Tag 5 - Mittwoch
49 – Neuer Tag
Tag fünf und immer noch fühlte sich Aufwachen in Frankreich wie eine Qual an. Erik war durchaus klar, dass das nicht am Land lag. Trotzdem klang es nach einer guten Idee, nie wieder hierherzukommen. Nur um sicherzugehen. Vielleicht war dieser Ort schlichtweg verflucht. Erik grinste. Womöglich hatte man diese Hütten auf einem alten Friedhof oder so etwas errichtet. Das würde einiges erklären.
„Was für ein Quark“, brummte Erik und quälte sich nach oben.
Mit einem Zischen zog er die Luft ein, als er versuchte aus dem Bett zu steigen. Mal abgesehen vom Muskelkater in den Beinen schmerzte zusätzlich die linke Wade – mehr, als sie sollte. Erik schlug die Decke zurück und betrachtete den Verband, den Berger ihm am Vortag angelegt hatte. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, die Wunde vor dem Schlafengehen erneut zu reinigen – oder wenigstens anzusehen.
Erik seufzte. Nachdem Berger letzte Nacht ins Bett gegangen war, hatte er noch eine Weile draußen gesessen und das Bier getrunken. Wie lange das gewesen war, hätte er heute nicht sagen können. Zur Abwechslung war es ihm dabei gelungen, das Chaos im Kopf nicht abermals überhandnehmen zu lassen. Als Erik schließlich irgendwann ins Bett gegangen war, hatte die Müdigkeit ihn aufs Neue im Griff gehalten.
‚Vermutlich war die Wanderung eben doch anstrengender gewesen, als es den Anschein gehabt hatte.‘
Auch wenn das Bein schmerzte, zwang Erik sich, aufzustehen. Seine kurze Hose lag auf dem Boden, zusammen mit dem T-Shirt und der Unterhose, die er gestern Abend angehabt hatte. Er seufzte und sammelte beides auf. Erst jetzt fiel ihm auf, dass bisher kein handwerklicher Weckdienst zu hören war. Verwundert zog Erik das Handy aus der Hosentasche und prüfte die Uhrzeit.
Bis zum Frühstück war gut eine Dreiviertelstunde Zeit. Geklingelt hatte es nicht und wie immer hatte Erik natürlich nicht daran gedacht gehabt, sich einen Wecker zu stellen. Er zuckte mit den Schultern und warf zunächst das Handy aufs Bett. Wahrscheinlich war er zur Abwechslung von allein aufgewacht.
Da es in seinem Bein weiter unangenehm zog, entschied Erik sich dafür, sich das zunächst anzusehen. Er hatte sich eben auf das Bett gesetzt und war dabei, den Verband abzumachen, als er ein Rauschen hörte. Überrascht sah er auf und zur gegenüberliegenden Wand. Dahinter war das Bad. Den Gedanken, wer dort gerade unter der Dusche stand, schob Erik so schnell wie möglich von sich. Damit hatte er schon einmal hier Erfahrungen gemacht und den Bildern sollte er sich besser nicht aussetzen. Jedenfalls nicht nach dem Gespräch letzte Nacht.
‚Konzentrier dich!‘, ermahnte Erik sich selbst und atmete einmal tief durch.
Es war allerdings verflucht schwer, das verdammte Kribbeln, sowie das immer stärker werdende Pulsieren in seinem Schritt zu ignorieren. Ganz zu schweigen von dem Drang, wenigstens selbst kurz Hand anzulegen, um beidem ein Ende zu setzen. Das würde mit Sicherheit helfen, das stärker werdende Pochen da unten in den Griff zu bekommen.
„Falsche Wortwahl“, knurrte Erik, wütend darüber, dass er wie so oft kurz davor stand, die Kontrolle über den eigenen Körper zu verlieren. „Schwanzgesteuerter Trottel ...“
Um genau der nicht zu sein, und sich entsprechend abzulenken, wickelte Erik den Verband weiter von seinem Bein ab und betrachtete die Verletzung. Sie war nicht rot und wirkte auch nicht entzündet. Schmerzhaft war sie trotzdem. Duschen stand entsprechend auf Platz eins von Eriks aktueller Todo-Liste. Sollte es danach nicht besser werden, würde er Berger vorsichtshalber nach der Wundcreme und einem Pflaster fragen.
