Hatte ich einige Monate keine.
Aufgrund der Tatsache, dass ich im Rollstuhl sitze, habe ich seit Jahren medizinische Massagen und Manuelle Therapie, die dann aber im April abgesagt wurde, weil sie in der Praxis alle Panik vor Corona hatten.
Man teilte mir mit, dass sie nur noch Behandlungen durchführen, die medizinisch notwendig wären.
"Aha? Und womit belege ich die Notwendigkeit?"
"Mit einem Rezept."
"Ich habe ein Rezept."
"Ja, aber du machst so viel Sport, dass wir das im Grunde nicht brauchen."
Zahlreiche Fragezeichen schwebten über meinem Haupte.
Irrten sich mein Sportmediziner und mein Orthopäde?
Wusste es meine PT besser?
Und wie wirtschaftlich ist eine solche Entscheidung?
Egal.
Wenn sie das sagt, brauche ich es vermutlich wirklich nicht, also kam ich bis Ende August ohne all das aus---und ich merkte: Es ging nicht.
Ich konnte von Kampanien nach Sizilien schwimmen, der Sport allein reichte nicht. Mein Rücken schmerzte permanent, meine Schultergelenke sträubten sich gegen das Rollstuhlfahren.
Eine neue physiotherapeutische Praxis musste her.
Denn mal ehrlich, mit der alten wollte ich nichts mehr zu tun haben.
Seit Ende August kommt Lars. Ein schlanker junger Mann mit klappbarer Massagebank und Gesichtsmaske.
Flüchtig hat er mich auch mal ohne Maske gesehen.
Indem er klingelte, ich die Tür aufriss, aber sofort davon rauschte, nachdem ich "Moment!" gerufen hatte.
Während er die Bank im Wohnzimmer aufklappt, wusele ich im Schlafzimmer und im Bad herum, um mit Handtuch, Massageöl und Gesichtsmaske zurückzukommen.
Vielleicht sollte ich es Mund-Nasen-Schutz nennen, denn Gesichtsmaske suggeriert etwas anderes.
Dass ich mit einer Pflegemaske gegen müde Gesichtshaut zurück komme vielleicht. Ich habe eine, die ist blau.
Ich bin sicher, das erhöht den Spaßfaktor bei der Behandlung ungemein, und verschaffte mir ggf. neue Spitznamen.
Aber Mund-Nasen-Schutz?
Mein Liebster spielte in seinen jungen Jahren bald 10 Jahre American Football, und was sie dort trugen, namentlich einen Helm, ist eher das, was ich mit dem Wort Mund-Nasen-Schutz verbinde.
Als ob es nur gelte, Mund und Nase zu schützen.
Vor was denn?
Herumfliegenden Billardkugeln?
Vielleicht wird eines Tages jemand das richtige Wort für die Dinger finden, aber mir fällt etwas auf:
"Mir geht gerade durch den Kopf, dass ich dich noch nie gesehen habe", konstatiere ich, als ich auf die Bank klettere.
"Ist auch besser so", klingt es dumpf hinter seiner Maske, "Seit Monaten täglich neun Stunden das Ding im Gesicht? Ich habe überall Ausschlag."
"Okay?", ich lege mich auf den Bauch, "Mich macht die Maske nur dreißig Jahre jünger."
Wir lachen.
Was bleibt uns sonst übrig?
Aber tatsächlich würde ich ihn nie erkennen, wenn ich ihn auf der Straße träfe.
Und er keine Massagebank mit sich herum schleppt.