42 – Erfolgreicher Sanitätsdienst
Eriks Blick wanderte zu der nächsten Gruppe von Schülern, die sich langsam und gemächlich durch den Graben auf sie zubewegten. Statt zu antworten, ließ er Bergers Hand los und schob diesen den Hügel hinauf in Richtung einiger Bäume. Deren Schatten würde ausreichend Schutz bieten, während sie darauf warteten, dass die Übrigen es bis hierher schafften.
Erstaunlicherweise wehrte Berger sich nicht dagegen, ließ sich sogar gehorsam im Schatten nieder. Mit einem Ächzen setzte Erik sich daneben. Der Asphalt war hier, unterhalb der Bäume, überraschend kühl. Erst als er tatsächlich saß, merkte er, wie seine Beine mit einem Mal anfingen zu zittern. Als würde zusammen mit der Anspannung auch die Kraft aus ihnen heraussickern. Stöhnend lehnte Erik sich auf die Arme gestützt nach hinten. Er schloss die Augen und atmete ein paar Mal tief durch. Ganz allmählich beruhigte sich zusammen mit seinem aufgewühlten Geist auch der Körper.
Neben sich hörte Erik ein Rascheln. Anschließend einen Reißverschluss. Verwundert öffnete er die Augen wieder und drehte den Kopf zur Seite. Berger hatte den Rucksack abgenommen und wühlte inzwischen etwas umständlich einhändig darin herum. Schon setzte Erik an, zu fragen, ob er helfen sollte, als Berger schließlich eine rote Tasche aus dem Rucksack zog und neben sich legte. Danach kam noch eine Wasserflasche zutage. Die ließ sich einhändig aber nicht so einfach öffnen.
Ohne darüber nachzudenken, richtete Erik sich auf, griff nach der Flasche und schraubte sie auf. Der überraschte Blick hätte ihm vielleicht einen Stich in den Magen versetzen müssen. Tat er aber nicht. Im Gegenteil. Irgendwie fühlte Erik sich nach diesem total beschissenen Vormittag gerade verdammt gut.
„Was?“, fragte er, sobald Berger die Flasche in der Hand hielt, ohne daraus zu trinken. „Sah aus, als ob sie Hilfe brauchen.“
Bergers Augenbrauen zuckten kurz, aber diesmal war da kein Ansatz eines Lächelns – oder Grinsen. Vielmehr schien die undurchschaubare Maske sofort wieder ihren Platz zu finden. „Danke“, murmelte er und trank endlich etwas.
Da das wie eine gute Idee erschien, beschloss Erik, es ihm gleichzutun. Während er noch in dem eigenen Rucksack nach der Wasserflasche kramte, entleerte sich ein Großteil einer anderen über seinem linken Bein.
„Hey!“, fauchte Erik überrascht und sah zu Berger. Der fummelte aber bereits einhändig am Reißverschluss der Tasche, die er aus dem Rucksack geholt hatte. „Was soll das?“
Mit einer kurzen Bewegung des Kopfes nickte Berger zu dem jetzt klitschnassen Unterschenkel hinüber. „Es blutet.“
Endlich bekam Berger die Tasche auf. Warum Erik überrascht war, dass es sich offenbar um ein Erste-Hilfe-Pack handelte, wusste er selbst nicht. Der Kerl machte sonst schließlich auch immer den Eindruck, als wäre er auf jede Eventualität vorbereitet. Vermutlich war Berger der Einzige, der clever genug war, auf diese Weise vorzusorgen. Wobei ja ehrlicherweise nicht damit zu rechnen gewesen war, dass sich ein verdammter Spaziergang dermaßen auswachsen konnte.
Als Berger aus der Tasche eine Tube mit Creme und Verbandszeug herausholte, wurde es Erik aber doch zu blöd. „Es ist nur ein Kratzer“, murrte er beleidigt. Ganz sicher würde Erik sich hier nicht von einem Kerl verarzten lassen, der das offensichtlich deutlich nötiger hatte als er selbst.
„Es könnte sich entzünden“, warf ihm Berger lapidar fast die gleichen Worte entgegen, die Erik ihm zuvor gesagt hatte. Mit einem kühlen Blick reichte der Kerl ihm danach die Creme. „Aufmachen.“
„Hemd ausziehen“, gab Erik im gleichen Ton zurück.