Dabei fiel Erik wieder ein, dass Berger den eigenen Verband gestern selbst gewechselt hatte. Zumindest war zu hoffen, dass Hanna nicht daran beteiligt gewesen war. Sofort kam die Erinnerung an das Gespräch auf, das Erik belauscht hatte.
Das unangenehme Brodeln und Ziehen kam so unvermittelt, dass er die Augen schließen, und erneut tief durchatmen musste. Die Wut, die schon wieder in ihm aufstieg, wollte Erik allerdings nicht zulassen. Und erst recht würde er sich die bisher so gute Laune des Tages nicht vermiesen lassen. Deshalb schob er den Gedanken beiseite und stand auf.
Das Bein konnte Erik trotz der Schmerzen gut belasten. Vermutlich würde er sich recht schnell an das unangenehme Gefühl gewöhnen. Da heute schon wieder der nächste Ausflug anstand, würde das garantiert bitternötig sein. Dass Damian und die anderen vom Planungskomitee aber auch fast jeden Tag mit irgend einem Scheiß hatten vollpacken müssen. Als ob es für die meisten von ihnen nicht völlig ausgereicht hätte, wenn sie die Woche hier am Strand verbrachten. Immerhin waren sie einen halben Tag hergefahren. Da musste man doch nun wirklich nicht noch mehr Zeit auf Autobahnen, Landstraßen oder mitten in der Pampa ohne Handyempfang verbringen.
Trotzdem musste Erik grinsen, während er wieder aufstand. Nebenan verklang das Geräusch der Dusche. Vermutlich war Berger fertig und würde jeden Augenblick aus dem Bad kommen. Sein Grinsen wurde breiter. Hastig schnappte Erik sich die Waschtasche und war kurz davor, die Zimmertür zu öffnen, als er innehielt. Für eine Sekunde erwägte er ernsthaft, sich einfach nackt in den Flur zu stellen. Bei dem Gedanken schoss ihm das Blut allerdings nicht in die Wangen, sondern eher in die andere Richtung.
‚Okay, das wäre wohl reichlich unangemessen‘, belehrte ihn ein überraschend vernünftig klingender mentaler Quälgeist.
Deshalb drehte Erik erneut um, hob die Unterhose auf und zog die einhändig, gen Zimmertür hüpfend drüber. Kurz darauf stand er endlich im Flur. Das Bad war weiterhin zu, gehört hatte er niemand, Berger musste entsprechend noch dort drinnen sein. Schnell schob Erik die Hand in die Unterhose und rückte seinen Schritt einigermaßen zurecht. Auch wenn da unten schon wieder so einiges kribbelte, musste er Berger das ja nun nicht unbedingt noch extra präsentieren.
Gestern hatte Erik dem sturen Esel bereits klar und deutlich gesagt, dass er nicht einfach aufgeben würde. Zeit, diesen Vorsatz umzusetzen. Also stellte Erik sich gegenüber der Badezimmertür auf und wartete. Drinnen war leises Klappern zu hören, Wasser vom Waschbecken und etwas anderes, das wie ein unterdrücktes Fluchen klang. Erik runzelte die Stirn. Einem spontanen Entschluss folgend trat er vor und klopfte an die Tür.
„Moment!“, rief Berger von drinnen. Der Versuchung, an der Tür zu lauschen, konnte Erik jetzt nicht mehr widerstehen. Diesmal war es ein leises Zischen, das er hörte.
Er klopfte erneut. „Brauchen Sie Hilfe mit Ihrer Hand?“, fragte Erik, während er gleichzeitig darum kämpfte ein Grinsen zu unterdrücken. ‚Oder mit anderen Körperteilen?‘
Die Geräusche verstummten. In der Sekunde, in der er das Klacken der Türverriegelung zu hören war, trat Erik sofort einen Schritt zurück. Seine Augen hingen jedoch starr auf dem immer breiter werdenden Streifen, der sich zeigte, während die Tür geöffnet wurde.
„Äh ... Nein, danke.“ Berger Blick wich in Richtung der Zimmertür aus. „Das ... Bad ist frei. Ich ... habe Ihr Handtuch hingehangen, nur ... falls Sie es ... suchen.“
„Oh! Ja. Ganz vergessen“, gab Erik mit einem zufriedenen Lächeln zurück.
Der ausweichende Blick war interessant – und ausgesprochen amüsant. Auf eine gewisse Art und Weise. Eine, die dem Kribbeln in Eriks Schritt prompt ein stetig heftiger werdendes Pochen hinzufügte. Um sich davon abzulenken, sah er zu Bergers rechter Hand. Die war nicht verbunden, er hielt sie jedoch etwas nach oben und zum Körper gerichtet.
