17 – Blöde Regel
Woher Berger glaubte, den Weg zu kennen, war Erik ein Rätsel, also stapfte er seinem Lehrer lediglich gedankenverloren hinterher. Ein Schritt nach dem anderen. Zu mehr war Erik im Augenblick nicht fähig, denn in seinem Kopf rasten weiterhin zu viele verwirrende Gedanken.
„Ach, übrigens ... Zehn Meter“, meinte Berger irgendwann gelassen und sah über die Schulter hinweg zu Erik.
Verwundert runzelte er die Stirn und blieb stehen. „Wie bitte?“
Berger stoppte ebenfalls und sah Erik mit diesem leeren und undeutbaren Blick an, den er so oft zeigte: „Sie werden sich nicht weiter als zehn Meter von ... einer Begleitperson entfernen.“
„Das ist ja wohl ein Witz“, rutschte Erik entrüstet heraus, bevor er darüber nachdenken konnte, welchen Ton er dabei gleich mit anschlug.
„Nein.“ War das schon wieder ein beschissenes Grinsen, das an den Mundwinkeln von dem Blödmann zog?! „Ich habe Ihnen gestern gesagt, dass Sie mir gerne zeigen können, dass Sie keinen Aufpasser brauchen. Heute scheinen Sie eher das Gegenteil beweisen zu wollen. Das ist die Konsequenz.“
‚Scheiße!‘
Erik keuchte. Aber alles, was ihm als Entgegnung einfiel, war das gleiche lahme ‚ich bin kein Kind mehr‘, das er Berger gefühlt den ganzen gestrigen Tag an den Kopf geworfen hatte. Dass Erik eben ohne die Hilfe von dem Blödmann vermutlich reichlich aufgeschmissen gewesen wäre, ließ sich leider nicht leugnen.
„Na los. Wir sollten zum Rest der Gruppe zurückkehren“, meinte Berger lapidar und drehte sich erneut um.
Erik wollte etwas entgegnen, hatte jedoch keine Ahnung. Eben noch war da diese geradezu irre Idee gewesen, dass Berger womöglich genau der Mann war, der ... Bevor er den Gedanken zu Ende denken konnte, schob Erik diese schon wieder aufkommende Absurdität zurück in die Untiefen seines kranken Hirns.
‚Ganz sicher hast du kein Interesse an deinem Lehrer!‘, keifte es bereits entsprechend trotzig in Eriks Kopf. ‚Und schon gar nicht für irgendetwas, das nach Beziehung klingt!‘
Wie auch immer Berger es schaffte, sie aus diesem Labyrinth zurück zum Marktplatz zu führen, irgendwann kamen sie dort an. Ein Blick auf die Uhr an der Kirche zeigte, dass sie, seit dem Abmarsch an der Herberge, nur etwa zwei Stunden unterwegs gewesen waren. Trotzdem ging es allmählich auf Mittag zu. Wenigstens hatte das reichhaltige Frühstück ausgereicht, damit Eriks Magen sich nicht jetzt schon grummelnd meldete.
„Ah, Herr Berger, da sind Sie ja“, bemerkte Frau Farin mit einem Lächeln und trat auf sie zu. „Wo waren Sie denn, ich habe Sie gar nicht gesehen?“
„Am Ende der Gruppe“, gab Berger beiläufig zurück. „Aufpassen, damit uns keiner verloren geht.“
Ohne weitere Erklärung trat Berger um seine Kollegin herum und ließ einen kurzen Blick über den Platz schweifen. Erik war sich sicher, dass der Kerl sofort wusste, ob alle Schüler da waren oder nicht.
Ein paar Meter entfernt stand Pierre und plauderte gut gelaunt mit mehreren Schülerinnen. Frau Hirvi war mit einigen anderen weiter links. Der Rest verteilte sich in kleinen Grüppchen über den gesamten Marktplatz. Wäre heute tatsächlich Wochenmarkt gewesen, hätte die Hälfte von ihnen sich vermutlich bereits in der Deckung zwischen den Buden abgesetzt.
Mit finsterem Blick beobachtete Erik, wie Berger zunächst auf Pierre zutrat und dem freundlich lächelnd die Hand schüttelte. Die beiden tauschten ein paar Worte aus. Als der junge Franzose sich dann auch noch mit einem garantiert falschen, scheuen Lächeln die Haare hinter das Ohr strich, spürte Erik ein Brennen im Bauch. Zusammen mit dem ekelhaft metallischen Geschmack, der erneut aus seinem Magen nach oben kroch.