Als der Sturkopf ihn daraufhin wütend, mit zusammengekniffenen Augen ansah, war Erik allerdings kurz davor zurückzurudern. Er fasste sich aber schnell wieder. So einfach wollte er heute nicht nachgeben.
„Sie zuerst. Danach können Sie mit meinem Bein anstellen, was Sie wollen.“ Da war wieder das amüsierte Zucken um Bergers Mundwinkel. Und weil genau das erneut für ein angenehmes Flattern in Eriks Bauch sorgte, setzte er nach: „Gern auch mit anderen Körperteilen. Dafür würde ich aber weniger Publikum bevorzugen.“
Bergers Augenbrauen zuckten erstaunt nach oben. Ehrlicherweise musste Erik zugeben, dass ihn der dämliche Spruch ebenso überraschte. Das waren Worte, die der arschige Quälgeist in seinem Kopf denken, er selbst aber normalerweise niemals aussprechen würde.
Da Berger weiterhin eine Antwort schuldig blieb, nahm Erik ihm sowohl die Salbe als auch das angebotene Verbandszeug ab und legte es zunächst zurück in die Erste-Hilfe-Tasche. Anschließend nahm er die eigene Wasserflasche und schob sich neben Bergers rechte Seite.
„Zeigen Sie her.“
Prompt kam ein erwartetes „Ist nichts weiter“, aus dessen Mund.
Auch davon ließ Erik sich nicht mehr abschrecken. Da der Sturkopf keine Anstalten machte, ihm auf irgendeine Weise entgegenzukommen, langte er schließlich zu dessen rechtem Ellenbogen hinüber und zog daran. Das kurze schmerzhafte Zischen ließ Erik prompt wieder innehalten.
„Entschuldigung“, murmelte Erik und lockerte den Griff.
Bergers Arm ließ er trotzdem nicht los. Vielleicht aus Sorge, dass der sich doch wieder in das verdammte Schneckenhaus zurückziehen würde. Widerwillig streckte Berger schließlich den Arm aus, sodass Erik ihn ein Stück drehen und den Schaden begutachten konnte. Die roten Spuren am Unterarm hatte er bereits vorher gesehen. Als er bemerkte, dass nicht nur die Handkante, sondern ebenso der Handballen aufgerissen war, verzog Erik das Gesicht.
„Damit sollten Sie zu einem Arzt“, murmelte er und begann, vorsichtig den Knopf am Handgelenk zu öffnen. Nachdem er den Stoff ebenso langsam nach oben geschoben hatte, bemerkte Erik, dass der Unterarm zwar recht angeschlagen aussah, aber bei Weitem nicht so schlimm wie die Hand.
„Es ist nur ein Kratzer“, murmelte Berger zum gefühlt hundertsten Mal. Erik verkniff sich das empörte Schnauben diesmal nicht. Das hier war sicherlich nicht lebensbedrohlich, aber ein ‚Kratzer‘ ebenso wenig.
„Herr Berger“, tönte es in diesem Moment unweit entfernt.
Erik ersparte es sich, aufzublicken, konnte aber nicht verhindern, dass sich seine Zähne automatisch aufeinanderpressten. Die blöde Kuh sollte sich bloß nicht einfallen lassen, übernehmen zu wollen. Nach dem beschissenen Vormittag war das hier Eriks Moment, nicht zu vergessen seine Verantwortung. Immerhin hatte er den Sturz verursacht. Und Berger nicht beschützen können. Dabei wäre das definitiv seine Aufgabe gewesen. Und somit das hier das Mindeste, was Erik als Wiedergutmachung leisten konnte.
„Oh, Sie sind verletzt!“, meinte Hanna überrascht und ging vor ihnen beiden in die Knie. „Ich kann das machen. Ich war erst letztes Jahr beim Erste-Hilfe-Kurs. Für den Führerschein.“
Erik war sich nicht sicher, ob das Knirschen seiner Zähne für Berger und Hanna ebenfalls zu hören war. In den eigenen Ohren klang es gerade unglaublich laut. Selbst wenn Erik gewusst hätte, was er sagen könnte, wären die Worte zwischen den fest verschlossenen Kieferknochen niemals herausgekommen.
„Ich bin sicher, Herr Hoffmann bekommt das hin“, antwortete Berger an seiner statt und zog damit Eriks überraschten Blick auf sich.
