Demetia – 21. Oktober
Ich schwebe sanft nach oben. Trotzdem bekomme ich mit, was unter mir geschieht. Dimitri weint und kniet vor einem leeren Körper, den alle Energie verlassen hat. Dann explodiert seine braune Energie, bricht aus seiner Brust heraus und richtet sich auf den schwarzen Sturmsohn, der über der Erde schwebt.
Der Bahnhof wird in seine Einzelteile zerlegt. Ich beobachte, wie die Steine das Kind der Luft aus selbiger reißen und auf dem Boden unter ihrem Gewicht begraben.
Der Körper ist zerschmettert, doch ich sehe noch einen Rest Energie.
Eigentlich betrifft mich das alles nicht mehr. Ich bin schon weit fort. Trotzdem macht es mich stutzig, dass ein Schatten von dem Kind der Luft weg huscht und dann etwas anderes zurück bleibt. Andere Energie, hell und licht. Hellblau, beinahe weiß.
Das ist Luftmagie. Nicht der Sturm, nicht die Schwärze.
Mit einem einzigen Gedanken schwebe ich näher zu dem Kind. Der Mann ist fast bewusstlos. Blut läuft aus seinem Mund. Doch zu seinem Glück hat Dimitri beinahe seine ganze Kraft verbraucht.
Ich bin stolz auf meinen Bruder. Er hat es geschafft, seine Magie zu stoppen. Endlich muss er keine Angst mehr haben, wenn er die Erde ruft.
Er ist bereit, sich dem Kampf zu stellen. Vermutlich muss er die Magie der Pflanzen noch erlernen, um beide Gesichter der Erde zu sein.
Aber er wird es schaffen, da bin ich sicher.
Ich habe den Sohn der Luft erreicht. Er sieht mich an. Offenbar kann er mich wahrnehmen.
Ich schwebe neben ihn und berühre seine Haut. In seinen Augen ist etwas – Reue? Furcht? Schuld?
„Das warst nicht du, oder?“, frage ich, als ich mich an Dimitris Worte erinnere.
Er antwortet nicht. Aber ist spüre seinen Geist, der mich berührt.
„Ich bin der Sohn der Luft“, sagt er mir. Offenbar hat er mich nicht gehört. „Ich habe eine Aufgabe – ich muss die Welt retten.“
Das sagt mir alles, was ich wissen will. Es war nicht dieser Mann, der uns angegriffen hat. Seine nächsten Worte bestätigen mir das: „Es war ER, der Dunkle. Er möchte die Welt vernichten. Ich habe keine Macht gegen ihn!“
Ich hebe den Blick und sehe den Schatten verschwinden. Endlich verstehe ich. Der Untergang kommt. Und die wenigen Kinder, die sich dem Kampf stellen werden, sind viel zu schwach.
Wir reichen nicht aus. Wir werden versagen.
Ich berühre den Jungen der Luft. Streiche über seine Schläfe: „Schlaf jetzt. Wachse und Heile. Und hilf dann jenen, die deiner Hilfe benötigen.“
Der Mann schließt erschöpft die Augen. Auch ich fühle mich unendlich müde. Ich schwebe noch immer, treibe durch die Welt, losgelöst.
Langsam wird es mir klar. Ich bin tot. Ich bin gestorben.
Eine Macht zieht mich nach oben, sanft, aber so, dass ich mich nicht widersetzen kann, selbst, wenn ich wollte.
Ich schwebe.
Frei.
Es ist vorbei.
Mein Leben ist vorbei.
Und ich werde meine Aufgabe nicht erfüllen. Nur noch sechs sind übrig, fast die Hälfte von denen die es braucht.
Ich schließe die Augen. Die sechs werden nicht ausreichen. Sieben waren schon zu wenig.
Es ist vorbei.
Es gibt keine Hoffnung mehr.
„Demetia!“