Das wurde erst besser, nachdem der schillernde Pierre sich endlich verzog. Berger sprach noch einmal mit seinen Kolleginnen. Das dreifache Nicken dürfte wohl heißen, dass sie sich einig waren. Was auch immer, ihre Aufpasser beschlossen hatten, Erik wurde das Gefühl nicht los, es würde ihm nicht gefallen.
„Bis zum Abendessen haben Sie alle den restlichen Tag zur freien Verfügung“, rief Frau Farin kurz darauf über den Platz und erntete damit primär von der Truppe rund um Sandro wohlverdienten Jubel.
Was Erik davon halten konnte, wusste er allerdings nur zu gut. Schon wanderte sein Blick zu Berger, dessen Augen sich förmlich in Erik zu bohren schienen, als er lautstark ergänzte: „Und denken Sie daran, dass Sie nur in Gruppen von mindestens zwei Leuten unterwegs sind.“
Die neu aufgestellte zehn Meter Regel ließ der Kerl glücklicherweise stecken. Finster starrte Erik zurück. Schon wieder sah es aus, als würde Berger Spaß daran haben, ihm eins auswischen zu können. Aber sofort sträubte sich etwas in Erik. Von wegen!
Nicht weiter als zehn Meter von einer Begleitperson entfernt? Das hieß noch lange nicht, dass das ausgerechnet Berger sein musste. Erst recht, so lange da diese total bescheuerte Stimme in seinem Kopf weiterhin behauptete, dass er mehr als nur sexuelles Interesse an einem verfluchten Lehrer haben könnte!
Hastig wandte Erik sich ab und schlenderte möglichst unauffällig hinüber zu Frau Hirvi. Wenn er lange genug hier rumstand, würde er mit ihr mitgehen können, während Hanna und der Rest der Schülerinnen Berger irgendwo anders hin verschleppten. Der Gedanke gefiel Erik zwar auch nicht sonderlich, aber im Augenblick gewann der Trotz. Und etwas Abstand zu dem Blödmann würde vermutlich auch Eriks durchgeknalltem Hirn nicht schaden.
Berger hatte den beiden Lehrerinnen bestimmt nichts davon erzählt, dass Erik sich nicht von ihnen entfernen durfte. Und selbst wenn, würde das keinen Unterschied machen. Bei einer der beiden würde Erik garantiert irgendwann im Laufe des Nachmittags Gelegenheit bekommen, sich abzusetzen.
„Erik?“, fragte da jemand leise neben ihm. Irritiert, da er mal wieder aus seinen Gedanken gerissen hatte, sah er nach rechts. Und sich selbst damit prompt erneut Sophie gegenüber.
‚Was will die denn schon wieder?‘
Verwundert sah Erik sich um, aber niemand sonst schien auf sie zu achten. „Ja, Sophie?“, murmelte er verhalten.
„Ich hab dich gar nicht mehr gesehen vorhin. Bei der Führung.“
Na toll. Und was sollte er jetzt sagen? Dass er zu blöd gewesen war, den Anschluss zu halten? Deshalb fast von irgendwelchen schmierigen Typen überfallen und verprügelt worden war? Okay, nicht nur ‚fast‘, sondern ganz. Definitiv wollte Erik nichts davon sagen, dass es ausgerechnet Berger gewesen war, der ihn aus dem Schlamassel rausgeholt hatte.
Und eben weil er nichts davon sagen wollte, antwortete Erik irgendwann möglichst gelassen: „War ganz am Ende der Gruppe.“
„Ach ja?“
„Ja.“
Sophie sah ihn weiterhin so komisch an. Und Erik mochte weder den Blick noch die Aufmerksamkeit an sich. Seine Augen zuckten nervös hin und her und versuchten, irgendwo einen Punkt zu finden, der einigermaßen unverfänglich war, während er darum kämpfte, die in seinem Kopf rasenden Gedanken in den Griff zu bekommen.
Zunächst sah Erik zu Sophies Stirn, denn die lag über den Augen, die meisten Menschen fanden es irritierend, wenn er ihnen nicht einmal ins Gesicht sah. Aber als er auf die braunen Ponyfransen starrte, war alles, was Erik sah, dass sie schief geschnitten waren, und das irritierte ihn noch mehr. Also versuchte er es mit dem linken Ohr. Auch das war meistens recht unverfänglich. Der im Sonnenlicht blinkende Ohrring lenkte ihn aber schon wieder ab.
