schlage ich es selbst in Canada."
"Schlagen? Das Holz hat dir nicht getan."
Wir fahren nach Süditalien, sehen unterwegs Holz (Schweiz) und überholen auf der Autostrada del Sole zwei Holztransporter.
Meine Stimme klingt schon lakonisch, als ich mit dem Daumen hin zucke und sage: „Da ist dein Holz.“
Ende August zurückgekommen, fand sich in der Post ein identisches Schreiben von Obi, lediglich mit anderem Datum. Man versprach uns, das Holz würde am 19 September verfügbar in unserer Obi-Filiale auf uns warten.
Das tat es nicht.
Inzwischen war es uns schon egal. Der bestehende Zaun war nicht mehr hübsch, aber einen Gartencenter anzurufen hatte nur zum kostenintensiven Vorschlag einer Kompletterneuerung in völlig neuem Design, hier Steine, geführt.
"Kommen Sie nicht an Holz", frage ich hintersinnig grinsend.
Der Mann fingert am Revers seines blauen Kittels. "Äh, also Holzzäune sind nicht mehr...."
Ich winke ab
Wir bestanden auf Holz.
Wir fieberten dem Holz schon nicht mehr entgegen, das man uns Mitte Oktober versprach.
Am 4 Oktober, auf dem Weg nach Meran, zählte ich vier Holztransporter ("Da ist dein Holz") und sahen in Bozen entsprechende Pfähle vor einem Baumarkt stehen.
Die Idee, sie mitzunehmen, verwarfen wir rasch. Selbst mit dem Cabrio ein Ding der Unmöglichkeiten, denn unsretwegen dürfen sie hinten raus ragen, aber man bekäme weder das Verdeck zu, noch hätten wir die geplante Menge Wein, Maronen und Äpfel mit nehmen können.
Zurück aus dem Urlaub erwartete uns ein Brief von Obi, den wir eher resigniert auf rupften und in dem zu lesen stand, dass der neue anvisierte Liefertermin der 24.11. 2020 wäre.
Wer stellt sich im November, womöglich bei strömendem Regen in den Garten und baut bei Sturm einen neuen Gartenzaun?
Richtig, wir nicht.
Gestern meldete sich der Sägenbesitzer, und fragte vorsichtig an, ob er sie kurzfristig zurückhaben könne.
Wir fotografiertem ihm das Schreiben.
Unglaublich.
Und bringen die Säge morgen ihrem Besitzer zurück.