Temudschin ließ sein Pferd anhalten und lauschte in die Nacht.
„Komm raus, Nönle. Ich weiß, dass du da bist.“. Sein Bruder vermochte es leise zu reiten, aber Temudschin kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er es war, der ihm folgte. Zögernd tauchte Nönle auf einem Hügel ab, er lenkte seinen Hengst heran und lächelte seinen Bruder zögernd an.
„Und was soll ich nun mit dir machen?“, fragte er Nönle seufzend,
„Mich mitnehmen?“. Seine Augen leuchteten auf, „Ich würde den Khan und den Taidschie sehen. Ist der Taidschie wirklich so groß wie zwei ausgewachsene Männer? Außerdem ist Schwester doch zu dem Khan geritten?".
„Natürlich nicht. Ist sie, sie hat seinen Sohn geheiratet.“, antwortete er wortkarg, während er überlegte, was er mit seinem Bruder anfangen sollte. Alleine zurück reiten lassen, konnte er ihn nicht und mit ihm zurück zum Lager reiten, war ebenfalls unmöglich, da er seinen Auftrag dann abbrechen müsste. Es blieb nur der Weg nach vorne, zum Lager des Khans – mit seinem Bruder.
Temudschin seufzte.
„Gut, du kommst mit.“, meinte er letztendlich. Sollte sein Bruder doch die Welt sehen, wie es sein sehnlichster Wunsch war.
Milon war keine große Stadt und besaß auch keine besonderen Rohstoffvorkommen in der Nähe, aber diese Stadt war wegen ihrer Lage wichtig. Sie war das Tor zum Norden. Die Festungsstadt kontrollierte zwei Brücken und durch diese den Punkt wo der Fluss Nai in den See von Che mündete. Und weitere Brücken waren erst viele Schrittlängen weiter westlich. Wer der Fluss überqueren wollte, musste durch die Stadt Milon, denn die Grenze war ansonsten durch eine lange Festungsmauer geschützt. Natürlich kassierten sie dadurch ordentlich Zoll und der Fürst der Stadt war schon häufig wegen Betrug angeklagt worden, weil er der Kaiserin nicht den rechtmäßigen Teil zugestanden hatte. Doch das hatte die Bewohner auch stolz und hochmütig gemacht. Sie waren mit ihren Rebellionen schon immer ein Dorn im Auge der Kaiserfamilie gewesen, aber sie waren noch nie so schlimm gewesen wie jetzt. Unverschämte Steuern verlangten sie und der Fürst hatte den Rebellen Zuflucht gewährt.
Acheving blickte zu Kommandanten Hanu. Er wusste jetzt, warum er Männer wie Wan schätzte, die sich auf das Führen eines Heeres verstanden. Hanu war jung und er war eingebildet. Ein junger Adeliger, dem man diesen Platz wegen seines Blutes und nicht wegen seinem Können – wie bei Wan – zugesichert hatte. Wan konnte Acheving vertrauen und müsste nicht jeden einzelnen Befehl mit ihm ausdiskutieren - im Gegensatz zu Hanu. Dabei war Acheving selbst noch nicht einmal ein besonders guter Befehlshaber. Natürlich hatte er wie jeder Adeliger eine militärische Ausbildung genossen, aber er konnte anderen nicht gehorchen. Er sah es nicht ein, wieso er anderen zu gehorchen hatte, obwohl er der Sohn der Kaiserin war. Er verstand es einen kleinen Trupp abseits des Hauptkommandos zu kommandieren, aber sobald er Befehle von außen bekam, ging es nicht weiter. Und er hasste es, mit anderen zu diskutieren. Und nun saß er hier mit einem eingebildeten Adeligen vor einer Stadt voller Rebellen fest. Fünfhundert Krieger standen ihnen zur Verfügung und im Notfall konnte auch noch Verstärkung aus dem Süden kommen.
„Wieso sollten wir keine Spione in die Stadt einschleusen?“, fragte Acheving genervt.
„Falls ihr es noch nicht bemerkt habt, sind die Stadttore geschlossen.“.
„Spione haben den Sinn, dass sie unbemerkt bleiben, Hanu.“.
„Und dennoch...“.
Acheving überließ den Kommandanten seinen Monologen und verließ das Zelt. Er sah über das Heerlager und durchquerte es schließlich. Schließlich fand er den, den er gesucht hatte.