„Ich ... also wir ... wollten uns, was zum Mittagessen suchen. Pierre meinte, da hinten gibt es einen kleinen Laden, der superleckere Crêpe macht“, fuhr Sophie stammelnd fort.
‚Was zum Teufel soll das?‘, fragte Erik sich schon wieder.
Zusammen der Irritation und der Unsicherheit stieg jedoch auch allmählich Wut in ihm auf. Wollte sie sich über ihn lustig machen? Er konnte sich nicht daran erinnern, Sophie jemals mit Sandro und der Affenbande gesehen zu haben. Trotzdem brannte der Gedanke, dass sie irgendeinen Scheiß mit ihm abziehen wollte sich durch seinen Magen.
„Ich habe nicht wirklich Hunger“, murmelte Erik deshalb – unsicher, wie er auf die plötzliche Aufmerksamkeit reagieren sollte. Dass Sophie versucht hatte, ihn letzte Nacht anzumachen war schon verwirrend genug. Aber er hatte ja wohl unmissverständlich klargemacht, dass er kein Interesse an ihr hatte. Also was wollte sie jetzt noch erreichen?
„Sophie!“, rief schließlich eines der anderen Mädchen. „Was ist denn nun?“
„Moment!“, antwortete sie hastig und drehte sich zappelnd wieder zu Erik. „Also? Willst du mitkommen? Vielleicht können wir ja noch ein bisschen ... reden. Oder so?“
„Ich bin wirklich nicht hungrig“, presste Erik heraus. Sie nickte, aber die Enttäuschung war nicht zu übersehen – auch wenn er nach wie vor nicht verstand, woher das auf einmal kam und vor allem was es sollte.
In Eriks Kopf schossen weiterhin die Gedanken vollkommen quer. Unfähig, irgendwo einen Punkt zu finden, an dem sie sich festhalten konnten. Der einzig vernünftig erscheinende Entschluss, der sich in den Vordergrund drängte, war zuzusehen, dass er von hier wegkam. Und dafür brauchte er lediglich Frau Hirvi zu folgen.
Dummerweise war die, als Erik sich umdrehte schon weg. Hastig drehte er den Kopf nach links und rechts. Vielleicht war sie ja noch irgendwo am Rand vom Marktplatz zu sehen. In dem Fall bräuchte Erik ihr nur hinterherlaufen. Wenn nicht die Hirvi, dann wenigstens Frau Farin. Irgendeine der beiden musste ja schließlich noch hier sein.
„Haben Sie eine Verehrerin?“, raunte plötzlich eine nur zu vertraute Stimme neben Eriks Ohr und ließ diesen zusammenzucken.
‚War ja klar, dass der Kerl noch da ist.‘
„Wüsste nicht, was Sie das angeht“, gab Erik ungehalten zurück.
Krampfhaft versuchte er, sein prompt heftiger schlagendes Herz unter Kontrolle zu bringen. War ja schließlich nicht so, als ob es irgendeinen Grund dafür gäbe, dass es derart raste. Weder wegen Sophie noch wegen des Blödmannes, der so beschissene Fragen stellte. Welche, deren Antwort nach diesem verdammten Schuljahr ja wohl auf der Hand liegen sollte!
Berger trat um Erik herum und stellte sich direkt vor ihn. Mit den Händen hinter dem Rücken und leicht schief gelegtem Kopf schien der Blödmann Erik für einen Moment lediglich zu mustern. Prompt bemerkte dieser, dass er bei Berger mal wieder kein Problem hatte, dem ins Gesicht zu sehen – sogar in die Augen. Im Gegenteil war es hier eher problematisch, eben nicht hinzusehen.
Plötzlich schob Berger sich auf die Zehenspitzen und lehnte sich vor. Leise flüsternd meinte er: „Geben Sie mir doch bitte vorher Bescheid, sollten Sie ... das Verlangen nach Gesellschaft in ihrem Einzelzimmer haben.“
Erik war sich sicher, dass sein Kopf prompt vor Scham explodierte. Nicht etwa, weil Berger andeutete, dass er womöglich ausgerechnet mit Sophie in diesem Zimmer landen würde, wohlgemerkt. Sondern vielmehr aufgrund der spitzen Bemerkung von Eriks mentalem Quälgeist. Dahingehend, dass Berger sich mit dem blöden Spruch selbst als Besucher anbot.
