17. September
Björn hebt das Messer. Er und Wolfgang sind im Rücken des Polizisten, nur zwei Schritte entfernt.
Ich habe keinen Plan. Ich stehe auf und rufe: „Halt!“
Björn und Wolfgang sehen auf, für einen Moment flackert Angst in ihnen auf. Sie glauben, man habe sie entdeckt.
Als sie mich erkennen, in der Kleidung, die ich ihnen gestohlen habe, knurrt Björn: „Du!“
„Es war dein letzter Fehler, her zu kommen“, droht Wolfgang. Der betrunkene Polizist hört die Stimmen und dreht sich um, mit einem Ausdruck der Verwirrung auf dem runden Gesicht. Wolfgang stößt mit einem Messer zu, direkt auf die Brust des Polizisten zielend.
Doch betrunken oder nicht, der Mann ist immer noch ein Polizist. Er weicht aus und wirft sich in einen Hauseingang. Wolfgangs Angriff schlägt fehl.
Plötzlich nüchtern, geht der Polizist in Kampfposition, die bloßen Hände erhoben, um eine Deckung zu bilden.
Björn flucht. Wolfgang hebt seine Pistole – und richtet sie auf mich: „Du glaubst wohl, du könntest hier den Helden spielen, was?“
Nur wenige Herzschläge, bevor er abdrückt, sehe ich meinen Tod voraus. Ich sehe die Wahrheit in Wolfgangs Augen, dass er keine Sekunde zögern wird.
Gerade noch rechtzeitig werfe ich mich zur Seite und rolle hinter das Auto, hinter dem ich mich auch zuvor versteckt habe.
Der Schuss knallt, doch die Kugel verfehlt mich um eine Handbreite.
Dafür springt Sam laut bellend aus dem Versteck und auf Wolfgang zu. Der Hund wird von dem unbändigen Willen getrieben, mich zu beschützen.
„Sam!“, kreische ich wie von Sinnen.
Ich springe wieder aus meiner Deckung. Wolfgang würde meinen Hund ohne Gewissensbisse abknallen. Ich sammele meine neu entdeckte Macht um mich und blende ihn. Wolfgang sieht nichts als Dunkelheit und schießt blind auf die Straße.
Der Polizist überwältigt in diesem Moment Björn, der abgelenkt wurde. Sam springt den geblendeten Wolfgang an und verbeißt sich in dessen Schusshand.
Ich erreiche die beiden kämpfenden Paare, als Wolfgangs Pistole auf den Boden fällt und Björn den Polizisten mit aller Kraft von sich stößt.
Der Polizist schlägt gegen eine Hauswand und stößt sich den Kopf an. Er taumelt, verliert den Halt auf den wackeligen Beinen und stürzt. Björn zieht seinerseits eine Pistole, doch ich ramme ihn mit allem Schwung aus meinem Lauf.
Der Schuss, den Björn abfeuert, dringt in die Hauswand ein. Inzwischen sind die Anwohner alarmiert. Licht geht hinter manchen Fenstern an, ängstliche Gesichter sehen auf die Straße.
Ich werfe Björn zu Boden. Er war nicht auf meinen Angriff vorbereitet und ich hatte viel Schwung auf meiner Seite, sonst hätte ich den kräftigen Mann niemals überwältigen können. Ich hocke auf seiner Brust und schlage mit aller Kraft auf das kantige Gesicht ein, damit Björn nicht auf die Idee kommt, mich abzuwerfen und aufzustehen.
Doch mit seinen tellergroßen Pranken erwischt er mich auch. Jeder Schlag fühlt sich an, als würde er mir die Knochen brechen. Meine Augen tränen. Mehr spüre ich als dass ich es sehe, wie Wolfgang Sam abschüttelt und den Hund mit zwei Tritten auf die Straße befördert, bevor er seinem Kumpanen zu Hilfe eilt. Und ich spüre auch, dass Jens aus dem Wagen springt, fluchend und mit drei Maschinenpistolen im Arm.
Der Polizist kommt schwankend auf die Beine, aber Jens hat eine Waffe in der Hand und zielt bereits. Björn trifft mich unter dem Kinn, dass mein Kopf in den Nacken fliegt. Wolfgang hat mich fast erreicht, das Messer gezückt und meinen ungeschützten Rücken im Visier.
Auf der Straße winselt Sam.