27. Juli 2999
Die Schmerzen sind unerträglich. Einen Schritt vor den anderen zu setzen ist eine einzige Qual. Meine Haut fühlt sich an, als würde sie in Flammen stehen.
Ich höre Soyala nicht. Ist sie noch in der Nähe? Ich bin blind. Müdigkeit überfällt mich, aber ich muss kämpfen. Wenn ich aufgebe, ist alles verloren.
„Mingan“, erklingt Soyalas Stimme: „Ich kann nicht mehr.“
Ich auch nicht, Soyala. Ich auch nicht.
„Wir müssen“, keuche ich. Ich grabe meine Finger in den heißen Sand. Ich krieche noch ein Stück vorwärts.
Ich höre Soyala weinen. Blind bewege ich mich in die Richtung ihrer Stimme.
„Wir schaffen das nicht, Ming.“
Ich berühre sie. Nehme sie in den Arm: „Wir schaffen das, Schneekönigin!“
Ich halte sie einen Moment fest. Atme durch. Die Hitze ist unerträglich. Sie scheinen meine Lunge zu zerreißen. Ich kann die Augen nicht öffnen. Überall nur heller Sand, kein Wasser. Unsere Vorräte an Trinkwasser haben wir schon lange aufgebraucht.
Ich knurre, dann zerre ich Soyala auf. Ich stütze sie, sie stützt mich und gemeinsam taumeln wir weiter.
Schritt für Schritt.
Schritt für Schritt.
Schritt für Schritt.
Wir stolpern. Der Boden empfängt uns brennend wie Feuer. Soyala keucht auf.
„Es geht nicht. Es geht nicht, Ming. Wir werden hier sterben!“
Ich nehme sie in den Arm. Wiege sie hin und her.
Ich würde ihr gerne sagen, dass das nicht stimmt. Wir würden weiter kämpfen und es am Ende schaffen. Doch ich kann die Wahrheit sehen, auch jetzt, wo ich fast blind bin.
Und ich kann nicht lügen.
Ich drücke Soyala an mich. Ihr Körper ist noch kühl. Sie ist so verletzlich. Ich würde alles tun, um sie zu retten. Doch jetzt bin ich am Ende meiner Kraft.
Es ist Tag. Im Licht der Sonne bin ich wehrlos.
Irgendwann liegen wir im Sand. Hand in Hand. Mein Herz schlägt nur für Soyala. Solange ich sie atmen höre, kämpfe ich um einen neuen Atemzug. Und noch einen.
Dann höre ich Geräusche. Sie scheinen von weither zu kommen. Schritte.
Schatten fällt auf mein Gesicht. Quälend langsam öffne ich die Augen. Da sind Hände. Warm. Sie fühlen nach meinem Puls.
„Seid ihr sicher? Sie haben fast keine Magie mehr“, sagt eine Stimme.
„Siehst du hier sonst noch jemanden?“, antwortet eine gereizte Stimme. Die eines kleinen Jungen. Ich schließe die Augen wieder.
Man will uns trennen. Ich halte Soyalas Hand fester.
Worte formen, unendlich schwer: „N-ei-n!“
„Es ist gut. Alles ist gut. Wir bringen euch in Sicherheit“, eine Frauenstimme. Beruhigend.
Starke Arme heben mich hoch. Ich werde wie ein Sack über eine Schulter geworfen. Mein Gesicht hängt an einem Pullover, der nach Rauch riecht.
„Schafft ihr zwei das?“, fragt die Frauenstimme wieder.
„Sie ist leicht“, antwortet die Stimme des Jungen.
Soyala. Sie tragen uns fort.
Hoffentlich aus der Sonne! Die Hitze auf meiner Haut ist wie Feuer. Dann streichen Finger über meinen Arm.
Und das Feuer erlischt.
Ich kann die Augen aufmachen. Ein Gesicht vor meinem. Dunkle Haut, helle Haare. Augen wie die Sonne: „Wir bringen euch in Sicherheit. Ihr habt uns gefunden.“
Ich falle in eine tiefe Ohnmacht.
Die Kinder der Elemente. Wir haben es geschafft.