‚Ganz sicher nicht!‘
Bevor es peinlicher wurde, tauchte die Weibertruppe rund um Hanna auf und fragte Berger, ob der nicht mit zum Strand gehen wollte. War schon wieder ein Flattern in Eriks Bauch. Eines, das da nicht hingehörte. Erst recht nicht, weil es dieses geradezu hinterhältige Grinsen auf Bergers Lippen war, das es auslöste.
Da hatte nichts in Eriks Bauch zu flattern wegen eines Lehrers. Niemals! Genauso wenig wie irgendwelches Ziehen, Reißen oder ähnlich Vergleichbares.
Aber natürlich antwortete Berger mit genau den beiden Worten, die Erik so gar nicht hören wollte: „Warum nicht?“
Erik wären da reichlich Gründe für eingefallen. Allen voran, dass er nicht gerade ein begeisterter Schwimmer war. Außerdem natürlich die Tatsache, dass er am vorherigen Tag schon deutlich zu viel Sonne abbekommen hatte. Dazu der halbsteife Verräter unterhalb der Gürtellinie. Und selbstverständlich nicht zu vergessen: Erik hatte schlicht keinen Bock darauf die nächsten Stunden zuzuschauen wie Hanna und die übrigen Weiber Berger schmachtend hinterherhechelten.
‚Weil du das nicht darfst?‘
Nein! Oder vielleicht doch. Wenigstens den Teil mit dem Schmachten. Natürlich aus rein sexuellen Gründen. Hormonbedingt. Ganz sicher bezog sich Eriks Interesse ausschließlich darauf, dass er den Kerl nackt sehen wollte. Aus rein informativen Gründen. Damit der Quälgeist das Bild in den mentalen Pornos endlich vervollständigen konnte.
‚Scheiße!‘
Der Gedanke war dermaßen falsch, dass Erik gar nicht wußte, wo er anfangen sollte, die Fehler zu suchen. Für einen Augenblick schloss er die Augen und versuchte, sein weiterhin hämmerndes Herz zu beruhigen. Berger war nur ein geiler Arsch.
‚Er hat einen geilen Arsch‘, korrigierte etwas in Erik prompt. ‚Und du willst ihn endlich ohne die langen Hosen sehen.‘
Erik unterdrückte ein Stöhnen. Es ließ sich nicht leugnen. Ja, bei dem Gedanken, dass er Berger womöglich doch endlich wenigstens halb nackt zu Gesicht bekommen würde, sackte ihm das Blut in den Schritt. Und es war verdammt noch einmal tatsächlich unfair, dass Erik sich wegen seines halbsteifen Verräters schämen sollte, während Hanna sich ihr Höschen aus demselben Grund nass machen konnte, ohne dass es gleich jeder sah.
‚Heute ist das verfluchte Hemd dunkel. Das hält der am Strand nicht lange aus‘, zuckte es Erik bei einem Blick zu Berger durch den Kopf.
Der schien weiterhin auf eine Antwort zu warten. Dabei hatten die anderen Erik doch gar nicht gefragt. Trotzdem hob Berger die Augenbrauen. Innerlich fluchend, weil er der Versuchung einfach nicht widerstehen konnte, rang Erik sich ein Lächeln ab.
Sollte ihm dieser Ausflug zum Meer endlich ein paar anregende Ausblicke gewähren, wäre es das auf jeden Fall wert. Außerdem hatte er ja Anweisung bekommen, sich nicht weiter als zehn Meter zu entfernen. Was blieb ihm also für eine Wahl, wenn er nicht riskieren wollte, dass der Blödmann seine neue aufgestellte Regel über den halben Marktplatz plärrte?
Also folgte Erik sowohl Berger als auch den vier Mädels, die sich um ihn scharten. Zwar erntete er für seine bloße Anwesenheit zunächst irritierte Blicke, die Damen waren allerdings schnell von ihrem Schwarm abgelenkt. Zu sehr, als dass sie Erik weiterhin ihre Aufmerksamkeit geschenkt hätten.
Wenigstens würde er Berger mit der Aktion ebenfalls den Nachmittag am Strand mit seinem Fanklub verpatzen. Na gut, vermutlich versaute Erik damit eher Hanna und den anderen etwas, aber das war schließlich ebenso ein Grund, hier einen auf Spielverderber zu machen.
Zehn Meter? Mal sehen, was Berger davon hielt, wenn Erik ihm einfach auf die Pelle rücke, wo es nur ging.
