Du willst die Hände lieber frei haben. Immerhin könnte es statt zu einem Kampf auch zu einem Erdrutsch oder etwas ähnlichem kommen.
Unbewaffnet betrittst du eine Art Minensystem im Berg, nur unzureichend von rußenden Fackeln erhellt. Aber irgendjemand muss diese Fackeln doch entzünden ...
Wie als Antwort auf deine stumme Verwunderung ertönt ein gellender Pfiff. Du fährst zusammen und duckst dich in einen der zahlreichen Seitengänge des breiten Hauptgangs.
Dein Herz klopft wie wild. Jetzt tastest du doch nach einer Waffe. Was ist hier nur los?
Du siehst kleine Gestalten, so groß wie Kinder, durch die dunklen Schatten auf dem Gang huschen.
Nervös weichst du zurück. Wieder ein Pfiff, diesmal leiser. Dann ertönt eine menschliche Stimme.
"Wer bist du, Fremder?"
Du schluckst. "Ich ... ich will nichts Böses!"
Du siehst dich um, kannst aber niemanden erkennen, der gesprochen haben könnte. Vorsichtig machst du einen Schritt in Richtung Ausgang. Nichts wie weg hier!
Doch im Eingang stehen zwei Gestalten mit lockigem, braunen Haar und Knollennasen. Obwohl sie wie Erwachsene aussehen, reichen sie dir gerade zur Hüfte. Du starrt die Männchen an und vergisst vor Schreck, einen Schrei auszustoßen.
Sie haben Speerspitzen auf dich gerichtet. Du rührst dich nicht, um ihnen keine Gelegenheit zu bieten, dich anzugreifen.
Hinter dir ertönen Schritte. Du drehst dich um, gehetzt wie ein gejagtes Reh. Weitere kleine Menschen sind hinter dir erschienen, und einer, vielleicht ihr Anführer, tritt ohne Waffe auf dich zu.
"Was willst du dann hier?", fragt er und du erkennst seine Stimme wieder.
Eine Weile tut sich nichts, weil du nicht antwortest. Doch niemand greift dich an, also beginnst du zögerlich, deine Geschichte zu erzählen. Als du fertig bist, haben alle die Speere weggesteckt und lauschen dir gebannt.
"Unglaublich. Ein Weltenwanderer", sagt der, den du für den Anführer hältst. Er hat dunkleren Haar als die anderen, ansonsten kannst du sie kaum voneinander unterscheiden: Sie haben alle hellbraune Haut mit Sommersprossen, tragen die gleiche, lumpenartige, braune Kleidung und haben auch sehr ähnliche Gesichtszüge.
"Wir sind die Erdtrolle", stellt der Anführer seine Leute jetzt vor. "Komm, es ist Zeit für das Abendessen!"
Und ehe du dich versiehst sitzt du unter lauter Erdtrollen in einer großen Höhle und nimmst an einem gewaltigen Festmahl teil, unter dem die einfachen Holztische ächzen. Unzählige Erdtrolle bedrängen dich mit Fragen über deine Reise und drängen dich, diese und jene Spezialität zu probieren. Während du vermutlich Grubenkäfer und riesige Tausenfüßler isst - du bist so hungrig, dass du lieber nicht genauer hinsiehst - erfährst du, dass es früher einmal viele Weltenwanderer gab, die jedoch in den letzten Jahrhunderten - die Erdtrolle reden über Jahrhunderte, als wären es Jahrzehnte - sehr selten geworden sind. Weltenwanderer wurden von den Trollen immer hoch geachtet. Leider können sie dir nicht sagen, wie du nach Hause kommst, oder deine Reise überhaupt steuerst. Was sie allerdings erwähnen - ein bedrohliches Etwas, das ENDE, das immer näher rücken soll - klingt besorgniserregend.
Du darfst auch die Nacht bei den Trollen verbringen, doch am nächsten Morgen willst du weiter. Das Gerede über das Ende der Welt und das Unheil, das bald kommen soll, macht dir nicht unbedingt Mut. Denn die Erdtrolle scheinen zu erwarten, dass sich Weltenwanderer mit solchen Dingen auskennen.
- Du machst dich auf den Weg zu den Hügeln.
Kapitel 442: [https://belletristica.com/de/chapters/35535/edit]