17. Februar
„Es war deine Seele, Aiden. Ich habe dich in die Tiefen deines Bewusstseins verbannt – ins Koma.“
Fenia weint jetzt. Sie hält mich fest: „Was du gesehen hast, war dein Inneres. Draco – war ein Teil von dir.“
Ich stolpere zurück. „Nein.“
Ich erinnere mich an diesen Ort. Pechschwarz, bevor ich ihn in Flammen getaucht habe. In der Mitte ein schwarzes Herz, eingefroren in eine dicke Schicht aus Eis.
Ich erinnere mich an die Schmerzen. Als ich die Welt verbrannt habe, fühlte es sich an, als würde ich mich selbst verbrennen. Ich erinnere mich an das Gefühl des Fiebers. Und an die furchtbaren Schmerzen, als ich das Eis getaut habe.
Ich stolpere vor Fenia zurück. Ich bin nicht das Feuer. Ich habe mich selbst verbrannt. Aber tief im Inneren ist das Eis. Es war immer in mir.
Fenia tritt zu mir: „Der wahre Name von diesem Draco ist Aiden. Dort warst nur du. Draco muss deine dunkle Seite sein. Du hast sie befreit.“
Ich zittere. Ich dachte, Draco wäre nur ein weiteres von Fenias Opfern. Aber ich erinnere mich jetzt. Als ich ihn gesehen hatte, war sein Gesicht für mich verschwommen. Ich schließe die Augen wieder, sehe ihn vor mir. Blasse Haut, schwarze Haare. Das dünne Lächeln, das die schwarzen Augen nie erreichte.
„Das kann nicht wahr sein.“
Fenia fasst meine Hand. Ich knie auf dem Boden, merke ich. Sie kniet vor mir: „Wir können ihn wieder einsperren. Wir können dich heilen, Aiden.“
Wieso redet sie noch so mit mir? Ich habe so viel Böses getan, was hält diese Frau an meiner Seite?
„Ich habe auch vorher schon gemordet“, sage ich.
„Ich weiß“, flüstert Fenia. „Ich habe es gespürt. Ich habe gespürt, wie du zum ersten Mal Feuer benutzt hast, während wir alle auf dem Ausflug waren. Ich habe Frau Jäger erzählt, dass ich die Kerze genommen habe.“
Ungläubig starre ich Fenia an. Sie hält meine Hand mit beiden Händen fest. Sie lächelt schüchtern: „Als du Michael verletzt hattest, habe ich es auch gespürt. Du hattest Angst. Es war nicht deine Schuld. Ich habe mit dem Arzt gesprochen, ihm erzählt, dass die Kinder den ganzen Tag draußen waren und Schneeballschlachten gemacht haben. Ich habe ihn darauf gebracht, dass es vielleicht keine Verbrennung war.“
Mein Herz schlägt immer schneller. Wieso?
„Ich war immer da, Aiden. Hast du es nicht gemerkt?“
Ich sehe wieder, wie sie mir von der Seite misstrauische Blicke zu wirft, während wir durch die langen Gänge gehen. Es sind keine misstrauischen Blicke. Sie sind besorgt.
Meine Hände zittern unkontrolliert.
„Ich habe dich im Krankenhaus besucht. Hast du nicht gesehen, dass ich dir Blumen gebracht habe? Lilien und Rosen und eine kleine Sonnenblumen. Das sind alles Blumen, die für Feuer stehen.“
Fenia weint. Ich kann nichts tun, als ihr zu zu hören.
„Was ist mit Kirschen?“, frage ich heiser.
„Was?“, fragt Fenia. „Wie kommst du auf Kirschen? Die haben nichts mit Feuer zu tun.“
Ich winke ab: „Nur so.“
Wir sitzen uns gegenüber. Schweigend. Fenias Hände sind warm. Irgendwo tobt der Waldbrand, doch ich nehme ihn nicht wahr.
Draco war eine Lüge. Ich war meine eigene Hölle. Und meine größte Feindin …
„Warum?“, frage ich. „Warum tust du das?“
Fenias sieht mich an. Ihre Unterlippe bebt, aber sie schluckt die Tränen herunter.
„Warum willst du mich retten?“
„Weil ich dich liebe, Aiden“, sagt Fenia. „Ich liebe dich … weil du mein Bruder bist.“