✑
Kaum waren sie am Strand eingetroffen, liefen zwei der Mädchen voraus und breiteten ihre Handtücher demonstrativ im Sand aus. Der Kommentar, dass sie doch alle hier wunderbar sitzen könnten, ließ es mal wieder unschön in Erik brodeln. Zumal die Aufforderung vermutlich nicht an ihn selbst gerichtet gewesen war.
‚Na und?‘
Berger antwortete nicht, holte stattdessen das gleiche Handtuch aus dem Rucksack, das Erik vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden auf den eigenen Beinen vorgefunden hatte. Der Gedanke an dieses Fiasko ließ ihm einen Schauer die Wirbelsäule entlang laufen. Die Aussicht darauf, dass Berger noch einmal diese Creme auf seinem Rücken verteilte war allerdings Wunsch und Albtraum zugleich.
So sehr sich ein Teil von Erik dagegen sträubte, bei dem Gedanken Bergers Hände erneut auf seiner Haut zu spüren, kam prompt das Kribbeln in Eriks Bauch zurück. Ebenso umgehend verstärkte sich das Pochen in seinen Lenden. Schnell schüttelte er den Kopf und zerrte das eigene Badetuch aus dem Rucksack.
‚Reiß dich zusammen!‘
Mit entschlossenem Gesichtsausdruck breitete Erik es direkt hinter Berger auf dem Sand aus – keine zwei Meter entfernt. Die irritierten Blicke der Mädchen ignorierte Erik. Die blöde Hanna saß auch nicht weiter von Berger weg.
‚Gleiches Recht für alle hormongesteuerten Vollidioten!‘
Weil Erik das dem Blödmann gegenüber das aber ganz sicher nicht zugeben würde, ließ er sich mit verkniffenem Gesicht auf das Handtuch fallen und legte sich mit dem Rücken zu Berger gewandt auf die Seite. Er musste sich hier schließlich nicht mehr als notwendig selbst quälen.
Ob das wirklich helfen würde, Eriks verräterischen Körper unter Kontrolle zu halten, war eine andere Frage. Zumindest konnte er vorerst die Beine ein Stück weit anziehen und die eigene noch immer nicht ganz verschwundene Erregung verstecken.
Langsam schloss Erik die Augen und atmete tief durch. Sofort ermahnte ihn seine innere Stimme bloß nicht schon wieder einzupennen. Auch wenn er diesmal das T-Shirt noch anhatte, wollte Erik dem Rest dieses Körpers keinen weiteren Schaden mehr zufügen.
Im Hintergrund konnte er das Geschnatter der Mädchen hören. Wie sie immer wieder versuchen, ihren Lehrer dazu zu bringen, sich an den Gesprächen zu beteiligen. Wenn Berger etwas sagte, war es aber meistens eher einsilbig. Nie unfreundlich. Nein, da schwang stets dieses beschissene Lächeln mit.
Tatsächlich ebbte das Gespräch immer weiter ab, die Stimmen der Mädchen wurden leiser, Bergers Antworten seltener. Als Erik sie gar nicht mehr hören konnte, drehte er sich irgendwann langsam auf den Rücken und den Kopf noch weiter nach rechts. Alles, was er sah, war jedoch Bergers eigene Rückseite.
‚Weiterhin das beschissene Hemd an‘, dachte Erik prompt mit einem mentalen Grummeln. ‚Dass das dem Kerl nicht viel zu warm ist ...‘
Erik selbst schwitzte schon in einem hellen T-Shirt deutlich zu heftig. Wie gebannt starrte er auf die Schweißtropfen, die sich unübersehbar in Bergers Nacken sammelten. Langsam rutschte einer davon herab und verschwand hinter dem beschissenen Hemdkragen. Angenehm konnte das Ding nicht sein. Trotzdem ertrug der Kerl es stoisch.
‚Warum?‘
Erik jedenfalls war die Hitze zu viel, um sie noch länger zu ertragen. Also richtete er sich auf und ließ einen Blick über den Strandabschnitt wandern. Ein paar Meter von ihnen entfernt sah er zwei Handtücher im Sand liegen. Die gehörten offenbar Hanna und Alina, einer weiteren Mitschülerin. Beide planschten scheinbar ausgelassen im Meer, wie Erik kurz darauf feststellte. Die anderen Mädels, die mit ihnen hergekommen waren, konnte er nirgendwo mehr entdecken.