‚Hat der Hanna eben mit dir als Ausrede eine Abfuhr erteilt?‘
Irritiert blinzelte Erik und versuchte, in dem für ihn schon wieder absolut undeutbaren Gesicht irgendeine Gefühlsregung zu erkennen. Aber die Maske war an Ort und Stelle und Erik hatte keine Ahnung, was er von dieser Aussage halten sollte. Oder davon, dass sein persönlicher Quälgeist sich jetzt doch wieder mit Kommentaren einmischen musste.
„Aber ...“
„Geht schon. Danke“, wiederholte Berger erneut und schenkte Hanna eines von diesen falschen und dennoch strahlenden Lächeln, die der Kerl viel zu freigiebig verteilte. Jedenfalls wenn es um andere Leute ging. Erik konnte sich nicht erinnern, dass er schon einmal eins bekommen hatte.
‚Du siehst nur die echten‘, versuchte er sich einzureden, während das Flattern erneut drohte von einem Felsbrocken erschlagen zu werden.
Er senkte den Blick auf Bergers aufgeschürfte Handfläche und ließ vorsichtig etwas Wasser darüber laufen. Auf die Weise konnte er sich vielleicht von Hanna und Berger ablenken. So recht gelingen wollte es Erik aber auch nicht, nachdem er mit einer der Kompressen versucht hatte, den Dreck aus der Wunde zu bekommen. Erst als er merkte, dass Hanna sich entfernte, fing Erik an, sich wieder zu entspannen.
„Zufrieden?“
Unsicher sah er auf und zu Berger. Wie sollte er denn die Frage jetzt verstehen? Verwundert runzelte Erik die Stirn und fragte: „Womit?“
Aber er bekam keine Antwort. Lediglich einen Blick, der sich geradezu in Erik hineinzubohren schien, in seinem Körper hinabwanderte, um anschließend im Bauch das verfluchte Flattern umso heftiger zu entfachen und ein Kribbeln gen Schritt zu schicken. War er zufrieden, dass Berger Hanna weggeschickt und stattdessen ihm selbst den Vorzug gegeben hatte?
Erik schluckte. Die grünen Augen bohrten sich in ihn hinein. Und ehe er sich versah, hatte er schließlich doch geantwortet: „Ja.“
Bevor Erik mehr sagen konnte, kam der nächste Störfaktor vorbei und fragte Berger, ob der okay war. Auch Frau Farin wurde mit dem gelächelten Hinweis darauf, dass er sich offensichtlich bereits in kompetenten Händen befand, abgewiesen. Obwohl Eriks Herz bei diesen Worten wieder zum Galopp ansetzte, gingen ihm die ganzen Idioten um ihn herum ernsthaft auf den Zeiger. Weniger, weil sie da waren, damit hätte Erik ja irgendwie klarkommen können. Aber solange die blöden Weiber um sie herumschwärmten, würde Berger ganz sicher nicht so offen mit ihm reden wie vorher.
Schlimmer: Erik würde ebenfalls mal wieder sein Maul nicht aufbekommen. Denn mit dem Sturkopf da drüben einigermaßen direkt zu sprechen, war schon schwer genug. Andere sollten von diesen Unterhaltungen sicher nichts mitbekommen.
„Ihr Bein blutet immer noch“, bemerkte Berger und lenkte Eriks Aufmerksamkeit so wieder zurück auf dessen eigentliches Tun.
„Da steckt wenigstens nicht so viel Dreck drinnen. Sie sollten mit der Hand wirklich zu einem Arzt, damit der alles sauber auswäscht. Auch wenn es wohl eher oberflächlich ist.“
Der Arm vor ihm bewegte sich, als Berger mit den Schultern zuckte und geradezu unbeteiligt beobachtete, wie Erik erneut versuchte, mit der feuchten Kompresse einigermaßen den Dreck herauszubekommen. Es gelang ihm allerdings nur leidlich. Nachdem Erik etwas fester zudrückte, merkte er wie der Arm sich unter seinem Griff versteifte, aber Berger gab keinen Ton von sich.
„Tut mir leid“, murmelte Erik dennoch. Allerdings hätte er nicht sicher sagen können, ob er sich für den Sturz, dessen Folge oder seinen eher schlechten als rechten Sanitäterersatz hier entschuldigte.