„Soll ich Ihnen mit dem Verband helfen?“
Bergers Blick wanderte von der Tür zu seiner Linken diesmal zur Zimmerdecke. Ein tiefer Atemzug, der jetzt doch ein Stirnrunzeln auf Eriks Seite zur Folge hatte, bevor Berger antwortete: „Ich hab das gestern auch hinbe...“
„Sie halten sich echt nicht an Ihre eigenen Ratschläge, oder?“, platzte es aus Erik heraus, bevor der sture Bock vor ihm die dämliche Ausrede beenden konnte.
Ruckartig kam Bergers Blick nach unten, zuckte aber prompt verstörend wild über Eriks Gesicht. „Wie ... bitte?“
„Sie haben immer gesagt, es gehört zum Erwachsensein dazu, dass man um Hilfe bittet, sofern man sie braucht. Und selbst falls Sie das alleine hinbekommen, wird es garantiert leichter, wenn ich Ihnen helfe.“
Endlich stoppten Bergers Augen. Dafür starrten sie Erik jetzt erstaunt an. Ein Blick, den er selten gesehen hatte. Aber bei allen Gelegenheiten bisher, hatte er ihn gut gefunden. Denn meistens war daraufhin ein Lob gefolgt. Eines, nach dem sich ein Teil von Erik weiterhin verzehrte – obwohl der Mann im Grunde nicht mehr wirklich sein Lehrer war.
„Das ...“, setzte Berger an, schloss die Augen und atmete noch einmal tief durch. „Gehen ... Sie duschen und ... ziehen Sie sich um Gottes willen was drüber! Danach ... wäre ich Ihnen für Ihre Hilfe mit dem Verband ... dankbar.“
Bevor Erik etwas erwidern konnte, stapfte Berger in sein Zimmer. Die Tür wurde definitiv mit zu viel Schwung zugeschlagen. Jedenfalls wenn man von der sonst eigentlich eher ruhigeren Art des Mannes ausging. Das Grinsen war sofort zurück auf Eriks Lippen.
Obwohl er sich dieses Gespräch etwas anders ausgemalt hatte, wurde es zunehmend einfacher, Berger aus der Reserve zu locken. Womöglich hätte Erik schon eher mal die Hüllen fallen lassen sollen. Selbst wenn das zumindest heute die Unterhose nicht mit eingeschlossen hatte, schien das zu einer interessanten Reaktion bei Berger zu führen. Darüber, was passiert wäre, wenn er sich nicht wenigstens die noch angezogen hätte, dachte Erik lieber nicht so genau nach.
Wobei die anstehende – und sicherlich notwendige – Dusche dabei vermutlich eine nicht unerhebliche Rolle hätte spielen können. Da er die aber offensichtlich wie üblich alleine nehmen würde, konzentrierte sich Erik zunächst auf sich selbst. Das warme Wasser der Dusche war angenehm und entspannte die verspannten Muskeln in seinen Schultern und den Beinen. Danach war der Schmerz in seiner Wade kaum noch zu spüren. Die Creme und das Pflaster würde es somit nicht brauchen.
‚Schade‘, dachte Erik einen Moment bei sich, während er sein eigenes Spiegelbild angrinste. Obwohl es vollkommen unnötig gewesen war, hatte es durchaus etwas für sich gehabt, dass Erik zumindest eine Weile die ganze Aufmerksamkeit eines gewissen Jemandes auf sich hatte ziehen können.
Der Rest war mit geübter Routine in wenigen Minuten erledigt. Bergers Wunsch gemäß ging Erik zunächst in sein eigenes Zimmer zurück und suchte sich Anziehsachen für den Tag aus der Reisetasche. Nachdem er am Vortag dermaßen vom schlechten Wetter überrascht worden war, sah er diesmal zunächst auf dem Handy nach, wie das für heute werden würde.
„Hm“, murrte Erik unzufrieden, nachdem sich die Webseite endlich geöffnet hatte. Die Vorhersage war nicht gerade erbaulich. Fünfzig Prozent Regenwahrscheinlichkeit und die Temperaturen niedriger als in den letzten Tagen. Vorsichtshalber entschied Erik sich deshalb für die lange Jeans. Nachdem er fertig angezogen war, steckte er das Handy in die Hosentasche und klopfte kurz darauf an der Tür des zweiten Zimmers.