„Naichie. Ich brauche drei Männer, die sich unbemerkt in die Stadt schleichen, ohne dass Kommandant Hanu etwas davon mitbekommt.“. Naichie grinste und entblößte dabei schwarze Stummel. Naichie war der Sprecher der Soldaten, ein alter Veteran, grimmig und mürrisch, aber von den Soldaten geliebt. Auch er verstand sich nicht mit dem Oberkommando und hatte es deshalb nie über den Rang eines Hauptmannes gebracht. Er war nicht unbedingt genial was militärische Plane anbelangte, aber das machte er durch seine Unerschrockenheit, seinen Mut und sein Pflichtbewusstsein gegenüber seinen Männern wieder wett.
„Natürlich, die bekommt Ihr. Wir werden diese verfluchte Stadt schon erobern, trotz Hanu.“.
„Sehr gut. Ich brauche Informationen über die Schwäche der Mauer, die Moral der Rebellen, ihre Stärken, ihre Schwächen. Sind auf welcher Seite die Bürger stehen, haltet nach Unterstützern innerhalb der Mauer Ausschau. Wie viele Waffen haben sie und wo lagern ihre Vorräte. Und vor allem, ihr Frischwasser.“.
„Ich kümmere mich darum.“.
Naichie nickte und Acheving war froh, dass wenigstens dieser Mann ihn unterstützte.
Tabita starrte Hjorgcai immer noch an, unfähig zu begreifen, wieso ausgerechnet sie zum Tor zur Freiheit geworden war.
„Kommt ihr jetzt?“. Tabita hörte die Ungeduld in ihrer Stimme.
Tabita stolperte nach vorne, sie stupste Narichre an, die sich aufrichtete und zu Hjorgcai ging. Sjavkonhkar verwandelte sich und stellte sich neben sie.
„Hier.“. Hjorgcai reichte Dolche herum. "Die richtigen Waffen sind bei den Pferden. Es wäre zu auffällig gewesen, sie mitzunehmen.
„Warum hilft du uns?“, fragte Joshua misstrauisch.
„Später.“, erwiderte die Aweynche knapp.
Sie trat in die Nacht und sah sich um.
„Noch ist es still, also kommt jetzt.“.
Tabita nickte und folgte ihr in die kühle Nachtluft.
Leise schlichen sie durch das Lager, ohne Hjorgcai wären sie aufgeschmissen. Sie lenkte die Wachen ab, so dass die Gefährten an ihnen vorbei schlüpfen konnten. Sie warnte sie rechtzeitig, wenn jemand um die Ecke kam. Doch schließlich hatten sie es geschafft. Hjorgcai hatte sie zu den Pferden geführt, so dass sie sich in der Herde verbergen konnten.
„Sucht euch Pferde aus.“, befahl Hjorgcai ihnen, „Eure Pferde sind nicht für die Wildnis geschaffen, dort brauchen wir unsere Pferde.“.
Tabita nickte schweigend. Sie wählte sich eine Fuchsstute aus. Hjorgcai reichte ihnen Gepäcksäcke, die sie auf den Pferderücken befestigten. Ebenfalls reichte sie ihnen Waffen und Tabita gab sie den Bogen.
„Ich glaube, er ist bei dir besser aufgehoben.“.
Tabita nickte und verstaute die Waffe auf dem Pferderücken. Hjorgcai stieg auf ihre braune Stute und sah zu ihnen.
„Jetzt nutze ich die Kraft der Pferde.“. Sie zwinkerte. „Ba, ba.“, rief sie und lenkte ihr Pferd in die Herde. Die Pferde rannten los, wahrscheinlich dachten sie, dass ein Raubtier in ihre Herde eingefallen war. Im Schatten der Herde verschwanden sie aus dem Lager und so würde es auch nicht auffallen, wenn ein paar Tiere fehlten.
„Wir müssen den Wald erreichen, dann sind wir so gut wie in Sicherheit“, rief Hjorgcai.
„Wie lange?“.
„Wenn wir schnell reiten, ein halber Tagesritt.“.