„Es war ein Unfall“, sagte Berger gelassen. Keine Spur davon, dass Eriks Versuche, ihn zu verarzten, vermutlich mindestens ebenso schmerzhaft waren, wie der Sturz an sich.
„Auch für Unfälle kann man sich entschuldigen.“
„Aber danach kann man sie abhaken und vergessen.“
Erik blickte auf und Berger zögerlich ins Gesicht. Wie schon so oft hatte er dabei erstaunlich wenige Probleme damit, den Blick zu halten. Der war von Bergers Seite aus weiterhin geradezu bohrend. Einen Vorwurf konnte Erik jedoch noch immer nicht sehen. Es sah eher so aus, als würde da eine Frage mitschwingen. Eine, die Berger allerdings nicht stellte – und bei der Erik sich nicht sicher war, ob er sie hören oder gar beantworten wollte.
Trotzdem formten sich erneut Worte in Eriks Kopf, die vermutlich der Quälgeist dort platzierte. Vielleicht wäre es besser, sie wie sonst zurückzuhalten, aber nachdem Hanna sich verpisst hatte, war gerade niemand in ihrer Nähe. Also gab Erik nach und schickte Vorsicht samt Anstand in die Wüste.
„Wäre aber schade, wenn ich den Anblick von Ihnen unter mir einfach so vergessen würde.“
Da war ein Grinsen, das an Bergers Mundwinkeln zog. Wie so oft verweigerte der Sturkopf Erik aber den vollen Anblick. Trotzdem war es da. Garantiert.
Deshalb setzte Erik noch einmal eins drauf, während er versuchte, möglichst gelassen zu klingen: „Wobei ich den in einem anderen Setting deutlich interessanter finden würde.“
„Im Zuge der Gleichbehandlung sollte ich Sie dafür genauso wegschicken wie Hanna.“
Erik hielt den Blick, obwohl das vermutlich der richtige Moment gewesen wäre, um beschämt den Kopf zu senken und stattdessen Bergers Hand fertig zu verarzten. Bei genauer Betrachtung waren dessen Worte womöglich richtig, aber trotzdem versetzten sie Erik einen Stich.
Da sah er Hanna vor sich, wie die sich gestern bei der Weinverkostung immer wieder zu Berger geschlichen und dem auf die Pelle gerückt war. Dieses beschissene Grinsen, während sie bei der Führung an dem Kerl geklebt hatte, drehte Erik den Magen um. Schon drohte, das Flattern zu verschwinden. Aber erneut schaffte er es, das drückende Gefühl in der Brust zurückzudrängen.
„Ich bin nicht so“, meinte Erik gepresst. Prompt verzog er das Gesicht. Das klang irgendwie lahm. Noch dazu hatte er wie so oft am heutigen Tag das Gefühl, als hätte er die Worte schon einmal gesagt.
Eben wollte Erik fortfahren, als Berger bereits mit einem Lächeln antwortete: „Selten.“
Er versuchte zu widersprechen, schaffte es aber nicht, denn vor Eriks geistigem Auge breitete sich jetzt nicht mehr die Weinverkostung aus, sondern dieses ganz andere Bild. Berger, wie er vor ihm stand, gegen eine Wand gepresst. Nicht die verfluchte Hauswand auf der Promenade, nein, es war der beschissene Flur in der Hütte, die sie sich teilten. Eriks Herzschlag beschleunigte sich, während er deutlich den warmen Atem an seiner Wange spürte – synchron zu dem Brustkorb, gegen den sich sein eigener presste.
‚Was ist letzte Nacht wirklich passiert?‘, fragte Erik sich nicht zum ersten Mal am heutigen Tag.
„Konzentrieren Sie sich, Erik“, forderte Berger ihn in diesem Moment auf. Es dauerte dennoch ein paar Sekunden, bevor er begriff, was der Mann damit meinte. „Es sind inzwischen alle da.“
Bergers Blick richtete sich für einen Augenblick Richtung Himmel und zog Eriks eigenen mit sich. Erste deutlich zu dunkle Wolken zeichneten sich in der Ferne gegen das Blau ab.
