Am nächsten Morgen steht ihr früh auf. Niemand von euch hat gut geschlafen. Du wurdest in der Nacht mehrmals wach, weil es so kalt war. So gut es ging, habt ihr euch ein wenig bewegt.
Aphiwe hat euch nach Möglichkeit versorgt, all die Verletzungen, die ihr euch bei der Flucht zugezogen habt, genauso wie eure Erfrierungen.
Nun kann Ohanzee wieder Feuermagie wirken, da er sich über Nacht ausgeruht hat. Während er um seine Hand eine Fackel erschafft, rafft ihr das Wenige zusammen, was ihr besitzt.
Die Vorräte auf der Ausdauer gehören nun dem Grund des Ozeans. Ihr habt wenig bei euch und wisst auch nicht exakt, wo ihr gelandet seid. Eure Beiboote könnt ihr auch nicht sehr weit rudern, sodass ihr sie zurücklassen und zu Fuß zum Basislager zurückkehren müsst.
Zum Glück ist Archita Misra, die dhubyanische Jägerin, sich sicher, dass sie weiß, wo ihr hinmüsst.
Also packt ihr alles zusammen, was euch geblieben ist, und stapft in einer langen Kolonne los.
"Das Wetter bleibt vermutlich ruhig", meint Noé, die vorne neben dir läuft.
"Ganz anders als unsere Leute." Hun-Ya ist von einer Runde zurückgekehrt - sie läuft eure Reihe ab und redet ein bisschen mit deinem Team. Da sie die meisten Sprachen der Anwesenden spricht, ist sie eine Art Seelsorgerin erst für die anderen Gelehrten und dann für die ganze Expedition geworden. Jetzt sieht sie dich ernst an. "Sie sind sehr unruhig."
Das wundert dich nicht. Den Untergang eines euer drei Schiffe mitanzusehen und jetzt hoffnungslos in der weißen Wüste gestrandet zu sein, würde jedem an die Nerven gehen.
Du überlegst, was du tun sollst. Deine Leute sind erschöpft - eine Pause könnte euch guttun, andererseits habt ihr es eilig und je eher ihr wieder in Sicherheit seid, desto besser. Natürlich könntest du Eneaz bitten, seine Emotionsmagie zu nutzen. Was jedoch auch eine Form von mentaler Manipulation wäre, so schwach sie auch sein mag. Außerdem ist er sicher ebenso müde wie alle anderen. Vielleicht würde ja auch ein Wanderliedchen helfen - was bei Kindern auf dem Spaziergang funktioniert, könnte ebenso gut bei einem Expertenteam im wilden Norilsk klappen. Die meisten Expeditionsteilnehmer haben ja Humor ...
Du kommst nicht dazu, deine Gedanken zu Ende zu führen, denn mit einem Mal hebt Archita eine Hand. Die blasse, silberhaarige Jägerin geht leicht in die Hocke. "Seht mal - da vorne!"
Zusammen mit dir, Noé und Hun-Ya bildet Archita die Spitze der Gruppe. Der Rest schließt nur langsam zu euch auf. Währenddessen seht ihr auf Architas Entdeckung: Fußspuren im Schnee, die rasch von fallenden Flocken bedeckt werden.
"Was hat das zu bedeuten?"
"Ich kann es nicht genau lesen, die Spur ist zu alt", murmelt Archita. "Eine größere Gruppe ist hier durchgekommen, vielleicht ein Dutzend. Erdwesen, denke ich." Sie gestikuliert hilflos. "Der Schnee hat alles zu sehr verwischt."
"Sollen wir den Spuren folgen?", fragt Hun-Ya. "Es könnte ein neues Volk sein!"
Noé schnaubt. "Oder es sind unsere eigenen Spuren. Ein Dutzend Erdwesen? Klingt verdächtig vertraut."
Archita schüttelt entschieden den Kopf, um abzustreiten, dass sie euch im Kreis geführt hat - aber sie spricht ihren Protest auch nicht aus.
Du hörst Gemurmel hinter dir. Dein Team ist unruhig. Die Botschaft von den Spuren verunsichert deine Begleiter weiter. Du merkst selbst, wie die Angst nach dir greift. Wenn du darüber nachdenken würdest, an welchem unwirtlichen Ort ihr gestrandet seid, dass ihr womöglich im Kreis lauft, dass euch, wenn ihr die beiden anderen Schiffe nicht bald findet, der Hunger oder die Kälte erwartet ...
Du straffst dich. Darüber darfst du nicht nachdenken! Jetzt musst du erst einmal die Moral heben. Euer aller Überleben könnte davon abhängen, dass ihr jetzt nicht die Hoffnung verliert.
Du ...
- ... lässt deine Leute rasten.
[https://belletristica.com/de/chapters/256282/edit]
- ... lässt Eneaz zaubern.
[https://belletristica.com/de/chapters/256283/edit]
- ... lässt ein Lied singen.