Später wünschte Tabita, dass sie die Aweynche nach ihrer Definition von schnell gefragt hätte. Die Pferde der Elben waren dafür gebaut schwere Rüstungen zu tragen und sie mussten ausdauernd sein, aber das war nichts im Vergleich zu den Pferden der Aweynche. Diese waren auf Schnelligkeit und Ausdauer gezüchtet, mussten sie doch bei der Jagt schnell und wendig sein und Gewaltsritte aushalten. Wären ihre Begleiter nicht gewesen, hätte Hjorgcai wohl überhaupt nicht angehalten. Eine Pause zum Essen und Trinken gestattete sie ihnen, dann drängte sie auf die Weiterreise.
Endlich tauchte am Horizont ein grüner Saum auf. Der Steppenboden färbte sich grün und vereinzelt gab es grüne Baumgruppen. Erleichtert lenkte Tabita ihre Stute in das Halbdunkel der Norekjer-Wälder.
„Wir bleiben hier, morgen schlagen wir uns zum Fluss durch und folgen diesem dann bis an die Grenze.“, erklärte Hjorgcai. Niemand hatte sie zur Anführerin erklärt und doch war sie es. Wie sollten sie auch ohne die Aweynche hier überleben?
Hjorgcai begann Decken auszubreiten.
„Es regnet zu dieser Zeit nicht und so können wir schneller fliehen, falls sie uns doch finden.“, meinte sie auf Tabitas Blick hin.
„Glaubst du, dass der Khan uns verfolgt?“, fragte Tabita.
„Was glaubst du?“, entgegnete sie.
Die Halbelbe dachte nach.
„Ja.“, gab sie sich schließlich selbst die Antwort.
„Ich werde diese Aufgabe beenden, Erendi, um jeden Preis.“.
„Nenn mich Tabita.“. Sie hielt den Atem an, war sie zu weit gegangen?
„Du vertraust schnell, eine gefährliche Gabe.“.
„Und doch ist es angenehmer, als einsam zu sein.“.
„Aber gefährlicher.“, entgegnete sie, „also gut, ich werde dich Tabita nennen.“.
Hjorgcai begann eine Feuerstelle zu bauen und Tabita half ihr schweigend. Die Aweynche begann erneut Borts zu einer Suppe zu machen, die rasch sättigte aber fade schmeckte.
Die Nacht senkte sich bald über das Lager und nur noch das Feuer vertrieb die Nacht.
„Erzählt mir von eurem Land, Tabita. Bei uns hieß es immer, dass dein Volk eines von Mördern ist. Jetzt habe ich euch getroffen und sehe, dass dem nicht so ist. Ich möchte den Konflikt verstehen.“.
„Wir kennen die Wahrheit ebenfalls nicht.“, meinte Joshua, „Wir können dir nur die Version der Geschehnisse erzählen, wie wir sie kennen.
„Dann erzählt mir diese.“.
Und Tabita begann die Geschichte zu erzählen, die Arlèn ihnen in Tyral Arym erzählt hatte.
„Bei uns hieß es immer, dass der Bogen einst Khesyaran gehörte und er machte es dem König der Sebetjh zum Geschenk, als Anerkennung des Friedens. Für uns galt der Bogen immer als ein Zeichen des Friedens und der Eintracht. Doch dann brachen die Sebetjh den Frieden zu der Zeit, wo Khesyarans Enkel regierte. Sie griffen einen der nördlichen Stämme an, daraufhin forderte Kyoroiag Khan den Bogen zurück, denn der Frieden war ja gebrochen wurden und der Bogen als Symbol nichtig geworden. Er holte sich den Bogen zurück, die Sebetjh brachten daraufhin den Khan um und daraufhin entstand der Krieg.“, erklärte Hjorgcai leise.
„Wer weiß schon die Wahrheit?“, mischte sich Darl Schattenklinge ein, der sich bisher nur wenig an den Gesprächen beteiligt hatte, „Jedes Volk hat seine eigenen Erzählungen über die Geschehnisse und alle lassen das eigene Volk im guten Licht dastehen.“.
„Und genau das macht mir Angst.“. Tabita sah die anderen an, „Das wir nicht wissen, wohin wir uns wenden sollen.“.
„Wir tun das Richtige, wenn wir den Bogen nach Cesing bringen. Immerhin bringen den Bogen als Widerherstellung des Friedens zurück.“, meinte Narichre beruhigend.
Tabita lehnte sich an Joshuas Schulter.
„Es wird schon alles gut.“, flüsterte ihr Bruder.
„Es bringt nichts, wenn ihr euch die ganze Zeit Sorgen macht, bleibt lieber wachsam.“. Sjavkonhkar, der bisher abseits gestanden hatte, trat zu ihnen.