„Moment“, rief Berger von drinnen.
Vorsorglich trat Erik einen Schritt zurück – da öffnete sich die Tür bereits. Für eine Sekunde zuckte ein Blick an ihm entlang. Kurz darauf entspannten sich Bergers Gesichtsmuskeln.
„Danke“, murmelte ebendieser. Die rote Erste-Hilfe-Tasche wurde Erik gegen die Brust gedrückt. „Draußen.“
Er nickte und folgte Berger vor die Tür der Hütte. Dort stand dieser allerdings etwas unschlüssig herum. Es war nur ein Stuhl auf der Veranda, einen Tisch gab es gar nicht. Nicht unbedingt die beste Umgebung für das, was sie vorhatten.
„Vielleicht sollten Sie den Stuhl aus Ihrem Zimmer holen“, sagte Berger und deutete über die Schulter zurück in die Hütte.
„Da ist keiner“, antwortete Erik prompt. Blinzelnd starrte Berger ihn für einen Moment an. „Setzen Sie sich auf die Treppe. Wird schon gehen.“
Nachdem sie beide endlich saßen, nahm Erik sofort Bergers verletzte Hand und betrachtete sie erneut. Genau wie die Verletzung an seinem eigenen Bein war sie noch weit davon entfernt, wirklich verheilt zu sein. Aber sie sah nicht übermäßig rot oder gar entzündet aus. Vermutlich hatten sie beide Glück gehabt – wobei das in Bergers Fall fraglos größer gewesen war als in Eriks eigenen. Der kleine Kratzer am Bein war nichts im Vergleich zu dem aufgerissenen Handballen. Der würde garantiert noch ein paar Tage schmerzen.
Wortlos holte Erik die Wundcreme, Kompressen und einen frischen Verband aus der Tasche und fing an, die Verletzung zu versorgen. Auch Berger schwieg, hielt die Hand still und zeigte mit keiner Bewegung, ob er Schmerzen hatte oder nicht.
„Sie können ruhig Bescheid sagen, falls ich heute irgendwann noch einmal den Verband wechseln soll“, meinte Erik verhalten, während er die Wundcreme wieder in der Tasche verstaute.
„Ich denke nicht, dass das nötig sein wird. Die Wunde verschließt sich bereits. Es spannt nur etwas unangenehm.“
Eriks Kiefer verspannte sich prompt, um die bei Bergers Worten in ihm selbst aufsteigende Entschuldigung zu unterdrücken. Obwohl er die Schuld für diese Verletzung weiterhin nicht von sich weisen konnte, wollte Erik Berger damit nicht erneut gegen sich aufbringen. Dass der Kerl sich lieber freudestrahlend ins nächste Messer stürzen würde, als sich helfen zu lassen, schien ja bei dem verrückten Kerl der Normalzustand zu sein.
Ein ausgesprochen unangenehmer Gedanke – auf mehr als eine Art und Weise.
„Danke“, sagte Berger und nahm die Erste-Hilfe-Tasche.
Schweigend sah Erik dem Mann anschließend nach, wie er in der Hütte verschwand. Da sie heute nicht vor zehn Uhr aufbrechen wollten, plante Erik, seinen Rucksack erst zu packen, wenn er vom Frühstück zurück war. Er seufzte und richtete sich auf, und überlegte, ob er bereits zum Speisesaal gehen sollte. In den letzten Tagen hatte er schließlich stets versucht, nicht gemeinsam mit Berger dort aufzutauchen.
Kaum, dass Erik am Fuß der Verandatreppe ankam, hörte er laute Stimmen, die aus Richtung des Haupthauses kamen. Sofort erstarrte Erik. Das Letzte, was er brauchte, war, dass jemand aus seinem Kurs hier auftauchte und herausfand, dass er sich eine der Hütten mit Berger teilte. Dabei würde es wohl wenig Unterschied machen, dass sie nicht wirklich im gleichen Zimmer schliefen.
Es waren allerdings zwei Männer, die um die Hecke herumtraten. Erleichtert atmete Erik auf. Die beiden gehörten lediglich zu den Handwerkern.