„Wir sollten sehen, dass wir unser Ziel erreichen, bevor das Wetter umschlägt“, erklärte Berger. Er griff nach der Creme und hielt sie Erik erneut hin. „Verteilen Sie das auf einer frischen Kompresse und dann einfach verbinden.“
„Wenn es nicht richtig sauber ist, kann es sich entzünden“, widersprach Erik erneut mit einem Stirnrunzeln.
„Fürs Erste wird das reichen.“
Auch wenn es ihm nicht gefiel, gab Erik nach und machte, was Berger ihm aufgetragen hatte. Nachdem die Hand verbunden war, kam als nächstes Eriks Bein an die Reihe. Der Riss am Unterschenkel war deutlich, aber inzwischen hatte er aufgehört zu bluten. Trotzdem bestand Berger darauf, dort einen Verband anzulegen.
Kaum war das erledigt, erhob Berger sich und lief mit dem Erste-Hilfe-Set durch die Reihen. Oliver, Luca und Mirek hatten ebenfalls tiefere Kratzer an den Beinen, die Berger genauso versorgte wie Eriks. Für eine Sekunde flammte etwas unschön in seiner Brust auf. Eben war da noch dieses Gefühl von ‚Sonderbehandlung‘ gewesen – ausnahmsweise im positiven Sinne. Jetzt, wo Berger auch die Übrigen versorgte, war Erik wieder nur einer von vielen.
Erik sah in die Gesichter seiner Mitschüler. Sie sahen zufrieden aus, beinahe glücklich. Nicht weil Berger ihnen Aufmerksamkeit geschenkt hatte, so wie es sich für Erik angefühlt hatte. Nein, sie waren schlicht und ergreifend gut gelaunt, weil sie etwas erreicht hatten.
Großspurig erzählte Oliver schon wieder, dass sie sich für den ganzen Kurs durch das die ‚Dornröschenhecke‘ gekämpft hatten. Einige Mädchen lachten und neckten die beiden damit, dass wahre Helden ganz sicher nicht mit solchen Trivialitäten angeben mussten.
Erik senkt den Kopf. Er sollte sich genauso freuen, oder nicht? Aber der Triumph über die dämlichen Sträucher weckte in ihm nur die Erinnerung daran, dass er mit Berger fast in ebendiesen gelandet war. Weil er nicht aufgepasst, mal wieder zu sehr in Gedanken gewesen war. Bisher hatte das Chaos in Eriks Kopf nur ihm selbst Probleme bereitet. Zugegeben fiel es den meisten nicht einmal auf, dass es überhaupt da war. Prompt lugte er zu seinen Mitschülern und suchte zwischen diesen den schwarzen Haarschopf.
„Wir gehen weiter“, rief Berger just in diesem Moment.
Sofort rappelte Erik sich auf und auch die übrigen Schüler erhoben sich. Einige murrten zwar, dass sie müde waren und lieber ins Dorf zurücklaufen wollten, aber darauf ließ sich niemand ein. Im Gegenteil. Frau Hirvi betonte wiederholt, dass sie die Gruppe nicht trennen würden. Also setzten sie sich als Tross erneut in Bewegung, die Hoffnung groß, dass sie diesmal auf der richtigen Straße gelandet waren. Zumindest führte diese schnell und steil genau den Hügel hinauf, den sie von Anfang an als Ziel im Auge gehabt hatten.
Herr Berger lief voran, direkt hinter ihm eine Traube von erstaunlich fitten Damen. Kein Wunder, die hatten sich ja auch nicht durch den Dschungel von Wald und die verfluchten Dornensträucher kämpfen müssen. Zu Eriks eigenen Erstaunen entdeckte er Hanna nicht dort vorn. Das änderte aber nichts daran, dass der Rest des Fanklubs an Ort und Stelle war. Erik selbst trottete hinter ihnen, den Blick stur auf einen ausrasierten Nacken gerichtet, neben dem er eigentlich gern laufen wollte. Allerdings nicht mit der zugehörigen Gesellschaft.
Nach einem Blick über die Schulter konnte Erik sehen, dass sich die Gruppe bereits zehn Minuten später ein ganzes Stück die Straße hinabzog. Frau Farin lief gute fünfzig bis hundert Meter hinter ihm – vermutlich etwa in der Mitte ihrer Gruppe, Frau Hirvi konnte Erik an deren Ende nicht einmal sehen.
‚Es ist noch nicht vorbei ...‘