„Ich habe das Gefühl, als würden wir früher oder später Besuch bekommen.“.
Acheving lauschte den Berichten der Spione, von denen es immerhin zwei wieder aus der Stadt hinausgeschafft hatten. Aber das war nun einmal das Risiko des Krieges und es war dumm dafür keine Opfer in Kauf zu nehmen.
„Ihre Schwachstelle ist der See und sie haben etwa zweihundert Rebellen dort?“.
„Ja, Herr. Durch den See oder auch den Fluss könnte man so gut wie unbemerkt in die Nähe der Festung kommen und die Felsen sind von Höhlen durchzogen, vielleicht findet man so einen Eingang in die Stadt, die Stadtmauern sind fast unmöglich zu durchbrechen, meiner Ansicht nach. Zweihundert Rebellen plus die Stadtbewohner, die sich ebenfalls gegen die Kaiserin aussprechen.“.
„Ich danke dir und rufe Naichie zu mir.“. Er würde den Veteranen brauchen, auch um an seinen verrückten Plänen nicht zu verzweifeln.
Er begrüßte den Krieger und breitete eine Karte der Stadt vor sich aus.
„Es wäre sinnlos die Männer gegen die Mauer anrennen zu lassen, so erobern wir die Stadt nicht. Wir brauchen Männer, die uns die Tore öffnen, so dass wir zumindest den ersten Festungsring einnehmen können.“.
„Über den Fluss. Wir könnten versuchen die Zolltore zu erobern und die Brücken einzunehmen. Wenn wir die Brücken haben, können wir von dort an die Schwachstelle in der Mauer angreifen.“, erklärte Naichie. „Das haben wir bei der Stadt Resingr vor zehn Jahren so ähnlich gemacht.“.
„Resingr? Die Städte der Nordmenschen sind nur nicht so gebaut wie unsere.“.
„Vertraut mir. Wenn wir die Brücken haben und damit an den schwächeren Teil der Mauer kommen, kommen wir auch in die Stadt.“.
„Gut, Naichie. Ich vertraue dir. Du bekommst für die Aufgabe fünfzehn Männer zugestanden, suche dir geeignete aus. Ich erwarte mir, dass du mir deine Pläne morgen vorlegst.“.
„Ja, mein Prinz.“.
Naichie stand auf und verschwand in der Nacht.
Naichie nickte den Männern zu, dann trat er an den Fluss. Der Nai war ein träger und breiter Fluss mit nur geringer Strömung, was sich nun zu ihrem Gunsten auswirken würde. Die Männer waren allesamt leicht bewaffnet, sie trugen keine Rüstungen, diese würden sie nur verraten. Naichie trug einen Dao, einen Säbel mit einer einschneidigen, leicht gebogenen Klinge. Normalerweise wurde dieser noch mit einem Rundschild verwendet, doch dieser blieb Naichie durch den Fluss verwehrt. Sie würden schwimmen müssen, Boote würden sie verraten. Naichie trat in das Wasser, es war kalt, doch er hatte schon Schlimmeres erlebt. Er fing an zu schwimmen und achtete darauf, dass seine Männer ihm folgten. Dann tauchten vor ihnen die Zolltore auf. Die Zolltore waren hohe Brücken. Eiserne Gitter unterbrachen den Verkehr, bei Nacht waren sie natürlich herunter gelassen, um Besucher aufzuhalten. Ihn würden sie nicht aufhalten. Ihn nicht. Langsam begannen er und seine Männer das Gitter hochzuklettern. Die Wachen bemerkten sie nicht, da das Gitter unter der Brücke war. Manchmal waren die Ingenieure der Sebetjh unklug. Als er oben angekommen war, drückte er sich an den Stein der Brücke. Über sich hörte er Stimmen. Seine Finger krallten sich in Ritzen zwischen den Steinen, während er sich vorsichtig nach oben zog. Für einen Moment hielten ihn nur seine Finger über dem Fluss, dann erreichte er den Brückenrand und hielt sich fest. Er blickte zu seinen Männern, die neben ihm hingen.