Etwas verwundert zog Erik das Handy aus der Hosentasche und prüfte die Uhrzeit. Dafür, dass er die letzten Tage so unsanft geweckt worden war, zeigten die beiden heute eine deutliche Verspätung. Aus der Hütte rechts rief auch schon jemand den Männern etwas zu, die sich daraufhin lachend entschuldigten und zwei Einkaufstüten hochhoben. Obwohl Erik nicht verstand, was sie genau sagten, war die Begeisterung bei den Kollegen hoch genug, um davon auszugehen, dass es dort drüben wohl ebenfalls erst einmal Frühstück geben würde.
„Sie hätten nicht extra warten müssen.“
Erik war einigermaßen stolz auf sich selbst, dass er es schaffte, sich die Überraschung nicht ansehen zu lassen. Trotzdem ärgerte es ihn, dass er sich wieder einmal dermaßen ablenken ließ. Genau wegen diesem verdammten Gedankenchaos war er schließlich gestern in Berger hineingerannt. Und sie in der Folge den Abhang hinabgestürzt.
„Erstaunlich, dass Sie überhaupt zum Frühstück gehen. Sah bisher nicht so aus, als ob Sie tatsächlich etwas essen würden“, gab Erik um Gelassenheit bemüht zurück.
Da nach ein paar Sekunden keine Antwort kam, sah Erik zu Berger. Der stieg eben die Treppe ihrer Hütte hinunter – ein zögerliches Lächeln auf den Lippen. Waren die eigentlich schon immer da gewesen? Spontan hätte Erik diese Frage verneint, aber je öfter er Berger so sah, desto normaler erschien dieser Anblick.
‚Der undeutbare Ausdruck ist noch oft genug zu sehen‘, belehrte die Stimme der Vernunft Erik prompt. Zumindest hoffte er, dass es zur Abwechslung ebendiese war, die sich hier ungefragt einmischte.
Ohne ein weiteres Wort setzte sich Berger in Richtung Speisesaal in Bewegung. Da Erik dort ja ebenfalls hinwollte – und zwar um tatsächlich etwas zu essen – folgte er prompt.
Die zwei Männer, die ihnen entgegenkamen, riefen lachend irgendetwas, was Berger mit einem eisigen Blick und wenigen recht schneidend klingenden Worten erwiderte. Der geradezu erschrocken wirkende Ausdruck auf den Gesichtern der Männer war ausgesprochen amüsant, obwohl Erik wie so oft keine Ahnung hatte, worum es ging. Ein Blick zu Bergers finsterer Mine hielt ihn allerdings davon ab, nachzufragen.
Erst nachdem sie auf dem Weg den kleinen Hügel hinauf waren, wurde Erik klar, dass sie auf diese Weise nun doch gemeinsam beim Essen erscheinen würden. Was würde der Rest seines Kurses denken? War das angemessen? Dieses unangenehme Ziehen begann schon wieder, sich in Eriks Brustkorb auszubreiten. Diese beständig kreisende Frage, ob er gerade dabei war seine Chancen zu erhöhen oder endgültig alles in den Sand zu setzen.
Hastig drängte Erik die aufsteigende Unsicherheit zurück und zwang sich, weiterzulaufen. Ein erneuter, kurzer Seitenblick zu Berger zeigte ihm diesmal einen deutlich zufriedeneren Ausdruck. Schlagartig kam ein sanftes Flattern zur Unsicherheit dazu – verdrängte sie mit jedem der viel zu schnellen Herzschläge in Eriks Brust.
Glücklicherweise hatten die übrigen aus dem Kurs heute wiederum darauf verzichtet, die Tische ins Freie zu tragen. Während Erik schließlich direkt hinter Berger den Speisesaal betrat, konnte er nicht anders, als seinen Blick durch den Raum wandern zu lassen. Sie waren früh dran und entsprechend wenige aus ihrer Gruppe bereits da. Entgegen den bisherigen Morgen waren heute auch andere Gäste anwesend, die Erik bisher nicht gesehen hatte. In jedem Fall sah niemand auf oder gar zu ihnen hinüber.
Eriks Sorge war völlig unbegründet gewesen.
Die Erkenntnis war merkwürdig. Aber auf eine angenehme Art und Weise. Wobei Erik nach einem zweiten Blick nicht sicher war, wie das Urteil ausfallen würde, falls mehr aus seinem Kurs da gewesen wären. Zumindest Hanna hatte es offenbar bisher nicht zum Frühstück geschafft.
‚Die sollte sich auch besser fernhalten – von diversen Dingen‘, zischte es in Eriks Kopf und sein Blick verfinsterte sich wie automatisch.