„Jetzt.“. Er formte dieses Wort nur mit seinen Lippen, ein Laut konnte sie verraten und das durfte nicht geschehen. Sie zogen sich über die Kante und sprangen lautlos auf die Brücke. Sie verschmolzen mit den Schatten, unsichtbar, kaum zu sehen. Naichie sah zu den kleinen Türmen hinüber, die die Brücke an beiden Enden bewachten. Grade und wie perfekt standen sie da, obwohl sie gleich zum Opfer seiner Männer werden würden. Da! Die Wache nahm ihren Gang über die Brücke erneut auf. Naichie nickte seinen Männer zu. Messer flogen lautlos durch die Luft und es war nur der Laut zu hören, als der Körper auf den Boden auftraf. Naichie blickte sich um. Sieben Männer kamen mit ihm, die anderen acht würden die andere Seite der Brücke übernehmen. Kein einziger, der heute Nacht auf der Brücke war, durfte entkommen und die Stadt warnen. Heute Nacht war eine Nacht des Todes und eine Nacht des Sieges. Naichie wusste es mit der Gewissheit, mit der er schon so viele Schlachten geschlagen hatte.
Er rannte mit seiner Truppe zu dem Turm, der über zwei Etagen verfügte. Dort drin konnten sich zwei Männer oder zehn verbergen. Es gab keine Tür und so konnte Naichie zumindest erkennen, dass allein in diesem Raum sechs Männer waren. Er zögerte nicht länger und rannte hinein. Es musste schnell gehen. Die Soldaten waren überrascht und das verschaffte ihnen einen Moment kostbarer Zeit. Naichie bohrte sein Dao in die Seite eines Soldaten, so dass er zu Boden rutschte. Der Nächste kreuzte mit ihm schon die Klinge. Das Metall kreischte auf und Naichie konnte nur durch puren Kraftaufwand das Jian seines Gegners zur Seite dringen, so dass dieser ungeschützt dastand und seiner Klinge ebenso zum Opfer fiel wie der Mann davor. Naichie erkannte, dass seine Männer den Rest alleine in den Griff bekamen und kletterte die Holztreppe nach oben. Dort befand sich eine Aussichtsplattform, auf der allerdings noch ein Mann stand. Er stand mit dem Rücken zu ihm, doch er hörte ihn kommen und der Mann entgegnete seinen Schlag sofort. Naichie duckte sich unter der Klinge weg und trat nach dem Knie des Gegners. Dieser zuckte zusammen, war ansonsten aber eher minder beeindruckt. Naichie hob seine Klinge zum Angriff nach oben und verfluchte, dass er keinen Schild hatte und der Soldat mit seinem Schwert, dem Jian, deutlich im Vorteil war, da er mehr Kraft in seine Schläge legen konnte. Sie tauschten eine Reihe von Schlägen aus, bis Naichie endlich eine Schwäche in der Taktik seines Gegners erkannte: Seine linke Seite war teilweise ungeschützt. Naichie trat einen Schritt zurück und ließ den Schlag seines Gegners in Leere treffen. Durch den Schwung getragen, konnte dieser die Klinge nicht schnell genug zu seiner Verteidigung erheben. Dies nutzte Naichie aus und bohrte ihm die Klinge in die Seite. Der Mann sank zu Boden. Naichie trat über ihn hinweg und sah zu dem Turm auf der anderen Seite der Brücke. Dort stand ein Mann, den er als einen der seinen erkannte, da dieser wie vereinbart ein Wappen des Stadtfürsten schwenkte.
Die Brücke war in ihrer Hand. Und damit war der Anfang vom Ende für die Stadt Milon eingeleitet. Naichie lächelte.
Tabita setzte sich auf. Die ersten Lichtstahlen krochen wie neugierige Mäuse über den Boden, aber das war nicht das, was sie geweckt hatte. Sie sah zu Darl, der Wache hielt. Er stand still wie eine Säule da und lauschte in den Wald.
Er rannte zu ihr und schien sich dabei nicht um Stille zu kümmern.
„Da kommen Reiter!“, rief er und schüttelte Narichre wach. Tabita griff nach ihrer Partisane, während sie Joshua anstupste, der mit einem Blick die Lage begriff und sein Schwert aus der Scheide zog. Im nächsten Moment brachen auch schon die Reiter aus dem Dickicht, es waren Reiter des Khans und sie waren in der Überzahl. Tabita umklammerte ihre Partisane mit derselben Entschlossenheit, mit der sie einst gegen den Trawdorkil gekämpft hatte.
ch+dei